Читать книгу Kleines Schach-Museum - Mirko Czentovic - Страница 2
ОглавлениеPatt
Die beiden folgenden Hauptabteilungen sind eher als Anhänge zur Systematik der Mattbilder in Teil 1 und Teil 2 zu verstehen, auch wenn die präsentierte Beispielmenge größer ist. Im Vergleich mit der systematischen Sammlung von Mattkonstellationen drängt sich die Frage auf, ob eine ähnlich scharfe, deskriptive Nomenklatur auch für Patt- und Dauerschachstellungen entwickelt werden kann.
Es gibt klare Gründe, die dagegen sprechen. Erstens ist es beim Patt wenig sinnvoll, eine pattsetzende Figur benennen zu wollen. Während beim Matt nur Doppelschachkonstellationen in dieser Hinsicht problematisch sind, sonst aber durchgehend Eindeutigkeit besteht, entfällt beim Patt eine distinkte Klassifikation nach Figuren. Zweitens spielt auch die an mattsetzende Figuren gekoppelte Unterteilung nach Kontakt/Distanz gegenüber dem König keine Rolle, das Patt zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass kein Schach gegeben wird.
Der einzig verbleibende Ansatzpunkt für eine Unterteilung wäre der topologische Aspekt, also die Frage, ob der pattgesetzte König in der Ecke, am Rand oder den sonstigen mittleren Feldern steht. Da die Kontrolle sämtlicher direkt um den König gelegenen Felder beim Patt ebenso wichtig ist wie beim Matt, ließe sich nur von hier aus eine Klassifikation entwickeln, die dann aber deutlich unschärfer ausfällt als bei den vierundzwanzig Gruppen von Mattbildern: Es lassen sich beim Patt lediglich drei Hauptgruppen unterscheiden, nämlich Eckpatt (EP), Randpatt (RP) und Feldpatt (FP).
Die folgenden Unterkapitel versuchen trotz fehlender Feinsystematik eine geordnete Reihe von Beispielen für alle drei Pattgruppen anzubieten. Die Wirkung der gegnerischen Steine spielt für die Möglichkeit eines Pattes natürlich eine große Rolle, auch wenn, wie bereits erwähnt, weniger wichtig ist, welcher Stein das letzte Feld bzw. die letzten Felder um den König sperrt und damit das Patt bewirkt. Insofern kann man nur ansatzweise versuchen, eine systematische Reihenfolge anzubieten, in der die Anwesenheit von Damen, von Türmen usw. angesprochen wird. Einige Details lassen sich dabei gut vergleichend darstellen, andere dagegen stehen einer klaren Abgrenzung von Unterfällen entgegen.
Angesichts der wenig aufgelösten Unterteilung muss stärker noch als bei der Systematik der Mattbilder die Frage gestellt werden, welchen praktischen Vorteil eine Einteilung in nur drei Gruppen haben könnte. Eine Antwort könnte lauten, dass man auch hier den Blick für die Umstände eines Pattes „nachschärfen“ könnte, wenn man Beispiele nicht in beliebiger Folge studiert, sondern geordnete Reihen, die jeweils nur Eck-, Rand- oder Feldpatt abhandeln. Dass, ebenso wie beim Matt, ein Gefühl für die drei, fünf oder acht Felder entwickelt werden muss, die um den pattgesetzten König liegen, steht wohl außer Frage. Die kurzen Anmerkungen zu den in diesem Kapitel gesammelten Pattfällen richten den Fokus immer wieder auf die Kontrolle der besagten kritischen Felder, und es ist davon auszugehen, dass dieser deskriptive Zugang zumindest bei einem bestimmten „Lerntyp“ von Schachspielern einen Fortschritt in der Mustererkennung bewirken könnte.
Auf welch abenteuerliche Weise selbst starke Spieler Pattkonstellationen ausblenden können, ist oft genug dokumentiert worden, und viele dieser „Pattklassiker“ werden in den kommenden drei Unterkapiteln zitiert werden, wenn auch z.T. mit neuen, durch die gewählte Systematik bedingten Bezügen. Zur Einstimmung soll hier ein weniger bekannter Fall vorangestellt werden, in dem die Mustererkennung auf kuriose Weise bei beiden Spielern versagte. Die Partie wurde im Jahr 2001 mit normaler Bedenkzeit bei einem Bezirksmeisterschaften-Vormeisterturnier im niedersächsischen Raum gespielt: