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Gebückt und den Kopf eingezogen, zwängte sich Georgina durch das Dickicht, das aus allen Poren dampfte. Mit beiden Händen bog sie Äste beiseite, alle paar Schritte musste sie innehalten, weil sich der Saum ihres Sarongs irgendwo verfangen hatte. Grell prasselte das Lied der Zikaden auf sie nieder und übertönte das Brausen der Wellen. Irgendwo raschelte es aufgeregt in den Baumkronen; vielleicht eines der grauen Eichhörnchen, das sie aufgeschreckt hatte.

In ihrer Magengegend flatterte es unruhig, als sie die Stufen zur Veranda hinaufstieg, deren Holzbohlen unter ihren bloßen Füßen ächzten. Sie atmete tief ein und ließ sich dann in das grünschillernde Dämmerlicht des Pavillons fallen. In den Geruch von Moos, von Moder und süßer Fäulnis, der nach Kindheit schmeckte, nach seligen, selbstvergessenen Stunden und Einsamkeit und ihr Tränen in die Augen trieb.

Das Knistern von Sand und Salz begleitete ihren Weg durch den Raum, auf dem sie mit zitternden Händen über die verwitterten Möbel strich, als erkunde sie ein Schiffswrack auf dem Grund des Ozeans. Die Luft, durch die sie sich bewegte, war nass und schwer; während das Meer noch um das Haus von L’Espoir warb, war der Pavillon längst ein Teil davon.

»Raharjo?«, wisperte sie an der Türschwelle, obwohl sie sah, dass das Zimmer leer war. Das alte Gefühl der Verlassenheit breitete sich in ihr aus, und sie schlang die Arme um sich.

Ihr Blick fiel auf den Waschtisch, und verwundert trat sie näher. Ein Lächeln schien auf ihrem Gesicht auf, als sie die Fingerkuppen über die Dinge gleiten ließ, die dort lagen.

Eine nahezu faustgroße ovale Muschel, die glänzende Oberfläche gefleckt wie ein Leopard, glitschig von Feuchtigkeit und dem Schleier aus Moos, das sich in der Zwischenzeit darauf niedergelassen hatte. Ein filigraner Kamm aus tigerfarbigem Schildpatt. Ein schwarzer, poröser Stein, den Georgina ratlos in den Fingern drehte, bis sich ihre Miene erhellte, weil sie eine chinesische Dschunke darin erkannte. Der Fächer aus Holz, der geöffnet dalag, hatte sich stark verzogen, das Papier gewellt und stockfleckig, die Bemalung darauf an einigen Stellen zerlaufen. Wider besseres Wissen versuchte sie sich das Armband aus aufgefädelten Muscheln überzustreifen. Für eine Kinderhand gemacht, war es heute zu eng; vor ein paar Jahren hätte es bestimmt noch gepasst.

»Gefällt’s dir?« Leise drang Raharjos Stimme von der Tür zur Veranda zu ihr herüber.

Ohne aufzublicken, nickte sie und betrachtete jede einzelne der kleinen pastellfarbigen Muscheln zwischen ihren Fingern.

»Ist das alles für mich?«

»Jedes Mal, wenn ich hierher zurückgekommen bin, habe ich etwas davon mitgebracht.« Er kam näher. »Etwas, das ich unterwegs gefunden oder erworben hatte. Etwas, von dem ich dachte, es würde dir gefallen.«

»Warum?« Aus großen Augen sah sie ihn an.

Ein Schulterzucken war seine Antwort.

»Ich kann es dir größer machen«, murmelte er, als er zu ihr trat und seinen Zeigefinger mit in das Armband hakte, sein Daumen darüberfuhr. »Oder gleich ein neues.«

»Nein.« Georgina schüttelte den Kopf. »Ich will kein anderes. Und ich will es lassen, wie es ist.«

Dass Raharjo sich nicht nur an sie erinnerte, sondern die ganze Zeit über an sie gedacht hatte, überwältigte sie, war fast zu viel, um es zu ertragen.

»Erzähl mir von dir, Nilam«, raunte er.

Unter dem Gespinst des Moskitonetzes erzählte Georgina von Indien und von der fernen Insel im kalten Meer. Orte, die jenseits der Gewässer lagen, die die Orang Laut mit ihren Schiffen durchmaßen und die Raharjo nur vom Hörensagen kannte. Georgina merkte nicht, wie sich die Erinnerungen, die ihre Mutter aus Indien mitgebracht hatte, einflochten; die Geschichten ihres Vaters, die Märchen, Sagen und Legenden, mit denen sie aufgewachsen war. Ihre Träume, ihre Hoffnungen und Enttäuschungen und der alte Zauber, der von Raharjo ausging. Wie sie hier etwas ausschmückte, dort etwas wegließ, an anderer Stelle einen losen Faden weiterspann. Ausgestreckt auf den muffigen Laken, wob sie ein Tuch in schillernden Farben, mit kunstvoller Stickerei und glitzernden Säumen, das sie über sich und Raharjo ausbreitete.

Die Gesichter einander zugewandt, versanken sie im Anblick des anderen und schlugen eine Brücke zwischen ihren Erinnerungen und den Veränderungen, die die Zeit mit sich gebracht hatte. Bis das rauchige Grau schwerer Wolken hereindrang und das Zimmer mit Düsternis füllte.

Das Donnergrollen, das Rauschen des Regens, der auf das Dach hämmerte, davon herabpladderte und klatschte, brachten jedes Wort zum Verstummen. In der wieder und wieder jäh aufflackernden Helligkeit eines Blitzes erhaschten sie Blicke aufeinander, selten mehr als ein Bruchstück.

Georginas feingezeichnete Lippen. Die energische, geradezu eigensinnige Kurve ihres Kinns. Die Kuhle an Raharjos sehnigem Hals und die scharfe Rinne entlang seines Schlüsselbeins, die der Ausschnitt seines Hemds enthüllte. Die ungebärdigen Wirbel seines Haares, obschon er es kürzer trug als früher. Die Andeutung eines Grübchens in Georginas Wange, wenn sie auf eine bestimmte Weise lächelte. Raharjos Mund, der so weich aussah gegen seine schwere Kieferlinie.

Bloße Details, die nur einen Wimpernschlag lang sichtbar waren, bis sie beide wieder zu Schatten wurden, die unmerklich aufeinander zustrebten, angezogen von der Nähe, der Wärme des anderen.

Blaues Licht barst herein, so grell, dass es den Raum bis in den letzten Winkel erhellte und in den Augen wehtat; noch bevor es verlosch, knallte ein Donnerkrachen, ohrenbetäubend und markerschütternd in seiner Gewalt, unter dem der Erdboden schauderte, der Pavillon schwankte und sich dem tosenden Meer entgegenzuneigen schien. Ein entfesselter Dämon, der sich nur widerstrebend und unter Getöse wieder entfernte.

Raharjos Hand legte sich auf Georginas Schulter. »Keine Angst. Es ist nichts passiert.«

»Nein«, hauchte sie, mehr erstaunt denn erschrocken. »Es ist nichts passiert.«

Das Gewicht seiner Hand ließ nach, als wolle er sie fortnehmen; er zögerte kurz und umfasste dann ihre Schulter fester. Georginas Kopf sank gegen seine Brust, und eingehüllt in seinen Duft nach Leder und Zimt, nach Meer und Tang, in seinen sich beruhigenden Herzschlag, schloss sie die Lider.

Erst später würden sie erfahren, dass in der Nähe der Blitz eingeschlagen hatte: in den neuen Turm von St. Andrew’s, zum zweiten Mal.

Ein schlechtes Omen in den Augen der Chinesen und Malaien der Stadt, das die nie verstummenden Gerüchte nährte, die Kirche sei verflucht und von bösen Geistern heimgesucht. Und obwohl der Kirchenbau sich mit den Schäden an Mauerwerk und Gebälk tapfer hielt, hatte der Blitzschlag an diesem Tag das Schicksal von St. Andrew’s besiegelt.


Die letzten Wolkenfetzen segelten über das stille Tintenmeer und hinterließen eine glimmernde Spur aus Himmelslichtern. Mit neuem Schwung rollte und schäumte die Flut an die Beach Road heran, während eine satte, zufriedene Stille über dem Garten lag. Nur dann und wann zitterte ein helles Zikadenstimmchen durch die Nacht, gab ein Ochsenfrosch ein Schnalzen von sich, und irgendwo plitschten noch die letzten Tropfen aus den Baumkronen. Warm und schmeichlerisch war die Luft, balsamisch geradezu.

Eine Nacht wie ein Versprechen. Eine Nacht, die zu schön war, um zu schlafen.

Ihr Haar bereits gelöst und ohne Schuhe, aber noch in ihrer Dinnergarderobe, hatte es Georgina zu dieser späten Stunde auf die Veranda hinausgezogen. In einem dunklen Winkel zwischen den Säulen trank sie die Nacht in großen Zügen und zelebrierte jeden Gedanken an Raharjo.

Schritte näherten sich, schlendernd und doch zielstrebig, und Georgina wandte den Kopf. Aus der schwachen Beleuchtung des unteren Stockwerks schälte sich die Gestalt von Paul Bigelow. Er trat an die Balustrade, stellte ein Glas darauf ab und zündete sich eine Zigarre an. Georgina überlegte noch, ob sie sich bemerkbar machen sollte, als sein Kopf hochruckte und er mit zusammengekniffenen Augen in ihre Richtung sah.

»Miss Findlay? Verzeihen Sie, ich hatte keine Ahnung! Ich …«

Er gestikulierte mit der aufglühenden Zigarre.

»Lassen Sie nur, es macht mir nichts aus.«

Dennoch wirkte er befangen, wie er den Rauch in den Garten hinausblies; ein scharfer, kratziger Geruch, der die Süße der Nachtluft würzte und Erinnerungen wachrief. An den Besuch, der früher manchmal in L’Espoir eingetroffen war, vorwiegend Herren in Gehröcken, deren laute Stimmen sich zu einem gemütlichen Brummen dämpften, wenn sie die kleine Georgina unter dem Kinn kitzelten, bevor sie sich mit Papa zu Drinks und Zigarren versammelten. Während die wenigen Damen bei Maman blieben und fortwährend ihrem Entzücken über den Kontrast zwischen dem dunklen Haar und den Augen des kleinen Mädchens Ausdruck verliehen, so blau wie Veilchen!

Ein Vergleich, mit dem Georgina nichts anzufangen wusste, bis sie mit elf in England zum ersten Mal eine Wiese voller Veilchen sah. Mit Mamans Krankheit waren die Besucher auf L’Espoir seltener geworden, blieben bald ganz aus, bis der einzige Gast der Hausherr war, der nur für einige späte Stunden im Arbeitszimmer und eine kurze Nachtruhe nach Hause kam.

»Was für eine Nacht«, sagte Paul Bigelow gedankenvoll zwischen zwei Schlucken. »Und das nach einem solchen Gewitter.«

Georgina gab einen zustimmenden Laut von sich.

»Ich weiß nicht, ob ich mich an das Wetter in Singapur jemals gewöhnen werde«, setzte er mit einem Auflachen hinzu. »Diese Hitze. Diese gewaltigen Regengüsse fast jeden Tag.«

»Bestimmt«, murmelte Georgina; beiläufige, höfliche Konversation gehörte nicht zu ihren Stärken, machte sie immer ein wenig nervös. »Wenn Sie noch einige Jahre länger hier sind …«

»Kommt darauf an, wie sich die Dinge entwickeln.« Paul Bigelow drehte die Zigarre zwischen seinen Fingern und atmete durch. »Ja, ein paar Jahre mit Sicherheit noch.«

Weil sie nicht wusste, was sie darauf sagen sollte, beließ Georgina es bei einem Nicken.

Er sah sie von der Seite her an. »Kann ich Sie denn nicht doch noch dazu überreden, einmal mit mir auszureiten, Miss Findlay?«

Georgina lächelte. »Ich mache mir wirklich nichts aus Pferden. Und ich fürchte, ich bin auch nicht allzu sattelfest.«

»Ich kann es Ihnen beibringen!«

Sie lachte. »Das wäre vergebliche Mühe, Mister Bigelow! Selbst meine Tante musste schließlich einsehen, dass das Geld für die Reitstunden zum Fenster hinausgeworfen war.«

Er stützte sich auf die Balustrade und sah sie unverwandt an. »Sie sollten wissen, dass ich ein Nein nicht so ohne Weiteres hinnehme. Ich kann überaus hartnäckig sein.«

Eine heiter hingeworfene Bemerkung, in der jedoch eine selbstbewusste Ernsthaftigkeit lag.

»Kann ich Ihnen noch etwas bringen lassen, Tuan Bigelow?«

Die Hände vor der Brust gefaltet, stand Cempaka auf der Türschwelle. Ein schmächtiger, vogelgleicher Schattenriss gegen das sanfte Licht aus dem Inneren des Hauses, hielt sie den Kopf auf irritierend demütige Weise gesenkt.

»Nein, vielen Dank«, wehrte Paul Bigelow freundlich ab.

»Haben Sie vielleicht sonst noch einen Wunsch?« Ihre sonst so harsche Stimme war samtig wie die Nachtluft.

»Nein danke, Cempaka, alles bestens.«

»Dann wünsche ich eine gute Nacht, Tuan Bigelow.«

Nur zögerlich trat Cempaka einen halben Schritt zurück.

»Aber eventuell möchte Miss Findlay …?« Sein Tonfall bekam etwas Nachdrückliches, Aufforderndes.

Cempakas Kopf hob sich wie der eines Kranichs, bereit, mit seinem Schnabel als Waffe sein Revier zu verteidigen.

»Danke, ich möchte nichts.« Georgina stolperte in ihrer Hast beinahe über jedes Wort. »Ich werde ohnehin gleich zu Bett gehen.«

Cempaka nickte hoheitsvoll und schritt mit hoch erhobenem Kopf ins Haus, jeder Zoll an ihr Ausdruck ihres Widerwillens.

Georgina fing Paul Bigelows fragenden Blick auf und zuckte mit den Schultern.

»Sie mag mich nicht.«

»Das habe ich bemerkt. Und nicht zum ersten Mal.« Er warf einen Blick über seine Schulter. »Cempaka ist schon sehr lange hier im Haus, nicht wahr?«

»So lange ich zurückdenken kann.« Georgina löste sich aus ihrem dunklen Winkel und bewegte sich auf Paul Bigelow zu. »Meine Mutter verehrt sie bis heute über alle Maßen, aber mir gibt sie nach wie vor das Gefühl, ich hätte etwas verbrochen. Etwas Schreckliches, das sie mir einfach nicht verzeihen kann.«

»So dürfen Sie nicht denken.« Er hob die Hand, als wolle er sie am Arm berühren; im letzten Augenblick schien er sich darauf zu besinnen, dass sich das nicht gehörte, und fuhr sich stattdessen über das kurzgeschorene Haar. »Ich war zwar schon ein großer Bursche, als ich innerhalb eines Jahres erst meine Mutter und dann auch noch meinen Vater verlor. Trotzdem möchte ich mir nicht vorstellen, wie es mir ohne meine Brüder ergangen wäre.«

Sein Blick wanderte durch den Garten, bis er auf Georgina zu liegen kam.

»Sie müssen hier als Kind sehr einsam gewesen sein.«

Unvermittelt fühlte Georgina sich unwohl, als stünde sie nur halb bekleidet neben Paul Bigelow, und sie schlang die Arme fest um sich. Er beugte sich herüber, so nahe, dass sein Atem über ihre Wange streifte.

»Ich möchte Ihnen gerne ein guter Freund sein, Miss Findlay«, sagte er leise.

Hinter ihnen hüstelte es, und Paul Bigelow trat rasch einen Schritt zurück.

»Gute Nacht, Miss Findlay.« Er griff zu seinem Glas. »Gute Nacht, Sir.«

Gordon Findlay murmelte eine Antwort, als Paul Bigelow an ihm vorüberging, und stellte sich dann neben Georgina an die Brüstung. Ihr Herz pochte hoffnungsvoll, als sie zu ihrem Vater aufsah, im Zwielicht eine knorrige Birke in Silbergrau und Schwarz.

»Es war nett von dir, gestern im Kontor vorbeizuschauen«, sagte er nach einer Weile. »Überraschend. Aber nett.«

Georginas Eindrücke vom Godown der Firma Findlay & Boisselot waren verwaschen, wieder und wieder überschwemmt von diesem Rausch, in den das Wiedersehen mit Raharjo sie versetzt hatte, und nur wenige trockene Inseln waren übrig geblieben.

Erstaunlich wenig hatte sich im Godown verändert, vom scheinbar heillosen Durcheinander aus Kisten, Säcken und Fässern im unteren Stockwerk, die einen Geruch nach Holz und Metall verströmten. Nach Pfeffer, Tee und Ingwer und all den anderen Waren, die hier zwischengelagert wurden. Bis hin zum Kontor in der Etage darüber mit seinen Rechnungsbüchern und Papierstößen und den Landkarten an den Wänden, die stickige Luft von den Fächern der punkah-wallahs nur leicht aufgerührt.

Gordon Findlay räusperte sich verhalten. »Hast … hast du dich schon wieder eingelebt?«

»Ein wenig, ja.« Georgina lächelte in sich hinein.

So unbeholfen und zögerlich Gordon Findlay sich hier im Haus gab, bei ihr als seiner Tochter, so entschlossen und tatkräftig hatte er sich in seinem Kontor gezeigt, genau wie früher. Inzwischen mit Paul Bigelow als seinem Schatten, der mit ihm zusammen die Firma leitete wie zwei ineinandergreifende Zahnräder eines tadellos geölten Uhrwerks.

Seine Finger strichen unruhig über die Balustrade.

»Wirst du bleiben? Für länger?«

Eine Frage wie eine Ohrfeige; Georgina brauchte einige Augenblicke, um sich wieder zu sammeln.

»Natürlich werde ich bleiben.« Ihre Stimme klang aufgeschürft. »Hier ist doch mein Zuhause!«

»Ja. Natürlich.« Sein geräuschvolles Ausatmen hatte etwas von einem Seufzen. »Dann werde ich wohl Mister Bigelow bitten müssen, sich eine neue Bleibe zu suchen.«

Das Bedauern in seinen Worten war wie ein Schlag auf die andere Wange.

»Bevor die Leute anfangen zu reden.« Er nickte bedächtig. »Ja, das sollte ich wohl tun.«

Tränenblind starrte Georgina vor sich hin.

»Ich weiß nicht, wie das hier für dich werden soll«, hörte sie ihren Vater nach einer Weile sagen. »Ich habe seit Jahren kaum noch gesellschaftliche Kontakte außerhalb des Geschäftslebens. Ab und zu ein Dinner oder eine Runde Drinks, immer rein unter Männern. Es ist niemand da, der sich darum kümmern könnte, dass du unter Menschen kommst. Jetzt oder in ein, zwei Jahren. Bälle, Teegesellschaften oder was ihr jungen Leute heutzutage so macht. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was eine junge Dame wie du braucht. Und ich weiß nicht, wen ich von den wenigen Damen hier bitten kann, dich unter ihre Fittiche zu nehmen. Du bräuchtest hier jemanden wie Stella oder wie … wie Josephine.«

Zuletzt hatte er nur noch geflüstert, niedergedrückt vom Gewicht der Trauer, die noch immer auf ihm lastete.

»Ich brauche das alles nicht«, brach es aus Georgina heraus. »Ich will einfach nur hier sein!«

Gordon Findlay ließ den Blick auf seiner Tochter ruhen. Lange.

Seine Miene, wie aus Stein gehauen, bekam erste Risse, dann Sprünge; ein Aufbrechen, das ihm Schmerzen zu bereiten schien.

»Du bist deiner Mutter unglaublich ähnlich«, flüsterte er heiser.

Du bist ein Kind der Tropen, mon chouchou. Wie ich.

Eine Träne rann über Georginas Wange. »Sie fehlt mir auch immer noch so sehr.«

»Ja«, kam es hohl von ihm. Sein Blick bekam etwas Unstetes, wie aufgeschreckt, verwundert und fast schuldbewusst, und er wandte sich ab. »Ja.«

Zeit der wilden Orchideen

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