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2. Methodologie: Medienkulturwissenschaft und diskursanalytische Werkzeuge
ОглавлениеDie in der Einleitung (Kapitel 0) beispielorientiert profilierte mediensyntagmatische Herangehensweise wird in der vorliegenden Arbeit durch diskursanalytische Werkzeuge ergänzt. Foucault selbst charakterisiert seine Bücher als »Werkzeugkisten«, aus denen man Sätze, Ideen oder Analysen herausgreifen kann:
»Alle meine Bücher, sei es ›Wahnsinn und Gesellschaft‹ oder dieses da [Überwachen und Strafen, M.P.], sind, wenn Sie so wollen, kleine Werkzeugkisten. Wenn die Leute sie aufmachen wollen und diesen oder jenen Satz, diese oder jene Idee oder Analyse als Schraubenzieher verwenden, um die Machtsysteme kurzzuschließen, zu demontieren oder zu sprengen, einschließlich vielleicht derjenigen Machtsysteme, aus denen diese meine Bücher hervorgegangen sind – nun gut, umso besser.«1
In den Formulierungen »diese oder jene Idee« und »Analyse als Schraubenzieher« drückt sich die Vorstellung eines undogmatischen Umgangs mit diskursanalytischem Theoriedesign aus. In Anlehnung an diese Beschreibung von Foucault geht es in der vorliegenden Arbeit gerade auch um die Verwendung diskursanalytischer Sätze, Ideen und Analysen als Werkzeuge, also als ergänzende Hilfsmittel. Die Arbeit versteht sich unzweifelhaft als eine medienkulturwissenschaftliche, die erstens von einem weiten und erkenntnisleitenden Medienbegriff ausgeht, zweitens die Synchronizität von disparaten und unorthodoxen Medien und (familialer) Lebenspraxis betont und drittens nicht auf Aushandlungen in den Medien, sondern auf medienkulturelle Manifestationen fokussiert. Es geht darum herauszufinden, was medienkulturell manifest und daher zeigbar2 ist.
Die entscheidenden Interpenetrationsmomente von Diskursanalyse und Medienkulturwissenschaft liegen in ihrem Verständnis der Objektebene und ihren zentralen Annahmen begründet. Zu Letzteren gehören die uneinholbare Historizität und machtförmige Aushandelbarkeit von Ordnungsmustern und der kräftezentrierte Effektcharakter von Positionen. Die historischen, machtförmigen und kräfteorientierten Prozesse lassen sich besonders gut in der Kopplung von Diskursanalyse und Medienkulturwissenschaft begreifen, weil Medien, und zwar disparate, an diesen Prozessen signifikant partizipieren. Bezüglich der Objektebene kann festgehalten werden, dass es sowohl Diskursanalyse als auch Medienkulturwissenschaft um die »Entfaltung einer Streuung«3 mit dem Ziel geht, »eine Dezentralisierung vorzunehmen, die keinem Zentrum ein Privileg zugesteht«4.
Die mediensyntagmatische Herangehensweise ist ein Mittel par excellence zur Dezentralisierung. Diskursanalyse und Medienkulturwissenschaft begreifen Familialität als Familienpolitik und dispersiv.
Die Fokussierung auf Dispersionen bedeutet, dass der Gegenstand Familialität – eingebettet in medienkulturelle und diskursive Zusammenhänge – facettenreich als Oberflächenphänomen analytisch beobachtet wird, ohne eine Tiefendimension oder ontologische Dinglichkeit vorauszusetzen. Giesen hat bereits präfigurierende Medialität mit Foucaults Dispositivbegriff in Verbindung gebracht5. Foucaults Verständnis des Dispositivs, wonach dieses als ›Netz‹ aus verschiedenen ›Elementen‹ (beispielsweise architektonischen Einrichtungen, reglementierenden Entscheidungen oder administrativen Maßnahmen6) konfiguriert wird, kann mit dem Begriffspaar ›Medialität‹ und ›Medium‹ korreliert werden. Die Einzelbegriffe jeder Paarung (Netz-Element; Medialität-Medium) sind laut Giesen wechselseitig und autokonstitutiv aufeinander bezogen7. Weiterhin kann die Heterogenität der Elemente des Dispositivs mit jener medialen Disparatheit – Giesen nennt seinen weiten Medienbegriff einen panmedialen – verbunden werden8. Die Entsprechung zwischen Medialität und jenem netzartigen Dispositiv gilt auch für Medialität und Diskursivität. Jene medial-diskursiven familialen Observanzen von Gewicht treten »an die Stelle des rätselhaften Schatzes der ›Dinge‹ von vor dem Diskurs«9. Letztlich werden »diese Gegenstände ohne Beziehung zum Grund der Dinge definier[t], indem man sie aber auf die Gesamtheit der Regeln bezieht [Hervorhebung M.P.], die es erlauben, sie als Gegenstände eines Diskurses zu bilden«10. Der Rückgriff auf Diskurs und Medienkultur suggeriert die autokonstitutive medial-diskursive Bezüglichkeit der Observanzen von Gewicht. Im Zusammenhang mit der autokonstitutiven Bezüglichkeit der Observanzen von Gewicht kann eine weitere produktive Passung zwischen Diskursanalyse und Medienkulturwissenschaft verdeutlicht werden. Medial-diskursive Observanzen von Gewicht sind signifikant existent, und zwar ohne einen (essentialistischen) »Grund der Dinge« anzunehmen. Ich verfolge hier keineswegs eine Medien-Vergötzung. Krämer ist zuzustimmen, wenn sie im Zusammenhang mit Performativität, Medialität und Zeigen ein bedeutungsvolles Dahinterliegen ablehnt:
»Doch wenn alles, worauf es ankommt, sich zeigt, so heißt das auch: Was ›von Bedeutung ist‹, liegt nicht hinter der Erscheinung, ist keine unsichtbare Tiefenstruktur, welche jenseits der Oberfläche des Wahrnehmbaren [Hervorhebung M.P.] durch Verfahren der Interpretation zu erschließen wäre.«11
Das Augenmerk liegt also nicht auf einer zu erschließenden medialen Tiefendimension, sondern auf jener wahrnehmbar existenten Erscheinung an der Oberfläche. Was hier im Kontext von Medialität spezifiziert wird, kann unmittelbar und produktiv auf Diskursivität bezogen werden. Foucault qualifiziert den diskursiven Gegenstand seiner Analyse nicht als ein Tiefenphänomen, das zu befreien wäre: »der Gegenstand wartet nicht in der Vorhölle auf die Ordnung, die ihn befreien und ihm gestatten wird, in einer sichtbaren und beredten Objektivität Gestalt anzunehmen; er ist sich selbst nicht präexistent«12. Gegenständlichkeit existiert nicht aus sich selbst heraus und bedingungslos. Die Verneinung selbstbedingender Existenz des diskursiven Gegenstandes bedeutet aber nicht, dass Letzterer nicht existiert. Gegenteiliges kann gerade angenommen werden: »Er existiert [Hervorhebung M.P.] unter den positiven Bedingungen eines komplexen Bündels von Beziehungen.«13 In Verbindung mit relationalen Bezüglichkeiten ist der Gegenstand existent, und zwar an der Oberfläche.
Zusammenfassend hinsichtlich einer Methodologie der Medienkulturwissenschaft, die diskursanalytische Werkzeuge integriert, kann demnach (im Rückgriff auf Krämer und Foucault) gesagt werden: Worauf es ankommt, zeigt sich, aber nicht als ontologische Innerlichkeit; das medial Bedeutsame zeigt sich wie das diskursiv Bedeutsame, bei dem es nicht um »innere Konstitution« geht, sondern um »das, was ihm gestattet, in Erscheinung zu treten«14.
Martin Zierold verweist im Kontext von Erinnerung und einer Arbeit, die dezidiert medienkulturwissenschaftlich perspektiviert ist, auf eine Doppelrolle der Medien:
»Sie [Medienangebote, M.P.] können selbst Resultate von Erinnerungsprozessen sein und formulieren oftmals, was gesellschaftlich als relevante Voraussetzungszusammenhänge angesehen werden soll [Hervorhebungen M.P.].«15
Die Doppelrolle von Medien besteht darin, dass sie eine Wirkung von Erinnerungen sind und selber gesellschaftliche Konstitutiva bewirken. Diese mediale Doppelrolle kann auf Diskurselemente bezogen werden. Das Diskurselement mütterliche Schuldgefühle etwa ist ein Resultat von Sedimenten in unserer Gesellschaft und gleichzeitig ein Voraussetzungszusammenhang für gesellschaftliche Prozesse.
Noch einmal zugespitzt: In der vorliegenden Arbeit wird ein Zugang gewählt, der sich an eine an Foucault und Butler orientierte Diskursanalyse anlehnt und in actu zwangsläufig spezifisch konkretisiert und formt. Die Zugriffsart bestimmt sich dann durch »reflektierte[…] Unfügsamkeit«16. Angenommen wird die von Foucault ausgesprochene »Einladung«17 besonders im Hinblick auf das Analysemittel Kritik. Der kritische Gestus ist als eine ethische Zugriffsart zu verstehen, die zweiflerischen Vorbehalt geradezu forciert und katalysiert, um Überschreitungen zu begünstigen:
»Die kritische Ontologie unserer selbst darf beileibe nicht als eine Theorie, eine Doktrin betrachtet werden, auch nicht als ständiger, akkumulierender [sic!] Korpus von Wissen; sie muß als eine Haltung vorgestellt werden, ein Ethos, ein philosophisches Leben, in dem die Kritik dessen, was wir sind, zugleich die historische Analyse der uns gegebenen Grenzen ist und ein Experiment der Möglichkeit ihrer Überschreitung.«18
Hier wird besonders die angesprochene Möglichkeit der Überschreitung von (familialen) Grenzen angestrebt. Durchgängig werden vielfältige Grenzen verschoben, was insofern wichtig ist, als »es für die meisten Eltern relativ enge Grenzen des Verhaltens gibt, innerhalb derer die optimale Versorgung des Kindes gewährleistet ist.«19 Die vorliegende Arbeit lässt sich daher keiner einzelnen universitären Disziplin zuordnen. Ich verzichte auch auf eine Aufzählung von Disziplinen, an denen die Arbeit partizipiert, nicht zuletzt, um entgrenzend zu wirken20. Ich vertrete eine poststrukturalistische21 Haltung sensu Butler und Foucault, um selbstverständliche Grenzen zu verschieben. Selbstverständlichkeiten basieren im Anschluss an Butler (und Foucault) auf einer Verleugnung ihrer Historizität. Es wird ein Preis gezahlt, um eindeutige Grenzen aufrechtzuerhalten. In einer Auseinandersetzung mit den Annahmen Foucaults schreibt Butler über den zu zahlenden Tribut:
»Damit scheint gesagt zu sein, dass die Formen der Rationalität, durch die wir uns verständlich machen, durch die wir uns selbst erkennen und uns anderen öffnen, historisch geprägt und nicht ohne einen Preis eingesetzt sind. Wenn sie natürlich, selbstverständlich werden, wenn sie Gründungsfunktion übernehmen und anscheinend unverzichtbar werden, dann stellen sie nicht nur die Bedingungen dar, unter denen wir leben und zu leben haben, dann hängt unser Leben selbst von der Verleugnung ihrer Geschichtlichkeit, von der Verleugnung des Preises ab, den wir für sie zahlen.«22
Wenn nun Grenzen, Bewertungen, Ontologien historisch gewachsen sind, dann sind sie veränderbar. Nun kann angenommen werden, dass Medien in der Medienkultur nicht nur durchspielen, was diskursiv sagbar ist, sondern geradezu zeigen, was diskursiv möglich/unmöglich ist23.
Als positive Grenzverwischung dienen beispielsweise die topografisch-bezeichnungspraktischen Verschiebungen der Komödie Almanya. Willkommen in Deutschland24 (Deutschland 2011, Regie: Yasemin Samdereli, Roxy Film Produktion in Koproduktion mit Infafilm, Concorde Home Entertainment; DVD). Der kleine Cenk, dessen Großvater in der Nachkriegszeit als Gastarbeiter nach Deutschland kam, wird von seiner Lehrerin, die Fähnchen auf einer Landkarte platziert, die die ursprünglichen Familienherkunftsorte markieren, gefragt, wohin »Cenks Fähnchen« gesetzt werden solle (A 00:04:44). Nachdem Cenks erste kindliche Antwort (»Deutschland« (A 00:04:48)) von der Lehrerin indirekt verneint wird (»Ja, ja, das stimmt schon. Aber wie heißt das schöne Land, wo dein Vater herkommt?« (A 00:04:49)), sagt er: »Anatolien« (A 00:04:54). Die Karte endet allerdings vor Anatolien. Cenks Fähnchen wird auf einem abgegrenzten, verworfenen, unbestimmt-leeren, nicht-intelligiblen Außen platziert (Abb. 1). Sein Herkunftsort wird als solcher unsichtbar und verleugnet. Der Preis für eine klare Grenzziehung, topografische Identität ist die Verleugnung der gemachten Grenzziehung und der Ausschluss des Anderen. Ein Klassenkamerad Cenks gibt – wie im Laufe des Films aufgedeckt wird – fälschlicherweise Istanbul (europäischer Teil) anstelle von Anatolien an und verhindert somit eine Exklusion, und in Folge dessen eine normative Diffamierung oder Verleugnung. Er erhält so einen sichtbaren »Körper von Gewicht« (Butler).
Abb. 1 (A 00:05:12) Platzierung von Cenks Fähnchen zur Kennzeichnung des Herkunftsortes im undefinierten Außenbereich im Unterschied zum definierten Innenbereich
Im Abspann des Films bittet nun Cenk seine Lehrerin, die Landkarte durch eine Karte, die Anatolien umfasst, zu ergänzen (Abb. 2). Nach dieser Ergänzung der historisch gemachten Grenzen befindet sich Cenks Fähnchen im inneren Bereich und nicht mehr im äußeren, abgegrenzten weißen »Nichts«, und auch Engin, der zunächst seine Heimat fälschlich angegeben hat, um einen Platz zu bekommen, kann seinen wahren Herkunftsort preisgeben, ohne der Schmach des Nicht-Teilnehmenden ausgesetzt zu sein.
Abb. 2 (A 01:33:31) Grenzverschiebung durch Erweiterung des definierten Innenraumes und sukzessive Sichtbarmachung und Inklusion der ehedem undefinierten Herkunftsorte
Identitäten – im konkreten Fall der vorliegenden Arbeit: familiale Identitäten, und damit Familienpolitiken – sind also grundsätzlich verschiebbar.
In Vertiefung zum diskursanalytischen Theoriedesign sensu Foucault richtet sich die medienkulturwissenschaftliche Perspektive auf medienkulturelle Zeigbarkeiten und nicht (nur) auf die Erfassung von diskursiven Aussagen respektive Sagbarkeiten, wie sie Diskursanalyse ausmacht. In diesem Sinne konstatiert Kammler: »Das Geschäft der Archäologie ist es, […] einzelne Aussagegruppierungen (›diskursive Formationen‹) zu beschreiben, die den Bereich des Sagbaren in konkreten Feldern des Wissens begrenzen [Hervorhebungen M.P.].«25 Eine medienkulturwissenschaftliche Vertiefung diskursanalytischen Theoriedesigns findet insbesondere dort statt, wo ganz explizit die Eigenschaften von Medien in Anlehnung an jüngere Medientheorien (Mann, Zierold, Krämer) angewendet werden.
Nun mag zugegebenermaßen die Annahme, Diskursanalyse sei ausschließlich beschreibend, etwas zu kurz greifen. Weiterhin lässt sich kritisch ins Feld führen, dass Foucault zwar nicht expressiv verbis einen vollends theoretisch ausgearbeiteten Medienbegriff konturiert, aber doch in hohem Maße mit Medien arbeitet. Jahraus hält fest: »Man kann das gesamte Foucaultsche Projekt einer Diskursanalyse als Proto-Medientheorie lesen«26.
Gegen eine Identifikation von Diskursanalyse und Beschreibung von Sagbarkeiten lässt sich Bührmanns These anführen, dass »Foucault Diskurse nicht rekonstruiert, sondern zuerst konstruiert«27. Hinsichtlich einer proto-medientheoretischen Perspektive bereits bei Foucault kann überdies in der Tat gesagt werden, dass künstlerische und literarische Manifestationen der jeweils interessierenden Epochen gerade einschneidende, markante, schwellenmarkierende Aufgaben übernehmen:
»Schon in Wahnsinn und Gesellschaft deutet sich […] an, dass Foucault dazu tendiert, Epochenschwellen über künstlerische und literarische Manifestationen einzuführen. Insofern übernimmt die Interpretation von Rameaus Neffe in Wahnsinn und Gesellschaft eine ähnliche Funktion wie die des Don Quijote oder des Werkes des Marquis de Sade in Die Ordnung der Dinge.«28
Wesentlich deutlicher als Foucault referiert Butler in Raster des Krieges29 auf mediale Sichtbarkeit und das heißt: auf Zeigbarkeit. Sie fokussiert auf »Bedingungen der Wahrnehmbarkeit«30, »die Begrenzung der Sphäre des Erscheinens«31, »Möglichkeitsbedingen des Sichtbarwerdens«32, »visuelle und diskursive Rahmen«33, (mediale) »Repräsentierbarkeit«34. Die Arbeiten von Butler und Foucault sind besonders gut medienkulturwissenschaftlich anwendbar, und Butler fokussiert dezidiert in Raster des Krieges auf mediales Zeigen/Nicht-Zeigen:
»Daher lässt sich das Feld der Repräsentierbarkeit nicht verstehen, indem wir einfach seine expliziten Inhalte untersuchen, denn es wird grundlegend gerade durch das Ausgesparte konstituiert, durch das, was außerhalb des Rahmens bleibt, innerhalb dessen Repräsentationen in Erscheinung treten. […] Den innerhalb des Rahmens gezeigten Geschehnissen und Handlungen geht eine aktive, wenn auch unbemerkte Abgrenzung des Feldes selbst und damit ganz bestimmter Inhalte und Perspektiven voraus, die nie in Erscheinung treten und die auch nicht gezeigt werden können.«35
Auf der anderen Seite muss jedoch auch hinzugefügt werden, dass doch Butlers Überlegungen in Raster des Krieges buchstäblich in die Form eines Essays36 und eben nicht in die Form einer reinen Diskursanalyse gebracht werden. Es lässt sich nicht behaupten, dass Medienkulturwissenschaft als Diskursanalyse und vice versa betrieben wird. Die Annahme einer Symmetrie zwischen den beiden Konzeptionen wäre ein theorielogischer Kurzschluss37. Damit geht einher, dass hier gelegentlich abschnittsweise ein je medienkulturwissenschaftlicher oder diskursanalytischer Fokus vorhanden ist. Zwar ist wohl Diskursanalyse in der Umsetzung nicht ausschließlich deskriptiv im Sinne einer reinen Feststellung von Sagbarem. Weiterhin werden selbstverständlich auch mediale Aspekte in einer Diskursanalyse aufgearbeitet. Gleichwohl verschiebt die medienkulturwissenschaftliche und mediensyntagmatische Perspektive die diskursanalytische Tendenz der beschreibenden Feststellung von Aussagegruppierungen38 zugunsten der Zusammenstellung von medial-performativen Zeigbarkeiten in der Medienkultur. Der Mehrwert der medienkulturwissenschaftlichen Perspektive im Methodendesign wird darin festgemacht, dass dezidiert neuere Medientheorien (Mann, Zierold, Krämer) und daran anschließende Potenziale verarbeitet werden. So geht es explizit darum, dass Medien wahrnehmbar machen39. Im Rekurs auf Mann ist darüber hinaus die selbstbedingende Passung der Medien, »nicht rein unauffällig (störungsfrei)«40 zu funktionieren, medienkulturwissenschaftlich anwendbar. Schließlich können in Anlehnung an die von Zierold konturierte Doppelrolle von Medien als erinnerungsbasierte Resultate und Formulierungen von Voraussetzungszusammenhängen41, die medienkulturell zeigbar sind, gesellschaftliche Konstitutiva ermittelt werden.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Arbeit sich zum Ziel setzt, in einer an Foucault und Butler angelehnten Diskursanalyse familienpolitische Manifestationen der Gegenwart in unserer Medienkultur herauszuarbeiten, wovon auch andere Disziplinen profitieren könnten, und zwar insofern, als die betrachteten vielfältigen medialen Arrangements »Kontroversen um Gesellschaftsentwürfe und Menschenbilder«42 durchspielen, herausheben und insbesondere wahrnehmbar machen43. Der Medizinethiker Johann S. Ach betont gerade die Notwendigkeit, über die Technologien (an sich) hinauszugehen und gesellschaftliche und anthropozentrische Konzeptionen zu berücksichtigen:
»Man versteht die – zum Teil sehr heftig ausgetragenen – bioethischen Kontroversen über Reproduktionsmedizin, Gentechnologie, Embryonenforschung etc. vermutlich erst dann richtig, wenn man erkennt, dass sie zugleich immer auch Kontroversen um Gesellschaftsentwürfe und Menschenbilder sind und letztlich um die zentrale Frage kreisen, welche Aspekte des Menschseins uns wirklich wichtig sind.«44
Gesellschaftliche und anthropozentrische Apriori sowie Grenzen werden besonders gut sichtbar, wenn Medienkulturwissenschaft und Diskursanalyse verbunden werden.