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»Findest du mich fett, Jennifer?«

Das Stöhnen vor der Antwort fiel zu kurz aus, um als genussvoll durchgehen zu können. »Baby, ich heiße Jenny. Hab ich dir doch gesagt.«

Einen Moment lang vergaß Dennis seinen Bauch und lachte etwas zu laut für den Raum. »Du bist alles andere als eine brave Jenny.«

Jennifer holte scharf Luft und zog den Kopf zurück. Ihre Lippen waren gekräuselt, als hätte sie einen sehr schlechten Geschmack im Mund. »Niemand nennt mich Jennifer.«

Dennis grinste. »Ich schon.«

Jennifer erkannte die Gemeinheit in dem Grinsen und wusste, dass eine Diskussion sinnlos war. »Du klingst wie mein Vater.« Das Gemeine wurde fast boshaft.

»Echt?«

Jennifer lächelte, während sie sich langsam vorbeugte. Wenn sie etwas konnte, dann den Moment nutzen. »Ja – Daddy.«

Dennis seufzte auf, als sich Jennifer wieder daran machte, ihren Fünfziger zu verdienen. Sie war gut, und alles war auf einem guten Weg gewesen, bis Dennis zufällig sein Spiegelbild in der Balkontür erblickt hatte. Er konnte sich nicht davon abhalten, wieder hinzugucken.

»Im Ernst, findest du mich fett?«

Jennifer stand seufzend auf und ging zum Sofa. »Willst du jetzt lieber einen Personal Trainer oder machen wir hier weiter? Weil, für beides haben wir keine Zeit.«

Dennis ignorierte die Frage und strich mit den Fingern über seinen Bauch. Er beobachtete die Geste im Fenster. Das Spiegelbild bestätigte, was seine Hände ihm sagten – er war fett. Er hob seinen Bauch an und musterte jeden einzelnen der dunkelrosa Schwangerschaftsstreifen, die sich über die blasse Haut zogen. Sie waren sogar in der drei Meter entfernten Scheibe noch zu erkennen.

»Ich bin fett«, sagte Dennis, mehr zu sich selbst als zu Jennifer.

»Du bist nicht fett, Baby. Du siehst männlich aus. Wie ein Mann, der hart arbeitet. Ich kann deine Muskeln sehen, das macht mich ganz heiß.«

Dennis löste den Blick von seinem Spiegelbild und wandte sich Jennifer zu. Sie hatte die Knie unter sich gezogen. Der von der Sonne ausgeblichene Sofabezug war einst ein farbenfrohes Muster aus verschiedenen Vögeln auf beigem Hintergrund gewesen. Das kleine Schwarze, straff gestreckt und eine von Jennifers Schultern entblößend, hob sich von den ausgeblichenen Vögeln ab. Jennifers High Heels lagen umgekippt auf dem Boden.

Dennis schüttelte den Kopf und nickte mit dem Kopf in Richtung der von dem hochgerutschten Kleid entblößten Haut. »Du lügst. Ich bin zu fett für dich.«

Jennifer rutschte auf den Fußboden hinunter und krauchte langsam auf Dennis zu, wie eine Katze auf der Jagd.

»Du bist nicht fett, du bist mächtig. Und das macht mich heiß. Das kann man nicht sehen – das spürt man. Ich zeige es dir.«

Dennis vergaß die Fensterscheibe. Er vergaß alles außer Jennifers Mund, bis sein Handy zu klingeln begann, das auf dem Couchtisch lag und durch die Vibration langsam über die Glasplatte rutschte. Dennis versuchte, sich auf das Schnurrgeräusch zu konzentrieren, das Jennifer von sich gab, aber das Telefon war stärker – das Telefon war immer stärker. Er schob Jennifer weg und ging zum Couchtisch. Dabei erhaschte er in dem Spiegel neben der Wohnungstür einen Blick auf seinen Kopf und die Schultern und dachte einen Moment lang, Jennifer könnte recht haben – er sah eigentlich ganz mächtig aus. Er wischte über das Display des Smartphones und trat dichter an den Spiegel heran. Als er die Schwangerschaftsstreifen aus der Nähe sah, wandte er sich ab.

»Hamlet.«

»Dennis, Jerry hier. Ich brauch dich an der 110 Ferguson Avenue South.«

»Jerry, heute ist mein freier Tag. Ich weiß, dass der Tag praktisch um ist, aber auch die Nacht gehört mir. Komm schon, Mann, ich hab ein Mädchen da.«

Jennifer warf sich das Haar über die Schultern und ihm einen Luftkuss zu.

»Eine von uns hat’s erwischt. Julie Owen, Detective bei der GANG-Einheit. Mir egal, ob heute Weihnachten ist, du bist dran.«

»Bin sofort da.«

Dennis drückte den Anruf weg, ging zum Sofa und hob seine Unterhose auf.

»Verschwinde«, sagte er.

»Aber wir hatten doch gerade Spaß, Daddy.«

Dennis zog seine Hose an und kramte drei Zwanziger aus der Tasche. »Nimm das und geh, Benjamin

Jennifer stand auf und zog das Kleid zurecht. »Wer –«

»Ich kenn deine Akte – wo du gewesen bist, was du gemacht hast. Ich weiß, wie dein Vater dich genannt hat, Benjamin.«

Dennis wedelte mit den Geldscheinen, bis Jennifer sie ihm aus der Hand zog. Kaum war die Transaktion vollbracht, packte er Jennifer am Arm und schob sie zur Haustür. »Warte, meine Schuhe.«

Er stellte Jennifer an der Haustür ab. »Bleib hier«, sagte er, ging zurück ins Wohnzimmer, sammelte die High Heels vom Teppich auf und warf einen Schuh nach dem anderen in Richtung Tür. Jennifer schützte ihren Kopf mit den Händen und ließ die Schuhe gegen die Wand prallen.

»Du fängst schlechter als ein Mädchen«, sagte Dennis.

»Dafür mache ich eine Menge anderer Dinge besser als die meisten Mädchen. Leider wirst du das heute nicht rausfinden. Vielleicht morgen?«

Dennis öffnete die Tür und schob Jennifer nach draußen. Er wollte die Tür wieder schließen, hielt jedoch inne, als sie noch einen Spalt offen stand. »Vielleicht morgen«, sagte er.

»Wir haben ein Date, Daddy.«

Dennis schloss die Tür und machte sich fertig.

Tin Men

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