Читать книгу Codename E.L.I.A.S. - Doppelschlag - Mila Roth - Страница 6
ОглавлениеWas zuvor geschah …
»Du kochst noch immer ausgezeichnet, Mike.« Mit einem Stück Maisbrot wischte Matt die Reste des Bratensafts von seinem Teller und schob es sich zwischen die Lippen. Dann spülte er mit einem Schluck Bier nach. »Was mache ich eigentlich hier? Ich wollte dir den Garaus machen und mich nicht von dir mit Silvesterbraten und Linsensuppe bestechen lassen.«
»Hey, die Suppe habe ich mitgebracht«, protestierte Brianna.
»Weiß Dad, für wen du davon etwas abgezweigt hast?«
»Natürlich nicht.«
»Wann willst du es ihm sagen?«
»Keine Ahnung. Wenn ich lange genug warte, brauche ich ihm vielleicht gar nichts zu sagen, weil Michael bei einer Mission für diese Elias-Typen draufgegangen ist.«
»Womit wir wieder beim Thema wären.« Luke prostete ihnen mit seinem Weinglas zu. »Ich halte nicht viel von deinem Plan, Mike. Er birgt derzeit noch zu viele Unbekannte.«
»Das scheint mir auch so«, stimmte Matt zu. »Aber wie ich Mike kenne, ist ihm das herzlich egal. Er will mit dem Kopf durch die Wand – wie immer.«
»Ich will nicht mit dem Kopf durch die Wand. Ich will mein Leben zurück!«
»Was ich durchaus verstehen kann.« Als sein Handy piepste, warf Matt einen kurzen Blick auf das Display. »Das ist Brad.« Er hob den Kopf wieder. »Fest steht, dass du das nicht ohne Hilfe schaffen kannst, Mike.«
»Wer ist Brad?«, wollte Luke wissen.
»Ich habe Bri und Luke bereits um ihre Mithilfe gebeten.« Michael verschränkte die Arme vor der Brust und wippte ein wenig ungeduldig mit dem rechten Bein.
»Und was ist dabei herausgekommen?«
»Ich bin noch unentschieden.« Luke beugte sich halb über den Tisch. »Wer ist Brad?«
»Sein derzeitiger Freund«, erklärte Brianna.
»Und was ist mit dir?« Matt musterte seine Schwester aufmerksam.
Brianna schob die Unterlippe ein wenig vor und schwieg.
Matt nickte ihr zu. »Es ist dein gutes Recht, ihm in den Arsch zu treten. Lass ihn draufgehen, ich würde es dir nicht übelnehmen.«
Nun verschränkte auch Brianna die Arme vor dem Körper. »In dem Fall sehe ich aber mein Geld nie wieder.«
»Geschäftsrisiko.« Matt zuckte die Achseln. »Wenn es nach mir ginge, würdest du gleich morgen die Stadt verlassen. Geh zurück nach Chicago oder irgendwo anders hin. Hauptsache weit genug von Michael entfernt.«
»Es geht aber nicht nach dir.« Auf Briannas Stirn hatten sich mehrere Falten gebildet.
»Sondern?«
»Ich tue, was ich für richtig halte.«
»Und das wäre?« Erwartungsvoll sah Michael sie an und auch in Matts Augen war ein lauernder Ausdruck getreten.
Langsam und bedächtig löste Brianna ihre Arme und griff nach der Champagnerflasche. Sie goss sich ihr Glas nahezu randvoll und warf einen Blick über die Schulter auf den Fernseher. »In fünf Minuten ist das Jahr vorbei.« Entschlossen erhob sie sich. »Ich weiß nicht, was ihr vorhabt, aber ich schaue mir das Feuerwerk an.«
Ohne auf die Männer zu warten, stieg sie die Treppe zur Galerie hinauf, wo sich nicht nur Michaels Schlafraum befand, sondern auch eine schmale Stahltreppe, die hinauf zu einer Falltür führte, durch die man auf das große Flachdach gelangte. Sie stieß die Falltür auf und war kurz darauf verschwunden.
Michael erhob sich ebenfalls und folgte ihr, denn auch wenn es sentimental schien, wollte er doch den Jahreswechsel gerne mit Brianna gemeinsam verbringen. Luke und Matt folgten ihm aufs Dach. Beide hatten ihre Gläser, die Wein- und Champagnerflasche mitgebracht.
Brianna stand an der hüfthohen Brüstungsmauer, die das Dach vollständig umgab, und blickte in Richtung Los Angeles. Irgendwo weiter die Straße hinauf grölte eine Horde Jugendlicher. Ab und zu fuhr ein Auto am Haus vorbei.
Michael trat neben Brianna, hielt aber wohlweislich eine Armlänge Abstand. Er konnte sehen, dass sich die Haut an ihrem Arm an der Stelle, mit der sie gegen den Pfeiler geknallt war, rotblau verfärbt hatte. »Ich brauche deine Hilfe, Bri.«
»Warum? Weil niemand sonst da ist?«
»Auch wenn es nicht das ist, was du hören willst, ist es leider eine Tatsache.«
»Ich bin nicht gerne austauschbar.«
»Du warst noch nie austauschbar. Nicht für mich.«
Sie stellte ihr Glas auf der Brüstung ab und verschränkte die Arme vor dem Körper, reckte ihr Kinn. Er bewunderte den stolzen Ausdruck auf ihrem Gesicht und die unbeschreibliche Energie, die ihr graziler Körper ausstrahlte. In diesem Moment fühlte er sich wie magnetisch zu ihr hingezogen, doch er blieb ganz ruhig stehen, wo er war.
Ohne ihn anzusehen, sprach sie weiter. »Wie wird es zukünftig zwischen uns sein, Michael?«
Das war eine Frage, die er krampfhaft vermied, sich zu stellen. »Ich weiß es nicht.«
»Wir können nicht einfach so tun, als würde die Vergangenheit nicht existieren.«
Er wusste, er saß in der Falle. Er brauchte Bri, aber wenn er mit ihr arbeitete, würde er sie auch wieder in sein Leben lassen. Ehe er etwas sagen konnte, drehte sie ihm den Kopf zu. Ihre Augen hatten sich zu Schlitzen verengt. »Wenn du jetzt Lass uns Freunde sein sagst, jage ich dir das Messer, das ich am Strumpfband trage, zwischen die Rippen.«
Unwillkürlich wanderte sein Blick über ihren Körper, der wie so oft in einem sexy, heute grau-schwarzen Kleidchen steckte, hinab bis zu ihren Beinen. Er schluckte hart und konzentrierte sich wieder auf ihr Gesicht. »Bitte, Brianna. Wenn du bereit bist, mir zu helfen, wird auch Luke mitmachen.«
Spöttisch verdrehte sie die Augen. »Ein gutes Argument, dich im Regen stehen zu lassen.« Seufzend griff sie nach ihrem Glas und nippte daran. »Wenn ich es nicht tue, bekomme ich vermutlich mein Geld nie zurück.«
»Countdown!«, rief Luke vom anderen Ende des Daches.
»Danke, Bri.« Er lächelte zaghaft.
Brianna schüttelte jedoch den Kopf. »Warte erst ab, ob du es nicht noch bereuen wirst, mich um Hilfe gebeten zu haben.«
Das tat er jetzt schon. Trotzdem war er in diesem Moment dankbar wie selten zuvor.
»… drei, zwei, eins … Frohes neues Jahr, Mike!« Luke kam mit erhobenem Glas auf ihn zu, dicht gefolgt von Matt, der abwechselnd Michael und Brianna argwöhnische Blicke zuwarf. Im selben Moment ging in einiger Entfernung das Feuerwerk los. Die Stadtverwaltung von Boyle Heights hatte sich trotz notorisch leerer Kassen nicht lumpen lassen. Grelle Lichter und vielfarbiger Sternenregen erhellten den Himmel und waren von ihrem Standort gut zu beobachten.
Michael stieß mit Luke an, erwiderte den traditionellen Neujahrsgruß jedoch nicht. Froh, das war ihm nur allzu klar, würde das neue Jahr nicht werden.
Brianna prostete Luke nur verhalten zu, umarmte dann aber ihren Bruder herzlich und liebevoll. »Alles Gute für das neue Jahr, Matt.« Sie drehte sich wieder zu Michael um und trat auf ihn zu. »Frohes neues Jahr, Michael.« Ihre Miene war ernst und das Lächeln auf ihren Lippen kaum erkennbar.
»Brianna …« Er wusste nicht, was er sagen sollte.
Auch sie schien unentschlossen, wie sie sich verhalten sollte, beugte sich dann aber doch vor und schien ihn auf die Wange küssen zu wollen. Doch mitten in der Bewegung hielt sie inne und runzelte die Stirn.
»Was ist das für ein Geräusch?«
»Was meinst du?« Er lauschte ebenfalls, konnte aber außer dem Gejohle der Kids weiter unten an der Straße und einem mehrstimmigen Chor von irgendwelchen Nachbarn, der Auld Lang Syne zum Besten gab, nichts Ungewöhnliches vernehmen.
»Da, hört ihr das nicht?« Mit leicht schräggelegtem Kopf ging sie in Richtung der Falltür.
»Hast du schon Ohrensausen von dem Gejaule?« Luke deutete feixend in Richtung des Gesangs, wurde aber ernst, als er erkannte, dass sie keinen Scherz gemacht hatte.
»Das kommt von unten.« Schon war sie die schmale Stahltreppe hinabgestiegen.
Fluchend folgte Michael ihr. »Warte, Bri!« Er zog seine Waffe, die er gewohnheitsmäßig auf dem Weg hier herauf in seinen Hosenbund geschoben hatte. Hinter sich hörte er Lukes und Matts Schritte und das zweifache Klicken, als sie fast gleichzeitig ihre Pistolen entsicherten. Brianna war bereits unten im Loft, als er die Galerie erreicht hatte. In diesem Moment hörte er es ebenfalls – ein dumpfes Wummern an der Eingangstür. Mit schnellen Schritten stieg Michael ins Loft hinab, dicht gefolgt von den beiden anderen Männern.
»Erwartest du heute noch Besuch, Mike?« Lukes Stimme klang angespannt.
Michael warf ihm einen vielsagenden Blick zu. »Ich existiere nicht mehr, schon vergessen?«
Wieder pochte es gegen die Tür, diesmal jedoch deutlich schwächer als zuvor.
»Du solltest dir eine Überwachungskamera zulegen.« Brianna hatte aus ihrer Umhängetasche nun auch eine Waffe gezogen und entsichert. Sie baute sich schussbereit neben ihm auf, Luke und Matt schräg hinter ihm. Vorsichtig ging er zur Tür, lauschte, dann riss er sie unvermittelt auf und zückte gleichzeitig seine Pistole.
»Michael.« Sein Bruder Daniel stützte sich schwer gegen den Türrahmen. Mit entsetzt geweiteten Augen starrte er auf die vier auf ihn gerichteten Pistolenläufe. Er wurde blass, taumelte.
Rasch sicherte Michael seine Waffe wieder und reichte sie Brianna. Daniels Hemd war von roten Flecken verunziert, aus seiner Nase und dem Mundwinkel sickerte Blut, der Bereich um sein linkes Auge war rotblau verfärbt.
»Scheiße, Daniel, was ist passiert?«
»Mike, ich … Es tut mir leid …« Daniel bekam kaum ein Wort heraus, sein Gesicht war vollkommen zerschlagen und sein Körper offenbar auch. Er keuchte, taumelte erneut.
Michael konnte seinen Bruder gerade noch auffangen, als dieser kraftlos in sich zusammensackte.