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Optimierung innerer Abläufe
ОглавлениеNach so einem schönen und vor allem abwechslungsreichen Wochenende fällt es mir fast schon schwer, in meinen Arbeitsrhythmus zu finden. Gut, es ist eben Montagfrüh und da werde ich wohl nicht der Einzige sein, der Probleme hat, in die Gänge zu kommen.
Im Allgemeinen werden wohl in diesen Minuten Millionen Tassen Kaffee getrunken, um den Morgenmuff aus den Köpfen zu vertreiben und die Leiber mit Leben zu füllen, ich für meinen Fall probiere es mit der Zeitung. Was mich nun aber überrascht, ist, dass mein Name die Titelseite ziert.
NEUSTADT WEINSTRAßE:
DIENSTSTELLENLEITER SCHLEMPERT
REFORMIERT POLIZEILICHE PRESSEARBEIT.
So lautet die Schlagzeile der Rheinpfalz, dem Pfälzer Tageblatt. Nun fällt mir auch wieder ein, was ich heute Morgen zu tun habe. Um mich von dem Geschriebenen in meinen Plänen nicht beeinflussen zu lassen, wechsle ich ganz schnell zum nächsten Bericht.
„ALLES NUR BLÖDSINN“, SO OBERFÖRSTER
PHILIPP HUBERTUS
Keine Wölfe im Waldrohrbacher Brannwald
Nachdem mehrere Bürger von Wolfsgeheul aus dem Wald südwestlich vom Ortskern von Waldrohrbach berichtet haben, gibt der zuständige Oberförster Entwarnung. „Eine Zuwanderung von einem ganzen Rudel Wölfen ist faktisch unmöglich“, berichtet der Fachmann für Tieransiedelungen im Pfälzer Wald im Interview mit unserem Reporter. „Auch im Silzer Wild- und Wanderpark sind keine Tiere abgängig.“ Somit verbannt er das Geheul von Samstagnacht in den Bereich Mythen und Sagen. „Oder“, bringt Hubertus eine weitere Theorie ins Spiel, „es handelt es sich dabei um einen dummen Jungenstreich.“
Okay, zur Aufklärung dieser Geschichte könnte ich wohl so einiges beitragen, nur ob ich das möchte, steht auf einem anderen Blatt.
Ich mache mich nun mal lieber auf den Weg zum Büro für »Optimierung der inneren Abläufe«.
Da die Tür nicht geschlossen ist, trete ich einfach ein. Die beiden Herren, also Kim Yang und Gerhard Treiber, sitzen nebeneinander am Tisch und schauen gemeinsam auf zwei Bildschirme, die direkt nebeneinander stehen.
„Wir sollten Schmitt, Schneider und Schulz in den Frühdienst nehmen“, sagt Treiber mit einem sichtbar geröteten Kopf.
„Sagen Sie mir nur einen vernünftigen Grund, warum wir dies tun sollten“, erwidert Yang.
„Einen Grund wollen Sie hören?“, sagt Treiber, dessen Mundwinkel nun wie bei einem Smilie nach unten hängen, was die Enden seines Schnauzbartes ebenfalls in die Tiefe zieht. „Weil die drei Herren schulpflichtige Kinder haben. So sollten wir ihnen Gelegenheit geben, gemeinsame Zeit, auch mit der Mutter, als komplette Familie zu verbringen.“
„Dass ich nicht lache“, kontert der Asiate, „laut den neusten asiatischen Studien sollte Kindern rund um die Uhr ein Elternteil zur Verfügung stehen, welches sie motivierend antreibt.“
„Antreiben? Habt ihr Chinamänner den Knall nicht gehört? Kinder brauchen Zuneigung und Verständnis! Liebe und Vertrauen macht unsere Kinder stark und kein motivierendes Antreiben.“
„Ach ja, ihr Deutschmänner wisst alles besser und könnt alles besser“, meint nun wieder Kim Yang, der nicht den Eindruck erweckt, als würde er die Fassung verlieren. „Wie kommt es dann, dass mein Sohn auf seiner Violine bei einem einhundertachtziger Metronomschlag fehlerfrei von Sechzehntel in Triolen wechselt, während Ihr Sohn nicht einmal weiß, was Triolen sind?“
„Weil mein achtjähriger Sohn sagen würde: ‚Papa leck mich da, wo die Sonne nicht hin scheint‘, jawohl das würde er sagen, mein Sohn“, schreit Treiber nun und dabei läuft ihm ein Tropfen Schweiß an der Schläfe entlang und bleibt an der Spitze seines Schnurrbartes hängen.
„Eben, weil europäische Kinder keinen Respekt vor ihren Erzeugern haben. Mein Sohn würde sich nie trauen, mich mit du anzureden.“
„Mein Sohn hat den gebotenen Respekt vor Erwachsenen! Aber er hat auch den Mut und die Kraft zu widersprechen, das hat er. Jawohl Mut und Kraft!“ Inzwischen laufen ihm auf beiden Seiten Schweißbächlein die Schläfen hinab und färben den Kragen seines Seidenhemdes ein.
„Meine Herren, ich muss doch sehr bitten“, schreite ich nun ein, bevor noch Tränen fließen, „es sollte doch möglich sein einen Dienstplan zu erstellen, ohne sämtliche Erziehungsmethoden in Frage zu stellen.“
„Ah, Chef“, beruhigt sich Treiber, „wir sind nur bemüht, sämtliche Faktoren zu berücksichtigen.“
„Ganz recht“, ergänzt der Asiate, „und auch die neuesten Forschungsergebnisse einfließen zu lassen.“
„Wenn Ihr die Wünsche der Kollegen mit einfließen lasst, werdet Ihr auch sicher an Beliebtheit gewinnen.“
Die nun einkehrende Ruhe lässt Gerhard Treiber die Gelegenheit, sich mit einem Taschentuch das Gesicht zu trocknen.
„Meine Herren“, werde ich nun förmlich, „ich darf Ihnen mitteilen, dass wir ab sofort Ihr Büro umfunktionieren.“
Nun läuft bei Gerhard Treiber der Schweiß wieder wie Weißbier auf dem Oktoberfest.
„Sie können doch nicht meine Stelle wegstreichen“, fängt er nun auch noch das Jammern an. „Ich habe doch Familie, einen pflegebedürftigen Vater und eine Tochter, die ein uneheliches Kind erwartet.“
„Tja, lieber Kollege, das sollte Ihnen alles nicht helfen, denn mein Job ist in Stein gemeißelt, denn wenn Sie die Statistiken kennen würden, dann wüssten Sie auch, dass ich hier absolut notwendig bin, um die Immigrantenquote aufrecht zu erhalten“, sticht Yang nun in die klaffende Wunde.
Zeit für mich einzuhaken: „Zum Ersten wird hier nur das Büro unstrukturiert und nicht das Personal. Das heißt, dass Sie beide ab nun die Presseabteilung leiten. Und zum Zweiten ist es für mich auch kein Problem, weitere Immigranten einzustellen, nur um klarzustellen, dass hier kein Arbeitsplatz in Stein gemeißelt ist.“
Da nun Treibers Stirn getrocknet ist, reicht er sein Taschentuch weiter zu dem Asiaten, dem inzwischen der Schweiß ausbricht.
Mit dem Satz: „Bereiten Sie bitte alles vor, damit wir den Raum morgen seiner neuen Bestimmung übergeben können“, verlasse ich nun das Büro mit dem Vorsatz, später noch einmal nach dem Rechten zu schauen.
Die Abteilung für »Optimierung innerer Abläufe« übergebe ich an Timo und die Dienstpläne werden künftig im Personalbüro erstellt, basta.