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Einführung

Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, bei Errichtung der Bundesrepublik Deutschland wegen der Teilung in zwei Staaten vorsorglich als vorübergehendes „Grundgesetz“ bezeichnet, geht eindeutig von einem demokratischen Rechtsstaat, d. h. von einem Rechtsstaat sowohl im formellen als auch im materiellen Sinn aus. Dieser Grundsatz könnte selbst im Wege einer Verfassungsänderung nach Art. 79 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) nicht beseitigt werden.

Der wesentliche Grundsatz eines Rechtsstaates ist nach Art. 20 Abs. 2 GG die Gewaltenteilung, wonach die staatliche Gewalt vom Volk gewählt wird, die vollziehende Gewalt durch besondere Organe ausgeübt sowie die Rechtsprechung durch eine unabhängige Justiz durchgeführt wird. Alle drei Gewalten sind an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gemäß Art. 20 GG gebunden.

Den Grundsatz der Bestimmtheit staatlichen Handelns könnte man bei der rechtsprechenden Gewalt, unserer Justiz, oberflächlich betrachtet, zumindest anzweifeln. Denn ein erstinstanzliches Gericht erlässt häufig eine abschließende und in sich schlüssige Entscheidung, über die sich die siegende Partei freut und die der Unterlegene unter Umständen sogar zunächst akzeptiert. Häufig erlässt aber ein übergeordnetes Gericht ein genau gegenteiliges Urteil. Die Paradoxie kann noch dadurch gesteigert werden, dass bei drei Instanzen, z. B. einer Verfassungsentscheidung, das Urteil der ersten Instanz nun doch die endgültige gerichtliche Auffassung darstellt.

Der Grundsatz der Bestimmtheit einer Entscheidung dürfte damit sicherlich nicht tangiert sein. Es wird lediglich dem Prinzip des umfassenden Rechtsschutzes des Einzelnen Genüge getan. Denn das übergeordnete Gericht überprüft und korrigiert doch eigentlich lediglich die Entscheidung des unteren Gerichts, um den Parteien zu einem gerechten Urteil zu verhelfen. Dies geht in Ordnung und sollte die Rechtsstaatlichkeit der Justiz nicht in Frage stellen.

Dennoch kann es selbstverständlich, selbst bei Verfahren in mehreren Instanzen, durchaus zu Fehlurteilen kommen. Irren ist nun einmal ein menschliches Fehlverhalten und kann daher auch in diesem Fall die Rechtsstaatlichkeit eines Staates nicht als zweifelhaft erscheinen lassen. Die Auffassung über die Rechtsstaatlichkeit muss aber spätestens dann zum Problem werden, wenn sich die Justiz als die dritte beherrschende Gewalt, verkörpert durch die Gerichte und ihre Richter, offensichtlich bewusst nicht mehr an die gesetzlichen Regelungen hält oder halten will. Spätestens dann muss die Frage erlaubt sein, ob die verfassungsrechtlich vorgeschriebene Rechtsstaatlichkeit noch gegeben ist.

Die nachfolgenden Ausführungen zeigen, dass bereits in zivilrechtlichen Auseinandersetzungen Richter häufig einfach nicht gewillt sind, sich an die bestehenden Gesetze bzw. an die in der Rechtsprechung von höheren Gerichten entwickelten Rechtsgrundsätze zu halten. Sie entscheiden letztlich nach ihrer willkürlichen Meinung und sind nicht bereit, Hinweise auf die Unrichtigkeit ihrer Auffassung zur Kenntnis zu nehmen, selbst wenn diese Hinweise von gleichberechtigten Organen der Rechtspflege, den Anwälten, vorgetragen werden. Wenn sich nun ein einzelner Richter einmal nicht an die gesetzlichen Vorschriften halten will, dann wird damit die Rechtsstaatlichkeit noch nicht als problematisch hingestellt werden können. Denn in diesen Fällen besteht doch gerade die Einspruchsmöglichkeit und damit die Korrigierbarkeit einer unrichtigen Entscheidung, womit letztlich das rechtsstaatliche Verfahren wieder gewährleistet erscheint. Bei Gerichtszweigen, die ein besonderes Verfahren vorsehen, z. B. in Arbeitsrechtstreitigkeiten, kann die Korrigierbarkeit von Entscheidungen durch das Gericht allerdings häufig als fraglich erscheinen. Hier wird einerseits die in der Regel bestehende dritte Instanz, die Revisionsmöglichkeit zum Bundesarbeitsgericht, vom Berufungsgericht sehr häufig ausgeschlossen. Einerseits strebt die Justiz einen rascheren Abschluss des Verfahrens an, was durchaus im Sinne einer Auseinandersetzung zwischen zwei Parteien eines gemeinsamen Arbeitsverhältnisses sein kann, das womöglich fortgesetzt werden soll. Oder der Berufungsrichter scheut die Revision und will die Aufhebung seines Urteils verhindern. Oder eine der beiden Parteien scheut eine solche Einspruchsmöglichkeit, weil sich infolge der langen Dauer derartiger Verfahren der Schaden für diese Partei sehr stark vergrößern könnte. Allerdings wird eine gerechte Beurteilung der Sachlage dann verhindert, wenn sie besonders im Hinblick auf eine richtige Entscheidung erforderlich gewesen wäre.

Zu derartigen rechtlichen Unstimmigkeiten hat sich nunmehr ein bundesdeutscher Richter selbst zu Wort gemeldet und erklärt, „das Ende der Gerechtigkeit“ in unserem Rechtsstaat sei gekommen. In den einzelnen Kapiteln dieses Buches erfährt man von „rechtsfreien Räumen“. Es werden Risiken, die mit den Flüchtlingen ins Land gekommen sind, benannt und schließlich Ausführungen zu „Gerechtigkeit. Was ist das?“ gemacht, wobei der Verfasser seinen Berufsstand ausdrücklich lobt. Er meint wirklich allen Ernstes, sein von ihm verfasstes Buch (Das Ende der Gerechtigkeit) käme „… ohne Beispiele aus seiner Erfahrung als Richter aus“. Nach seiner Auffassung „gelte dies auch für fast alle anderen Richter“. Denn für sie sei „… die Gerechtigkeit kein großes Thema, weil sie damit im Reinen sind“. Etwas später meint dieser Verfasser allerdings dann etwas kleinlaut, er habe sich zumindest „… stets bemüht, ein gerechtes Urteil zu finden“.

Das erinnert an einen Arbeitnehmer, der seinem Arbeitgeber wegen des nicht eingetretenen Erfolges seiner ausgeübten Tätigkeit erklärt: „Chef, ich habe den Auftrag nicht richtig ausgeführt, aber ich habe mich zumindest bemüht, die Arbeit richtig zu machen“. Ein solcher Arbeitnehmer wird sich vermutlich nicht mehr sehr lange an seinem Arbeitsplatz behaupten können.

Die hier gemachten Ausführungen werden sich daher im Wesentlichen mit der fragwürdigen Rechtsstaatlichkeit der bundesdeutschen Justiz befassen, weil diese dritte Gewalt, wie bereits angedeutet, die mit Abstand wichtigste und anspruchsvollste Kraft im Rahmen der Gewaltenteilung eines Rechtsstaates ist. Einerseits sind die Gerichte absolut unabhängig und können somit weder von dem Parlament noch von der Verwaltung in irgendeiner Weise beeinflusst werden. So etwas geschieht heute beispielsweise im EU-Staat Polen, wo unliebsame Richter einfach in Pension geschickt werden. Andererseits sind die Richter des Bundesverfassungsgerichts praktisch die verfassungsrechtlichen Kontrollorgane der beiden anderen Gewalten, des Parlaments und der Verwaltung. Denn sie können Gesetze für nichtig und eine unrichtige Verwaltungstätigkeit für rechtswidrig bzw. verfassungswidrig erklären. Demgegenüber könnte die Verwaltung niemals die Rechtsprechung ignorieren oder ihr ganz bewusst widersprechen. Und der Bundestag könnte allenfalls andere Gesetze erlassen.

Die in diesem Buch aufgeführten beispielhaften Berichte sind somit in eine aufsteigende, sich immer stärker herausbildende Rechtswidrigkeitslinie gegliedert. Zuerst werden leichtere, allgemein übliche Verstöße in Zivil- und Arbeitsverfahren aufgezeigt. Anschließend wird von fünf schwerwiegenden strafrechtlichen Fehlurteilen berichtet, in denen der deutsche Rechtsstaat praktisch eine rechtswidrige Freiheitsberaubung im Amt begeht und damit das Leben des Einzelnen bewusst zerstört, ohne das Unrecht zu beseitigen. Aus dem Bereich der Verwaltung werden Sachverhalte dargelegt, in denen sich die Regierung weigert, strafrechtliche Konsequenzen zu ziehen bzw. für sämtliche Teile der Bevölkerung rechtmäßige Gesetze zu erlassen. Neben teilweise rechtswidrigem Verhalten des Parlaments wird von einer Reihe von fragwürdigen Verfassungsurteilen berichtet, obwohl doch eigentlich das Bundesverfassungsgericht als der vorgesehene Schützer der Verfassung bezeichnet und gedacht ist. Schließlich wird allgemein dem Phänomen einer Rechtsbeugung im deutschen Rechtswesen nachgegangen.

Die Rechtsbeugung, in § 339 StGB geregelt, bestimmt kurz gesagt, dass z. B. ein Richter, der in seiner Entscheidung eine Partei bewusst bevorzugt, sich der Beugung des Rechts schuldig macht. Schließlich werden auch andere mögliche Ursachen des richterlichen Fehlverhaltens aufgezeigt.

Die Urteile und Sachverhalte sind jeweils nur einzelne Beispiele aus einer Vielzahl von Rechtswidrigkeiten und Verstößen. Soweit angesprochen, werden sie im Wesentlichen vollständig dargelegt, ohne eine juristische Bewertung zu bringen. Denn dem Leser soll aus den umfassend dargelegten Beispielen kritisierter Urteile bzw. der rechtswidrigen Verwaltungstätigkeit nur der unmittelbare Verstoß gegen verfassungsrechtliche Grundsätze deutlich gemacht werden. Absicht der gemachten Ausführungen ist es, dem interessierten Betrachter die Frage zu stellen, ob die Handlungen der Bundesrepublik Deutschland wirklich noch rechtsstaatlich genannt werden können. So jedenfalls hatten es sich die Mütter und Väter bei der Schaffung des Grundgesetzes, unserer Verfassung, vorgestellt.

Natürlich kann diese Kritik nicht gegenüber sämtlichen Richtern gelten. Zahlreiche Richter und Richterinnen, mit Sicherheit der überwiegende Teil, halten sich an die gesetzlich vorgegebenen Vorschriften. Die Vielzahl von falschen Entscheidungen wird aber für sich sprechen.

Ein kurzes Nachwort soll darlegen, wie die Rechtswidrigkeiten durch rechtsstaatliche Mittel abgemildert werden können.

Deutschland ein Rechtsstaat?

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