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Hochzeit

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Karin spielt mit Waldemar zwischen den Wäschestangen des großen Hofes Fußball. Dorli läuft lachend dem Ball nach. Die Szene strahlt Harmonie aus und Karin plant in Gedanken, wie es wäre, außer dem Bedienen der wohlhabenden Beamtenfamilie eine Arbeit in der Fabrik zu beginnen. Gerade jetzt stünden die Chancen günstig aufgenommen zu werden. Waldemar würde nichts dagegen haben, wenn sie eine Arbeit als Helferin annähme und ein paar Stunden die Woche im ersten Stock des Mehrparteienhauses die Wäsche und die gröberen Arbeiten eines Beamtenhaushalts erledigte. Die Vorbereitungen zur Hochzeit nahmen Gestalt an. Das gemeinsam genutzte Zimmer, bis jetzt lebten die beiden im Konkubinat, wurde von Karin auf Hochglanz gebracht. Die Spuren der vergangenen Tage, als noch das Preferencen das Zimmer beherrschte, waren beseitigt. Statt der schönen Wolldecke, auf der Karten und Spielkapital die Besitzer wechselten, wurde ein Tischtuch aus Damast aufgezogen. Die Aschenbecher wurden entleert und geputzt in den Küchenschrank gestellt. Die leeren Bierflaschen waren dem Greißler zurückgegeben worden. Die Betten wurden frisch überzogen und die Vorhänge gewaschen. Eine sogenannte „Fassung“ vom Greißler im jagdgrünen Rucksack nach Hause getragen, überlegt, ob schon alles für die Hochzeitstafel zuhause wäre oder ob noch etwas vergessen wurde. Karin hatte die vergangene Woche saubere Arbeit geleistet. Eine Kiste Bier und selbstverständlich zwei Flaschen Sekt leistete sich Waldemar für jene Feier, der er eigentlich gar nie beiwohnen wollte. Dafür freute sich die Kartenrunde umso mehr. Nach der sehr schlichten Zeremonie mit Ringübergabe, Kuss und Unterschrift der Brautleute, sowie der beiden Beistände, die der Kartenrunde angehörten, trat die Gruppe den Nachhauseweg an. Während der Zeremonie ging ein Starkregen mit Hagel nieder. Die Hochzeitsgesellschaft, die eher den Eindruck erweckte, mit der gestohlenen Braut unterwegs zu sein, wartete das Ende ab und ging danach durch die von Hagel gesäumten Straßen nach Hause. Der Hagel kam nicht ungelegen, Waldemar stellte darin die zwei Sektflaschen kalt, dann ging es zum Buffet. Karin zauberte schmackhafte Köstlichkeiten aus dem Einkauf. Die Kartenrunde freute sich schon auf das Bier nach dem Hochzeitsschmaus, doch zuerst stießen sie mit Sekt an und ließen das Brautpaar hochleben. Als die Kiste Bier leergetrunken war, schleppten die Beistände eine weitere Kiste als Überraschung herbei, die auch bald zur Neige ging. Waldemar verspielte an diesem Tag ein kleines Vermögen und eigentlich müsste Karin gar nicht Bedienen gehen, wenn nicht so viel Bier und verlorene Spiele tonangebend wären. Der erste Tag begann mit freundlichem Wetter, die Sonne setzte sich meistens durch und die Wolken, die der Wind vom Vortag übriggelassen hatte, waren bald verweht. Karin war als Erste aus dem Bett und gerade dabei, Kathreiner Kaffee zu kochen, ein Malzkaffee, der bekömmlich und gutschmeckend war. Bohnenkaffee war sündhaft teuer. Die leeren Bierflaschen, die Aschenbecher und die Unordnung vom Vortag beseitigte sie, während der Kaffee kochte. Waldemar wurde vom Duft des Kaffees und der Küchengeräusche angelockt und begab sich steif und schwerfällig aus dem Bett. Als Frühstück konnten noch Köstlichkeiten vom Vortag verzehrt werden. Der Sekt war allerdings bereits ausgetrunken und somit konnte man auch das Frühstück nicht als Sektfrühstück im klassischen Sinne bezeichnen. Waldemar wäre Bier auch lieber gewesen, als der Kathreiner. Zu blöd, dass er nicht zwei Flaschen weggelegt hatte und heute war Sonntag, aber er würde einfach Karin schicken, damit sie ein paar Flaschen aus dem Wirtshaus holte. Es ist zwar ein kleiner Fußmarsch nötig, doch Karin tut die Morgengymnastik bestimmt gut.

Trink aus! Den bitteren Kelch

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