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4. Für eine Handvoll Dollar

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Was tue ich hier bloß?

Stanford Riley dachte darüber nach, wie er so nachlässig hatte sein können, dass sie in einen solchen Schlamassel geraten waren. Der Marschall mochte ein guter Mann sein, auch wenn er sich in einem lichten Moment von einem Mädchen hatte gefangen nehmen lassen, doch nach allem, was er über diesen Blackfist gehört hatte, kam es einem Selbstmord gleich sich ihm mit diesem trostlosen Haufen entgegenzustellen.

Die mexikanischen Brüder waren das eine, doch von Thompson gab es nicht einmal einen Steckbrief, weil niemand so dumm wäre, es mit ihm aufzunehmen. Jeder der ihm begegnete und noch davon berichten konnte, sprach von einem absoluten Irren, sogar andere Gangster hatten Angst vor ihm. Es hieß, er würde tatsächlich kleine Kinder fressen.

Er sinnierte gerade über einen Plan wie er und Wilhelm jetzt noch unauffällig verschwinden könnten, als Tampka von ihrer kleinen Erkundungstour zurückkam.

„Sie haben sich fast alle in dem alten Sägewerk auf der anderen Seite des Bachs verschanzt.“

Mendoza hatte ihnen eine Art Geheimgang gezeigt, durch den sie jetzt in der Dunkelheit ungesehen aus dem Büro des Sheriffs herausschleichen konnten. Stanford hatte gehofft, dass sie auf diese Weise allesamt das Weite suchen würden. Doch das hätte nicht ihr Problem gelöst. Thompson hätte sie dennoch gefunden. Er wollte seine Leute zurück. Aber vorher hätte er noch seine Geiseln getötet. Doch das hätte der ehrenwerte Marshall Jackson natürlich niemals zugelassen. Also nutzten sie diesen Ausgang nur, um sich ein Bild von dem zu machen, womit sie es zu tun hatten.

„Wie viele sind es?“ fragte der Marshall die Indianerin. Sie war von ihnen allen am geübtesten, was das Anschleichen anging.

„Konnte ich nicht erkennen. Ich kam nicht nah genug heran. Er hat zwei Leute am Eingang postiert und noch zwei weitere, die in der Nähe patrouillieren.“ Stan hatte den Eindruck, als würde sie sich am liebsten ihr Messer nehmen und auf der Stelle, wenn es sein müsste sogar völlig allein, da rüber gehen und allen Banditen die Kehle aufschlitzen wollen. „Aber wenn mir jemand Deckung gibt, könnte ich nachsehen.“

„Viel zu gefährlich.“ Stan war froh, dass der Marshall ein kompetenter Mann mit Weitsicht war. Er hatte recht, das wäre ein Himmelfahrtskommando.

„Aber es ist unsere einzige Chance.“ Paul war offenbar anderer Meinung. „Wenn wir nicht wenigstens Wissen wie viele Männer da drüben sind und wie viele Geiseln sie haben, sehen wir morgen früh ziemlich alt aus.“

„Und wenn sie entdeckt wird?“

„Dann behaupten wir einfach sie gehört nicht zu uns. Was genaugenommen auch stimmt.“ Stan laß in seinen Augen ganz deutlich ein; und außerdem ist sie bloß eine gottverdammte Indianerin, doch das sprach der Deputy nicht laut aus.

Jacksons Stirn legte sich in Falten.

„Und wer soll auf sie aufpassen?“

„Das machen wir.“ Stan traute seinen Ohren nicht. Hatte Wilhelm eben wir gesagt? „Wir gehören auch nicht dazu, nicht richtig jedenfalls. Zumindest kennt uns dieser Blackfist noch nicht.“ Er nahm den Deputystern ab und legte ihn auf den Tisch. „Aber er wird uns schon noch kennenlernen.“


Während sich Will und Tampka bereit machten, gab ihnen Mendoza noch ein paar Informationen über das Gelände und nannte ihnen den besten weg um ungesehen an eines der Fenster, auf der Rückseite des Sägewerks, zu gelangen.

„Ich frage mich schon die ganze Zeit, warum sie uns nicht einfach schon letzte Nacht angegriffen haben?“ wunderte sich Mendoza über die Vorgehensweise ihrer Widersacher.

„Sie fürchten wohl das bei dem darauffolgenden Massaker auch Chico alias Emilio sterben könnte und aus irgendeinem seltsamen Grund wollen sie das nicht riskieren.“ erwiderte Wilhelm Achselzuckend.

„Wahrscheinlich, weil er Carlos` Bruder ist.“ entgegnete Stanford als er ebenfalls dazu kam.


Als die Anderen gerade mit anderen Dingen beschäftigt waren nahm Mendoza den Engländer ein wenig zur Seite, um mit ihm persönlich zu reden.

„Sie scheinen mir der klügste und besonnenste von ihnen zu sein. Ich bitte sie, daher auf meine Familie zu achten und dafür zu sorgen das niemand etwas… Dummes tut.“ Mendoza sah Stanford mit einem flehenden Blick an, der es ihm unmöglich machte zu widersprechen. Die beiden anderen kamen wieder dazu, bevor Stan etwas dazu sagen konnte. Als wäre es ihm peinlich, würden die anderen etwas von seiner bitte an Stan erfahren, beendete Mendoza das Thema schnell wieder.

„Dann viel Glück Engländer,“ verabschiedete er sich von Stanford, nachdem er ihnen nun alles Nötige erzählt hatte.

„Danke Mexikaner,“ rutschte es Stan heraus. Sein Versuch diesen unnötigen Kommentar mit einem gequälten Lächeln zu überspielen wirkte ebenso unnötig.

„Ich bin gar kein Mexikaner. Ich bin echter Spanier, Senior.“ In Mendozas Stimme schwang eine große Portion Stolz mit, was Stan nicht wirklich verstand. Spanier oder Mexikaner, war das nicht egal?

„Sind nicht alle Mexikaner, Spanier?“

Nun wirkte Mendoza tatsächlich etwas ungehalten.

„Sind nicht eigentlich alle Engländer Angelsachsen?“ erwiderte er schnippisch. „Also Deutsche?“

Wäre er ein Revolverheld wie Wilhelm, hätte Stanford vermutlich mit blauen Bohnen geantwortet, so jedoch musste er sich eine ebenso schnippische Antwort ausdenken. Doch stattdessen kam ihm Wilhelm freudig dazwischen:

„Hey, wir sind also nicht nur beste Freunde, sondern sogar so was wie Blutsbrüder!“ Darauf wusste Stan keine schnippische Bemerkung. Er hatte recht. Egal woher sie ursprünglich einmal kamen. Jetzt waren sie alle hier und verfolgten ein gemeinsames Ziel.


„Wie weit ist es noch?“ Stanford wollte nicht ungeduldig klingen, doch irgendwie war ihm die totale Finsternis in dem Tunnel unheimlich.

Tampka versuchte, ihn zu beruhigen.

„Als ich vorhin hier durch bin, ging es nur ein paar Schritte immer geradeaus. Wir müssten gleich da sein.“ Sie ließ Stan vor, damit er als erster den Ausgang erreichen würde.

Und dann stand er plötzlich in der Kirche, direkt hinter dem Altar, genau wie sie gesagt hatte. Durch die großen Fenster an den Seiten kam etwas Mondlicht herein, dadurch konnte er etwas mehr sehen als in dem dunklen Gang hinter ihm. Er wollte gerade erleichtert aufatmen, als er im letzten Moment einem Gegenstand ausweichen konnte, der auf seinen Kopf zugeschossen kam. Die Schaufel verfehlte ihn nur knapp. Im nächsten Augenblick hatte der hinter ihm auftauchende Wilhelm, das Werkzeug auch schon am Stiel gepackt und seinem Besitzer entrissen. Zeitgleich hatte Tampka das Gewehr aus dem Sheriffsbüro welches ihr Jackson gegeben hatte, auf den Angreifer gerichtet. Stan hatte noch gar nicht richtig registriert, was hier gerade geschehen war, da hatten die zwei den Mann auch schon überwältigt.

Wilhelm schrie den inzwischen auf dem Boden sitzenden Mann an.

„Was zum Teufel…?“

Stanford musterte den selbst im Sitzen noch imposant großen Mann genau. „Hey, ich kenne sie doch?“

„R. I. P.“ erwiderte der Riese, als würde Stan genau wissen, was er damit meinte.

„Verflucht noch mal,“ keuchte Wilhelm der dem Hünen noch immer Mistraute.

„Raymond I. Porter.“ Der Mann hob zur Begrüßung seinen zylinderartigen Hut ein kleines Stück.

„Sie sind der Bestatter,“ erwiderte Stan überrascht aber auch ein kleines bisschen erleichtert das es sich nicht um einen von Blackfist Thompsons Männern handelte. „Sie haben im Saloon am Klavier gespielt.“

„Bestatter! Totengräber, Sargbauer, Schneider, Gärtner, einige sehen mich sogar als so eine Art Bürgermeister an … und nicht zu vergessen, da ich der Einzige bin, der dem einigermaßen nahekommt, Priester! Und ihr zwei seid doch diese Kopfgeldjäger oder nicht? Also seid ihr die dreckigen Hunde, die uns das alles eingebrockt haben. Ich hätte euch doch eins mit der Schaufel überziehen sollen.“

Nachdem ihm die drei die ganze Lage noch einmal genau erklärt hatten, beruhigte der Mann sich nicht nur, er bot ihnen sogar seine Unterstützung an.

„Es reicht schon aus, wenn sie aufhören mit Gegenständen nach uns zu schlagen und aus dem Weg gehen.“ Wilhelm war noch immer nicht gut auf den Mann zu sprechen. Dieser wirkte jedoch kaum noch verärgert. Vielmehr schien er die Hoffnung zu haben, die drei könnten ihm und den anderen vielleicht doch noch helfen.

„Ich sehe die Leute in dieser Stadt als meine Familie an. Sie respektieren mich und ich helfe ihnen, wo ich kann und wenn es nur mit einem schlecht gespielten Stück auf dem Klavier ist.“ Er sah die kleine Gruppe ernst an. „Ich werde alles tun, was nötig ist, um die Geiseln zu befreien.“

Gerade als Stanford etwas erwidern wollte, bedachte sie Tampka, die zu einem der Fenster gegangen war, still zu sein. Sie hatte draußen etwas gehört.

„Das ist die Patrouille.“ Flüsterte sie ihnen zu.

Auch alle anderen bemühten sich, möglichst leise zu sprechen.

„Vor denen habe ich mich vorhin hier in der Kirche zu verstecken versucht.“ Auch der Totengräber sprach kaum hörbar. Tampka zog das Messer aus ihrem Stiefel.

„Nicht.“ Stanford hielt ihre Hand fest, sodass sie es wieder wegstecken musste. „Wenn wir Thompsons Leute abmurksen, lässt er den Austausch morgen früh platzen und wir bringen die Gefangenen unnötig in Gefahr.“

Bevor einer von Ihnen etwas dagegen tun konnte, war Porter zum Eingang gelaufen.

„Es ist meine Familie, die von denen festgehalten wird. Ich lenke die Zwei ab, geht ihr zum Sägewerk rüber. Bitte enttäuscht mich nicht.“ Und schon war er nach draußen verschwunden. Die drei hatten keine Chance, ihn aufzuhalten und konnten nur zusehen, wie er davonlief, während ihn die beiden Gangster verfolgten.

„Sie sind weg. Wir sollten losgehen.“ Sagte Tampka. Stanford hatte kein gutes Gefühl bei der Sache. Er spürte, dass heute etwas gewaltig schief gehen würde.


Stan sah zu dem Glockenturm der heruntergekommenen Kirche hinüber. Er konnte Wilhelm in der Dunkelheit nicht einmal erahnen, trotzdem wusste er ganz genau, dass er dort war, mit dem Gewehr im Anschlag, immer bereit ihm zu helfen, wenn es nötig werden würde. Dennoch war es der junge Deutsche, der ihn bewunderte, ihn für einen Helden hielt. Sich regelrecht an ihn klammerte, weil er stets einen Plan hatte. In Wahrheit war er der Held von ihnen beiden. Stan ist nur so mutig wegen ihm. Weil er weiß, dass ihn Will stets beschützen würde. Der Junge war nicht der schlauste, doch er konnte kämpfen, mit dem Gewehr ebenso gut umgehen wie mit den Fäusten. So hatten sie sich auch kennengelernt, während einer Schlägerei in einem Saloon. Stanford hatte sich mit einem einarmigen Banditen angelegt. Er wollte den Helden spielen und einer schönen Maid in Not zu Hilfe kommen. Leider hatte der Einarmige Freunde, große, grimmige Freunde. Und die hatten auch alle noch beide Arme. Wilhelm war eigentlich dort, um sich ebenfalls mit ihm anzulegen. Stanford hatte ihn zuvor abgezockt. Ihn um all sein Hab und Gut erleichtert. Doch dann in dem Saloon kam er ihm zu Hilfe. Anstatt ihm danach den Schädel einzuschlagen, so wie dem Einarmigen und seinen zwei Kumpanen, teilte er sich mit ihm sogar das Kopfgeld. Denn wie sich herausstellte, hatte Wilhelm zuvor deren Steckbriefe entdeckt, als er Stanford beim Sheriff anzeigen wollte. Fortan waren die zwei ein unzertrennliches Team. Stanford sorgte stets für die nötige Ablenkung, während sich Wilhelm die Bösen vorknöpfte. Nein, er war kein Held, er war nichts weiter als ein Betrüger. Wilhelm war der wahre Held. Er ist nur der, der Schmiere steht. Schmiere stehen. Stanford fiel wieder ein, warum er hinter der Hausecke stand.


Tampka war es tatsächlich gelungen sich unbemerkt an, das Sägewerk heranzuschleichen. Sie sah nach hinten, hinter einer Ecke der alten Wassermühle stand der Engländer, bereit dem Deutschen der Posten auf dem Glockenturm bezogen hatte, ein Zeichen zu geben, für den Fall, dass es Probleme geben sollte. Unter dem Fenster, das ihnen Mendoza genannt hatte, hockte sie sich nieder.

„Was ist jetzt mit dem Brandy, Semo?“ Die Stimme des Mannes, den sie Blackfist nannten, klang nicht wirklich wütend, obwohl er sehr laut sprach. Er schien eher gelangweilt. Sie wusste sofort, dass er es war. Dieses durch und durch böse in seinem Tonfall würde sie überall wiedererkennen. Sie spannte ihre Muskeln an. Am liebsten wäre sie sofort aufgesprungen. Aber sie musste sich zurückhalten, ihre Chance würde schon noch kommen. Sie wusste nicht genau, wo im Raum er war, sie könnte 40 Räubern gegenüberstehen, ehe sie ihn erreichte.

„Es ist nichts mehr da.“ Der andere versuchte, grimmig zu klingen, doch sie hörte seine Furcht mitschwingen, die Furcht vor dem Zorn seines gnadenlosen Anführers.

„Schick eines der Kinder los, Nachschub holen.“

Sie vermutete, dass der den er Semo genannt hatte, ihm ergeben zunickte und dann verschwand, um den Befehl auszuführen.

„Ich kann es nicht erwarten, dem schwarzen Hurensohn, den Kopf abzureißen.“ Die Stimme gehörte Carlos. Er war seinem Chef treu ergeben und ihm in Boshaftigkeit fast ebenbürtig.

„Immer mit der Ruhe, wir holen uns zuerst deinen Bruder zurück. Danach kannst du mit ihm anstellen, was du willst.“ Sie fragte sich, warum ihm einer seiner Leute derart wichtig war. Sie nahm bisher an, das Blackfist nur an sich selbst dachte, andere waren ihm völlig egal.

„Aber ich warne dich. Wenn uns Emilio nicht sagt was er mit der Beute, die er mir gestohlen hat, angestellt hat, stirbt er als Erster.“

Da hatte sie ihre Antwort. Er war wohl doch nur an dem interessiert was ihm Emilio entwendet hatte. Und wenn der Tod war würde er ihm nicht sagen können, wo er es versteckt hat.

Außer ein paar Stimmen zu hören, konnte sie hier nicht viel mehr in Erfahrung bringen, sie musste einen Blick hineinwerfen. Sie beschloss es einfach zu riskieren und setzte sich vorsichtig auf. Dabei versuchte sie möglichst nicht selbst entdeckt zu werden. Langsam traute sie sich näher. Und schließlich erhaschte sie einen kurzen Blick hinein. Ihr Herz blieb fast stehen, als sie Blackfist fast direkt in die Augen sah. Schnell wich sie zurück. Doch es war zu spät. Er musste sie auch gesehen haben. Sie musste sich vergewissern, sah noch einmal vorsichtig hinein. Er war verschwunden. Und auch von Carlos keine Spur mehr.

Auf der anderen Seite des, soweit sie das erkennen konnte, einzigen großen Raumes, hatten sie die etwa zwanzig Geiseln zusammengepfercht, vornehmlich Frauen und Kinder. Sie konnte sechs bewaffnete Banditen bei ihnen erkennen. Etwa noch einmal genauso viele waren über den Rest des Raumes verteilt. Sie war so weit gegangen, jetzt wollte sie alles sehen, sie drehte sich langsam zur anderen Seite.

Sofort landete sie so brutal auf dem Boden, dass sie sich beide Unterarme so heftig anstieß, dass ihr Tränen in die Augen stiegen. Am liebsten hätte sie vor Schmerz aufgeschrien, stattdessen hielt sie den Atem an. Einer der zwei Männer, die nur wenige Schritte von ihr entfernt eine Holztür aufgestoßen und herausgepoltert waren, kam schnellen Schrittes auf sie zu.

„Hast du sie?“ rief ihm der andere zu.

Der erste baute sich bedrohlich vor Tampka auf, griff an seinen Pistolengürtel und öffnete die Schnalle. Dann nahm er ihn in die Hand und pinkelte direkt neben Ihr in die Finsternis.

Der Zweite kam nun mit einem Mädchen, das er an ihren Haaren hinter sich her schliff, heraus.

„Du solltest sie doch nehmen, Fisch.“

„Schon gut Semo, ich bin ja schon fertig.“ Der übelstinkende Pinkler packte sein Gerät wieder ein und eilte zu Semo. Er nahm ihm das Mädchen ab und die zwei gingen in Richtung des Saloons.

Nochmal Glück gehabt. Dank ihrer schnellen Reaktion, als sie sich ins Gebüsch fallen ließ, hatten sie sie nicht gesehen. Tampka hatte genug Aufregung für eine Nacht. Sie beschloss, dass es zu gefährlich war, hierzubleiben und ihr Glück noch weiter zu strapazieren. Nachdem sich der Schmerz in ihren Armen langsam verzogen hatte, begab Sie sich wieder auf alle Viere und kroch in Stanfords Richtung zurück.


Was zum Teufel trieb dieses verrückte Indianerweib dort drüben bloß? Stanford wäre beinahe rüber gelaufen, um sie kräftig durchzuschütteln. Sie hatte verdammtes Glück, das sie nicht entdeckt worden war, doch nun schlich sie direkt, in ihr verderben. Wie sollte er sie nur warnen, dass die zwei die in der Umgebung patrouillierten, zurückgekommen waren und gerade direkt auf sie zu liefen?

Wenn Wilhelm sie auch gesehen hatte, würde er als der schießwütige Cowboy, der er nun mal war, ganz sicher den Finger nicht vom Abzug lassen können. Und dann wären die zwei Burschen nicht die einzigen die gleich sterben würden. Stan tat das Einzige, das ihm in diesem Moment einfiel. Er nahm einen kleinen Stein und warf ihn auf die Indianerin. Zum Glück bemerkte sie es sofort und sah verwirrt zu ihm herüber. Aufgeregt deutete er auf die näherkommenden Banditen. Tampka reagierte geistesgegenwärtig und brachte sich, in einen nahe gelegenen Pferdestall, in Sicherheit. Doch die zwei mussten sie bemerkt haben. Sie flüsterten nervös und teilten sich dann auf, um die einzigen beiden Zugänge zum Gebäude zu sichern. Stan nahm all seinen Mut zusammen und verließ seinen Posten bei der Mühle, um ihr zu Hilfe zu eilen. Wilhelm signalisierte er, dass er sich zurückhalten solle. Er hoffte, der Heißsporn würde sich auch daran halten.

Der Stall war wirklich nicht mehr als das. Er war nur grob zusammengezimmert worden und zwischen den einzelnen Brettern der Wand war genug Platz, um hindurchzusehen. Tampka hatte sich ganz in einer der Ecken hinter ein paar Strohballen versteckt. Die Banditen traten langsam hinein.

„Ist da jemand?“

Stanford zuckte vor Schreck zusammen. Er musste kurz durchatmen, ehe er sich wieder gefangen hatte. Tampka hatte ihn bemerkt. Sie saß noch immer hinter den Strohballen und schien darauf zu warten, dass er etwas unternahm. Nur was sollte er tun, die zwei erschießen, darauf warten, dass Wilhelm kam, um es zu tun? Einer der zwei war durch eine Seitentür hereingekommen und stand gefährlich nahe bei dem Indianermädchen. Der andere war beim großen Stall Tor auf der anderen Seite stehen geblieben.

„Siehst du was?“ rief er dem anderen zu.

„Sei still,“ zischte dieser zurück. „Hier ist jemand, das spüre ich.“

Tampka sah wieder zu Stan herüber und ihr Blick sagte; wenn du nichts unternimmst, werde ich es tun.

Der Bandit kam immer näher. Er würde sie gleich entdecken. Eines der Pferde welches in der Nähe der Indianerin angebunden war, begann zu schnauben und auf den Boden zu treten.

„Das sind nur die Pferde.“ Rief der am Tor. „Komm schon, lass uns gehen.“

„Jetzt sei doch verdammt noch mal endlich still.“ Er hielt seinen Colt fester und stieß vorsichtig mit dem Fuß gegen den Strohballen, hinter dem Tampka kauerte. Im nächsten Augenblick würde sie mit dem Messer in der Hand hervorpreschen.

„Ho sie da, Mister Stallbursche.“ Stanford hatte sich eine alte Jacke, einen albernen Hut und einen störrischen Esel geschnappt, die er schon zuvor in der Mühle entdeckt hatte. Seinen Colt hatte er dort versteckt und war dann eiligst zum Stall zurückgekehrt. „Ich bin gerade in der Stadt angekommen, bin die ganze Nacht durchgeritten. Wären sie wohl so freundlich sich, um mein Tier zu kümmern? Sie wissen schon. Das Fell bürsten, den Staub von den Hufen klopfen etwas Heu servieren und was ihr Burschen eben sonst so tut.“

Der eine Bandit in seiner Nähe sah Stanford nur ungläubig an und der andere ließ sich gar nicht ablenken versuchte gar hinter den Strohballen zu blicken, wo noch immer Tampka hockte.

Stan musste schwerere Geschütze auffahren. Er zog das Bündel Geldscheine vom Pokerspiel hervor und wedelte damit herum.

„Es ist auch ein angemessenes Trinkgeld für sie beide drin.“ Nun hatte er sie. Selbst der bei Tampka sah nun zu ihm herüber.

„Was bist du denn für eine armselige Gestalt?“

„Mein werter Name ist Sir äh Langley, Tyson Langley. Habe die Ehre.“ Stanford zog überschwänglich seinen Hut. Der andere schnaubte verächtlich und streckte dann wieder seinen Hals in Tampkas Richtung. Was sie hier gerade taten, war das Gegenteil von still und heimlich, wie es Marshall Jackson ihnen angewiesen hatte.

„Ich glaube, sie haben mich nicht richtig verstanden junger Mann.“ Stanford improvisierte jetzt nur noch. Er musste den zweiten Mann jetzt endlich dazu bringen, sich auf ihn zu konzentrieren.

Tatsächlich ging er jetzt nicht mehr näher auf Tampkas Versteck zu. Ihre Gesichtszüge entspannten sich leicht.

„Ich wünsche, ihre Dienste in Anspruch zu nehmen. Jetzt gleich, ich würde mich dann nämlich auch gerne zur Nacht geruhen.“

„Dieser panierte Affe ist wirklich der dämlichste Scheißkerl, der mir je untergekommen ist.“

„Sag schon Parker, soll ich ihn umlegen?“ Der Bandit neben Stan schien weniger besonnen als dieser Parker.

„Wie meinen?“ Stan musste den Ängstlichen nicht mehr spielen. Das Herz war ihm bereits in die Schuhe gerutscht.

Parker kam nun endlich näher, weg von Tampkas Position. Er musterte den Engländer abfällig.

„Von dem Ausdruck der Kunde ist König, haben sie hier wohl noch nichts gehört.“ Stan versuchte, empört zu klingen.

„Taschen ausleeren.“ Parkers grober Tonfall sollte ihm eigentlich zeigen das der Spaß, hier ein Ende hatte, trotzdem versuchte Stanford die Show aufrecht zu erhalten. Was sollte er sonst tun?

„Ein unmögliches Verhalten ist das, ich wünsche, umgehend die Geschäftsleitung zu sprechen,“ Der andere zog ihm nun grob den Mantel aus. „Wo kann ich mich über sie beschweren?“

„Taschen leeren.“

„Sie scheinen fälschlicherweise anzunehmen, dass ich nicht bereit wäre, angemessen für ihre Dienste zu bezahlen, ich bin jedoch ein Mann von Ehre, der stets seine Schulden zu begleichen pflegt.“ Er wedelte erneut mit den Geldscheinen vom Pokerspiel herum. Parker nahm sie ihm alle ab und steckte sie, ohne sie zu zählen, ein.

„Nun, das erscheint mit dann aber dennoch ein bisschen zu viel, sie haben sich das Tier ja noch nicht mal angesehen…“ der andere stieß ihn wütend zu Boden, so das Stanford auf seine Knie fiel. Parker hielt ihm seinen Revolver vors Gesicht. „Sie werden mich doch jetzt nicht wegen einer Handvoll Dollar töten?“ Parker deutete dem anderen an Stanford auf die Beine zu helfen. Dann beförderte er ihn nach draußen. Dabei warf Stanford einen letzten Blick zu Tampkas Versteck. Sie hatte es geschafft, musste sich wohl in einem unbemerkten Augenblick durch die nun freie Seitentür herausgeschlichen haben.

„Sie müssen nicht so unhöflich sein, ich kann selber laufen.“

„Ach ja?“ Auch der zweite zückte nun seinen Colt und beide drückten gleichzeitig ab. Sie schossen mehrmals auf den unbewaffneten Stanford. „…und kannst du auch tanzen?“ Sie verfehlten ihn jedoch absichtlich jedes Mal. Feuerten nur in den Boden direkt vor seinen Füßen. Er hüpfte wie ein Feigling herum und suchte schließlich das Weite.

„Parker, Lee was soll das Herumgeballere?“

„Semo,“ die zwei die eines der Mädchen losgeschickt hatten, um Schnaps zu holen, tauchten neben ihnen auf. „Wir haben uns nur einen Spaß mit so einem seltsamen Engländer erlaubt.“

„Kommt schon, es wird langsam hell und der Boss wartet nicht gerne.“ Alle Vier gingen ohne Umschweife zum Sägewerk zurück.


„Mir reicht’s, ich warte nicht länger. Ich gehe ihn jetzt suchen.“ Tampka war inzwischen zu Wilhelm, der sich sorgen, um seinen besten Freund machte, in die Kirche zurück geschlichen. Gerade als er zur Tür hinausstürmen wollte, fiel ihm Stanford erschöpft in die Arme.

„Haben sie dich erwischt?“ Wilhelm setzte ihn vorsichtig auf einen Stuhl. Stanford sah an sich herunter und tastete sich vorsichtig ab, als müsse er sich erst selbst davon überzeugen, dass er nicht verletzt war. „Was sollte das werden? Wolltest du dich umbringen lassen?“

Tampka stellte sich dazwischen, als Wilhelm seinem Freund gerade an den Kragen ging. Auch wenn ihr sicher klar war, dass er ihm nicht wirklich etwas getan hätte.

„Ihr Freund ist ein echter Held, wäre er nicht gewesen hätten sie mich ganz sicher erwischt. Und sie möchten bestimmt nicht wissen, was sie dann mit mir gemacht hätten. Ich habe das schon einmal erlebt.“

Wilhelm ließ sich gerne von ihr überzeugen und zeigte sich sogleich wieder milde gestimmt. Sie hatte recht. Stan hatte wieder einmal bewiesen, dass er ein echter Künstler war, was das „Totreden“ von Leuten anging. Er war schon immer sehr gut darin andere von etwas zu überzeugen, von dem sie zuvor gar nicht überzeugt gewesen sind.

„Ja. Er ist der typische Pferdehändler, der einem einen alten Ackergaul andreht, dass man denkt, es sei ein Rennpferd.“


Stanford versuchte angestrengt, den beiden dabei zuzuhören, wie sie über ihn redeten, doch vor seinen Augen begann plötzlich alles zu verschwimmen, die Umrisse von Wilhelm und Tampka wurden immer undeutlicher. Er fragte sich schon seit einer ganzen Weile, was mit ihm los war. Er fühlte sich irgendwie krank, Schweiß tropfte ihm aus sämtlichen Poren und ein seltsames Kribbeln breitete sich immer weiter in seinem Körper aus. Ein Taubheitsgefühl zog sich langsam hoch in seinen Verstand, ausgehend von der Wunde, wo er zuvor von Emilio gekratzt worden war. Dann wurde ihm schwarz vor Augen.

CHUWANGA

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