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4 Die Fabrik
ОглавлениеSchwarze Wolken verhüllten den Himmel. Blitze zucken in der Ferne und das Donnergrollen wurde immer lauter. Erste Regentropfen fielen vom Himmel.
Josie schob ihr Fahrrad mit dem Platten über den Bürgersteig und zog ihre Sweatjacke noch weiter zu. Ein kühler Wind zog auf und verdrängte die Wärme des Tages. Sie ärgerte sich, dass sie trotz der Gewitterwarnung heute mit dem Rad zur Firma gefahren war.
Immerhin war durch den Park und das Gewerbegebiet der kürzeste Weg zurück zu ihrer Wohnung. Doch jetzt zu Fuß würde sie bestimmt noch zwanzig Minuten unterwegs sein. Trocken kam sie vermutlich eh nicht zu Hause an.
Ein junger Mann stand an einem der zahlreichen Firmen Gebäude unter einem schmalen Dach und telefonierte. Sie schätzte ihn auf Mitte Zwanzig. Er war groß, schlank und hatte kurze braune Haare. Und sie war überrascht, denn er kam ihr total bekannt vor.
Es war Dominik. Dominik Allmann. Josie erkannte ihn sofort. Ihre Mutter war mit seiner Mutter befreundet. Sie kannten sich schon seit vielen Jahren über ihre Eltern. Meistens trafen sie sich bei irgendwelchen Familien Feierlichkeiten.
Als er Josie sah hielt er kurz inne und sah sie an. Vermutlich überlegte er, was sie gerade hier suchte. Die Gegend war doch recht einsam freitags, am späten Nachmittag.
Josie ging auf ihn zu. Er steckte sein Handy in die Hosentasche und lächelte sie freundlich an.
„Josie? Hey Josie…“, sagte er sofort und umarmte sie freundlich. „…wie geht es dir? Was machst du hier?“
Sie erzählte kurz, dass sie seit kurzem hier in München studierte, von ihrem Praktikum kam und auf dem Heimweg ihr Rad einen Platten bekommen hatte.
Dominik erzählte ihr das er auch hier in München arbeitete und wohnte. So ein Zufall das sie sich hier trafen. Dominik schien sichtlich erfreut zu sein und sie plauderten eine ganze Weile. Der Regen nahm zu und wurde innerhalb weniger Minuten zu einem prasselnden Platzregen. Das Vordach, unter dem sie standen, bot immerhin etwas Schutz.
Ein Wagen näherte sich ihnen. Der schwarze Mercedes fuhr in ihre Richtung, bremste dann abrupt ab und verlangsamte enorm das Tempo, als er an ihnen vorbei fuhr. Was Josie ziemlich merkwürdig vorkam. Sie fühlte sich beobachtet. Entweder sucht der Wagen etwas oder beobachtete sie beide. So langsam wie er fuhr, war es wirklich unheimlich. Durch die verdunkelten Scheiben konnte allerdings niemanden erkennen. Der Wagen fuhr vorbei und Dominik wurde plötzlich ganz nervös.
„Scheiße“, murmelte er nur und zog Josie am Arm mit sich. „Komm mit, wir können hier nicht bleiben“.
Josie sah Dominik irritiert an, folgte ihm aber. Dominik ging mit schnellen Schritten über den Bürgersteig und Josie folgte ihm. Immer wieder sah er sich nach dem schwarzen Mercedes um, der plötzlich anhielt und auf der Straße drehte.
„Was ist los?“ wollte Josie wissen.
„Erkläre ich dir später. Wir müssen hier weg. Kannst du dein Rad stehen lassen?“ sagte Dominik nur und ging in eine Seitengasse hinein.
Josie nickte. „Ja, warum denn? Was ist denn los?“
Sie stellte ihr Fahrrad in der Seitengasse an einen Container und schloss es ab.
Dominik wurde immer unruhiger und griff ihre Hand. „Komm mit, wir müssen hier weg“, sagte er schnell und zog Josie hinter sich her. Mit schnellen Schritten gingen sie die Seitenstraße entlang. Immer wieder den Blick nach hinten gerichtet. Dann fuhr der schwarze Mercedes an der Gasse vorbei.
Es lag die Vermutung nahe, dass Dominiks plötzliche Unruhe mit dem Wagen zu tun hatte. Daher war Josie erleichtert, dass der Wagen vorbei gefahren war. Doch Dominik schien nicht erleichtert zu sein und zog sie nun noch schneller durch den strömenden Regen hindurch mit sich durch die schmale Seitengasse. Fabrikgebäude ragten links und rechts von ihnen hoch.
Der Donner wurde immer lauter und auch die Blitze kamen näher.
Josie und Dominik blickten sich gleichzeitig um, als in dem Augenblick der Mercedes rückwärtsfuhr und in die Seitengasse einbog.
Dominiks Schritte wurden schneller, bis er fast schon lief. Immer noch hielt er Josies Hand fest. Er bog nach rechts in eine andere Seitengasse, die noch schmaler und enger war. Sie liefen und liefen. Regen verschleierte Josies Sicht. Sie hatte keine andere Wahl als ihm zu folgen. Was sollte sie sonst tun? Wenn es einen Grund gab, warum er lief, war es vermutlich nicht klug, einfach stehen zu bleiben und abzuwarten. Also lief sie mit ihm, keine Ahnung warum und wohin.
An einem großen Fabrikgebäude blieb er vor einer Tür stehen. Hinter einer unscheinbaren Klappe tippte er etwas auf ein Zahlenfeld und legte seinen Ringfinger auf ein kleines Feld.
Stille. Nur der Regen prasselte und ein Motorengeräusch schien näher zu kommen.
Ein leises Summen ertönte und Dominik drückte die stabile schwere Eisentür auf. Eine Sekunde zweifelte Josie, ob sie ihm folgen sollte. Doch er griff wieder ihre Hand und zog sie in einen schmalen Flur. Die Tür klickte leise ins Schloss. Es war alt und muffig hier. Eine Putzfrau war vermutlich seit Jahren nicht mehr hier gewesen, denn Spinnweben hingen unter der Decke und in den Ecken.
Gedimmte Deckenlampen gaben ein schummriges Licht ab und beleuchteten einen langen grauen Flur. Dominik schien nun etwas erleichtert und entspannter zu sein. Er ging vor, durch den langen Flur zu einer Aufzugtür. Dort tippe er wieder einen Code auf einem Tastenfeld ein und der Aufzug setzte sich in Bewegung. Josie überkamen Zweifel, ob der Aufzug hier wohl regelmäßig gewartet wurde? Die Geräusche, die er machte, waren weniger vertrauenserweckend.
„Wo sind wir hier?“ wollte Josie wissen. Aufregung machte sich in ihr breit. Ok, sie kannte Dominik schon viele Jahre. Aber gerade die letzten Jahre hatten sie nicht mehr so intensiven Kontakt gehabt wie früher, als sie Kinder waren.
„Ich treffe mich hier immer mit ein paar Freunden“, war seine knappe Antwort.
Sie stiegen in den Aufzug. Dominik drückte einen der zahlreichen Knöpfe, die alle keine Beschriftung, nicht mal Zahl hatten. Dann fuhren sie hinab.
Oh Gott, was tat sie hier nur? Überlegte Josie. Sie kam sich vor wie in einem schlechten Film, oder wie bei einem schlechten Scherz.
Josie nahm ihr Handy. Sie wollte Lisa ihren Standort schicken, wer wusste schon wofür es gut war. Immerhin fuhr sie mit einem Mann den sie seit Jahren nicht mehr gesehen hatte, in einem einsamen Industriegebiet in irgendeinem Gebäude mit dem Aufzug ins den Keller. Was zur Hölle tat sie da nur?
Dominik sah sie an. „Was hast du vor?“
„Einer Freundin meinen Standort schicken“, meinte Josie ganz in Gedanken. Scheiße, sie hat gar kein Netz hier unten. Ihr Handy zeigte keinen Empfang an. Dominiks braune Augen funkelten sie an. Blitzschnell nahm er ihr das Handy aus der Hand. „Nein. Lass das sein. Blos keinen Standort verschicken…“, rief er hektisch. „… du hast hier eh kein Netz:“
Josie starrte ihn an, mit einem Anflug von Panik in den Augen und einem Brustkorb, der sich plötzlich zuschnürte. In dem Moment schien er zu realisieren welchen Eindruck er gerade bei Josie hinterließ. Schnell gab er ihr das Handy wieder, als könne er ihre Gedanken lesen. „Ich kann dir das gleich alles erklären, ok. Mach dir keine Sorgen, es passiert dir nichts.“
Die Tür öffnete sich und wieder lag ein langer Gang vor ihnen. Lichter gingen automatisch an. Hier unten war es noch muffiger und älter als oben. Frische Luft wäre hier dringend mal notwendig.
Vor einer großen Stahltür blieben sie stehen. Wieder summte es und Dominik konnte sie aufdrücken.
Sichtlich überrascht betraten sie dann einen ganz neu renovierten und hellen Flur mit hellen Deckenlampen, deutlich freundlicher und angenehmer als bisher und dazu noch gut durchlüftet durch die Klimaanlagenschächte in der Decke. Man spürte einen seichten Lufthauch, nicht kalt aber angenehm frisch. Eine Lüftungsanlage rauschte leise.
Mehrere Türen waren links und rechts zu sehen. Alles schien wirklich recht neu und modern renoviert zu sein.
Dominik ging nach rechts in einen Raum, der sich als Küche heraus stellte. Josie staunte nicht schlecht als sie die nagelneue und hochmoderne schwarze Hochglanz Küche an der linken Wandseite sah.
An der anderen Seite standen ein großer Esstisch und eine schwarze Ledereckbank mit passenden Stühlen. Auffällig war auch der große Kühlschrank, der zur Küche gehörte. Ok, es war alles in schwarz gehalten aber zu der weißen Wand und Decke und dem grauen Fliesenboden passte es irgendwie. Fenster gab es hier natürlich nicht, da sie ja irgendwo im Keller waren, dafür aber wieder die Klimaschächte unter der Decke, die frische Luft hinein pusteten.
Dominik hing seine nasse Jacke an die Garderobe neben der Tür auf und wuschelte sich durch die kurzen braunen Haare. Dann sah er Josie kritisch an. „Du holst dir den Tod in den nassen Klamotten. Ich gucke gleich mal, ob ich was zum Anziehen für dich finde.“
Josie sah sich neugierig um und nickte. Erst jetzt wurde ihr bewusst das sie wirklich klatsch nass war. Diese skurrile Fluchtnummer gerade hatte sie ganz schön aus dem Konzept geworfen. War es eine Flucht gewesen? Ja, irgendwie schon. Aber wovor eigentlich? Fragen über Fragen schossen durch ihren Kopf.
„Willst du nen heißen Tee, Kaffee, Kakao? Oder nen Bier vielleicht?“ fragte Dominik sie freundlich.
„Tee klingt gut. Wohnst du hier?“ fragte Josie nun neugierig. Ihre nassen Klamotten klebten auf ihrer Haut und ihr war nun doch echt kalt.
Dominik grinste und stellte den Wasserkocher an. „Naja, nicht ganz, aber ich bin schon ziemlich oft hier. Früchtetee? … oder… Früchtetee? Ich sehe gerade, unsere Teeauswahl ist eher übersichtlich.“
„Sehr gerne Früchtetee“, nickte sie lächelnd und setzte sich auf die Eckbank an den Tisch. Dominik schüttete den Tee auf und stellte ihn ihrhin. Er ging an den Kühlschrank, öffnete ihn und holte eine Flasche Bier heraus. Auf den ersten Blick sah es so aus, als wären nur Bier und Schnapsflaschen im Kühlschrank.
„Oder mit Schuss?“ fragte er Josie grinsend.
Sie schüttelte den Kopf. „Ne danke. Gerade nicht.“
Dominik öffnete die Flasche und trank einen Schluck.
„Ich schau mal nach trockenen Klamotten für dich“, sagte er dann und verließ die Küche. Neugierig sah Josie sich um. Die Küche sah noch so neu aus, als ob sie bisher nie groß genutzt wurde. Sehr hochwertig mit teuren Elektrogeräten und einem exklusiven Kaffeevollautomaten.
Dominik kam wieder und reichte ihr einen dunkelblauen Marken Hoodie. „Bitte schön. Direkt rechts ist das Bad. Da kannst du dich umziehen.“
Josie stand auf, ging auf den Flur und betrat die nächste Tür rechts ein kleines modernes Badezimmer. Auch hier war es überraschend sauber und ordentlich. Wieder war alles in schwarz und weiß gehalten. Schwarze Fliesen auf dem Boden und an der Wand, weißer Putz, weiße Decke. Es gab eine Dusche, eine Toilette und zwei Waschbecken, ebenfalls in weiß. In einem Regal lagen ordentlich zahlreiche Handtücher gestapelt, alle in grau. Eine kleine schwarze Wäschetonne stand in der Ecke für dreckige Handtücher. Ansonsten stand nichts herum, bis auf einen Seifenspender neben dem Waschbecken. Auch in der sauberen Dusche stand nichts herum, kein Duschgel, kein Shampoo, absolut gar nichts.
Sie benutzte die Toilette und zog ihre nasse Sweatjacke, Top und ihren BH aus. Alles war pitsch nass. Sie hing ihre nassen Sachen über den Handtuchheizkörper an der Wand und zog den bequemen und vor allem trockenen Pulli über. Auch wenn er etwas groß war, er war warm und gemütlich und roch dazu noch wunderbar frisch gewaschen.
In ihrer Arbeitstasche hatte sie Deo und eine Haarbürste. Sie machte sich frisch und bürstet die nassen Haare durch, die sie dann offen trocknen lies.
Dominik stand in der Küche, diesmal aber nicht alleine. Der junge Mann war ebenfalls groß, aber noch etwas größer als Dominik. Er war groß, stabil, mit kurzen dunkelblonden Haaren und ziemlich muskulös. Sofort fiel Josie die muskulösen Oberarme auf, die bei seinem kurz Arm Shirt besonders gut zur Geltung kamen. Auch sein Oberkörper sah aus wie von einem Bodybuilder. Er war echt verdammt gut trainiert.
Dominik stellte ihr daraufhin Basti vor. Sie gaben sich die Hand und er hatte ein wahnsinnig sympathisches Lächeln und hübsche hellbraune Augen. „Ich bin Basti. Freut mich.“
Basti sah Dominik kritisch an. „Eigentlich kennst du doch die Regeln, oder?“
Dominik nickte. „Ich weiß. Aber es war ein Notfall. Der schwarze Mercedes von Birkners fuhr draußen herum. Wir konnten gerade noch abhauen und ich hoffe sie haben nichts gesehen. Sollte ich sie einfach alleine draußen stehen lassen? Sie haben gesehen das sie mit mir da stand?“
Bastis Blick blieb kritisch. „Ich fürchte das werden nicht alle so locker sehen. Du bringst jemand Fremden mit hier runter. Das ist gegen alle Regeln.“
Josie bekam das Gespräch der beiden mit, obwohl sie sehr leise sprachen und bekam ein ganz schlechtes Gewissen. Oh je, wo war sie hier nur gelandet?
„Ich muss auch jetzt wieder los, danke für den Tee…“, sagte Josie, trank schnell ihren Tee aus und stand auf. „…wenn du mir nur den Weg raus zeigen könntest?“
Beide sahen sie kritisch an.
In diesem Moment kam ein andere junger Mann in die Küche gestürmt. Auch er war klatsch nass und völlig außer Atem. „Scheiße man, was macht der schwarze Benz da draußen? Der steht direkt gegenüber von Tor C und ich musste über die Nordseite rein kommen. Die stehen direkt gegenüber dem Tor. Wie kann das sein?“
Die drei sahen sich vielsagend und etwas ratlos an. Basti nahm sein Handy und tippte etwas. „Ich schicke gleich mal nen Code-Orange an alle raus. Nur das die anderen Bescheid wissen.“
Die Handys von Dominik und dem anderen gaben einen kurzen Signalton ab und gleichzeitig blinkte eine kleine Lampe über der Küchentür orange auf.
„Setzt dich ruhig wieder…“, sagte Dominik leise zu Josie. „… Birkners haben mich vorhin gesehen und sind mir gefolgt. Bin heute schon extra ohne Auto und mit der Bahn gekommen. Sie fahren aber schon seit einigen Tagen verstärkt hier rum. Ich denke sie ahnen etwas“, sagte Dominik zu den anderen.
Nun sah der andere Josie an, die noch immer am Tisch saß. Lächelnd gab er ihr die Hand. „Hi, ich bin übrigens Johannes, oder nur Hannes.“
„Josie. Eine Freundin von Dominik“, stellte sie sich vor.
Hannes war der kleinste der drei, schlank, mit etwas längeren blonden Haaren, die ihm nass in die Stirn fielen. Sein fragender Blick zu Dominik sagte alles.
„Wir haben uns draußen getroffen und gequatscht. Dann kamen Birkners, wir sind abgehauen und ich habe sie mitgebracht, weil ich sie ja kaum alleine draußen stehen lassen konnte“, erklärte Dominik kurz.
„Weiß der Captain das?“ fragte Johannes.
„Nein, noch nicht. Und auch wenn er nicht begeistert sein wird. Es gab keine andere Wahl, als sie mit zu bringen. Birkners haben mich mit ihr gesehen. Da konnte ich sie nicht alleine da stehen lassen. Was ist, wenn sie sie angesprochen oder mitgenommen hätten?“ erklärte Dominik erneut.
Dann sah er Basti an. „Wieso bist du alleine?“
„Weil der Captain noch ein Meeting hat. Ich denke, er kommt später. Er ist aber heute mit der Kneifzange nicht anzufassen, daher ist das jetzt eine denkbar ungünstige Konstellation alles, aber gut… müssen wir wohl durch“, sagte Basti.
Hannes nahm zwei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank und gab eine davon Basti.
„Lasst uns ins Wohnzimmer gehen, dann können wir mal gucken was draußen so los ist“, meinte Basti und die anderen folgten ihm auf den Flur.
Dominik signalisierte Josie einfach mit zu kommen. Unschlüssig folgte sie den drei jungen Männern.
Hinten links befand sich ein großes Wohnzimmer. Josie staunte wieder nicht schlecht. An der rechten Wand stand eine große graue Sofalandschaft in U Form, davor ein großer Wohnzimmertisch aus schwarzen Holz und an der Wand gegenüber hing ein riesiger Fernseher. Daneben standen mehrere Schränke, natürlich in schwarz. Die Wand war wieder nur weiß verputzt und der Fußboden aus großen grauen Fliesen, wie im Flur und in der Küche. Der Innenarchitekt, der hier am Werk gewesen war, hatte es scheinbar nicht so mit Farben.
Die vier setzten sich aufs Sofa und Hannes schaltete den Fernseher an. Darauf zeigte sich dann ein Bildschirm, der insgesamt acht Kameramonitore zeigte. Alle zeigten verschiedene Aufnahmen vom Innen- und Außenbereich des großen Fabrikgebäudes, in dem sie scheinbar waren. Hannes wählte eine Kamera aus, stellte den Monitor groß und zoomte das Bild heran. Man sah ein großes Fabriktor, einen hohen stabilen Sicherheitszaun und einen Teil der Straße.
„Da steht er“, murmelte Dominik ernst. Am Bildschirmrand erkannte man auf der Seite gegenüber dem Tor einen schwarzen Mercedes.
„Fuck…“, meinte Hannes. „… solange die da stehen müssen wir Tor C dicht machen. Zugang geht dann nur noch über die Nordseite. Ich hoffe nur die anderen lesen es auch.“
Für Josie war das hier alles nur noch ein großes Rätsel. Das zufällige Treffen mit Dominik. Dieser merkwürdige Keller in dieser leerstehenden Fabrik, der scheinbar total geheim ist. Der schwarze Mercedes, der ihnen gefolgt ist und nun vor einem Tor steht. Was auch immer das hier alles zu bedeuten hatte? Die verstand nur noch Bahnhof. Inzwischen war es auch schon zwanzig nach sieben und sie fragte sich, wie lange sie noch hier bleiben würde.
Basti schrieb auf seinem Handy. „Julius bringt was zu essen mit. Was haltet ihr von Pizza?“
Die anderen nickten und sagten Basti ihren Pizzawunsch.
Dominik sah Josie an. „Was willst du? Ich lade dich auf ne Pizza ein. Im Moment kommst du eh nicht hier weg. Oder hast du noch was Wichtiges vor heute? Immerhin ist es jetzt meine Schuld, dass du es hier bei uns aushalten musst.“
Josie schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe nichts geplant. Alles gut. Dann eine Pizza Hawaii bitte. Ich will aber nicht, dass ihr wegen mir Stress bekommt.“
Basti sah Josie nachdenklich an. „Der Stress ist schon vorprogrammiert, keine Sorge. Wir brauchen nur gute Argumente. Aber es klang ja eher nach einem Notfall und Dominik konnte dich nicht oben stehen lassen. Wichtig ist nur, dass du das hier für dich behältst. Alles was hier passiert bleibt wir, oberste Grundlage.“
Josie erwiderte Bastis strengen Blick und nickte. „Ok, also ich schwöre hoch heilig, dass ich niemals etwas hiervon sagen werde. Ihr könnt euch auf mich verlassen. Und Dominik kennt mich schon ewig. Er weiß, dass ich keine Tratsch Tante oder so bin. Davon abgesehen wohne ich erst seit ein paar Wochen hier und kenne hier sowieso niemanden.“
Basti sah sie fest an. „Das ist echt wichtig, ok? Trotzdem müssen wir nachher mit der Crew darüber reden. Solange musst du eh hier bleiben.“
„Crew?“ Josie sah fragend in die Runde.
Die anderen nickten.
Bastis Blick war weiterhin ernst. „Ja, Crew. Wir besprechen und entscheiden hier im Team, zusammen mit allen.“
„Wer sind die da draußen?“ wollte Josie wissen und deutet auf den Fernseher.
„Das ist nicht so wichtig. Wichtig ist, dass sie nicht raus finden, wo wir sind“, sagte Basti immer noch ernst.
Dominik sah sie nachdenklich an. „Wir sind noch nicht lange hier. Erst seit knapp zwei Jahren. Unsere alte Basis haben sie damals angezündet. Wir möchten nicht, dass das hier auch passiert.“
„Oh….“, sagte Josie nur erstaunt. „… dann kann ich eure Vorsicht verstehen. Ist das euer Versteck hier? Wovor versteckt ihr euch?“
Bastis ernster Blick verschwand zu einem Lächeln. „Wir verstecken uns vor niemanden. Hier ist unser Cliquen-Treffpunkt. Hier haben wir Ruhe und sind ungestört vor allem was da oben so los ist…Birkners…. Naja Birkners und wir… wir sind keine guten Freunde und sie ärgern uns gerne und wir ärgern dann gerne zurück… ist ne lange Geschichte.“
Josies Blick blieb kritisch. „Seid ihr ne Gang oder sowas?“
Basti musste lachen und sah die anderen fragend an. „Sind wir ne Gang?“
Dominik und Johannes schüttelten schmunzelnd die Köpfe. „Eine Gang?... Ähm ne… nicht so wirklich… wir sind ne Clique und hier ist unser Freizeittreff… sonst nix“, erklärte Johannes sichtlich amüsiert.
Basti nickte zufrieden über diese Antwort.
Josie ahnte, das sie sich etwas lustig darüber machten und sie vielleicht doch nicht so unrecht hatte.
Eine kleine Lampe oben neben der Tür, unterhalb der Decke blinkte plötzlich gelb. Hannes stellte einen der Monitore groß, der ebenfalls gelb aufleuchtete. Die Kamera zeigte eine Tür, vor der eine Person stand. Dunkel gekleidet, mit Kapuze ins Gesicht gezogen.
„Fabi“, meinte Hannes nur.
Auf den Kameras konnte man fast den kompletten Weg verfolgen, den Fabian ging bis zu der eigentlichen Tür zu den Räumen. Bis er letztendlich ins Wohnzimmer kam und die anderen begrüßte. Und wieder sah er Josie überrascht und etwas sparsam an und wieder erklärte Dominik, was passiert war.
Fabian begrüßte die Jungs und Josie freundlich, holte fünf Flaschen Bier aus dem Kühlschrank im Wohnzimmer und gab allen anderen, inklusive Josie auch eine.
Von dem Unwetter draußen, bekam man hier unten nichts mit. Nur auf den Kameras draußen sah man, dass es noch immer schüttete und immer wieder blitzte.
„Irgendwann verlieren sie die Lust, wenn sich eh nichts tut“, überlegte Fabian nachdenklich.
„Dafür ist es wichtig, dass sich auch nichts tut. Absolut nichts darf sich tun was auffällig sein könnte“, meinte Johannes
„Vielleicht ist es auch eher Zufall, dass sie da stehen. Sie fahren die letzten Tage häufiger hier rum“, überlegte Basti.
Dominik kratzte sich nachdenklich am Kopf. „Na hoffentlich. Ist nur Scheiße, dass sie mich vorhin gesehen haben. Ich glaube das hat sie auf unseren Bereich aufmerksam gemacht. Sie suchen schon einige Wochen hier ganz gezielt nach uns oder unseren Fahrzeugen.“
Fabian sah auf sein Handy. „Wann kommt der Captain?“
Basti sah ihn an. „Keine Ahnung. Wenn er mit seinem geschäftlichen Terminen mal fertig ist. Er braucht ganz dringen Wochenende.“
Die kleine gelbe Warnlampe blinkte wieder irgendwann.
„So, der Julius und das Essen“, meinte Hannes und verließ das Wohnzimmer. Auf den Monitoren sah man, dass Hannes Leo entgegen ging.
Wenig später kamen beide mit den Pizza Kartons ins Wohnzimmer.
Julius begrüßte alle und Josie ebenfalls. Scheinbar war er schon im Bilde. Julius war groß, schlank mit dunkelblonden kurzen, ordentlich gestylten Haaren und graublauen Augen. Er trug teure Lederschuhe, Anzughose und ein Dolce und Gabbana Hemd. An seinem Handgelenk war eine silberne Rolex.
Sie aßen zusammen Pizza und tranken Bier. Josie knurrte auch schon ziemlich der Magen, daher kam die Pizza nun gerade richtig. Sie musterte die Jungs. Alle fünf waren wirklich sehr nett und freundlich. Und sie alle schienen einen recht ordentlichen Eindruck zu machen. Das merkte man daran, wie sie redeten und aussahen. Alle waren sehr gepflegte junge Männer, die Wert auf ihr Äußeres zu legen schienen und gut gekleidet waren. Sie trugen alle Markenklamotten und nicht gerade günstige Uhren oder Schuhe. Auch wenn ihr Kleidungsstil schon eher lässig und sportlich war, kamen die Klamotten nicht vom Discounter. Sie ahnte schon, dass hier Geld im Spiel war, was ja auch dieser moderne „Freizeittreff“ im Keller eines Fabrikgebäudes deutlich zeigten.
Irgendwann wurde von den Monitoren auf Fernseher umgestellt und jemand zappte auf einen Actionfilm. Dafür ging ein zweiter, deutlich kleinerer Fernseher neben der Tür an zeigte den Monitor, wo der Wagen gegenüber dem Tor zu sehen war.
Josie stellte schnell fest, dass die Herren, die alle um die Anfang bis Mitte Zwanzig waren, sehr trinkfreudig waren. Kaum war eine Bierflasche leer, gab es eine Neue. Nach dem Essen gab es Ouzo für alle. Josie trank nur einen mit, wobei der ein oder andere auch zwei, drei nacheinander trank.
Sie war überrascht, wie wohl sie sich in dieser Männerrunde fühlte. Obwohl sie außer Dominik niemanden kannte und es für sie alles völlig Fremde waren. Sie hatte ein positives Gefühl dabei. Und das war wichtig, denn auf ihr Gefühl konnte sie sich eigentlich immer verlassen.
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