Читать книгу Die Welle - Morton Rhue - Страница 9
ОглавлениеWarum
Nach einer kurzen Pause wendet sich Ben an die Jugendlichen.
„Es wundert mich nicht, dass der Film euch schockiert hat“, sagt er.
„Habt ihr Fragen zu dem, was ich euch erzählt habe?“
Amy Smith meldet sich sofort.
„Waren alle Deutschen Nazis?“, fragt sie.
Ben schüttelt den Kopf. „Das wohl nicht.
Viele Menschen fanden Hitler gut.
Bei den letzten Wahlen zum Parlament bekam die NSDAP immerhin 44 Prozent der Stimmen.
Doch die Mehrheit hat Hitler damals eben nicht gewählt.“
„Warum hat dann niemand die Nazis aufgehalten?“
„Gute Frage“, sagt Ben.
„Ich denke, viele Leute hatten Angst.
Die Nazis waren sehr gut organisiert.
Sie waren bewaffnet und rücksichtslos.
Und sie gingen mit Gewalt gegen ihre Gegner vor.
Zu Anfang traten sie als Schläger-Trupps auf.
Als die Partei an der Macht war, wurden viele
Menschen verhaftet.
Dafür musste man nichts Schlimmes angestellt
haben. Es genügte, eine andere Meinung zu haben
und diese offen auszusprechen.
Deutschland erlebte damals eine schwierige Zeit.
Die Leute waren ängstlich und verunsichert.
Viele hofften, dass es mit Hitler wieder aufwärts gehen würde.
Hitler führte Arbeits-Dienste ein.
Dadurch hatten die Menschen wieder Geld und litten weniger Not.
Es gab Freizeit-Organisationen,
Wohnbau-Programme und mehr.
Immer mehr wurde vom Staat und von Hitlers Partei geregelt. Die Menschen mussten sich um nichts kümmern.
Wer sich an die neuen Regeln hielt, dem ging es gut.
Für Kinder und Jugendliche gab es eigene Organisationen wie die Hitler-Jugend.
So wuchsen die Kinder und Jugendlichen von klein auf mit den Ideen von Hitler und der Partei auf.
Nach dem Ende von der Nazi-Herrschaft haben viele Deutschen gesagt:
Von den Verbrechen der Nazis haben wir nichts gewusst.“
Das können die Schüler nicht glauben.
Millionen von Menschen sterben in Lagern.
Und dann will niemand davon gewusst haben?
„Ach, so ein Quatsch!“, ruft Eric wütend.
„Das ist doch gelogen!“
„Haben die Leute das wirklich behauptet?“
Laurie schüttelt ungläubig den Kopf.
„Sie müssen doch gemerkt haben, was für schreckliche Dinge in ihrem Land geschehen.
Wie können sie sagen, dass sie nichts wussten!“
Ben nickt. „Ja, das kann man sich wirklich kaum vorstellen“, sagt er.
„Nach dem Krieg haben auch viele Nazis gesagt: Wir haben nur Befehle ausgeführt.
Wenn wir nicht mitgemacht hätten,
hätte man uns selber eingesperrt und getötet.“
„Aber das sind doch Ausreden!“,
ruft Brad ärgerlich dazwischen.
„Ich verstehe nicht, dass die Leute sich nicht gewehrt haben.
Man hätte die Nazis doch aufhalten können.
Ich hätte da nicht mitgemacht!“
„Bei uns in Amerika wäre so etwas nicht passiert“, sagt Brian überzeugt. „Ganz bestimmt nicht.“
Immer noch melden sich Schüler zu Wort.
Da ertönt die Glocke zum Ende des Unterrichts.
„Wir sprechen in der nächsten Stunde weiter darüber“, sagt Ben Ross.
Nachdenklich sieht er zu, wie die Jugendlichen
ihre Sachen zusammenpacken und hinausgehen.
Er ist unzufrieden mit der Stunde.
Er hätte die Fragen der Mädchen und Jungen
gern ausführlicher beantwortet.
Er hätte ihnen gern besser erklärt,
was Menschen dazu bringt,
bei so etwas mitzumachen.
Und warum die Menschen nicht fragen,
ob das alles in Ordnung ist.
Wieso die eigene Sicherheit bei so vielen mehr zählt als die Mitmenschen.