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Das Schnellgericht
ОглавлениеIn der Kontaktphase bringen suchende Singles potenzielle Partner häufig vor ein Schnellgericht, wo es blitzschnell zu einem Urteil kommt. Dieses lautet entweder »Es funkt nicht« oder »Es passt nicht« – und das war es dann.
Ein Schnellgericht zeichnet sich dadurch aus, dass es weder einen Verteidiger noch einen Staatsanwalt braucht. Ein Verteidiger würde dem Angeklagten beispringen, ein Staatsanwalt müsste die Anklage ausführlich begründen. Der Verteidiger würde beispielsweise die Fragen aufwerfen: »Was genau ist an weißen Socken so schlimm?« oder »Deuten Rechtschreibfehler tatsächlich auf einen schlichten Charakter hin?« Der Staatsanwalt seinerseits müsste seine Anklage sachlich untermauern.
Beim Schnellgericht des suchenden Singles werden solche Verzögerungen vermieden, es wird ohne Umwege gleich ein Urteil verkündet. Dieses Urteil muss nicht näher begründet werden, der Richter entscheidet allein nach seinem Empfinden, das von enttäuschten Erwartungen ausgelöst wird. Ob diese Erwartungen bewusst sind im Sinne von: »Ich werde niemals eine Beziehung zu jemandem haben, der weiße Socken trägt«, oder ob sie unbewusst waren und sich erst im Schock des Augenblicks bemerkbar machen: »Um Gottes Willen, der trägt weiße Socken!«, das ist unerheblich. Das Urteil beruft sich auf ein scheinbar untrügliches Gefühl.
Außenstehenden mag diese Gefühlsbegründung seltsam und merkwürdig erscheinen, oder an den Haaren herbeigezogen und fadenscheinig vorkommen – dem suchenden Single aber macht sie Sinn. Er kann nicht anders. Schließlich fühlt er so, und dafür kann er doch nichts. Gefühle können doch nicht falsch sein ...