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#4RÜCKSCHLÄGE UND KRITIK SIND NICHT TÖDLICH

Das Wort Kritik allein löst schon negative Schwingungen aus. Kritik ist abwertend, eine Beanstandung, ein Tadel, eine Missbilligung, ein Gemecker. Ich habe schnell gelernt, Kritik als etwas anderes anzusehen, als Besprechung der künstlerischen Leistung. Jemand hat sich die Zeit genommen, meinen Text zu lesen, sonst könnte er ja keine Kritik anbringen.

Nach den ersten Absagen und kritischen Beurteilungen meines Krimis war ich entmutigt und frustriert. Ich fühlte mich getadelt, persönlich attackiert und die Frucht meiner jahrelangen Arbeit nicht respektiert. Irgendwann habe ich gesagt, so geht das nicht, sonst springe ich noch vom Balkon. Ich habe einen gelben Post-it-Zettel genommen und die Worte «Kritik bringt dich nicht um!» daraufgeschrieben. Dieser Zettel hing dann eine ganze Weile an der Wand über meinem Bildschirm, wie so eine Art Mantra. Er hing da so lange, bis sich mein negatives Bild über Kritik in ein positives gewandelt hatte.

Wer schreibt, wird Kritik ernten, gute und schlechte. Das ist so. Ich teile Kritik in drei Arten ein:

1.Da gibt es die subjektive Kritik. Texte sind etwas Persönliches und niemals kann ein Thema und ein Schreibstil allen Lesern gefallen. – Das muss er auch nicht. Und deshalb darf ein Autor sich niemals von der fairen negativen Beurteilung seines künstlerischen Werkes entmutigen lassen. Man muss solch eine Kritik mit Würde und Respekt wegstecken können, auch wenn es schmerzt.

2.Dann gibt es die kontroverse Kritik, meist verfasst durch Frustleser, die selber gerne Autoren geworden wären und ihre Enttäuschung ohne Anstand an den Texten derer auslassen, die erfolgreicher sind. Man entlarvt diese Leser als marktschreierische Trolle, die wütend über ein Buch herziehen und alles nur «grottenschlecht» finden. Meist erkennt man rasch, dass sie den Text nicht einmal richtig gelesen haben und sich in ihrer Kritik selber Fehler eingeschlichen haben. Aber was tun, wenn das eigene Werk durch kontroverse Kritik zerrissen wird? Nicht viel. Mit ruhiger Selbstsicherheit darüberstehen und den Hasskritiker heimlich bemitleiden für seinen frustrierten Umgang mit Büchern. Laut zurückschreien verschlimmert die Sache nur, dann hat der Frustkritiker nämlich erreicht, was er will: das Streitgespräch.

3.Die dritte Art von Kritik ist die konstruktive oder auch objektive Kritik, die fachlich kompetente Beurteilung eines Werkes. Hier bewerten qualifizierte Leser den Aufbau, den Stil, die Rechtschreibung, den Wortschatz, das Fachwissen, den künstlerischen Ausdruck und die psychologische Feinfühligkeit eines Autors. Diese Kritik habe ich mir als Autorin immer sehr zu Herzen genommen. Dies ist die Kritik, die schmerzt, aber an der ich gewachsen bin.

Gibt man sein Manuskript Freunden und Familie zum Lesen, kommt fast immer die gleiche Beurteilung zurück: «Toll. Hat mir gut gefallen.» Nichts im Text ist rot markiert, bis auf einige Rechtschreibfehler vielleicht. Das ist natürlich Balsam für die Seele nach monatelanger harter Arbeit. Leider hilft mir das wenig, denn in einem noch nicht lektorierten Manuskript gibt es mit Sicherheit etwas zu meckern. Dennoch sind auch solche Leser wertvoll. Ein Indiz für eine gute Geschichte ist oft, wie schnell das Manuskript gelesen wird. Kommt es nach drei Tagen schon wieder zurück, muss es gut gewesen sein. Lässt sich der Testleser aber drei Monate Zeit, wird er wohl am Text zu nagen gehabt haben.

Nützliche Kritik erhält man meist von Lesern, die man persönlich kaum kennt, weil sie dann nicht befangen sind und keine Angst haben, einen lieben Menschen (das können schlechte oder unerfahrene Autoren ja durchaus sein) zu verletzen.

Meine beste Kritikerin war immer meine Agentin. Da sie in München lebt, kannte ich sie lange nur durch Telefongespräche oder hatte per Mail Kontakt. Sie hat mir immer unverblümt gesagt, was nicht geht, was schlecht ist, was ich umschreiben muss. Sie hat mich aber auch gelobt, wenn ein Kapitel gelungen war. Solche Menschen sind Gold wert. Was jetzt aber nicht heißt, dass ich immer ihrer Meinung war. Ich habe oft eine Nacht zerknirscht im Bett gelegen, weil ihr mein Ende nicht gefallen hat, ich es aber super fand. Am Morgen habe ich es dann, nur so als Versuch, doch umgeschrieben. Sie hatte recht, wie immer, das neue Ende war besser.

Auch der Verlag kann Einwände bringen: ein knackigeres Finale wünschen, mehr Blut, mehr Spannung, weniger Rückblenden …

Die nächste Station ist das Lektorat. Hier geht es mit Kritik so richtig zur Sache. Keine Seite, die nicht mindestens an drei bis vier Stellen rot markiert ist. Hier geht es um Grammatikfehler, um schlechte Wortwahl und um Folgefehler in der Story. Auch schlampige Recherche wird kritisiert und langatmige Dialoge gekürzt.

Ich persönlich liebe die Arbeit mit meiner tollen Lektorin, auch wenn ich manchmal leer schlucken muss: «Nein!? Sie will mir diesen tollen Absatz streichen?» Aber ich muss zugeben, sie hat fast immer recht und das Manuskript ist nach dem Lektorat qualitativ besser.

Also Augen zu und durch und die Fehler beim nächsten Buch nicht wiederholen. So wächst man als Autor an konstruk­tiver Kritik.

Es kommt aber durchaus der Moment im Schreibprozess, bei dem negative Kritik und Selbstzweifel plötzlich überhandnehmen und man jedes beschriebene Papier zerknüllt in den Papierkorb schmeißt. Diese Phase habe ich auch durchlebt. Fünf Jahre hatte ich an Drachenkinder gearbeitet und als dann nur Absagen kamen, dachte ich ans Aufgeben. Ich schrieb einige Wochen nichts, bis sich die ersten Entzugserscheinungen zeigten. Da war plötzlich diese Leere. Also ging ich spazieren und dachte ernsthaft darüber nach, was ich denn eigentlich vom Leben wollte, was mich glücklich machte. Der ganze Druck, den ich mir aufgesetzt hatte, Drachenkinder um jeden Preis zu veröffentlichen, hatte mich eingeengt, er machte mich unglücklich und nahm mir die Lust am Schreiben.

Ich habe mir nach diesem Spaziergang vorgenommen, mein Manuskript weiterhin an Agenturen zu senden, aber mich nicht durch die oft monatelange Wartezeit auf eine Antwort verrückt zu machen. Das Manuskript einfach abschicken, nicht mehr daran denken und mich voller Elan auf ein neues Projekt werfen war meine neue Devise, und so entstand Liebe, Sünde, Tod.

Ferien haben mir immer geholfen, meinen Kopf zu lüften und die Freude am Schreiben wieder neu zu entdecken. Entspannt auf dem Liegestuhl am Strand zu liegen, dem Rauschen des Meeres zuzuhören, die Menschen und die Natur zu beobachten, all das ist wie Yoga für Schriftsteller.

Wenn ich in die Ferien reise, liegt immer ein leeres Notizbuch im Gepäck. Das muss zwingend von guter Qualität und in einen schönen Umschlag gefasst sein. Nichts da mit Computer. In den Ferien wird klassisch mit der Füllfeder edles Büttenpapier beschrieben. Und ich setze mir keinen Druck auf. Ich schreibe, worüber ich Lust habe. Es kann ein Tagebucheintrag sein, es kann eine Kokosnuss beschrieben oder eine Idee für einen neuen Charakter entworfen werden. Unweigerlich schleichen sich neue Themen für ein Buch aufs Büttenpapier. Oder ich schreibe über ungerechte soziale Probleme, unfähige Politiker oder über einen sexy Filmstar. Ganz egal, worüber. Es muss mich nur entspannen und die Lust am Schreiben fördern.

Komme ich dann aus den Ferien zurück, bin ich bereit, mich der konstruktiven Kritik an meinem Manuskript zu stellen. Ich versuche, den Text nüchtern zu analysieren und mir meine Fehler einzugestehen. «Okay, Monika, dieses kannst du besser schreiben, jenes musst du umschreiben, in diesem Punkt bist du noch schwach und in jenem Punkt musst du dich weiterentwickeln.»

Ich war schon immer ein guter Autodidakt, behaupte ich. Lernen ohne Prüfungsdruck macht einfach Spaß. Da bin ich über ein Thema noch unwissend und dumm, ich lerne darüber und – whamm! – jetzt bin ich wissend und klug. Das ist ein wenig wie Magie. Zauberei im eigenen Hirn. Es ist ein unglaublich gutes Gefühl, das mich enorm motivieren kann. Intelligenz ist angeboren, der Fleiß, diese Intelligenz zu trainieren, nicht. Es liegt an uns, was wir aus unserem Potenzial machen. Ich will damit nicht sagen, dass man abends zwingend die Bücher herausholen soll, um sich weiterzubilden. Ich mache es mir auf dem Sofa auch gerne gemütlich, aber Reality-TV, Superstar-Shows und Big Brother fördern nicht das Wissen und sollten höchstens ab und zu zur Entspannung genossen werden. Von einer interessanten Doku oder auch einem guten Film kann man hingegen viel lernen. Spielfilme schulen den Instinkt für einen spannenden Plot und vielschichtige Charaktere.

Ich persönlich liebe ja das Kino und die Schauspielerei. Ich ging sogar zur Aufnahmeprüfung der Zürcher Schauspielschule – und wurde abgelehnt. Auch mit dieser Enttäuschung musste ich klarkommen. Aber etwas Interessantes ist da passiert.

Wir mussten drei Texte vortragen, soweit ich mich noch erinnern kann, das ist jetzt über zwanzig Jahre her. Ich hatte mir einen Monolog aus Salome von Oscar Wilde ausgesucht.

Salome an der Zisterne: «Es ist kein Laut zu vernehmen. Ich höre nichts. Warum schreit er nicht, der Mann? Ah! Wenn einer mich zu töten käme, ich würde schreien, ich würde mich wehren, ich würde es nicht dulden! … Schlag zu, schlag zu, Naaman, schlag zu, sag ich dir …»

Ich glaube, ich war eine schauspielerische Katastrophe, doch mein Krimi-Gen zeigte sich schon damals, sonst hätte ich statt Salome sicher Shakespeares Julia vorgetragen.

Den dritten Text mussten wir selber schreiben und die schauspielerische Umsetzung einstudieren. Ich trug eine kurze Ein-Frau-Komödie vor. Und die Experten lachten tatsächlich. Sie gaben mir im anschließenden Gespräch das Feedback, dass ihnen diese dritte Aufführung am besten gefallen habe. Das lag wohl weniger an meinem schauspielerischen, sondern vielmehr an meinem schriftstellerischen Talent. Jedenfalls begann ich danach total motiviert, mein Drehbuch zu schreiben. Und sollte Cem je einen Mord in einer Schauspielschule aufklären müssen, so weiß ich jetzt zumindest, wie es da so zu- und hergeht bei den Aufnahmeprüfungen. Einfach immer aus einer Niederlage das Positive mitnehmen.

Motivationshilfen finden sich überall. Bei mir sind es gute Filme und natürlich gute Bücher. Hat mich eine Geschichte wieder einmal so richtig fasziniert, dann will ich das auch tun, den Leser in meine Welt entführen. Inspiriert setze ich mich hin und schreibe.

Eine weitere Motivationshilfe sind Kurzgeschichten. Ich sah sie zu Anfang als mühselig an. Sie erinnerten mich an die Aufsätze in der Schule, zu kurz, um richtig in eine Geschichte abzutauchen. Aber ich musste mich belehren lassen. Kurzgeschichten zu schreiben ist eine tolle Aufgabe, ein super Training und eine schwierige Herausforderung. Hier wird ein ganzer Plot auf wenige Seiten reduziert. Es braucht Anfang, Mitte und Ende. Die Charaktere müssen berühren und die Pointe muss sitzen, knackig und stark. Außerdem sind Kurzgeschichten ein Karriere-Sprungbrett. Es gibt viele Wettbewerbe – und gewonnene Preise werten den literarischen Lebenslauf eines Autors auf, da dieser zu Beginn der Karriere ja meist ein leeres Blatt Papier darstellt.

Nach Drachenkinder schrieb ich mehrere Kurzgeschichten. 2010 gewann ich mit meiner Kurzgeschichte Thriller den dritten Platz bei Schreibszene Schweiz. 2011 schaffte ich es beim Agatha-Christie-Wettbewerb des Fischer Verlages unter die besten 25 und meine Geschichte Shakespeare online wurde in deren Anthologie veröffentlicht. 2012 holte ich mit Der Auftrag den ersten Platz bei Schreibszene Schweiz. Als ich meinen ersten Krimi Liebe, Sünde, Tod an Agenturen schickte, konnte ich stolz drei Kurzgeschichten-Erfolge auf meinem literarischen Portfolio vorweisen.

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