Читать книгу Gott sagte: Willst du mit mir leben? Und ich so: Klar. - Nathanael Draht - Страница 14
Aufräumen mit meinem alten Leben
ОглавлениеZwölf Jahre nachdem ich mich als 18-jähriger Junge von Gott losgesagt hatte und alles alleine schaffen wollte, merkte ich, dass ich nichts alleine schaffe – und kehrte zu Gott zurück. Am 13. Mai 2010 gab ich mein altes Leben auf. Mein neues Leben ist radikal anders.
Lass mich das an einem Beispiel verdeutlichen. In den Tagen nach meiner Wiedergeburt (So nennen wir Christen manchmal unsere Bekehrung. Ab diesem Zeitpunkt haben wir schließlich ein neues Leben.) hatte ich einen starken Drang, mich von allem zu befreien, was nicht gut für mich ist. Nicht, weil mir irgendein Pastor gesagt hätte, ich müsse jetzt die Schritte zwei bis fünf des offiziellen Programms für frische Christen ausführen. Nein, ich hatte ja gar keinen Pastor. Ich hatte etwas viel Besseres: ein Herz, das mit Gott erfüllt war. Und dadurch wusste ich auch ohne Pastor, was zu tun war.
Zuerst arbeitete ich mein Bücherregal durch. Dort waren einige Bücher über neurolinguistisches Programmieren, was ich angewendet hatte, um Frauen ins Bett zu quatschen. Ich hatte Lebensratgeber, Werde-reich-Ratgeber, Bücher über verschiedene Weltanschauungen. Ich packte mir ein Buch nach dem anderen und fragte Gott: Was ist damit? Die Antwort kam sofort: Ein übles Gefühl in der Magengegend und eine leise Stimme: »Das kann weg.«
Mein Bücherregal wurde sehr leer – und das kam mir etwas seltsam vor. War mein Bewertungsgespräch mit Gott nur Einbildung? Also führte ich Stichproben durch und blätterte in einigen der aussortierten Bücher und las. Das Ergebnis: Die Inhalte der Bücher waren eindeutig gegen Jesus und proklamierten beispielsweise die Selbsterlösung durch Aufstieg in höhere Energielevel oder ähnlichen Bullshit.
Einige Zeit später war das Fassungsvolumen der Papiertonne erschöpft.
Weiter ging es mit meiner Bar. Ich hatte einen Kühlschrank und mehrere Regale mit vermutlich jedem gängigen Alkohol. Als meine Freunde bei mir zu Hause Party machten, spielten wir mal ein Spiel: Jeder musste der Reihe nach ein möglichst ekliges, alkoholisches Getränk nennen. Wenn wir es dann in meiner Bar finden konnten, musste jeder davon trinken. Tatsächlich fanden wir jedes genannte Getränk und gaben irgendwann auf. Meine Bar hatte gewonnen. Meine Sammlung war nicht nur sehr breit aufgestellt, sie wies auch erhebliche Qualitätsspitzen auf. Ich hatte angefangen, mich mit Whiskey zu beschäftigen, und teure Flaschen unterschiedlicher Altersstufen von Jack Daniels über Glenfiddich bis Highland Park reihten sich in meinem Regal auf. Ich hatte Krim-Sekt und Champagner, weil sich normalen Sekt ja schließlich jeder kaufen kann.
Weil es mir um das viele Geld etwas leidtat, schüttete ich nur die angefangenen Flaschen in die Toilette, die verschlossenen Flaschen schenkte ich zum Teil einer Freundin, die nur wenig Geld für ihre Geburtstagsparty hatte.
Es war die erste Party seit Jahren, auf der ich nüchtern blieb. Zuerst dachte ich ja, ich könnte die Gelegenheit nutzen, um mit meinen Freunden über Jesus ins Gespräch zu kommen. Doch recht bald war klar, dass ich das vergessen konnte. Mir war vorher nie aufgefallen, wie sich das Verhalten, die Wesenszüge, sogar der Charakter der Menschen mit ansteigendem Alkoholpegel verändern. Da knutschten dann zwei Personen im völligen Suff miteinander rum, obwohl sie beide feste Partner hatten – und einer davon sogar auf der Party war. Natürlich kriegte der das mit und es kam zu einer entsprechenden emotionalen Entgleisung mit Eskalationsstufe Rot. Im Laufe des Abends wurde immer freizügiger und hemmungsloser getanzt, nackte Bäuche wurden der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Am nächsten Tag durfte sich die Kläranlage über eine merkwürdig hohe Alkoholkonzentration im Abwasser freuen und ich brachte mehrere Kofferräume voll Premiummüll zum Glascontainer.
Als Nächstes war meine Blue-Ray-Sammlung dran. Auch hier hatte ich kein unerhebliches Kapital investiert und wieder tat es mir leid darum. Ich überlegte, die Filme einfach zu verkaufen, allerdings waren einige Filme nun wirklich nicht im Sinne des Schöpfers. Wollte ich ernsthaft Anteil daran haben, dass jemand diese Filme auch noch zu einem vergünstigten Preis erwerben konnte? Ich lagerte die Filme zunächst im Keller. Erst einige Monate später brachte ich es übers Herz, jeden einzelnen Datenträger zu zerbrechen, um wirklich sicherzugehen, dass diese unbrauchbar waren. Die Aktion brachte mir beinahe eine Sehnenscheidenentzündung im Handgelenk ein.
Und natürlich flogen auch alle meine Drogen in den Müll. Angefangen bei den Happy Pills über LSA-Samen, allen möglichen anderen Kräutern, bis hin zu der großen Box psychedelischer Pilze, mit der man ein ganzes Fußballteam für einen Abend ins Nirvana hätte katapultieren können. Ich dachte daran, mit welcher Mühe ich die Pflanzen kultiviert hatte, welche Freude ich an dem Wachstum und der Konservierung hatte, doch der Entschluss stand fest: Alles musste weg.
Ich hatte auch einige Kakteen, um Mescalin, eine halluzinogene Droge, zu gewinnen. Sie wollten nicht aus der Erde und piksten mich verzweifelt aus ihrem Selbsterhaltungstrieb heraus, doch sie hatten keine Chance. Die Wurzeln der drei kleinen grünen Mescalin-Kakteen waren zu meiner Überraschung schon etwa zehn Zentimeter lang gewesen, und auch oberirdisch waren die Pflanzen bereits einen Zentimeter gewachsen. Wie viel Hoffnung hatte ich in eine reiche Ernte gesteckt und nicht einmal ein Jahr später wäre diese Hoffnung sicherlich erfüllt worden. Nun hatte ich Hoffnung auf reiche Ernte an ganz anderer Stelle. Ich brachte das Zeug raus und packte den Müllsack in die Grüne Tonne.
»Wie viele Jahre würde man für diese Ansammlung an Drogen wohl bekommen«, dachte ich mir noch kurz, und betete, dass die Entsorgung vonstattengehen würde, ohne groß Aufmerksamkeit zu erregen.