Читать книгу Die Körpersprache der Lügner - Monika Matschnig - Страница 39
ОглавлениеVon Kopf bis Fuß: Nonverbale Signale, die hellhörig machen
»Man lügt wohl mit dem Munde, aber mit dem Maule, das man dabei macht, sagt man doch die Wahrheit.«
FRIEDRICH NIETZSCHE
2019 bekam ich einen Anruf von ARTETV. »Wir arbeiten an einer großen Lügen-Dokumentation und wollten wissen, ob ein Körpersprache-Experte Lügen wirklich erkennen kann. Gern würden wir mit Ihnen dieses Experiment machen.« No risk, no fun. Ich sagte zu. Es gab sechs Probanden und drei Szenarien: Ein Bewerbungsgespräch mit wahrem oder falschem Lebenslauf, wahre und erfundene Urlaubsgeschichten sowie Pro- und Contra-Argumentationen, wobei man gegen seine eigene Meinung argumentierte. Meine Aufgabe war es, zu erkennen, wer von den sechs Teilnehmern die Wahrheit sagte und wer log. Das Fiese daran war, dass das Produktionsteam mit den »Lügnern« im Vorfeld geübt hatte. Das erschwert natürlich das Erkennen signifikanter verräterischer Signale. Was glauben Sie, wie viele Lügner ich dennoch erkannt habe? Genau: alle. Denn es gab nicht das eine verräterische Signal, sondern viele kleine Details, die Unbehagen signalisierten.
Kann man Lügen also wirklich erkennen? Tja, das ist eine schwierige Frage, da wir niemals in den Kopf des anderen sehen können. Was wir wahrnehmen können, sind verbale und nonverbale Reaktionen. Aufgrund einer Fülle dieser Anzeichen und der richtigen Analysetechniken sind wir in der Lage, einen Rückschluss zu ziehen. Aber immer mit größter Vorsicht.
Manche Menschen sind begnadete Schauspieler und sehr schwer zu durchschauen. Kleine Signale verraten sie oftmals doch.
Wichtig, um der Unwahrheit auf die Spur zu kommen und eine aussagekräftige Schlussfolgerung ziehen zu können, ist, dass wir unser Auge für die Gefühle und Bedürfnisse des Gesprächspartners schulen. Wir müssen lernen, seine Signale zu erkennen. Das Erlernen der Körpersprache ist wie das Erlernen einer gesprochenen Sprache: Zuerst gilt es, Vokabeln zu pauken, und erst durch das Zusammensetzen der Wörter ergibt sich der Sinn. Doch keine Sorge: Dieses Vokabelnpauken macht durchaus Spaß. Wir lernen dadurch zweierlei: erstens, unser Gegenüber besser wahrzunehmen, und zweitens, uns selbst besser zu reflektieren und zu kontrollieren, sofern auch wir einmal lügen müssen. Aber Sie tun das doch nicht, oder?
Jeder Mensch ist ein Unikat
»Unser Körper sagt mehr als 1000 Worte«, so eine gängige Redewendung. Das Zusammenspiel von Körperhaltung, Gestik, Mimik und Sprache, aber auch von vegetativen Reaktionen, die nach außen drängen, verrät, ob jemand die Wahrheit sagt oder lügt. Aber um das zu erkennen, benötigen wir eine sehr gute Beobachtungsgabe. Diese muss wie gesagt trainiert werden. Viele Körpersignale bestehen aus diversen kleinen Zeichen in unterschiedlicher Intensität und in unterschiedlich schneller Abfolge. Wir müssen lernen, diese relevanten verräterischen Signale zu erfassen, doch sie sind komplex. Schließlich hat jeder Mensch sein individuelles Verhalten und seine Eigenarten. Wie Sie das übliche Verhalten, also die Baseline eines Menschen identifizieren, erfahren Sie ab >.
Ich habe einen sehr guten Freund, der Psychiater ist. Wenn er wieder einmal mit Leidenschaft über seinen Beruf spricht, dann fasst er sich permanent an die Nase. Bekanntlich gilt dieser Griff an die Nase als höchst verräterisch. Aber das ist Humbug. In seinem Fall ist es schlicht und ergreifend seine individuelle Eigenart, quasi seine Macke. Glauben Sie nicht an Versprechungen wie »Signale, die Schwindler entlarven«, oder »Dinge, die nur Lügner tun«. Ein Signal allein hat keine Aussagekraft. Außerdem ist auch der innere Zustand eines Menschen immer zu berücksichtigen. Wird jemand mit etwas Unerwartetem oder Unangenehmem konfrontiert, erhöht sich sein Stresspegel. Und je gestresster ein Mensch ist, desto stärker sind seine körpersprachlichen Signale. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass er lügt. Zwischen normalem Verhalten, Stress und Lüge zu differenzieren, will also gelernt sein.
Doch genug der Vorrede, begeben wir uns nun in die spannende Welt der vielseitigen Signale, die der Körper unbewusst bei Lügen aussendet und die jemanden tatsächlich als Lügner entlarven können.
Übung: Talkshow-Tipp
Schauen Sie sich in einer Mediathek eine Talkshow, die Bundespressekonferenz oder ein Politikerduell an. Aber schalten Sie den Ton dabei aus. Beobachten Sie das Verhalten der Teilnehmenden von Kopf bis Fuß: Welche Gesichtsausdrücke erkennen Sie? Wie ist die Sitzhaltung oder der Stand? Welche Gesten machen die Diskutanten? Welche Emotionen können Sie wahrnehmen? Danach schauen Sie sich das Ganze noch einmal mit Ton an. Haben Sie erkannt, wer gegen ein Statement ist, wer zustimmt, wem es egal ist und welche Emotionen vorherrschen? Eine wunderbare Übung, um die Beobachtungsgabe zu schärfen.