Читать книгу Am Ziel - Nataly von Eschstruth - Страница 5
Zweites Kapitel
ОглавлениеEi, was für ’nen prächtigen Bub’ hab’ ich!
Die Händlein so drall
Und die Lenden so prall
Und das Näschen so fein
Und das Mündchen so klein
Rudolf Löwenstein.
Nahe am Dorf drunten, im Laubwald, der seitlich den Kochenhaller Schlossberg säumt, liegt die königliche Oberförsterei.
Still und einsam ist es in dem geräumigen Haus geworden, seit Susanne Schill, die blühendfrische Tochter des Oberförsters, den Vater verlassen hat, um ihrem schmucken Herzliebsten, dem königlichen Feldjägerleutnant Seehofer, als glückstrahlendes Weib in die neue Heimat zu folgen.
Da war das Lachen und Singen im Forsthaus verklungen.
Der alte Herr ging nachdenklich und mit ernst gefurchter Stirn umher, hatte sich noch den Phylax und die Waldine zur Gesellschaft in seine Stube geholt, obwohl der Feldmann und die Juno bereits die Ofenecke zu Erb und Lehn erhalten hatten, hing noch ein paar Käfige mit Dompfaff und Zeisigen mehr am Fenster auf, und doch wollte das frohe, lustige Leben nicht wieder Einkehr halten.
Frau Zirblerin, die rüstige alte Wirtschafterin, ging auch umher, als sei ihr die Butter vom Brot genommen, seit die Susanne aus dem Hause war, — sie schalt nicht mehr über die Hunde und Jägerburschen, sie grollte nicht mehr, wenn der alte Herr den Pfeifenkopf auf die frischgescheuerten Dielen ausklopfte, sie verlangte nicht mehr voll würdiger Energie „alleweil ein Rehblatterl zum liebsten“, — sie schlich wehmütig treppauf, treppab, lüftete dem Susei das Zimmerchen alle Tag, als ob’s jeden Augenblick wiederkommen müsst’, das liebe Dirnei, und hatte verweinte Augen, wenn die alte Stine, die von der Post Wegen die Briefe austrug, an der Oberförsterei vorbeikraxelte, ohne mit einem Schreiben von Susei einzusprechen.
Zuerst hatte auch das dralle, blauäugige Roseli, die als Magd im Forsthaus diente, gezwitschert und jubiliert wie ein Finkenweibchen, als aber im Herbst ihr Wastl1) sich hatte stellen und als Rekrut fort müssen, da war es auch mit des Roselis Freud’ zu Ende! Wenn es daran dachte, wie der Wastl ihm zum letztenmal das Gesicht abbusselt und gesprochen hatte: „Ich muss jetzt fort; sei zufrieden, Roseli, und bleib’ in Frieden zurück“, ach, dann gingen ihm sofort wieder die Augen über, und wann die Zirblerin es anliess: „Was flennst, du Dalk mit deinem alten Weibergetrenz?“ — dann schlug es nur in grossem Jammer die Hände zusammen und rief: „Kreuzunglücklich bin ich! Und kreuzunglücklich sind wir alle miteinander!“
Da hatte die Zirblerin auch schweigend nach dem Schürzenzipfel gegriffen: „Das schon!“ Und hatte mit viel Lärm und Geräusch in der Küche herumhantiert.
Sollte sie’s auch nicht? — Sie hatte die Susei von ihrem ersten Lebenstage an auf den Armen gewiegt und die Kleine liebgehabt wie ein eignes, und als die Oberförsterin vor Jahr und Tag an dem bösen Sturz aus dem Schlitten heraus gestorben war, da hatte sie Mutterstelle bei dem armen, verwaisten Dirnei vertreten und mit der Zeit gar geglaubt, sie habe die Kleine fein selber geboren und sei ihm mit Leib und Seel’ eine Mutter geworden.
Nun war der Herbst vorüber, das bunte Laub bedeckte fusshoch den Waldboden, und die Berge droben hatten weisse Mäntel umgehängt; da zogen die Sennen mit dem schmuckbekränzten Vieh zu Tal und machten sich’s bequem zur langen Winterrast.
Den Pfad empor aber war die alte Stine gekeucht, sie trug in einem Sacktuch all die geschnitzten Löffel und Quirle, die ihr Grosssohn, der Gaisbub, auf der Alm droben während der Sommerzeit geschnitzt hatte. Die Alte lachte über das ganze sonnegebräunte, wetterharte Gesicht und reichte schon von weitem der Zirblerin ein Schreiben entgegen.
„Endlich kommt’s, das Brieferl,“ rief sie, „das g’freut mich damisch.“
Die Wirtschafterin ward dunkelrot vor Entzücken, als sie Suseis Handschrift erblickte. Sie fasste das Briefchen sorgsam mit dem Schürzenzipfel und murmelte mit feuchtem Blick, wie sie es früher so oft getan, wenn ihr schmuckes Pflegekind durch irgendeine Liebestat ihr das Herz im Leibe lachen liess: „O du mein lieb’s Dirnei!“ Und dann winkte sie wohlbehäbig der Stine und schob sie mit der linken Hand über die Schwelle: „Verschnauf’ ein bisserl! Ich hab’ einen Guglhopf ’backen, dass’s eine Freud’ ist! Ich geb’ dir gleich ein grossmächtig’s Stück davon, wo die mehrsten Weinbeerln einbacken sind, und auch Kaffee dazu! Geh eini!“
Das liess sich das alte Botenweiblein nicht zweimal sagen, sondern stampfte mit ihren Nägelschuhen eilig in die Küche, der verheissenen Herrlichkeiten froh zu werden; die Zirblerin aber trat mit glänzenden Augen über die Schwelle, in des Oberförsters Amtszimmer und bot den Brief dar, mit einer Miene, als habe sie ein Königreich zu geben.
Was der Brief an Nachricht brachte, war in des alten Herrn und der Zirblerin Augen vielleicht noch mehr wert als solch ein Stück Land und Leute, das nicht jederzeit ein Freudenquell für seinen Herrscher bildet; der Susei Zeilen jedoch glichen einem wahren Wirbelsturm der Wonne, der urplötzlich unter das Dach fegt und das unterste im Haus zu oberst kehrt!
Du lieber Gott! War das eine Überraschung, war das eine Herzensfreude!
Selbst dem alten, wetterfesten Oberförster wurden die Augen feucht vor Glückseligkeit, und die Zirblerin hielt sich zwischen Lachen und Weinen den Kopf und rief nur ein um das andre Mal: „O du mein! O du mein! Das Susei kommt heim und bringt uns noch was mit!“
Und das war wirklich und wahrlich so.
Die junge Frau Feldjägerleutnant schrieb einen langen Brief und teilte dem Vater mit, dass ihr Mann ganz urplötzlich mit wichtigen Briefen als Kurier nach Petersburg geschickt sei. „Was die Reise im Grunde noch bezwecke, wisse sie selber nicht, das sei Dienstgeheimnis, aber ihr Oswald bleibe diesmal viel länger fort, ja, es könne vielleicht ein Vierteljahr ins Land gehen, ehe er wieder dauernd daheim bleiben könne. Da sei es ihr bang, so allein in der fremden, grossen Stadt, wo sie so gar keine treue Seele wisse. Auch Oswald sorge sich, sie ohne Schutz und Schirm zurückzulassen, um so mehr, als gerade ihr schweres Stündlein in diese Zeit der Trennung falle.
Nun sei sie zu dem Entschluss gekommen, für die lange Zeit heimzureisen, dem frohen Ereignis im Forsthaus, unter der Zirblerin treuer Pflege, entgegenzusehen.
Der Vater möge ihr doch bis R. entgegenkommen und sie dort an der Bahn in Empfang nehmen, und die liebe, gute Zirblerin möge ihr die Wochenstube fein behaglich herrichten und die alte Holzwiege vom Boden holen und blankputzen lassen! ...“
Ach, war es denn nur möglich, nur zu glauben?
Sollte es wahrlich noch mal in dem stillen, öden Forsthaus lebendig werden?
Ja, nun klang es wieder hell und lustig durch die verlassenen Räume!
Nun begann wieder ein rühriges Leben und Treiben in dem alten Forsthaus, ein Scheuern und Putzen, Fegen und Lüften, ein geheimnisvolles Hin und Her in dem ehemaligen Jungfernstübchen der Frau Leutnant!
Vom Boden herab schleppten die Zirblerin und Roseli die mächtige Wiege auf den breitgeschnitzten Kufen, bürsteten, wuschen und polierten das gedunkelte Holz, bis es glänzte wie nagelneu; das rote Herz in dem gemalten Blumenkranz war recht abgeblichen, darum kam der alte Hiesel2), der Waldläufer, der bei einer Bärenhatz vor Jahren zu Schaden gekommen war und nun mit seinem Stelzbein als wohlbrauchbarer, stets hilfsbereiter Einleger im Forsthaus herumhumpelte, mit einem roten Farbentöpfchen und pinselte das verblasste Herz neu über, dass es feuerrot brannte, so recht in „Wonnen flammte“, weil es nun wieder zu Ehren kommen und der Susei ihr Kindli schaukeln sollte.
Endlich war’s so weit.
Das ganze Haus roch nach Kuchen und Schmalz, die Diele war so blitzblank gescheuert und mit grünen Tannenzweiglein bestreut, dass man glauben konnte, auch im Hause drinnen sei frischer Schnee gefallen.
Die mächtigen Kachelöfen waren noch einmal so vollgestopft als sonst, dass die Bratäpfel in der Röhre krieschten und dampften und sicher verbrannt wären, wenn der Hiesel im letzten Moment nicht noch nach dem Rechten geschaut hätte!
Endlich klingelte es den verschneiten Weg empor. Die beiden Forstgehilfen standen an den Tannen droben und schwenkten mit frischem Juhschrei die grünen Hüte, und die alte Stine, die just des Wegs kam, stand still und fuchtelte in ihres Herzens Freude mit den Armen durch die Luft.
„Grüss dich Gott, Susei!“ — schrie sie, so laut sie es konnte, und der Oberförster nickte ihr mit strahlenden Augen zu, und die junge Frau beugte sich vor und winkte fröhlich mit der Hand.
Ja, nun kam sie! Und die Zirblerin klopfte die Schürze ab und schritt gravitätisch herzu, hob die Frau Leutnant selber aus dem Schlitten, behutsam und vorsichtig, als fasse sie ein rohes Ei, und sagte dann barsch: „Trampelt’s mir nit das Schneewasser auf den Fussboden!“ — denn sie hielt es nicht für schicklich, weich zu sein und zu flennen, sondern wollte dem jungen Weiblein zeigen, dass sie voll reputierlicher Würde nach wie vor dem Hause vorstand.
Frau Seehofer umarmte und herzte aber die Alte, als ob sie ihr das zärtlichste Willkommen gesagt hätte, und da hielt das „barsche Getu“ nimmer stand, — die Zirblerin hing am Hals ihres Lieblings und weinte lachend ihre dicksten Freudentränen. Wie schmuck und schön sah die junge Frau aus, so recht wie eine Rose, die sich eben frisch erschliesst, und ganz so fröhlich und guter Dinge wie ehemals, als sie noch die langen, flachsblonden Zöpfe keck im Nacken schwang. Jetzt waren sie sittsam hochgenestelt, und die Kleidung war städtisch und elegant, wie es einer Frau Leutnant zukommt. — Frau Susanne aber trat alsbald vor das hohe Kleiderspind in ihrer Mädchenstube, schloss es auf und blickte mit leuchtenden Augen auf die feschen kurzen Röcklein, das Miederleibchen und Fürtuch, das noch darin hing.
„Über ein paar Wochen zieh’ ich’s wieder an, Zirblerin,“ sagte sie, „es gehört nun mal zu den Bergen, und man schreitet ganz anders aus und hantiert viel flinker in diesem lieben Zeug!“
Ja, in ein paar Wochen!
Wär’s nur erst so weit!
Aber die Zeit flog plötzlich dahin, als das fröhliche Lachen der Susei wieder durchs Haus klang, und dann kamen ein paar Tage, wo die junge Frau still und ernsthaft sinnig in ihrem Stüblein stand, die Arme in heisser Sehnsucht am Fensterlein ausbreitete und mit dem Blick weit hinaus, bis zum fernen Russland schaute.
„Ach, dass du hier wärest, du herzlieber Mann!“ flüsterte sie, und an ihren langen Wimpern zitterte es feucht.
Die Nacht kam herauf, die kalte, sternklare Winternacht, und als vom Schloss Kochenhall die Böllerschüsse krachten, da stand auch der Oberförster Schill und dankte dem Himmel mit gefalteten Händen für den Enkelsohn, den er ihm geschenkt.
Die Roseli aber stürmte in stolzem Übermut vor das Forsthaus und schwenkte die Arme gegen das Schloss.
„Spreizt’s euch nit gar so arg“, schrie sie durch den Schneesturm. „Wir haben auch ein Bübli, und was für eins!“
Und sie lachte und flog dem alten Hiesel an den Hals, im Triumphe wiederholend:
„Ein Bub ist’s, ein Mordsbub! Und uns g’hört er, gelt?“
„Selb ist wahr!“ nickte der Hiesel und schluchzte und schluckte die Rührung tapfer hinab: „Und zu Maria Lichtmess schenk’ ich dem Bübli mein’ Stutzen — schau, Röseli ich selber kann ihn fein doch nimmermehr auf die Alm ’nauftrag’n.“
Es war Abend geworden; der Seehofer und sein junges Weib sassen Arm in Arm auf dem breiten, bequemen Ledersofa unter den mächtigen Hirschgeweihen und waren so ganz und gar in ihr Glück und die Freude des Wiedersehens versunken, dass sie gar nicht merkten, wie der Mond über die Schneekuppen der Alp stieg und seine ersten matten Silberstreifen über die weissgescheuerten Dielen malte. Der Oberförster sass am Fenster und rauchte gemütlich seine Pfeife, Waldmannerl und Phylax lagen zu seinen Füssen und schnarchten vernehmbar in schönstem Traum, die Uhr tickte, und die Vögel im Käfig rückten noch enger zusammen und steckten die Köpfchen unter die Flügel.
Welch ein weltferner Frieden, welch ein seliges Behagen in dem kleinen Stübchen des Forsthauses!
Der Oberförster blickte schmunzelnd auf das überglückliche junge Paar, und dann flogen seine Gedanken zurück zu einer Zeit, wo auch er in jenem Sofaeckchen sass, sein blühendes, junges Weib im Arm, das Herz so übervoll von Hoffen und Wähnen, so weit und warm, so himmelaufjauchzend in wolkenlosem Glück!
Seine Friederike! Sein liebes, liebes Weib! — Schon lange ist sie von ihm gegangen, und die Einsamkeit und stille Trauer haben sein Haar vor der Zeit gebleicht, darum nennt man ihn auch allgemein den „alten“ Herrn, und doch steht er noch in rüstiger Vollkraft des Mannes.
Voll Wehmut sinkt sein Haupt tiefer, er blickt hinaus in die Dämmerung und faltet die Hände.
„Ja, Herr, es will Abend werden! — Und doch lässest du es nicht dunkel um mich sein. Wie der milde Mondesglanz leuchtet meiner Kinder Glück in mein Alter, und über mir wacht als heller, winkender Stern das treue Auge meines Weibes — Herrgott, ich danke dir.“
Neben ihm am Sofa flüstert’s:
„Wie wir ihn nennen wollen, Herzensschatz?“ sagt die junge Frau und drückt das Köpfchen fester an die Brust ihres Gatten: „Darf ich den Namen wählen? Ja? Oh, dann lass es doch ‚Friedrich‘ sein! Zum frommen Gedenken an mein lieb’s tot’s Mutterl, das all die Freude nicht mehr erleben sollte, und das doch gewiss als lieber, lichter Engel neben uns steht, wenn wir unser Kind zum Altar des Herrn bringen! Bist du es zufrieden, du lieber, bester Mann?“
Er küsste ihre Lippen: „So sollen es unser beider Mutter Namen sein, die er trägt, damit keine vergessen sei!“
„Die deine hiess Franziska?“
Er nickte.
„So lautet es: ‚Friedrich Franz‘! O wie schön und fesch das klingt!“ jubelte sie auf, „und Friedel oder Frieder wird er gerufen, gelt?“
„Wenn er brav ist!“
„Und solang er klein ist!“
„Ist’s erst ein Schulbub, lautet es schon ernsthafter Friedrich-Franz!“
„So soll er Friedrich gerufen werden? Franzel klingt auch gar herzig!“
„Ja, für eins müssten wir uns entscheiden, denn zwei Namen sind zum Rufen zu lang!“
„Und das klingt auch so gar vornehm, wie ein regierender Herr!“
Der Leutnant lachte: „Und das soll dein Bub nicht werden, Weibchen?“
Sie schlug ganz erschreckt die Hände zusammen. „Um alles! Davor behüte ihn Gott!“
„Ei warum? Denk’, wenn der Bub einmal in einem solchen Schloss wohnte wie der Graf droben!“
„Wer weiss, ob er dann glücklich wär’!“
„Das freilich. Das Glück wohnt nicht auf der Höhe, sondern zumeist im Tal!“
„Wenn er nur gesund ist!“
„Und ein braver, tüchtiger Mann wird!“
„Der das seine schafft!“
„Ein fescher, froher Jägerbursch!“
„Mit dem Herz auf dem rechten Fleck!“
„Und so viel gutem Mutterwitz, dass er glatt durch die Welt kommt!“
„Sein Brot wird er schon finden, darum bangt mir nicht, nur seine heile Haut und gerade Glieder möge ihm der liebe Herrgott erhalten!“
„Und sein Leben geniessen soll er! Seine Freude an der schönen Gotteswelt haben, lieben, freien und ein Büblein auf den Knien wiegen und just so glücklich sein wie wir!“
„Das soll er! Gott helf’!“
Die Zirblerin war just eingetreten, die Lampe auf den Tisch zu setzen.
Sie hörte das Gespräch mit an und mumpfelte ein paarmal mit dem Mund, als wolle sie gern auch ihre Ansicht äussern.
Das junge Elternpaar war so sehr in seine Pläne und Hoffnungen vertieft, dass es ihm nicht in den Sinn kam, die treue alte Seele dazu aufzufordern.
Da hielt sie es nicht länger aus.
Sie strich gravitätisch mit den Händen über die buntblumige Schürze und blieb neben dem Tisch stehen.
„Mit Vergunst,“ sagte sie, „ist’s wahr, dass dem Bübli seine Tauf’ am Heiligendreikönigstag sein soll? Selb ist eine gute Wahl, und ich mein’, das weissaget ihm viel Ehr’ und ein fürnehmes Geschick.“
„Da drum geschieht’s nicht, Zirblerin!“ lächelte Seehofer. „Unser Sinn steht nicht so hoch, und wir wählen den Tag nur, weil er noch in meinem Urlaub liegt und die Susei ihn immer gut leiden mochte!“
„Nit so hoch hinaus soll der Kleine?“ wiederholte die Alte und zog die dichten Brauen zusammen. „Und warum denn nit? Wenn eines zu seiner sauren Suppen noch ein Knödel oder gar ein Lämmernes haben kann und etwan noch ein’ Wein, ich denk’, da greift man halt zu.“
„Ei gewiss! — Was der Friedel sich mal verdient, das hat er und das geniesst er!“
„Verdient? Na ja, das kommt auch. Ich mein’ aber: Es gibt Lumpen auf der Welt und Glückskinder. Was dem ein’ niemals zusteht, das fallt dem andern von selber in den Schoss.“
„Wie meinst du das, Zirblerin?“
„Ich hab’ so denkt, eine Schand’ wär’s grad nit fürs Hascherl, wenn der Graf oder die Gräfin droben seine Taufpaten werden möchten. So ein Herr sorget schon für den Buben und tät’ ihm aushelfen, wann er einmal eine Hilf’ brauchet.“
Die Susei lachte hell auf, und der Feldjägerleutnant stimmte fröhlich ein.
„Gott bewahre, Zirblerin! Sie hat ja plötzlich den Hochmut g’kriegt! — Der Graf der Pate zum Friedel? Wozu das? Wäre mir leid um den Buben, wenn er so ein Lapperl würde, dass er Hilfe brauchte, um es in diesem Leben zu was zu bringen. Selber ist der Mann! Almosen taugen nie etwas, aber die Taler, die man mit seiner Hände Arbeit, aus eigner Kraft, erwirbt, die klingen! Schaut, Zirblerin, ich denke, unser Junge braucht kein Gängelband, der läuft allein seinen Weg!“
„Das schon; aber ob der Weg zum Glück oder ins Elend führt, das ist die Frag’.“
„Ein jeder ist seines eignen Glückes Schmied, Zirblerin, und kein Mensch kann zuvor wissen, wo des andern wahres Glück blüht, — drunten oder droben. Behagt’s dem Friedel mal, emporzukommen, ei, so mag er kraxeln und sich selber sein Ziel stecken, — erreicht er’s, nun so hat er es selber gewollt, und des Menschen Wille ist sein Himmelreich, während das Schönste und Beste, wenn es aufgezwungen ist, den querköpfigen Menschenkindern selten nach Geschmack ist! — Wenn der Friedel ein Flank wird, nutzten ihm zehn Grafenpaten nichts, wenn er aber ein fescher Kerl ist, der sich selber sein Ziel setzt — dann braucht er keine Hilfe, dann erreicht er’s doch!“
„So lassen wir’s dabei, in Gottes Namen,“ seufzte die Zirblerin, „möglich, dass er so auch zurechtkommt!“
Der Seehofer und die Susei drückten sich die Hände und sahen sich fest in die strahlenden Augen, nickten einander voll heiterer Zuversicht zu und küssten sich.
„In Gottes Namen!“ wiederholte die junge Frau leise.