Читать книгу Am Aschermittwoch ist (nicht) alles vorbei - Michael Zeihen - Страница 5
Die Liste
ОглавлениеSuperjeile Zick Brings
Leev MariePaveier
Drink doch eine metBläck Fööss
StääneKlüngelköpp
PirateKasalla
Et jitt kei WoodCat Ballou
Nie mehr FastelovendQuerbeat
Ich bin ne RäuberHöhner
Zo Fooss noh Kölle jonnMicky Brühl Band
Rut sin de Ruse De Boore
Eimol Prinz zo sinnWicky Junggeburth
Su lang die Leechter noch brenne Miljöh
En unserem VeedelBläck Fööss
Schenk mir dein HerzHöhner
Su lang mer noch am lääve sinBrings
Hück steit de Welt stillCat Ballou
Heimat esPaveier
Kölsch statt KäschMiljö
Mir sin kölsche MädcherEt fussisch Julche
Denn wenn et Trömmelche jeht DeRäuber
Mer bruche keinerBläck Fööss
Blootwoosch, Kölsch un e
lecker MädcheHöhner
Kölsche Jung Brings
Buenos Dias, MatthiasPaveier
Kölsche Jung Willy Millowitsch
Viva ColoniaHöhner
Colonia TropicalQuerbeat
Do bes die StadtBläck Fööss
Hey KölleHöhner
Am Aschermittwoch ist
alles vorbeiJupp Schmitz
„Jungs, das sind jetzt nur meine Vorschläge und die sind natürlich durch meinen persönlichen Geschmack entstanden. Aber ich denke, die Liste ist nicht schlecht. Damit kommen wir, und vor allem: kommt ihr, schon gut über die Runden. Bevor wir gleich mit dem Spielen anfangen, muss noch eine andere Sache besprochen werden, die genau so wichtig ist, wie das Lernen der Songs“, erzählte Ralf.
„Was kommt denn jetzt noch?“, fragte Jochen, der schon eifrig den ersten Song mitsummte.
„Kostüme“, meinte Ralf nur.
„Jeder von uns braucht mindestens drei Kostüme, wenn wir von Donnerstag bis Dienstag unterwegs sind. Also überlegt euch, was ihr anziehen wollt und kümmert euch rechtzeitig darum. Es gibt etliche Online-Shops, auf die wir zurückgreifen können. Richtige Karnevalskostümgeschäfte gibt’s bei uns nun mal nicht. Wir können auch überlegen, ob wir an einem Tag mit einem Gruppenkostüm unterwegs sein wollen. Das ist oft auch sehr witzig. Aber da kann jetzt jeder selbst kreativ werden. Bis Ende des Jahres sollten wir die Kostüme beisammen haben, danach werden die Lieferzeiten länger und länger, je näher es auf Karneval zugeht. Und ein kleiner Tipp am Ende: Achtet darauf, dass nicht zu viel Polyester an den Kostümen ist, denn das stinkt beim Schwitzen fürchterlich. Am besten sind reine Baumwollsachen. Und je weniger Stoff, desto besser in den Kneipen, da es drinnen oftmals Temperaturen wie in der Sauna hat. Habt ihr noch Fragen?“
„Was wird uns der Spaß kosten?“
Malte war´s, der diese Frage stellte.
„Ich denke mal, dass wir pro Person inklusive Bahnfahrt, Unterkunft, Feiern und Verpflegung auf ungefähr 1.200 Euro kommen werden“, antwortete Ralf, der auch die Kosten schon mal kalkuliert hatte.
„Puh, das ist ja nicht gerade wenig“, stellte Malte fest. „Was haben wir denn jetzt in der Kasse?“ Die Frage von Malte richtete sich an Sven, der Kassenführer war.
„Wir haben aktuell 2.820 Euro in der Kasse. Ganz werden wir auf den Gesamtbetrag nicht mehr kommen, aber der ist ja auch recht großzügig geschätzt, oder, Ralf?“
Ralf nickte und führte aus: „Ich habe für die Unterkunft 100 Euro pro Tag berechnet. Das wären bei sechs Übernachtungen 150 Euro insgesamt pro Person. Für das Bahnticket 150 Euro pro Person, für Verpflegung und Tickets 150 Euro pro Person und Tag.“
„150 Euro pro Tag?“ Malte wieder.
„Ja, wenn wir beispielsweise auf eine Sitzung wollen, ist das nicht günstig. Aber das können wir in den nächsten Wochen bis zum Jahresende klären. Ich schaue mal, was an guten Veranstaltungen ansteht und was die kosten. Das, was wir vorher besorgen, können wir ja, wenn wir wollen, so bezahlen. Dann bleibt die Kasse unangetastet“, schlug Ralf vor.
„Was kommt denn noch in die Kasse rein?“, wollte Jochen wissen. Sven überlegte.
„Wir haben jetzt inklusive des heutigen Abends noch sechs Spielabende vor uns. Das sind sechsmal 160 Euro, macht also 960 Euro. Dazu noch die Einsätze von ungefähr 200 Euro, so kommen zu den aktuellen 2.820 Euro noch 1.160 Euro hinzu. Dann hätten wir als Summe 3.980 Euro. Es wären also 820 Euro noch offen; für jeden bedeuten das knapp 200 Euro. Ich denke, das geht; oder?“
Alle nickten. Damit war der Punkt auch geklärt.
Bevor es ans Zocken ging, schlug Ralf vor, dass man spaßeshalber schon mal „Superjeile Zick“ und „Zo Fooß noh Kölle jonn“ mitsingen könne. Die anderen waren einverstanden. Ralf begründete die Wahl der beiden Lieder.
„Die habe ich für unseren Start heute ausgewählt, weil ich denke, dass wir in Köln wirklich eine supergeile Zeit haben werden und wir dafür auch zu Fuß nach Köln gehen würden. Beides sind sehr bekannte Lieder. „Superjeile Zick“ ist ein Party-Tanz-Song; „Zo Fooß noh Kölle jonn“ drückt die Sehnsucht nach dieser Stadt aus. Hört und fühlt euch da mal rein.“
Zweimal hörten sie die Songs, um ein Gefühl für die Melodien und die Sprache zu bekommen. Wie Ralf es erwartet hatte, taten sich alle mit dem kölschen Dialekt verdammt schwer. Aber sie versuchten es tapfer, brachen jedoch immer wieder in lautes Lachen aus.
„Ich werde das nie lernen“, rief Sven, nachdem er mehrfach hintereinander mit der Aussprache total daneben lag.
„Boah, wie spricht man das denn alles aus? Die Texte müssten in Lautschrift sein, das würde es leichter machen,“ beschwerte sich Jochen. Die anderen drei beschwerten sich postwendend über ihn, da Jochen überhaupt nicht singen konnte. Er traf nur selten den richtigen Ton, da fiel es nicht weiter ins Gewicht, dass auch seine Texte alles waren, nur nicht kölsch.
„Mensch, Jo, mit dir werden wir noch ne Menge Arbeit haben. Am besten nimmst du Einzelstunden bei mir. Einmal die Woche“, zog Ralf seinen Kumpel auf.
„Von mir aus gerne, solange ich immer etwas zum Ölen meiner Stimmbänder bekomme. Am besten Kölsch, damit sich meine Leber an die Plörre gewöhnt.“
Jochen hielt schon wieder ein leeres Kölschglas in der Hand.
„Jung, du weißt gar nicht, wie gut so ein Kölsch schmeckt, wenn man Karnevalslieder singt“, meinte Ralf nur.
Malte und Sven hatten offensichtlich weniger Probleme mit dem Treffen der Töne, aber die kölsche Sprache fiel auch ihnen weiterhin nicht leicht. Dafür das Kölschtrinken.
„Da habe ich mir was eingebrockt“, dachte Ralf, musste dabei aber grinsen.
„Ey, du Honk, lachst du mich etwa aus, wenn ich mir die Zunge beim Aussprechen dieser komischen Wörter verknote?“
Jochen schaute Ralf drohend an, musste aber selbst lachen, da er genau wusste, dass Singen wirklich nicht zu seinen Stärken gehörte.
Während die Jungs nach dem Verzehr der wie üblich bestellten Pizzen vom Pizzabäcker des Vertrauens anfingen zu zocken, liefen die kölschen Lieder weiter. Und später dann noch mal von vorne. „Was man unbewusst mithört, prägt sich dennoch irgendwie ein. Andere lernen auf diese Art Fremdsprachen, meine Kumpels dagegen kölsches Liedgut. Ist ja auch ne Art von Fremdsprache“, lautete die Hoffnung von Ralf.
Um 00.00 Uhr war wie immer Schluss. Sven, Schreiber und Geldeintreiber der Truppe, rechnete aus, wer was zu zahlen hatte. Wie so oft musste Ralf am meisten latzen, weil er der Unkonzentrierteste beim Spielen war.
„Na, Ralle, füllste wieder die Kasse? Aber´s dient ja alles einem guten Zweck“, stellte Jochen fröhlich und kölschbeseelt fest. Abschließend ließ er wieder eine seiner Pranken auf Ralfs Schulter krachen.
„Jung, spätestens auf unserer Tour werde ich mich für deine diversen Prügelattacken bitter rächen. Warte ab“, versuchte Ralf, seinen Kumpel zu beeindrucken. Doch der lachte nur und malträtierte dieses Mal Ralfs Rücken mit einem ordentlichen Hieb.
Malte und Sven grinsten und waren froh, dass sie nicht Jos Opfer wurden.
„Ich habe da schon eine Idee, was ein Gruppenkostüm angeht“, meinte Ralf, als sich alle zum Aufbruch bereit machten.
„Was denn?“, wollte Malte wissen. Auch er hatte schon ein wenig Schlagseite.
„Wir gehen als Leuchttürme. Das passt zu uns Küstenkuschlern und ist auch originell. Allerdings ist das eher ein Kostüm für die Straße; inner Kneipe dürfte das zu warm und zu voluminös sein“, unterbreitete der Ex-Kölner seinen Vorschlag.
Nach und nach nickten die Nordlichter. Sven hatte noch eine Frage: „Müssen wir die Kostüme selbst machen oder können wir uns fertige Kostüme kaufen?“
„Es gibt fertige Leuchttürme, die wir aber noch individuell für uns gestalten können. Beispielsweise mit einem Bezug zu Bremerhaven. Wir könnten das Stadtwappen nehmen und es mehrfach auf das Kostüm pappen. Was haltet ihr davon?“
Ralf schaute fragend in die Runde.
„Gibt´s die denn auch in meiner Größe? Ich will nämlich nicht so ´n Teil im Hochwasserformat haben“, meldete Jo Bedenken an.
„Keine Sorge, die gibt es in allen Größen. Selbst ein Mutant wie du passt da rein“, meinte Ralf. Als Jochen drohend eine Pranke erhob, duckte sich Ralle schnell weg.
„Ich warne dich, meine nordische Eiche“, versuchte er, seinen Freund zu bremsen. Jo ließ grinsend seinen Arm sinken.
„Ich schicke euch morgen auf Whatsapp ein paar Bilder, dann können wir uns immer noch entscheiden. Sollten wir uns dieses Kostüm zulegen, dann hätten wir immerhin schon eine Verkleidung.“
Abschließend machte Ralf noch Vorschläge, was das Lernen der Songs anging.
„Ich denke, wir sollten uns mindestens einmal im Monat treffen und eine Stunde Songs einüben. Unabhängig von unserer Zockerei. Das nächste Mal wären wir bei dir dran, Malte. Meint ihr, wir kriegen es hin, dass wir uns eine Stunde vor unserem eigentlichen Starttermin zusammenraufen können und dann diese Stunde nur fürs Singen nutzen?“
Sven nickte sofort, Malte kurz darauf. Nur Jochen überlegte länger.
„Ich kann´s noch nicht definitiv sagen, Jungs. Ihr wisst ja, dass ich meinen Feierabend nicht immer so planen kann, wenn Aufträge fertiggestellt werden müssen. Ich versuche aber, es hinbekommen“, gab auch Jo sein Okay.
„Dann wäre ja alles geklärt. Der Gastgeber sorgt für Kölsch, wie auch immer er das anstellt. Ich würde sagen, es sollte jedes Mal ein anderes Kölsch sein, damit wir einen Überblick bekommen und nächstes Jahr in Köln dann unser Lieblingsbier zum Selbstverzehr kaufen können. Ach ja: Der Gastgeber wählt auch immer die Lieder aus, die an dem Abend geprobt werden sollen. Drei sollten dicke reichen, denke ich“, erklärte Ralf.
Wieder waren die anderen einverstanden. Dann war endgültig Aufbruch angesagt.
Sven brachte seine Freunde noch zur Haustür, wo sich alle umarmten und dann nach Hause gehen wollten oder gefahren werden sollten. Maltes Freundin Nina saß schon einige Minuten vor dem Haus im Auto, um ihn abzuholen. Sven, Ralf und Jochen beobachteten, wie Malte in den Wagen stieg.
„Ich wette, die beiden fangen an zu diskutieren, bevor der Motor an ist. Malte wird, weil er einen im Tee hat, sofort von der Tour berichten. Und Nina wird ausrasten. Wer hält dagegen?“, fragte Sven grinsend in die Runde.
„Ich halte dagegen. Der Motor wird schon laufen, bevor sich Nina zu Malte wendet und wütend aufs Lenkrad haut. Oder alternativ zum Lenkrad Malte aufs Bein schlägt“, lautete Jochens Annahme.
Ralf hob beide Hände in die Luft.
„Ich sage nichts dazu, schließlich habe ich ihm die Suppe eingebrockt. Unstrittig ist wohl, dass Nina das größte Hindernis auf unserem Weg nach Köln sein wird.“
Die drei drehten sich wieder dem Wagen zu und warteten gespannt ab, was sich innen drin abspielen würde. Sie sahen, dass Malte zu Nina sprach und wild zu gestikulieren begann.
„Ich hatte gar nicht mehr in Erinnerung, dass er so gestenreich unterwegs sein kann. Das hat von hier aus schon Ähnlichkeit mit Gebärdensprache“, kicherte Jo.
Nun war wohl Nina an der Reihe, denn Malte schwieg und schaute hilfesuchend zu seinen Freunden. Er zuckte mit den Schultern. Auch aus der Entfernung war deutlich zu erkennen, dass Ninas Gesichtsausdruck immer saurer wurde. Nun starrte auch Nina zu den draußen Stehenden, schüttelte ihren Kopf und tippte sich mit dem Zeigefinger der rechten Hand an ihre Stirn. Dann startete sie den Motor. Jetzt sprach Malte wieder, erneut untermalt von ausladenden Gesten. Nina fing nun auch an, zu gestikulieren.
„Es wird spannend“, kommentierte Sven, „soll ich uns Stühle und noch´n Bier holen?“.
„Mach. Aber mach schnell“, antwortete Jo, während er seine Augen nicht vom Spektakel im Opel Corsa ließ. Sven raste ins Haus zurück und kam 30 Sekunden später mit drei aufeinandergestapelten Gartenstühlen sowie drei obenauf liegenden Flaschen Astra wieder.
Die drei machten es sich wenige Meter vom Corsa entfernt bequem. Jo öffnete die Pullen in Rekordzeit mit seinem Feuerzeug.
„Auch wenn jetzt der Motor läuft; die beiden hatten schon begonnen, als die Karre noch still stand. Also Wette gewonnen. Was war eigentlich der Einsatz?“, fragte Sven triumphierend in die Runde.
„Wir hatten keinen Einsatz“, meinte Jo nur und verfolgte wie hypnotisiert die umherwirbelnden Arme im Corsa.
Auf einmal hielt sich Malte die Nase. Blut schoss ihm zwischen den Fingern hervor.
„Hat sie ihm echt einen auf seinen Zinken gegeben? Ich fasse es nicht“, rief Ralf entsetzt. Während Sven und Jochen immer noch gebannt waren, sprang Ralf aus dem Stuhl hoch, riss die Beifahrertür auf und brüllte: „Habt ihr noch alle Tassen im Schrank, euch hier vor allen Leuten zu prügeln?“
Nina war plötzlich kleinlaut: „Ich wollte ihn gar nicht treffen, es war ein Versehen.“
Von Malte kamen nur merkwürdige Geräusche: „Hfffffffff, oooooooooh, hffffff, aaaaaaaah.“
„Och, mein Schatz, es tut mir so leid. Das war keine Absicht. Mein Armer, soll ich dich ins Krankenhaus fahren?“, wechselte Nina von der Furie zu Mutter Theresa.
„Ich glaub, meine Nase ist gebrochen. Mindestens“, jammerte Malte, während das Blut weiter seine Finger hinunterlief, die er nach wie vor an sein Riechorgan presste.
„Sven, hol mal Zewa, wenn ihr so was im Haus habt“, rief Ralf zu seinem Kumpel. Der rannte erneut ins Haus, brauchte dieses Mal aber deutlich länger, um dem Auftrag nachzukommen. Wo Stühle und Bier waren, wusste der Hausherr anscheinend besser. Kurz darauf kam er aber zurückgelaufen; in der Hand eine Packung mit Tüchern. Er reichte Malte eines der Tücher, die dieser dann teils gegen und teils in seine Nase presste. Aus dem leisen Jammern wurde aber plötzlich ein lautes Stöhnen und Klagen.
„Aaah, das brennt fürchterlich.“
Sven sah sich die Packung, die er noch in den Händen hielt, genauer an.
„Scheiße, das sind ja Desinfektionstücher. Sorry, Malte.“
Er riss Malte das Tuch aus den Händen, beziehungsweise aus der Nase, was sein Freund mit einem Schmerzensschrei kommentierte. „Auuuuuuu! Bist du jetzt vollkommen bescheuert, Sven? Du hast mir die halbe Nase abgerissen“.
Jetzt mischte auch Nina mit, die heilfroh war, dass jemand anderes zur Zielscheibe wurde.
„Mensch Sven, so blöd kann man doch gar nicht sein.“
Der hörte das doppelte Lamento schon nicht mehr, weil er wieder auf dem Weg ins Haus war, um dieses Mal die richtigen Tücher zu holen.
„Ihr Deppen, macht doch was. Euer Freund verblutet und ihr steht da nur dämlich rum“, motzte Nina nun Richtung Ralf und Jochen.
„Na ja, verbluten wird er schon nicht. Es ist ja nur die Nase“, meinte Jo und ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen.
„Dann mach du was, Ralf. Schließlich war die Tour nach Köln deine Idee. Also hast du wenigstens eine Teilschuld.“
Ralf war perplex: „Hä? Was habe ich? Wer hat denn seinem Freund eine gelangt? Du oder ich?“
Nina war der Ansicht, dass sie die Oberhand gewann. Abschätzig musterte sie Ralf.
„Das wäre hier doch gerade nicht passiert, wenn du nicht auf die Schnapsidee gekommen wärst. Malte würde allein nie so etwas machen. Er weiß ganz genau, was ich von Karneval in Köln halte. Da wird nur geknutscht und fremdgevögelt“, meinte Nina.
Mittlerweile war auch Sven wieder zurück, dieses Mal mit den richtigen Tüchern. Er reichte Nina gleich die ganze Rolle. Sie verarztete ihren Malte mehr schlecht als recht. Er sah nun eher aus wie eine Mumie. Eine unglückliche Mumie.
„Nina, sag mal. Woher weißt du denn, was Karneval in Köln passiert? Warst du schon mal da?“, bohrte Ralf nun nach.
Maltes Freundin verzog wieder ihr Gesicht.
„Das weiß doch jeder. Außerdem habe ich im Fernsehen schon zig Berichte über diese Dauerorgie gesehen. Fürchterlich. Da wird sich mein Malte überhaupt nicht wohlfühlen.“
Dass die drei, was Maltes Einstellung anging, eine ganz andere Meinung hatten, behielten sie lieber für sich. Das hätte Nina nur noch mehr angestachelt.
„Nina, sag mal, verlässt du dich echt auf den Scheiß, der da auf den Trash-Sendern gebracht wird? Die suchen sich doch nur die Kneipen aus, wo tatsächlich was passiert. Oder sie engagieren sogar Schauspieler für wenig Geld, die die Sau rauslassen sollen. Das weiß doch jeder.“
Nina nahm diesen Einwand nicht ernst.
„Du laberst Müll, Ralf. Brauchst erst gar nicht deine Heimatstadt verteidigen. Malte kommt nicht mit. Basta!“
Die Mumie neben ihr schaute derweil immer unglücklicher aus ihrem umwickelten Gesicht heraus.
„Aber Schatz; du weißt doch gar nicht, was ...“
Weiter kam Malte mit seinem vorsichtig angebrachten Protest nicht, denn Nina fuhr ihm sofort über den Mund.
„Malte, sei ruhig. Du bist doch total beeinflusst von deinen Freunden.“
Sie wandte sich erneut den dreien zu.
„Ihr verderbt mir meinen Malte nicht, damit das mal endgültig klar ist.“
Sven, Ralf und Jochen schauten sich an, blickten dann zu ihrem im Auto gefangenen Kumpel und riefen, wie im Stadion, im Chor: „Kämpfen, Malte, kämpfen!!“
Nun versank Malte fast komplett in seinem Verband. Das hätte wohl doch nicht sein sollen. Nina murmelte etwas, das wie „Ärsche“ klang, und stieg wieder ins Auto ein. Abrupt fuhr sie an, reizte den ersten und zweiten Gang bis zum Anschlag aus und raste davon.
Die verbliebenen drei wussten nicht, ob sie lachen oder sich ärgern sollten. Drohte ihr Plan schon in der Vorbereitung zu scheitern?
„Jungs, das können wir nicht zulassen. Wir müssen Malte aus den Klauen dieser durchgeknallten Frau befreien. Sonst wird er nicht nur nächstes Jahr mit uns keinen Spaß haben, sondern gar nicht mehr für den Rest seines Lebens. Zumindest nicht, solange er mit dieser Spaßbremse zusammen ist“, erklärte Jochen aufgebracht. Derweil schickte Ralf eine Whatsapp-Nachricht an Malte.
Kopf hoch, Junge, wir deichseln das schon irgendwie für dich. Lass dich nicht unterbuttern.“
Die Nachricht blieb bis zum nächsten Morgen ungelesen, wie man am entsprechenden Häkchen feststellen konnte.
„Habt ihr eurer Bier schon auf? Ich ja, aber ich brauche unbedingt noch eins nach dem Drama.“
Sven blickte fragend zu Ralf und Jochen.
„Ich habe noch“, antwortete Ralf; Jochen hielt seine leere Flasche demonstrativ nach oben.
„Okay, ich gehe noch mal rein und hole Nachschub“, sagte Sven und latschte wieder ins Haus zurück.
Anschließend saßen die drei noch eine halbe Stunde auf den Gartenstühlen vor dem Haus. Geredet wurde nicht mehr viel, jeder hing seinen Gedanken nach.
Als Erster stand Ralf auf, der sich nun auch auf den Heimweg machen wollte. Er musste nur nach nebenan eiern.
Jochen hatte einen Fußweg von normalerweise 15 Minuten vor sich. An diesem Abend sollten es aber ein paar Minuten mehr werden, da Jo immer wieder mal Halt machte, um unzusammenhängend und mit einem fürchterlichen Dialekt Passagen von „Superjeile Zick“ zu singen.
„Halt´s Maul du Penner, sonst komme ich runter und poliere dir die Fresse“, schallte es beim dritten Stopp aus dem geöffneten Fenster eines Hauses, vor dem Jo etwas von Schüssen und Schnee nuschelte.
Aber auch er kam irgendwann zuhause an. Allerdings ohne Stick und Songliste. Die lagen noch in Svens Keller. Daheim gönnte sich Jochen noch ein letztes Bierchen, bevor er selig grinsend ins Bett fiel.