Читать книгу Samruk - Alte Schwüre - Nina Heyer - Страница 4
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Nach seinem Arztbesuch war Umberto Teofilo de Santi in sein herrschaftliches Heim zurückgekehrt und geradewegs in sein Arbeitszimmer gegangen. Die Medikamente machten ihn müde und ließen sein von Falten durchfurchtes Gesicht noch älter wirken. Seine ehemals stattliche Größe schien mit jedem Jahr mehr zu verkümmern und an manchen Tagen wünschte er sich, es wäre vorbei. Doch der Tod würde ihm keine Erlösung bringen. Das wusste er.
De Santis Anwesen lag abgeschieden und bot eine Wohnfläche von rund 1200 Quadratmetern. Hinter dem restaurierten Hauptgebäude erstreckten sich ein kleiner Park sowie die Stallungen, in denen sechs hervorragende Rennpferde vom Stallmeister und seinem Assistenten gepflegt wurden.
Die vielen Zimmer der Villa standen größtenteils leer. Die großen Folien, die zum Schutz vor Licht und Schmutz über die Möbel gezogen waren, wurden regelmäßig vom Dienstmädchen abgestaubt - ansonsten blieben sie jedoch ungenutzt und ungesehen. Teure Marmor- und Parkettböden zogen sich durch das gesamte Gebäude.
Der Weg zum Arbeitszimmer führte den alten Mann durch matt erleuchtete Flure, die mit edlen Vorhängen und dezenten Kunstwerken geschmückt waren. Fast war man an eine Ausstellung erinnert, zu der Champagner getrunken und Häppchen gereicht werden. Aber auch hier war alles still und kaum einer sah die teuren Gemälde und Büsten. Niemand außer ihr Besitzer und die paar Hausangestellten, denen es erlaubt war, sich in diesem Teil des Gebäudes aufzuhalten.
De Santi musste dem Chauffeur nicht sagen, wo der Mercedes zu parken war, oder dem Dienstmädchen, dass er nicht gestört werden wollte. Seine Bediensteten arbeiteten seit langer Zeit für ihn und wussten, was zu tun war. Umso mehr störte es ihn, Leute von außerhalb engagieren zu müssen. Er hatte lange recherchiert und die beiden Engländer waren gut. Nicht die Besten, aber die beiden arbeiteten allein und hatten keine Familien. Niemand würde sie wirklich vermissen, nachdem die Aufträge erledigt waren. Ping würde wie immer gute und diskrete Arbeit leisten.
De Santi betrachtete den neuesten Bericht seines Onkologen, den er beim Hereinkommen auf dem Schreibtisch abgelegt hatte. In dem blickdichten, grauen Kunststoffumschlag wartete eine neue Version seines Todesurteils. Sobald er sein Ziel erreicht hatte, müsste der Arzt aus dem Weg geschafft werden. Das wäre leichter, als erklären zu müssen, warum der golfballgroße Tumor in seinem Gehirn plötzlich verschwunden war.