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Оглавление3. Gedanken, die anklopfen
25.12.2004, Patong, Thailand
Sie beobachtete, wie der Mann, den sie liebte, das Restaurant und ihr Leben verließ, und war dennoch nicht in der Lage, zu weinen. Vielleicht, weil das Ende ihrer Liebe für sie nicht wirklich überraschend kam. An jedem Tag des letzten Jahres hatte es bereits auf sie gelauert. Die Frage war nur, wann es sich zeigen würde. Eine Rettung schien nüchtern betrachtet schon lange nicht mehr möglich gewesen zu sein, so sehr sie es sich auch gewünscht hatte. Mit Anneke an ihrer Seite hätten sie es vielleicht geschafft. Sie war so etwas wie die Kette, die ihre beiden Herzen zusammenhielt, doch Anneke war nicht mehr. Alleine begannen sie sich schon bald von einander zu entfernen, wie zwei Planeten, denen die gemeinsame Sonne genommen worden war. Sie hatte ihm so oft in den letzten Monaten in die Augen geschaut und nach dem Klaas gesucht, der ihr seit Ewigkeiten ein Seelenverwandter gewesen war, doch diese Augen, in die sie da blickte, kannte sie nicht. Sie gehörten einem fremden Mann, der außer seiner verblüffenden Ähnlichkeit nichts mit dem Klaas Petersen gemeinsam hatte, dem ihre Liebe auf ewig gehörte. Vielleicht ist das ja unser Schicksal, dass wir uns in einer ständigen Metamorphose befinden, die uns einander anziehen lässt, um uns im nächsten Moment wieder voneinander abzustoßen. Vielleicht sind wir nur Billardkugeln in einem riesigen Spiel, die immer aufs Neue von einem unsichtbaren Spieler angestoßen werden und so ständig unsere Position zu uns selbst, zu anderen und zu der Welt ändern, dachte sie schmerzlich. Es mochte ja sein, dass ein geordnetes gleichförmiges Leben nur eine naive Illusion war, aber die Vorstellung eines sich ständig wandelnden Daseins machte Rieke mehr Angst als alles andere. Plötzlich wurde der Wert der Dinge, die sie im Leben erreicht hatte und die sie mit Stolz erfüllten, gänzlich bedeutungslos. Was bedeutete schon eine Karriere, wenn man alles verlor, was man liebte? Was bedeutete schon Reichtum, wenn die Einsamkeit bei einem Einzug hielt?
Das Essen schmeckte plötzlich fad, trotz aller exotischen Würze, und die tropische Hitze dieses Weihnachtsabends ließ sie frösteln. Sie winkte dem Kellner ungeduldig zu und zahlte wortlos. Rieke meinte, die Blicke der anderen Gäste würden ihr zum Ausgang folgen, würden hinter ihrem Rücken flüstern: „Seht her. Diese verhärmte Frau hat gerade ihren Mann verloren. Geschieht ihr recht, so wie sie ihn behandelt hat.“ Sie versuchte erhobenen Hauptes und mit würdenvollem Gang das Restaurant zu verlassen, doch ihre Beine zitterten besorgniserregend. Als sie die Straße erreichte, war sie froh, der unerträglich vornehmen Stille des Restaurants entkommen zu sein und zündete sich erleichtert eine Zigarette an. Hier im Trubel der belebten Promenade von Patong war sie nur eine unbedeutende kleine Person unter vielen. In großen Massen war man nahezu unsichtbar, was Rieke an diesem Abend nur allzu recht war. Ziellos schlenderte sie durch die Straßen der Stadt, schaute den Straßenhändlern zu, wie sie in herrlich falschem Englisch den Touristen ihre Angebote zuriefen, lauschte der immergleichen Discomusik, die aus unzähligen Bars nach draußen drang. Sie beobachtete die jungen Frauen in ihrer aufreizenden Kleidung, die an jeder Ecke herumlungerten, auf der Suche nach einem wohlhabenden westlichen Begleiter. Die Aussichten standen offensichtlich nicht schlecht, denn viele weiße Männer, zumeist ältere Europäer, hatten eine junge Thai im Arm, und stellten ihre Eroberungen voller Stolz zur Schau. Rieke taten diese Frauen unendlich Leid. Mussten Frauen den Männern eigentlich zwangläufig zu Willen sein, um Liebe und Sicherheit zu bekommen? Sie war sich sicher, dass ihre Emanzipation letztlich von Klaas nicht ertragen wurde, schließlich ging ihr Aufstieg mit seinem Abstieg einher. Vermutlich würde er unter der Trennung, zu der er sich an diesem Abend allein entschlossen hatte, mehr zu leiden haben, als sie. Sie war schließlich noch nicht zu alt, durchaus attraktiv und gebildet und dazu noch wohlhabend. Sie würde sicherlich in absehbarer Zeit jemanden finden, der sie schätzen und lieben konnte, redete sie sich trotzig ein. Von weitem kam ihr ein Pärchen entgegen, bei dem der Mann eine auffallende Ähnlichkeit zu Klaas hatte. Groß, blond, breitschultrig. Doch bei näherer Betrachtung erkannte sie einen älteren Mann mit Schlägergesicht und tätowierten Unterarmen, der eine mehr als zwanzig Jahre jüngere, unglücklich dreinblickende Thai im Arm hielt. Obwohl sich die Verwechslung schnell geklärt hatte, war ihr temporäres Selbstbewusstsein bereits wieder verflogen. In ihr wuchs das unausweichliche Bedürfnis nach einer Betäubung ihrer Sinne. Sie wollte die Gedanken an Klaas, die ihr an diesem Abend wie ein herrenloser Hund auf Schritt und Tritt folgten, ein für alle mal los werden. So schnell wie möglich. Kurzentschlossen verließ sie die Promenade und ging in eine gepflegte Bar in einer ruhigen Seitenstraße. Rieke setzte sich an den fast leeren Tresen und bestellte eine Bloody Mary. Während sie dem Barkeeper bei der gekonnten Zubereitung des Cocktails zuschaute, erkannte sie aus den Augenwinkeln einen Mann neben sich, der in Gedanken versunken sein Glas anstarrte, das in gleichmäßigen Bewegungen rotieren ließ. Er war noch nicht alt, doch großflächig ergraut. Ein Südeuropäer, vermutete Rieke. Als hätte er ihre Gedanken gespürt, schenkte er ihr plötzlich ein freundliches Lächeln und prostete ihr zu. Rieke kam sich ertappt vor und errötete auf der Stelle. Zu ihrer Erleichterung deutete der Fremde ihre unverbindlichen Blicke nicht falsch, sondern widmete sich erneut der Betrachtung seines fast leeren Glases. Rieke erhielt ihr Cocktailglas und nahm sofort einen großen Schluck. Doch statt eines wohligen Gefühls stellte sich nur Ernüchterung ein. Alles schmeckte an diesem Abend nach Enttäuschung. Und als ob die mühsamen aufgeschütteten Dämme letztendlich doch zu instabil waren, wurde sie von einer Reihe unerwarteter Gefühle überflutet. Da war die Erinnerung an Anneke, die ihr plötzlich ins Bewusstsein trat. Kleine starke Anneke. Und endlich bahnten sich Tränen sich ihren Weg über ihre Wangen und Rieke ließ es zu. Trotz aller Traurigkeit waren sie ihr eine Erleichterung.
Neben ihr tauchte ein Schatten auf und fragte mit einer sonoren Stimme, ob sie Hilfe bräuchte. Sie drehte sich zur Seite und erkannte den ergrauten Mann. Wie hätte sie ihm erklären sollen, wie erlösend die Tränen jetzt für sie waren? So schüttelte sie nur hektisch mit dem Kopf.
„Sie sehen aber aus, als ob sie durchaus jemanden zum Reden bräuchten“, sagte der Mann mit einem wohligen Südtiroler Dialekt. Rieke spürte wie die reinigenden Fluten ihrer Gefühle allmählich versiegten und sagte ohne Kraft:
„Nein, vielen Dank, ich komme schon klar.“ Der Mann aber schaute sie nur lange und aufmerksam an und fuhr dann fort, als hätte er Rieke nicht richtig verstanden.
„Ich persönlich glaube, dass es völlig normal ist, an Weihnachten traurig zu sein. Vielleicht liegt es daran, dass uns zu keinem Zeitpunkt im Jahr unsere geliebte Sonne so fern ist, vielleicht aber auch an dem Mysterium dieses Festes, das uns zwingt, uns zu besinnen, uns mit den Tiefen unserer Gedanken zu beschäftigen.“ Rieke starrte den Mann an, ohne etwas zu erwidern. Sie vermutete, dass der Fremde in seinem Weltenfrust lediglich einen beliebigen Gesprächspartner suchte und empfand seine Einmischung in ihre Gefühlswelt als unerträgliche Unverschämtheit.
„Im 4. Jahrhundert gab es einmal einen Mönch namens Evagrius Ponticus“, erzählte der Mann unbeirrt weiter, „der allen Ernstes vorschlug, zum Advent eine Achtsamkeitsübung durchzuführen. Dazu sollte man sich in aller Stille hinsetzen, ohne jede Ablenkungen, und einfach auf die Gedanken warten, die bei einem anklopfen. Wie eine Art Türhüter sollte man nun jeden Gedanken, jedes Gefühl, das dort um Einlass bat, genau betrachten: Was willst du mir sagen? Welche Sehnsucht steckt in dir? Manche Gedanken, die dort auf uns warten, machen uns Angst oder erfüllen uns mit Trauer. Doch sie sind ohne Zweifel vorhanden, und sie immer auszusperren, kostet viel Kraft und ist letztlich aussichtslos. Wesentlich wichtiger wäre es, so Evagrius Ponticus, zu ergründen, warum sie uns so ängstigen oder traurig stimmen. Erst wenn wir unsere Gedanken vollends ergründet haben, werden wir mit uns selbst ins Reine kommen.“
„Und? Sind sie etwa mit sich im Reinen?“, fragte Rieke nicht ohne einen zynischen Unterton.
„Nein, aber ich gehe es jeden Tag aufs Neue an“, erwiderte der Fremde und grinste sie frech an, „Mein Name ist übrigens Thomaso.“ Rieke wurde nun noch ärgerlicher.
„Entschuldigen Sie, aber das ist doch alles Quatsch. Uns widerfahren manchmal Dinge, die so verletzend, so ernüchternd, so erschreckend sind, dass sie eben diese unangenehmen Gefühle und Gedanken in uns auslösen, ohne das sie uns letztlich von irgendwelchem Nutzen sind. Wir trauern, ohne das wir es verhindern können und – schlimmer noch – ohne dass es den schweren Schicksalsschlag irgendwie abmildern könnte.“
„Vielleicht nur, weil wir den Sinn des Schicksalsschlags nicht verstehen.“
„Sie wollen mir doch nicht allen Ernstes erzählen, dass alles in unserem Leben auf irgendeine mystische Weise einen Sinn ergibt. Daran glauben doch allenfalls irgendwelche naiven Spinner, die ansonsten die Sinnlosigkeit ihres kümmerlichen Daseins nicht ertragen könnten.“ Thomaso blickte sie schmunzelnd an.
„Nennen Sie mir ein Beispiel und ich werde versuchen, den Sinn zu deuten.“
„Mein Mann hat mich soeben verlassen“, sagte sie trotzig, „nach fünfzehn Jahren inniger Liebe. Er ist einfach aufgestanden und aus dem Restaurant gegangen, nachdem er unsere Beziehung für beendet erklärt hatte. Wollen Sie mir jetzt sagen, dass das einen Sinn macht?“
„Vielleicht hat er Sie damit nur freigegeben, für die Aufgaben, die noch vor Ihnen liegen?“ Ihr erschien die Idee derart absurd, dass ihre Wut sich noch steigerte.
„Aber nehmen wir einmal an“, ereiferte sie sich weiter, „jemand stirbt, frühzeitig, lange vor seiner Zeit, durch einen grausamen dummen Zufall. Wo bitte schön ist denn da der Sinn?“ Thomasos Lächeln verschwand. Er starrte erneut sein sich drehendes Glas an und dachte nach.
„Ich weiß, dass so etwas immer schwer zu ertragen ist. Und dennoch bin ich mir sicher, dass es durchaus seinen Sinn haben könnte. Wenn wir uns zum Beispiel vorstellen, dass jeder Mensch mit einer Aufgabe auf diese Welt kommt, dann ist es vielleicht auch möglich, dass nicht jede Aufgabe für ihre Erfüllung ein langes Leben bedarf. Ein Säugling, der den frühen Kindstod stirbt, hatte vielleicht nur die Aufgabe, seinen Eltern einen entscheidenden Hinweis für ihr weiteres Leben zu geben. Natürlich macht diese Vorstellung das erlittene Schicksal auf gewisse Weise erträglicher, aber es bringt uns auch dazu, unser Leben mehr zu hinterfragen. Warum passiert uns etwas bestimmtes, was niemandem sonst passieren würde? Wir alle haben Schicksalsschläge erlebt und werden noch weitere erleben. Mit keinen Schicksalsschlägen zu rechnen wäre naiv. Uns bringt nur die Beschäftigung mit ihnen weiter, nicht ihre Verdrängung.“ Allmählich kehrte das Lächeln in Thomasos stoppeliges Gesicht zurück. Rieke versuchte, ihren Zorn zu unterdrücken, aber es gelang ihr nicht.
„Vielen Dank für den Drink“, sagte sie bissig. Und ohne eine weitere Reaktion von Thomaso abzuwarten, ging sie zurück in den Trubel der Nacht.
Ihr Verstand glich einem aufgescheuchten Bienenschwarm. Gedankenfetzen und Gefühlsregungen schwirrten wild umher und ließen sich nun nicht mehr einfangen. Rieke konnte sich nicht daran erinnern, in letzter Zeit einmal so wütend gewesen zu sein. Da mischte sich in ihre Trauer um das Ende ihrer Ehe ungefragt ein wildfremder Mann ein und meinte noch entrückte Vorträge über die Unabwendbarkeit des Schicksals halten zu müssen. Sie wusste nicht recht warum, aber sie empfand die Worte des Fremden als eine grausame ungerechte Anklage. Schlimmer noch, hatten diese Worte einen Keim gesetzt, der nun unkontrolliert in ihr zu wuchern begann. Wenn alles im Leben einem bestimmten Ziel folgen sollte, so fragte sie sich unweigerlich, warum war es ihr dann auferlegt worden, nacheinander drei unschuldige Leben zu zerstören. Und wieder tauchten die Worte des Fremden auf. Sie hörte, wie er von Gedanken sprach, die auf uns warten, uns mit Angst erfüllen. Rieke wusste genau, welche Gedanken er damit gemeint hatte, denn eingesperrt in einem tiefen finsteren Verließ ihrer Erinnerung hatte sie lange schon eine große Schuld vor sich und der Welt verborgen. Es war nicht etwa ihre unauslöschbare Schuld, Klaas in seiner schwersten Krise im Stich gelassen zu haben, und auch nicht im entscheidenden Moment nicht für Anneke dagewesen zu sein. Nein, obwohl beides ihr Leben lang an ihr nagen würde und sie nicht mehr schlafen ließ, gab es da noch eine andere Schuld in ihr, die um ein Vielfaches schwerwiegender war als alles andere. Und jetzt, ohne dass sie es verhindern konnte, zog ein dichter Nebel aus den Tiefen empor, und die Angst ließ sie frösteln. Schließlich sah sie eine dunkle Silhouette im Nebel ihrer Gedanken auftauchen. Sie brauchte gar nicht näher hinzuschauen, um zu erkennen, wer da jetzt aus den Schwaden heraustrat, denn sie wusste es sofort. Es war Beeke.
22. Mai 1978, Kiel, Deutschland
Sie meinte vor Glück fast zu zerspringen, als endlich ihr Name durch den prächtig geschmückten Festsaal hallte. Beifall brandete auf und das zarte Mädchen in ihrer weißen gerüschten Bluse und dem dunklen Rock duckte sich unweigerlich, als ob sie sich vor dem bevorstehenden Lob fürchtete. Doch in dem schamroten Gesicht stand ein breites Lächeln, das ihre unverholene Freude verriet. Die Urkunde wurde förmlich übergeben und energisch die Hand geschüttelt, wofür sie sich mit einem zaghaften Knicks bedankte und anschließend mit vorsichtigen Schritten wieder zur Reihe der diesjährigen Preisträger zurückkehrte. Der Applaus hallte noch in ihrem Kopf nach, als sich bereits ein weiteres Mädchen von ihrem Platz erhob, um ebenfalls die Urkunde in Empfang zu nehmen. Rieke besah sich den dicken Karton in ihren Händen zum ersten Mal genauer. „Rieke Ehling, 1. Preis beim Bundeswettbewerb ‚Jugend musiziert’. Sie hatte sich nach langem Ringen für die Ballade in g-Moll von Frederic Chopin und die Tarantelle von Franz Listz entschieden, zwei der schwierigsten Stücke für Soloklavier, die sie kannte. Gerade bei der Ballade reichte es nicht aus, nur die technisch äußerst anspruchsvollen Teile wie die chromatische Oktavpassage am Ende fehlerfrei zu beherrschen, sondern auch das ungewöhnliche Tempo nicht zu vernachlässigen, ohne welches das Stück gänzlich seinen Zauber verlieren würde. Rieke aber hatte all dies bravourös gemeistert. Einer der Juroren war sogar nach dem Vorspiel zu ihr gekommen und hatte ihr gesagt, das Stück selten mit so viel Hingabe gehört zu haben. Auch sagte er ihr noch eine große Karriere voraus, schließlich sei sie ja erst Vierzehn Jahre alt und noch längst nicht am Höhepunkt ihrer Spielkunst angelangt. Zum vollkommenen Glück fehlte dem Mädchen an diesem Nachmittag nur noch eine Kleinigkeit.
Rieke blickte sich angestrengt im Publikum um, während die Veranstaltung weiter voranschritt, und suchte nach ihren Eltern, die zur Preisüberreichung nachkommen wollten. Ihr Blick musterte Hunderte von Köpfen, die alle gebannt der feierlichen Veranstaltung folgten, doch die Eltern konnte sie nirgends erblicken. Dabei hatten sie ihr fest zugesichert, bei diesem wichtigen Ereignis auf jeden Fall dabei zu sein. Plötzlich entschwand das Lächeln im Gesicht des Mädchens. Die Übergabe der letzten Urkunden und die anschließenden Reden erschienen ihr nun quälend lang. Wie gerne wäre sie jetzt aufgesprungen und hätte nach ihren Eltern gesucht, aber sie wusste, dass die Pflicht von ihr erwartete, brav sitzen zu bleiben. Eine halbe Stunde später verabschiedete der Vorsitzende der Juroren die Preisträger und Veranstaltungsbesucher mit ein paar freundlichen Worten und ein lebhaftes Gemurmel erhob sich. Die Jugendlichen rannten durcheinander und wurden von sichtlich stolzen Verwandten und Freunden herzlich in den Arm genommen. Von überall her hörte man einen Schwall von Gratulationen und Lobgesängen. In diesem Trubel aber stand ein kleines Mädchen und suchte mit rasendem Herzen nach ihren Eltern. Es konnte nicht sein, dass sie nicht gekommen waren. Es konnte einfach nicht. Nicht heute, am wichtigsten Tag ihres Lebens. Doch der Festsaal leerte sich rasch und eine ratlose Rieke blieb zurück. Ihr schossen tausend Erklärungen für das Fernbleiben der Eltern durch den Kopf. Eine schlimmer als die andere. Es hätte einen Unfall gegeben oder jemand wäre gestürzt. Riekes schmales Gesicht war bleich und matt, als sie durch die große holzverkleidete Vorhalle rannte, in der sich die letzten Besucher am Garderobenschalten drängelten. Inzwischen hatte es ausgiebig zu regnen begonnen, doch Rieke hatte jetzt ganz andere Sorgen. Sie nahm sich ihr Fahrrad und fuhr los. Als sie nach einer halsbrecherischen Fahrt über das glatte Kopfsteinpflaster der Düsternbrooker Straßen endlich das elterliche Haus erreichte, war sie nass bis auf die Haut und die Urkunde hing wie ein schlaffes Tuch in ihrer Hand. Zu ihrer Überraschung parkten vor dem Haus drei größere Transportfahrzeuge und durch die geöffnete Haustür marschierten mehrere Rieke unbekannte Leute hektisch ein und aus. Einige trugen Kameras und lange Mikrofone, während andere ungeduldig Anweisungen schrien. Im großen marmorgefliesten Hausflur breite sich ein Gewirr aus Kabeln und leeren Transportkisten aus. In der allgemeinen Betriebsamkeit bemerkte keiner das kleine Mädchen in der nassen Kleidung, das mit traurigem Gesicht durch das Haus schlich. Das Wohnzimmer war in grelles Licht getaucht und voller Menschen. In der Mitte aber saß, einem Engel gleich, ihre Zwillingsschwester Beeke lächelnd auf dem Sofa, als wäre dieser Trubel die normalste Angelegenheit der Welt. Ihr gegenüber hockte ein fremder spindeldürrer Mann in Vaters Sessel, der sich freundlich zu ihr beugte und Fragen stellte.
„Wann hast Du festgestellt, dass Du Dinge kannst, die andere Kinder in Deinem Alter nicht können?“
„Es war, glaube ich, mit Sieben Jahren“, antwortete Beeke brav. „Damals begann ich mich in der Schule zu langweilen. Ich nahm schließlich ein Buch meines Vaters mit in die Schule und lernte in den nächsten Monaten heimlich Französisch.“ Der Mann machte ein erstauntes Gesicht und nickte daraufhin wissend.
„Das heißt, Du hast mit sieben Jahren Französisch gelernt und dann erst Englisch?“
„Nein“, Beeke lächelte etwas beschämt, „erst habe ich noch Spanisch und Dänisch gelernt.“
„Fantastisch“, brach es aus dem Fremden hervor, während der Kameramann bedächtig seine Position änderte.
„Wenn ich richtig informiert bin, beherrscht Du inzwischen auch noch Portugiesisch, Holländisch und Japanisch.“ Beeke nickte.
„Aber du bist nicht nur in Sprachen zu unfassbar talentiert, sondern auch in den Naturwissenschaften. Stimmt es, dass Du im Kopf die Wurzel sechsstelliger Zahlen ausrechnen kannst.“ Erneutes zaghaftes Nicken.
„Wieviel ist zum Beispiel die Wurzel aus 120409?“ Der Reporter beugte sich weit nach vorne, als befürchtete er, etwas Entscheidendes zu verpassen, während Beeke zwei Sekunden lang gedankenversunken die Decke anstarrte.
„347.“ Der Mann machte ein verblüfftes Gesicht.
„Richtig. Das ist ja unglaublich.“ Applaus kam von allen Seiten und erst jetzt erkannte Rieke, dass ihre Eltern neben der Bücherwand standen und voller Stolz auf ihre interviewte Tochter blickten. Sie waren also nicht verunglückt, nicht gestürzt. In Rieke brandete in diesem Moment eine Wut auf, wie sie sie niemals zuvor gespürt hatte. Sie schaute bebend vor Zorn ihre bezaubernd schöne Schwester an, deren blonde Locken dekorativ auf die zarten Schultern fielen. Rieke sah die strahlend blauen Augen, die ebenmäßigen Züge ihres unschuldigen Gesichts und das perfekte Weiß ihrer perfekten Zähne. Rieke dachte, sie hätte sich inzwischen an die abnorme Einzigartigkeit ihrer Schwester gewöhnt, doch die Diskrepanz zwischen Beeke und ihrer eigenen plumpen Gewöhnlichkeit war in diesem Moment nur schwer zu ertragen.
Plötzlich bemerkte Beeke die Schwester und winkte ihr fröhlich zu, worauf sich alle im Wohnzimmer zu Rieke umdrehten und das durchnässte kleine Mädchen mit dem matten Gesichtsausdruck überrascht anstarrten.
„Wer bist Du denn?“, wollte der Reporter sofort wissen.
„Das ist Rieke, die Zwillingsschwester von Beeke“, warf der Vater ein und ergänzte hastig, um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen: „Sie sind zweieiige Zwillinge.“
„Unverkennbar“, erwiderte der Reporter und schüttelte vieldeutig mit dem Kopf, woraufhin einige der Fremden anfingen zu lachen. Dieses Lachen war es, dass Rieke endgültig zu Boden schlug. Es zermalmte sie regelrecht. Nie zuvor in ihrem Leben hatte sie sich so gedemütigt gefühlt. Während sie weinend die Treppe zu ihrem Zimmer empor lief, rief der Vater wiederholt ihren Namen. Doch Rieke wollte ihn nicht hören. Sie erreichte ihr Zimmer und verschloss hastig die Tür hinter sich. Wenige Augenblicke später wurde die Klinke mehrfach hektisch heruntergedrückt.
„Rieke, mach sofort auf!“ rief der Vater erbost.
Doch Rieke kauerte sich nur auf dem Bett zusammen, weinend, fröstelnd, und verfluchte ihre Welt.
„Wo wart Ihr denn?“ schrie sie, „Ihr hattet es mir versprochen.“
„Kleine, das Fernsehen hatte sich kurzfristig angekündigt und deshalb …“
„Beeke, Beeke, Beeke!“, kreischte sie, „immer geht es nur um sie.“
Einen Augenblick lang herrschte Stille vor der Tür, dann ertönte wieder die strenge Stimme des Vaters.
„Jetzt stell Dich nicht so kindisch an und mach sofort auf!“
Doch Rieke mochte jetzt niemanden mehr sehen und schwieg trotzig. Wenig später kamen aufgeregte Stimmen aus dem Erdgeschoss und der Vater ging zurück. Das Mädchen aber blieb auf dem Bett liegen und schluchzte apathisch vor sich hin. Schließlich fiel ihr Blick auf den triefenden Lappen in ihrer Hand. Auf dem aufgeweichten Karton war inzwischen ihr Name so verwischt, dass man ihn nicht mehr erkennen konnte. Es war der letzte Beweis ihres Triumphes, der nun vor ihren Augen verschwand. Das Klavierspiel war das einzige, was sie besonders machte, sie von ihrer unnatürlich hoch begabten Schwester positiv abhob. Doch all das schien jetzt endgültig seine Bedeutung verloren zu haben. In den Augen ihrer Eltern war sie nur der weniger geglückte Zwilling. Nicht so hübsch, nicht so schlau, nicht so einzigartig. Enttäuschung und Zorn mischten sich in ihrem Kopf zu einem gefährlichen Gebräu. Sie stand auf und wankte zu dem weißen Schreibtisch. Wie in Trance zog sie eine Schublade auf, griff hinein und nahm den großen geschwungenen Brieföffner aus Messing heraus. Plötzlich wuchs in ihr der Wunsch, die Welt für erlittene Schmach zu bestrafen. Ohne nachzudenken öffnete sie die linke Hand, setzte die scharfe Klinge des Brieföffners zwischen Daumen und Zeigefinger an und zog die Klinge mit einer schnellen Bewegung zurück. Das Fleisch klaffte augenblicklich auseinander und offenbarte einen tiefen Blick in rosafarbiges Muskelgewebe und blasse Sehnen. Tief, so tief. Voller Entsetzen beobachtete Rieke mit weit geöffneten Augen, wie nach einer gefühlten Ewigkeit die Wunde zu bluten begann. Erst bedächtig, schließlich in Strömen. Dann erst rollte ein bislang nicht gekannter Schmerz heran. Ein Schrei verließ sie, dessen Lautstärke und Intensität sie selber erschrak. Kurze Zeit später wurde die Tür gewaltsam aufgebrochen und mehrere Personen kamen in das Zimmer. Durch die tränengetränkten Augen erkannte sie ihren Vater, der sich tief über sie beugte und mit besorgtem Gesicht ihre Hand begutachtete. Dann schaute er ihr in die Augen und Rieke wusste nicht, ob sie dort Enttäuschung oder Traurigkeit erkannte.
„Oh, Rieke.“
26. Dezember 2004, Bang Tao Beach, Thailand
Es war eine kurze ruckartige Erschütterung, die Rieke an diesem Morgen in die Beine fuhr. Wie Ihr erging es auch allen anderen, die sich an diesem herrlichen Weihnachtsmorgen am Strand aufhielten. Alle schienen sich über das gleiche Ereignis zu unterhalten, obwohl Rieke die wenigsten Sprachen um sie herum verstand. Rieke vermutete ein leichtes Erdbeben, doch weder die einheimischen Angestellten machten einen sonderlich panischen Eindruck noch erfolgte ein weiterer Erdstoß. Schon bald nahmen die Urlauber wieder ihre diversen Aktivitäten auf, als wenn nichts geschehen wäre. Auch Rieke setzte ihren Weg fort. Sie hatte sich nach ihrer Rückkehr ins Hotel ein Zimmer im Hauptgebäude genommen. Doch anstatt die derzeitigen Umstände klaglos zu akzeptieren und dem Alptraum des letzten Abends durch einen ausgiebigen Schlaf ein Ende zu setzen, hatte sie sich auf den Weg zurück zum Cottage gemacht. Sie hatte gehofft, noch auf Klaas zu treffen, doch zu ihrer Enttäuschung brannte Innen kein Licht mehr. So hatte sie leise aufgeschlossen und war hineingeschlichen. Klaas hatte ausgestreckt im Bett gelegen und bereits tief atmend geschlafen. Lange hatte sie vor dem Bett gestanden, fasziniert die ruhigen Bewegungen seines riesigen Körpers betrachtet und schlussendlich eine Entscheidung gefällt. Sie würde ihre Liebe nicht kampflos aufgeben. Sie würde sich nicht schon wieder zum Spielball ihres Schicksals machen lassen. Ob Bestimmung oder nicht. Sie würde für diese Beziehung kämpfen, bis zum Schluss. Dennoch hatte sie sich jetzt nicht einfach neben ihn legen können, nach dem, was passiert war. Und so hatte sie sich schließlich auf die kleine Holzveranda vor dem Cottage gesetzt und im schwachen Schein der Wegbeleuchtung einen langen Brief an Klaas geschrieben. Hierin hatte sie ihm ihre unbedingte Liebe gestanden und sich bei ihm für ihr Fehlverhalten von ganzem Herzen entschuldigt. „Bitte, gib mir, gib uns noch eine Chance. Du findest mich auf Zimmer 323 im Hauptgebäude. Ich brauche Dich so sehr. R.“ lauteten die letzten Worte, die sie mit zittriger Hand geschrieben hatte. Sie hatte den Brief sorgsam zusammen gefaltet und unter seiner Armbanduhr auf dem Nachttisch platziert. Dann hatte sie zufrieden mit ihrer Entscheidung das Cottage leise verlassen und war zum Strand hinunter gegangen, der inzwischen menschenleer war. Sie erinnerte sich, anschließend noch stundenlang durch die lauwarmen Wellen gewandert zu sein, die in dieser Nacht außergewöhnlich schwach an den Strand geschlagen waren. Irgendwann hatte sie sich in den fremden Liegestuhl gelegt, um sich ein wenig auszuruhen und war dort erst am Morgen wieder aufgewacht. Nach einem ausgiebigen Frühstück in dem gepflegten Restaurant eines ihr fremden Hotels, hatte sie sich auf den Weg gemacht, um nach Klaas zu suchen. Sie legte sich die Worte genau zurecht, die sie Klaas gleich sagen wollte. Sie war sich sicher, dass er es verstehen würde. Schließlich war er ebenso nachgiebig wie impulsiv. Amüsiert dachte sie an den skurrilen Vortrag von Thomaso über die Gedanken, die anklopfen, und daran, dass man seine Gedanken ergründen muss, um ins Reine zu kommen. Vielleicht hatte der verrückte Mann am Ende doch recht.
Rieke schlenderte an einem der größten Resorts an der Bang Tao Beach vorbei, an dem sich an diesem heißen Sonntagmorgen bereits viele westliche Touristen tummelten. Es war spürbar die Hauptsaison von Phuket. Im Gegensatz zum Südteil der Bucht war die Vegetation hier aufgelockerter und wurde durch große Nadelbäume und Pinien bestimmt. Immer wieder sah man ausgedehnte Golfanlagen mit großen Teichen umgeben von mehrstöckigen Hotelkomplexen. Doch was Rieke an diesem Abschnitt der Bucht besonders verwunderte, war der ungewöhnlich starke Einfluss der Gezeiten. Das türkisfarbene Wasser hatte sich fast Hundert Meter weit vom Strand zurückgezogen und ein unansehnliches graubraunes Watt hinterlassen. Zusammen mit Dutzenden Schaulustigen betrat Rieke die freigelegten Flächen, um sich das seltsame Phänomen näher zu besehen. Eltern winken aufgeregt ihre Kinder heran und zeigen ihnen die weit zurückgezogene Wasserlinie. Zwischen kleinen Felsen und kleinen Korallengärten wanden sich bunte Fische im Schlamm und japsten um ihr Leben. Die Urlauber aber lachten nur und freuten sich über das ungewöhnliche Schauspiel, dass ihnen diese exotische Welt an diesem Morgen bot. Auch Rieke bestaunte diese sonderbare Eskapade des Ozeans. Doch plötzlich hörte sie das aufgeregte Rufen eines Mädchens. Als sie sich umdrehte, erschauderte sie. Vor ihr lief die kleine Beeke aufgelöst im Watt herum und rief etwas auf Englisch. Rieke rieb sich die Augen. Das konnte nicht sein, dachte sie. Aber es waren die gleichen engelsgleichen blonden Locken, das gleiche lieblich geschnittene Gesicht, dieselbe kindlich schlanke Figur einer späteren Schönheit.
„Das Zurückziehen des Wassers ist ein untrügliches Zeichen für einen nahenden Tsunami“, rief das Mädchen laut mit sich überschlagender Stimme. Rieke aber schaute sie ungläubig an und erkannte nur die ihr so vertraute altkluge Art des Mädchens. Die meisten anderen Urlauber, die in dem vom Meer freigegebenen Bereich standen, waren inzwischen ebenfalls auf das Mädchen aufmerksam geworden und kamen näher heran.
„So hört doch“, erklärte sie aufgebracht, „in einer Sendung auf Discovery Channel haben sie von Tsunamis berichtet. Es passt alles zusammen. Der Erdstoß, das Zurückweichen des Meeresspiegels. Wir müssen hier sofort verschwinden. Versteht ihr?“ Sie blickte sich verzweifelt zu ihren Eltern um, die ihr mit besorgten Gesichtern zunickten.
„So folgt uns doch!“ schrie sie ein letztes Mal und begann anschließend mit ihren Eltern zum Strand zurückzurennen. Herrschte zuerst noch eine gewisse Belustigung über das ängstliche Verhalten des Mädchens, war dies jetzt einer gespannten Ruhe gewichen. Während Rieke noch über die verblüffende Ähnlichkeit des Mädchens nachdachte, begannen die ersten ebenfalls zurückzurennen, dann folgten weitere. Schließlich wurde auch Rieke von dieser seltsamen Angst erfasst, die das Mädchen soeben gesät hatte, und rannte los. Obwohl keine akute Gefahr zu erkennen war, lief Rieke so schnell sie konnte. In ihrer aufsteigenden Todesangst folgte sie den anderen hinter dem Strand durch den großen Hotelgarten, in dessen Mitte sich ein imposanter Hügel erhob. Hier hatten sich bereits einige Hundert Menschen eingefunden, die plötzlich anfingen zu schreien und erregt auf den Horizont hinter Rieke zeigten. Zuerst wollte sie sich umblicken, um die offensichtliche Gefahr hinter sich genauer abzuschätzen, doch sie entschied sich anders und lief weiter. Die schwachen untrainierten Muskeln ihrer Beine schienen bei dem mühsamen Anstieg zu versagen. Doch mit letzter Kraft schloss sie zu den Menschen auf dem Hügel auf und warf sich keuchend in das trockene Gras. Beim ersten Blick zurück offenbarte sich ihr eine Apokalypse. Es war, als würde das Meer einfach überlaufen. Gewaltige Wassermassen ergossen sich ins Land. Die Welle war schnell und gewaltig. Strandmöbel, Autos, ja selbst Häuser wurden scheinbar mühelos davon gespült. Einige Verzweifelte versuchten auf allen Vieren den Hügel empor zu klettern, doch sie wurden von dem braunen Trüb der heranrauschenden Flut davon gespült. Sie zappelten hilflos im Wasser wie Fliegen in einem Rinnsal. Entsetzte Schreie erhoben sich aus der Gruppe der Geretteten. Rieke schaute den Strand entlang. Überall bot sich das gleiche Bild. Das Meer fiel wie eine riesige Kriegsmacht über diese beschauliche Bucht her. Bis weit in das von Palmen- und Papayaplantagen geprägte Hinterland drangen die Wassermassen und rissen auf ihrem Weg ohne Gnade alles nieder. Nichts schien ihrer unermesslichen Gewalt gewachsen zu sein. Plötzlich dachte sie an Klaas und ihr Magen zog sich augenblicklich zusammen. War er auch in Sicherheit? Oder schlief er noch friedlich im Cottage, als die Fluten kamen. Sofort verwünschte sie sich, weil sie sich in der Nacht nicht neben ihn gelegt hatte. Lieber wäre sie jetzt mit ihm gestorben, als ohne ihn weiterleben zu müssen. Völlig aufgelöst begann sie überstürzt den Hügel herunterzugehen, hinunter zu den noch brodelnden Wassern, doch etwas hielt sie am Arm fest. Als sie sich umdrehte, erkannte sie die kleine Doppelgängerin ihrer Zwillingsschwester, die sie mit ernstem Gesicht ansah und kaum wahrnehmbar mit dem Kopf schüttelte.