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Оглавление2. Auftritt
Cleante, Dorine
Cleante. Ich werde sie nicht hinausbegleiten, sonst bekommen wir garantiert sofort wieder Streit. Die gute alte Dame ––– .
Dorine. Gott behüte! Wie schade, dass sie nicht hören kann, wie Sie gerade von ihr sprechen! Sie würde Ihnen sicher erzählen, dass sie viel zu "gut" ist für diese Welt und nicht halb so "alt," wie sie aussieht!
Cleante. Wie sie sich über uns alle geärgert hat, aber es nichts genützt hat! Und wie sie von ihrem Tartuffe besessen scheint!
Dorine. Das ist noch gar nichts, verglichen mit ihrem Sohn! Wenn man ihn sieht, könnte man meinen, er ist zehnmal schlimmer! Sein Verhalten während unserer jüngsten Unannehmlichkeiten [Gemeint sind die Aufstände und Bürgerkriege, die Frankreich zwischen 1648 und 1653 erschütterten. Anm. des Übersetzers] hat ihm viel Ansehen eingebracht. Er hat viel Mut im Dienste seines Königs bewiesen, aber seit ihn dieser Tartuffe für sich eingenommen hat, ist er wie ein Besessener. Er nennt ihn Bruder, liebt ihn hundertmal mehr als Mutter, Sohn, Tochter und Frau. Er erzählt ihm alle seine Geheimnisse, lässt ihn seine Taten leiten und sein Gewissen regieren. Er liebkost und umarmt ihn – seine Liebste, so glaube ich, würde er nicht zärtlicher lieben; bei Tisch muss er den Ehrenplatz haben, während unser Herr mit Vergnügen zusieht, wie er so viel isst wie sechs Männer; wir müssen ihm die erlesensten Leckerbissen vorsetzen, und wenn er rülpst, ruft der Herr: "Gesundheit! Er schwärmt für ihn! Er ist sein Universum, sein Held; er ist verloren in seiner Bewunderung für ihn, zitiert ihn bei allen Gelegenheiten, hält selbst seine banalsten Taten für Wunder, und seine Worte für Weissagungen. Und der Kerl weiß, wie er diesen Tölpel am besten über den Löffel balbieren kann. Er täuscht ihn mit hundert tugendhaften Masken, nimmt ihm durch seine Frömmelei so viel Geld wie möglich ab und geht sogar so weit, uns zu verhöhnen. Selbst sein dummer Lakai nimmt sich heraus, uns zu belehren. Mit rollenden Augen hält er uns Standpredigten und wirft unsere Bändchen, das Rouge und die Pflästerchen weg. Neulich zerriss er ein Taschentuch, das er im Gebetbuch liegend fand, und nannte es ein schreckliches Verbrechen, dass wir Teufelszeug mit geweihten Dingen mischten.