Читать книгу Perry Rhodan 3060: Die Thesan und der Lordadmiral - Michelle Stern - Страница 8

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3.

Zarut

Sie kamen offenbar zu spät. Das fing ja gut an. Es sprach nicht gerade für Integrität. Pünktlichkeit gebot die Reinheit der Form.

Shenbal Jassaradse blickte auf die Bilder, die ihm eine Überwachungssonde übermittelte. Die beiden Gäste näherten sich dem Demutspalast, als hätten sie den ganzen Tag dafür Zeit.

Kurz versicherte Shenbal sich, dass Mailu auf ihrem Platz saß. Seine Helferin hatte sich im Café zwischen dem grünlichen, ovalen Wasserlauf einen Tisch genommen. Sie wischte träge mit einer der Außenhände durch ein Holomenü, gab sich beschäftigt.

Shenbal war froh, dass sie gekommen war. Die sieben Karten für das Kloknu-Spiel am kommenden Tag war es wert gewesen. Ihm graute vor dem anstehenden Treffen und die Bilder, die er von den Gästen der Legatin bekam, verstärkten die Empfindung zudem.

Die beiden Wesen waren hässlich, unfertig, grob. Sie verbargen ihre mörderischen Tentakelarme unter weiten Borkengewändern. Über ihnen schwebten die typischen Kühlreifen von Touristen, die den Planeten besuchten. Die Reifen spendeten Schatten und sorgten gleichzeitig dafür, dass es direkt am Körper der Träger ein wenig frischer wurde. Aus winzigen Düsen spien sie kühlere Luft aus.

Die beiden Gäste erreichten den vereinbarten Treffpunkt am Fuß der Pyramidentreppe. Sie standen nun im Schatten der Vorhalle zum Demutspalast der Grellen Nara. Die Grelle Nara war einer der bekanntesten Unholde auf Nuru. Sie brachte die Schädelplatten zum Überhitzen und sorgte dafür, dass Kinder an Feuerträumen litten.

Shenbal fand es befremdlich, dass der Demutspalast der Grellen Nara direkt an einer Promenade der Grünen Straße lag, die beiderseits von wissenschaftlichen Museen und Forschungseinrichtungen gesäumt war. Für die Nuru dagegen war das kein Widerspruch. Sie lebten ihre Neugierde und den Drang nach wissenschaftlicher Forschung ebenso begeistert aus wie ihren Aberglauben an die unzähligen Grellen und die Fiktion eines Gottes, den sie den Schattengeist nannten.

Das Symbol der Grellen Nara war eine Kugel, daher gab es unter dem Vordach der Ankunftspyramide unzählige Kugeln, die kühlere Luft versprühten. Auch in den eigentlichen fünf Pyramiden wimmelte es von Kugeln in allen nur erdenklichen Größen und Farben. Dort lagen auf Hunderten von Regalen Naratiere, die Kinder seit Jahrtausenden für die Grelle aus Borke schnitzten, um sie zu besänftigen. Die kunstvollsten dieser Tiere konnte man in der Demutshalle besichtigen.

Die Sonde übertrug das Gespräch der beiden Gäste.

»Er ist noch nicht da«, sagte der eine. Shenbal wusste dank seiner Informanten, dass es Ly war.

»Nein«, sagte der andere, der Genner hieß. »Er lässt uns schmoren, und das in dieser Höllenglut. Keine schöne Art.«

»Es ist langweilig«, Ly hob eines der beweglichen Beine, tippte mit den Fußzehen gegen die Kugel neben sich, die auf seiner Brusthöhe an einem silbernen Stab befestigt war. »Was genau machen wir in dieser Stadt?«

»Wir sind erst seit zwei Tagen da. Wie kann dir da langweilig sein?«

»Zwei Tage und keine Herausforderung. Ich will wenigstens eine dieser Kloknu-Vorpartys besuchen. Lass uns dahin gehen.«

»Eine Party? Du weißt, was dann wieder passiert. Du legst den Ghyrd ab, verlierst die Kontrolle, verursachst ein Massaker ...«

»Ich bekomme das hin. Ich habe mich weiterentwickelt, wie du siehst. Meine Arme ...«

»Und die Schwerkraft wirkt auf Planeten nicht mehr ...«

Shenbal schauderte. Er empfand zu Recht Furcht vor diesen beiden. Sie waren nicht nur unberechenbar, es war ihnen auch nahezu völlig gleichgültig, was sie anzurichten vermochten.

Gegenüber im Café gab ihm Mailu ein Zeichen. Er sollte endlich zu den Gästen gehen.

Kurz presste Shenbal die Gespürhände gegeneinander, sodass die offenen Nervenenden protestierten. Also los. Er musste es hinter sich bringen. Nach einem tiefen Atemzug trat er aus dem Schatten der Riesenkaktee, in dem er sich verborgen hatte, und ging auf die beiden Tomopaten zu.

Sie beäugten ihn wie Reptilien. Es gelang Shenbal nicht, ihre Gesichtsausdrücke zu lesen, und einen Geruch strömten sie derzeit nicht aus. Sie waren nichtssagend wie schwarze Wände.

»Willkommen«, sagte er. Eine Floskel, was sonst? Er wusste nicht, was Tomopaten hören wollten und was nicht. Diese Wesen galten als extrem unberechenbar – und als gefährlich.

»Spät«, sagte Genner. »Du bist Shenbal Jassaradse?«

»Der bin ich. Euer Kontakt.«

Ly legte den Kopf schief. »Wir dachten schon, unser Treffen wäre dem Positronikfraß zum Opfer gefallen.«

Sie verzogen die Gesichter, lachten jedoch nicht. Waren sie erheitert? Oder glaubten sie, was sie da sagten? Mit dem Positronikfraß meinten sie die Datensintflut, bei der viele Daten verloren gegangen und somit »gefressen« worden waren. Shenbal wusste aus einem Datendossier, dass die Tomopaten große Freunde der Datensintflut waren. Ihnen gefiel der Gedanke an Chaos.

»Ihr seid in Anur, der Hauptstadt von Zarut«, sagte Shenbal. Er hatte es nicht nötig, sich zu rechtfertigen. Sie waren die Auftragshandlanger, nicht er. »Das allein zählt. Es kann sein, dass die Legatin bald eure Hilfe braucht.«

»Wann?«, fragte Genner sofort.

»Da ich das Ob nicht kenne, weiß ich auch nichts vom Wann.«

»Ob und wann?« Wieder legte Ly den Kopf schief, dieses Mal ein wenig mehr, als hätte er Wasser im Ohr, das er loswerden wollte. Er machte den Eindruck, als würde er sich am liebsten auf Shenbal stürzen. »Was soll das heißen?«

Shenbal wurde erst heiß, dann kalt – und das trotz der Hitze. »Wir hoffen, dass ihr nicht gebraucht werdet. Ihr seid sozusagen Plan B.«

Spürten sie seine Furcht? Shenbal kamen sie gleichzeitig amüsiert und gleichgültig vor. Eine verwirrende Mischung.

»Wir wollen etwas tun«, sagte Ly. »Es soll losgehen.«

Die Aussage irritierte Shenbal. »Ihr wisst nicht einmal, worum es geht. Ist es nicht hinderlich für euch, dass ihr keine Ahnung habt, wie euer Auftrag lautet?«

»Nein.« Es zuckte unter der Borkenkutte, als wollte Ly den Arm bewegen und könnte es nur ein kleines Stück weit. »Wir werden den Auftrag erledigen, egal, wie er lautet. Es gibt keine Bedenken, nur der Auftrag zählt. Versuch nicht, uns euer Konzept aufzuprägen. Bei unserem letzten Auftrag auf dem Etappenhof Kesk-Kemi habt ihr versucht, uns zu euresgleichen zu machen, deshalb sei gewarnt: Wir sind nicht wie ihr.«

»Ich verstehe. Ich werde das berücksichtigen.«

Genner kam näher – bedrohlich nah. Automatisch dachte Shenbal an die verborgenen Arme, die furchtbare Waffen waren. Ein Tomopat war eine Tötungsmaschine. Dass sich die Legatin auf diese Wesen eingelassen hatte, zeigte, wie verzweifelt sie war – und wie wichtig, dass die Informationen, die sie beschützten, auch beschützt blieben.

»Das wäre besser für dich«, sagte Genner. »Können wir gehen?«

»Ja«, sagte Shenbal, der liebend gerne wollte, dass dieses Treffen endete. »Ihr habt meine Daten und ich eure. Es ist wichtig, dass ihr auf Abruf bereitsteht, falls etwas geschieht.«

Was er nicht sagte, war, dass die beiden Tomopaten ab sofort unter seiner Beobachtung stehen würden. Er würde sie keinen Schritt tun lassen, ohne zu wissen wohin.

»Dann werden wir uns ein wenig amüsieren gehen«, sagte Ly. Kurz schaute er in Richtung Café, als ahnte er, dass dort jemand saß, der die Szene verfolgte. Zum Glück schaute er ebenso schnell wieder fort.

Amüsieren. Shenbal wurde erneut kalt bei diesem Wort. »Keine Verletzten«, sagte er so bestimmt, wie er konnte.

»Ihr seid Gäste in Anur. Benehmt euch dementsprechend«, ermahnte er die Tomopaten.

»Geht klar«, sagte Genner, doch Shenbal fürchtete, dass diese Worte hohler waren als das Innere einer ausgedörrten Anurkaktee.

Perry Rhodan 3060: Die Thesan und der Lordadmiral

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