Читать книгу Die kalten Wurzeln der Welt - M.P. Anderfeldt - Страница 9
Brunnen
ОглавлениеSein blaues Leuchten erfüllte den Raum. Lisa lächelte glücklich, aber angespannt.
»Da bist du …« Sie streckte den Arm aus und hielt ihn ganz still. Man musste sehr vorsichtig sein, ein lautes Wort, eine falsche Bewegung und es war vorbei.
Langsam kam es näher. Eine sanfte Schwingung ging durch die beiden Flügelpaare, die weniger an einen Vogel erinnerten als an ein Lebewesen, das im Wasser lebte. Ein Rochen vielleicht oder eine Qualle. Feine, leuchtende Fäden, wohl eine Art Tentakel, ringelten sich unter seinem Rumpf.
Es war völlig still, das einzige Geräusch war Lisas Atem. Störend, ja. Ihr lautes Schnaufen erschien ihr obszön, doch sie konnte ja auch schlecht die ganze Zeit die Luft anhalten.
Lisa schloss die Augen. Noch bevor das Wesen ihre Hand berührte, fühlte sie es. Als gäbe es zusätzlich zu den sichtbaren Tentakeln noch weitere, unsichtbare, die sich weiter vom Körper entfernten und den ganzen Raum durchdrangen. Sie spürte auf ihrer Haut eine Wärme, die auch Kälte sein konnte.
Sie öffnete die Augen, als der Ba sicher in ihrer Handfläche saß. Seine großen schwarzen Augen glichen den Facettenaugen von Insekten, aber sie wiesen nicht das typische Gitternetz auf.
Die Augen das Ba waren wie zwei Brunnen. Unendlich tief reichten sie, bis zu den steinernen Wurzeln der Welt, wo es nicht heiß war, sondern eiskalt.
Das Wesen war nicht zu irgendeiner Art sprachlichem Ausdruck fähig, aber Lisa verstand es auch so.
Sein Hunger auf Leben erfüllte ihr Herz mit Freude.
Du bekommst, was du wünschst, dachte sie und versuchte, ihre Gedanken in Bilder zu übersetzen.