Читать книгу Pferdesoldaten 11 - Unter schwarzer Flagge - Michael Schenk - Страница 7

Kapitel 5 Das versteckte Camp

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Das Camp lag in einer tiefen Schlucht, zwischen den Bergen und dichten Wäldern. Die hohen Felswände und Nadelbäume boten ausgezeichneten Sichtschutz und der Weg, über den man es erreichen konnte, war kaum zu erkennen und wurde gut bewacht. Es gab ausreichend Platz für einige Hundert Kavalleristen und deren Pferde, und im Sommer sicherlich auch ausreichend Futter. Jetzt, im Winter, war das anders und man hatte sorgfältige Vorbereitungen darauf verwendet, die Soldaten zu dieser Zeit heimlich zu diesem Ort zu bringen und mit allem zu versorgen, dass sie zum Überleben benötigten. Es hatte Wochen gedauert und die Vorbereitungen für die Mission der Reiter hatten bereits im Herbst begonnen. Für die 11th Alabama Cavalry, die „Black Raiders“, war das ungewöhnlich, denn sie waren darauf spezialisiert, blitzschnell über die Grenze in das Hinterland des Feinds vorzustoßen, in überraschenden Angriffen ein Maximum an Schaden anzurichten und sich dann ebenso rasch wieder zurückzuziehen.

Obwohl die Männer alle zumindest Teile konföderierter Uniformen trugen, ritten sie nicht unter der Fahne des Südens, sondern unter einer schlichten schwarzen Flagge, die für viele Yankees zum Symbol des Tods geworden war. Die 11th Alabama verschonte keinen Gegner und gewährte keinerlei Pardon. Wer Gegenwehr leistete, der war des Todes. Dies hatte sich für die Guerillatruppe bereits ausgezahlt, denn oft wandte sich der Feind ohne Gegenwehr zur Flucht, wenn er das schwarze Banner zu Gesicht bekam.

Die Reiter griffen keineswegs nur militärische Einrichtungen oder Bewaffnete an. Ihr Ziel war es, den Feind durch Terror zu demoralisieren, und sie hatten keine Skrupel, unbewaffnete Männer, Frauen und Kinder zu töten. Selbst im Süden sah mancher sie daher nicht als Soldaten, sondern bezeichnete sie als gnadenlose Schlächter. Da sie jedoch unbestreitbar Erfolge zu verzeichnen hatten und kein Ende des Kriegs gegen die Yankees abzusehen war, duldete man die „Black Raiders“. Ihrem Kommandeur, Colonel Cassius, war dies nur recht, denn seine Truppe bewegte sich weitestgehend außerhalb der normalen Befehlsstruktur und konnte eigenständig operieren.

Dies galt seit den drei Jahren, in denen die „Black Raiders“ nun bestanden. Doch dieser Raid hoch nach Norden, in das Territorium von Nebraska, unterschied sich von ihren bisherigen Einsätzen. Das Ziel war dermaßen verlockend, dass sich Cassius erstmals bereitwillig dem Wunsch von Lucius Pembroke beugte und den Oberbefehl von General Amadeus Ferroman akzeptierte. So warteten die Guerillas nun auf das Eintreffen des Generals, der erhebliche Verstärkungen heranführen sollte.

Im Augenblick dachte Cassius allerdings kaum an die Bedeutung der Mission. Er hatte eine ungemütliche Nacht in einer provisorischen Hütte aus Zweigen und Decken verbracht. Der Wind hatte durch jede der Ritzen gepfiffen. Cassius fror erbärmlich und das galt sicher für die meisten seiner knapp zweihundertvierzig Reiter. Sie alle lagerten in den üblichen „A“-Zelten, in denen zwei bis drei Männer schlafen konnten. Die Bezeichnung der Zelte rührte von ihrer Form her. Die Seitenwände waren so steil, dass senkrecht fallender Regen von der Leinwand abperlte. Der Boden jedes Zelts war mit Zweigen ausgelegt und weitere bedeckten einen guten Teil der Seitenwände, um besseren Witterungsschutz zu gewährleisten. Doch trotz dieser Maßnahmen und der Decken und Mäntel waren die Nächte bitterkalt.

Das einzige Kleidungsstück, welches Cassius und seine Männer zur Nacht ablegten, waren die Stiefel. Die Füße mussten trocken und sauber bleiben, denn jeder wusste, was wunde Stellen und Entzündungen bedeuteten.

Immerhin konnte man im Camp kleine Feuerstellen unterhalten, auch wenn man strikt darauf achten musste, nur absolut trockenes Holz zu verwenden, damit kein verräterischer Rauch entstand. An den Feuern konnte man sich aufwärmen, heißen Kaffee genießen und sich eine warme Mahlzeit zubereiten. Dinge, die für die Moral einer Truppe im Winter sehr wichtig waren.

Cassius hatte eine weitere Verwendung entdeckt, denn er gab der Wache am Abend seine Stiefel und ließ diese am Morgen vorwärmen. Eine Wohltat, wenn die kalten Füße dann von dem warmen Leder umschmeichelt wurden.

Ein kleiner Bach verlief durch die Schlucht und bot Männern und Pferden genügend Wasser. Die Körperpflege war allerdings auf ein Minimum reduziert. Etwas Wasser über Gesicht und Hände, das musste bei der Kälte reichen. Cassius hatte früher gegen Seminolen und Komantschen gekämpft und dabei gelernt, dass man den Feind in der Nacht eher riechen als sehen konnte, und er musste akzeptieren, dass das im Moment wohl auch für seine Truppe galt.

Er selbst trug eine braune Hose, die graue Jacke eines Colonels der konföderierten Kavallerie und einen brauen Schlapphut, mit der goldschwarzen Eichelschnur eines toten Yankee-Offiziers. Seine Männer legten Wert darauf, dass die Rangabzeichen an ihren grauen, butternutfarbenen oder zivilen Jacken das Gelb der Kavallerie aufwiesen und sie legten Wert auf die beiden rechteckigen schwarzen Flicken, die jeder an den Unterarmen der Jacke aufgenäht hatte. Sie zeigten an, dass er ein Mann der „Black Raiders“ war und dass jeder Feind ihm besser aus dem Weg ging.

Cassius seufzte erleichtert, als er seine Stiefel wieder trug und einen Becher heißen Kaffees in Händen hielt. Während er seine Finger wärmte, sah er den First-Sergeant, der über die Feuerstelle wachte, fragend an. „Wie war die Nacht, Sarge?“

„Lausig kalt und erfreulich ruhig, Boss“, kam die Antwort. „Nur die Wölfe waren eifrig am Heulen.“

„Ich höre die Biester schon gar nicht mehr“, gab Cassius zu. „Aber es ist ein gutes Zeichen. Dann weiß man wenigstens, dass kein Yankee durch die Gegend schleicht.“

„Es sollte endlich losgehen“, murmelte einer der Raiders, die sich um das Feuer scharten.

„Ich bin ganz deiner Meinung, Private.“ Cassius grinste breit. „Leider müssen wir auf den richtigen Zeitpunkt warten. Das hier ist eine einzigartige Gelegenheit und da lohnt es sich schon, einen kalten Hintern zu bekommen.“

„Wenn es nur der Hintern wäre“, murrte ein anderer Mann. Er sah den kritischen Blick, den der Colonel ihm zuwarf und hob entschuldigend die Hände. „Selbst den Gäulen ist kalt. Wenn sie sich nicht bald wieder richtig bewegen dürfen, dann frieren sie auf der Stelle fest.“

„Es kann nicht mehr lange dauern“, beruhigte Cassius die Männer.

Schritte knirschten im Schnee, als sich Captain Vanish näherte. Der Kommandeur der Kompanie „B“ trug zivil und eine Melone. Er hatte einen wollenen Schal über die Kopfbedeckung und seine Ohren gebunden, um sich zusätzlich vor der Kälte zu schützen. Nur der Säbel, die rote Schärpe und die Rangabzeichen eines Captains der Unionskavallerie machten ihn als Offizier kenntlich. „Morgen, Sir. Der Ausguck meldet einen Reiter, der sich uns nähert. Scheint einer von unseren Leuten zu sein.“

„Der Schein kann trügen“, mahnte Cassius.

„Unsere Leute sind bereit. Falls es ein Yank ist, dann ist er tot, noch bevor er uns bemerkt.“

„Recht so.“ Der Colonel nahm einen Schluck Kaffee und schlürfte dabei genießerisch. „Ich hoffe, es ist endlich der erwartete Bote. Es wäre an der Zeit.“

Zweihundertsiebenundvierzig Männer der „Black Raiders“ warteten nun schon seit über drei Wochen auf die ersehnte Nachricht, dass es endlich losgehen konnte. Alles hing von einer einzigen Information ab und wenn diese nicht kam, dann war alles umsonst und die Guerillas würden sich ebenso heimlich wieder nach Süden zurückziehen, wie sie von dort gekommen waren.

Cassius und Vanish blickten zu dem Felsen am Zugang der Schlucht hinauf, von dem die Wache Verbindung mit den Vorposten hielt. Jetzt blitzte dort das Licht eines Spiegels. Vanish seufzte erleichtert. „Einer von uns. Es muss der Bote sein. Verdammt, Boss, ich hoffe nur, er bringt uns gute Nachrichten.“

Es dauerte eine Weile, bis zwischen den aufragenden Felsen der einzelne Reiter erschien. Er war wie einer jener Cowboys gekleidet, die das Schicksal im Winter umhertrieb, um eine Anstellung und eine warme Unterkunft zu finden. In der Regel waren es Männer, die nicht viel taugten und daher nicht in die Stammmannschaft einer Ranch aufgenommen wurden. Doch es gab auch jene Unglücklichen, deren Rancher es einfach nicht möglich war, sie über den Winter zu halten. Das Handwerk des Manns war unschwer zu erkennen, da er die dicken Chaps aus Fell trug, die im kalten Norden üblich waren und die im Süden üblichen ledernen Ausführungen ersetzten.

Colonel Cassius gab einem seiner Männer einen Wink, der hastig zur Hütte des Kommandeurs rannte, die dortige schwarze Fahne nahm und ihre Lanze neben Cassius in den Boden rammte. Sie zeigte dem Neuankömmling an, wo sich der Befehlshaber der Raiders aufhielt. Gemächlich trabte der Reiter heran, zügelte sein Pferd und ließ sich aus dem Sattel gleiten. „Howdy“, sagte er zur Begrüßung und deutete auf die Feuerstelle. „Ein Becher Kaffee käme mir recht. Es war ein unerfreulicher Ritt bis hierher.“

„Gebt dem Mann einen Kaffee“, knurrte Cassius. „Ich hoffe, Mister, Sie sind der Mann, den ich erwarte, sonst ist das der letzte Kaffee, den Sie in Ihrem Leben trinken werden.“

Die Drohung beeindruckte nicht. Der Mann nahm den Becher entgegen, schlürfte behaglich und ließ sich provokant viel Zeit, bevor er antwortete: „Wäre ich ein Yankee, dann hätte ich Ihr Lager wohl kaum so zielstrebig gefunden, nicht wahr?“

„Selbst ein dämlicher Yankee ist in der Lage, Spuren im Schnee zu verfolgen“, erwiderte Captain Vanish. Er schlug seine Jacke ein wenig zurück, so dass der abgegriffene Kolben eines altmodischen Colt Walker sichtbar wurde.

Der Neuankömmling lächelte herausfordernd, doch dann bequemte er sich, Cassius direkt anzusehen und etwas darzubieten, das entfernt einem militärischen Gruß ähnelte. „Ich soll ausrichten, dass die Losung ‚dreißig Silberlinge‘ heißt. Ich bin Garwen, Sergeant im Stab von General Ferroman, 17th Kentucky Cavalry.“

„Schön, Mann“, brummte Cassius mit wachsender Ungeduld, „und nun sagen Sie endlich, was Sie uns zu sagen haben.“

„Richmond sagt, das Ereignis findet statt und der Termin steht. Die Informationen seien absolut zuverlässig. Ferroman ist mit den Kentuckiern auf dem Marsch und wird in zwei oder drei Tagen hier eintreffen.“

„Das sind verdammt gute Neuigkeiten, Mann.“ Cassius sah Vanish an. „Ruf die Offiziere und Sergeants zusammen.“

Der Captain brauchte nicht viel zu tun, da aller Augen ohnehin auf das Feuer des Colonels gerichtet waren. Vanish erhob sich, reckte den Arm in die Luft und ließ ihn kreisen. Innerhalb kürzester Zeit versammelte sich ein gutes Dutzend weiterer Männer bei der schwarzen Flagge.

In der Stimme von Cassius schwang Genugtuung, als er sich an die Offiziere und Unteroffiziere seiner „Black Raiders“ wandte: „Jungs, die Sache steigt. Jetzt hängt alles von unseren Vorbereitungen ab. Wir haben ja bereits besprochen, was zu tun ist. Die fünf Gruppen machen sich sofort auf den Weg. In drei Tagen, exakt zur Mittagszeit, müssen alle vier Telegrafenverbindungen unterbrochen werden. Jeder Meldereiter, der dann entlang der Telegrafenleitung kommt, muss aufgehalten werden. Lieutenant Glennmore befehligt das Sprengkommando. Glennmore, Sie wissen, worauf es ankommt.“

„Yeah, Boss, keine Sorge“, kam die Erwiderung des stämmigen Offiziers. „Sie können sich auf uns verlassen. Es wird genau zum richtigen Zeitpunkt mächtig knallen.“

„Wir werden Lenningstown isolieren“, stellte Cassius lächelnd fest. „Sobald Ferroman mit seinen Leuten hier ist und unser Ziel wie die Ratte in der Falle sitzt, schlagen wir zu. Bis dahin darf absolut nichts schiefgehen. Captain Vanish, wir schicken zusätzliche Späher aus. Die Ranch der Harrigans, die Stadt und das Yankee-Depot dürfen nicht aus den Augen gelassen werden. Nichts darf unserer Aufmerksamkeit entgehen.“ Der Colonel schlug triumphierend die Hände ineinander. „Gott verdammt, davon werden sich die Yanks niemals erholen.“

Pferdesoldaten 11 - Unter schwarzer Flagge

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