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Unterwegs in der Rhön

Immer wieder schweift der Blick über tief eingefurchte Täler. Kuppen und Kegelberge überragen die Blumenmeere der Wiesen, über denen Bussarde kreisen. Eben noch an einem rauschenden Bach, steht man plötzlich auf einer weiten Ebene, die sich bis zum Horizont erstreckt. Das ist die Rhön. Der weite Blick hat sie berühmt gemacht und ihr den Beinamen »Land der offenen Fernen« verliehen.

Die Landschaft

Das Mittelgebirge Rhön erstreckt sich von der Werra im Norden über 90 Kilometer gen Süden zum Main und vom thüringischen Meiningen über 50 Kilometer bis Fulda im Westen. Die Rhön nimmt eine Fläche von ca. 3500 km2 ein. Man zählt 271 Erhebungen zwischen 500 und 950 Metern Höhe. Waldfreie Hochlagen und bewaldete Kuppen sind typische Landschaftselemente.

Die Entstehung der Rhön begann vor etwa 230 Millionen Jahren. Vulkanausbrüche und Erdbeben formten das Gebirge, Wind und Wasser modellieren es bis heute. Aktive Zeugen der Vulkantätigkeit sind die zahlreichen Mineralquellen in den Kurorten, die wie ein Kranz die Rhön umgeben: Bad Bocklet, Bad Kissingen, Bad Neustadt, Bad Brückenau und Bad Salzungen.

Einst war die gesamte Rhön von endlos scheinendem Buchenwald bedeckt. Das hat ihr in alten Aufzeichnungen den Namen Buchonia eingetragen. Im Mittelalter wurden die Hochflächen und Kuppen gerodet, um Weideflächen und Holzkohle für die frühindustriellen Eisenschmelzen, Schmiedehämmer und Glashütten zu gewinnen. Zwischen den verbliebenen Waldregionen entwickelten sich einzigartige Mattenregionen mit Waldstücken und Hochmooren. So entstand eine Kulturlandschaft mit Lesesteinwällen, Hecken, Feldgehölzen und Weideflächen mit riesigen frei stehenden Buchen. Sie sind ein Markenzeichen der Rhön. Das Gebiet wird in Hochrhön, Kuppenrhön, Vorderrhön und Rhönvorland eingeteilt.


Das steinerne Tor ist Mahnmal für ein einstiges Arbeitslager der Nazizeit (Touren 9, 10).


Der Pferdskopf schenkt ein echtes Gipfelerlebnis (Touren 1, 2).

Geschichte

Bedeutende Zeugnisse aus vorchristlicher Zeit hinterließen uns erst die Kelten der Latènezeit (450 v. Chr. bis Christi Geburt). Auf sie geht das bekannteste Flächendenkmal der Rhön, die Ringwallanlage auf der Milseburg, zurück. Die Kelten verteidigten das Land gegen das Vordringen der Germanen und Römer, aber letztlich ohne Erfolg. Nach dem Untergang des römischen Reiches gliederten während der Völkerwanderung die Thüringer und wenig später Franken das Land in ihre Reiche ein. In dieser Zeit entstanden etliche Siedlungen.

Die einsetzende Christianisierung sollte die Rhön nachhaltig verändern. St. Kilian und seine Gefährten missionierten die Ostrhön, während der heilige Bonifatius vom Westen her die Rhöner bekehrte. Die darauffolgende Zeit ist von dem Bestreben der geistlichen Herrschaften Fulda und Würzburg gekennzeichnet, den Einfluss des mächtig werdenden Adels zu beschränken. So entstanden im Zuge der Siedlungspolitik der Fuldaer Fürstäbte zahlreiche Einzelgehöfte und Weiler in der Vorder- und Kuppenrhön. Wichtigste Kraft in der Ostrhön war das Grafengeschlecht der Henneberger, das 1583 ausstarb.

Vom Mittelalter bis zur Neuzeit (8. bis 18. Jh.) war die Rhön territorial zersplittert. Erst die Säkularisation im 19. Jh. und die daran anschließende Neuverteilung des Landes beendete die Herrschaft der geistlichen Fürstentümer. Das Land wurde dem neuen Kurfürstentum Hessen und dem Königtum Bayern zugeschlagen. Lediglich in der heutigen thüringischen Rhön blieb die Kleinstaaterei noch eine Weile bestehen. Erst 1920 wurden die thüringischen Einzelstaaten zum Land Thüringen zusammengeschlossen.


Das Torhaus des Keltendorfs Sünna (Tour 20)

Diese Aufteilung sollte bald schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg wurden Hessen und Bayern von den Westmächten besetzt und 1949 in die Bundesrepublik Deutschland eingegliedert, während Thüringen an die sowjetische Besatzungsmacht fiel und Teil der Deutschen Demokratischen Republik wurde. Bis zum Fall der innerdeutschen Grenze 1990 wurde die thüringische Rhön durch eine 180 km lange Grenze vom Westen getrennt. Die geografischen Grenzen der Rhön deckten sich nie mit der Siedlungsgeschichte und den Herrschaftsgebieten. Die Rhön wurde mehr durch ihre unterschiedliche Geschichte geteilt als durch geografische und kulturelle Unterschiede.

Klima

Die Rhön weist ein ozeanisch-kontinentales Übergangsklima auf, das in Abhängigkeit von der Höhenlage starke Unterschiede zeigt. Sie reichen vom Schon- bis zum extremen Reizklima und garantieren Erholung bei jeder Witterung.

Wanderzeit in der Rhön ist von Frühjahr bis Herbst. Im Frühling erfreuen die meisten Blumen, und im Herbst, wenn die Luft kühl und trocken ist, genießt man die beste Fernsicht. Man kann sich aber nicht nach dem Kalenderblatt richten, denn in den Hochlagen kommt der Frühling spät, und bereits im frühen Herbst können ergiebige Schneefälle überraschen. Die zu den jeweiligen Touren empfohlene Jahreszeit wurde in Hinblick auf die Vegetation und die Sonneneinstrahlung gewählt. Natürlich kann man auch im Winter wandern, wenn nicht gerade dichter Schnee die Wege bedeckt.

Essen und Trinken

Die Rhön zählte in der »guten alten Zeit« zu den Armenhäusern Deutschlands. Die kargen Böden lieferten den Bauern wenig Ertrag, und Bodenschätze waren auch nicht zu finden. Wer konnte, suchte sein Glück in der Ferne. So ist es kein Wunder, dass Rhöner Gerichte lange Zeit als Arme-Leute-Essen verschrien waren. Das hat sich grundlegend geändert. Unter dem Motto »Von der Rhön für die Rhön« werden wieder verstärkt heimische Gerichte mit frischen Produkten aus der nahen Umgebung zubereitet, die manchmal original, manchmal verfeinert angeboten werden. Manche sind zur Delikatesse aufgestiegen. Eine zentrale Rolle nimmt das schwarzköpfige Rhönschaf ein, das als Lammkeule auf Wiesenheu und Lammzunge in Wecksoß auf den Teller kommt. Kooperationen von Gast- und Landwirten sorgen dafür, dass auch Fleisch von Ziegen, Weideochsen und Bachforellen, Rhöner Biere und Spirituosen einen festen Platz auf den Speise- und Getränkekarten haben. Viele Produkte kommen aus der biologischen Landwirtschaft und manches direkt aus dem Wald oder von der Wiese, man denke nur an Sauerampfersüppchen, Löwenzahnsalat oder Bärlauchsoße. Wagemutige können sich in kulinarische Abenteuer stürzen und das Geheimnis von Rhöner Fleischhötees, Zwibbelsploatz, Krempelsopp und Flurgönder lüften. Besondere Erwähnung verdienen die Klöße, Hütes genannt, schließlich wurde das Leibgericht der Thüringer in Meiningen erfunden.


Rhöner Zwiebelbrot, eine deftige Zwischenmahlzeit

Pflanzen

Die Rhön gehört zu den waldärmsten Gebieten Deutschlands. Besonders vielfältig zeigt sich der Wald noch an der Milseburg und im Eisgraben. An seltenen Blumen lassen sich Maiglöckchen, Wald-Schlüsselblume, Aronstab, Waldvögelein und Frauenschuh entdecken. Ab 500m Höhe gedeihen in den Wäldern bereits Gebirgspflanzen, unter ihnen Gelber Eisenhut und Hasenlattich, auf den Wiesen Teufelskralle und Berg-Flockenblume. Auf Geröllhalden finden sich Moose und Flechten, die ansonsten nur in arktischen und alpinen Gebieten vorkommen. In den Hochmooren fallen die bizarr wirkenden Karpatenbirken und der Frühlingsblüher Wollgras ins Auge. Daneben gibt es den fleischfressenden Sonnentau und die sehr seltene Türkenbundlilie zu entdecken.

Berühmt ist der Blumenreichtum der Kalkmagerrasen der Hochröhn und der thüringischen Rhön. Beispiele für Kalkmagerrasen- und Steppenheidegebiete sind Arnsberg, Giebelrain, Eube, Oberbernhardser Höhe, Hardt bei Kaltennordheim, St. Gangolf bei Fladungen und Dünsberg bei Oberelsbach.

Schon von Weitem fallen die saftig grünen Bestände des Wacholders auf. Borstgras und Trift-Hafer sind häufig vertreten, während Arnika schon recht selten geworden ist. Verbreitet sind auch Küchenschelle, Gelbe Schlüsselblume, Acker-Wachtelweizen und Fransenenzian. Nicht vergessen darf man die goldgelb leuchtende Trollblume, die noch immer weite Flächen der Langen Rhön verzaubert, und die Silberdistel, das Wahrzeichen der Rhön und Emblem des Naturparks.


Glockenblume

Orchideen kommen in vielen Arten und manchmal in großen Beständen vor, darunter etliche Knabenkrautarten. Hier und da gedeihen Fliegenragwurz und Grünliche Waldhyazinthe, sehr selten Ohnsporn, Pyramidenorchidee und Honigorchis.

Tiere

Die Rhön bietet auch vielen Tieren Lebensraum und Rückzugsgebiet. Wandernd wird man aber die wenigsten entdecken, denn die meisten sind scheu und viele dämmerungs- und nachtaktiv. Begegnungen mit Säugetieren beschränken sich in der Regel auf ein Eichhörnchen und ein aufgeschrecktes Reh. Da es an großflächigen Wäldern mangelt, ist der Rothirsch kaum vorhanden. Stark vermehrt haben sich Wildschwein, Fuchs und der eingewanderte Waschbär. Steinmarder, Iltis und Wiesel finden in Geröllhalden und Steinwällen günstige Lebensbedingungen. Igel und Maulwurf wagen sich bis in die Höhenlagen vor. Ebenfalls heimisch sind Dachs, Spitzmaus und Fledermaus.


Maulkuppe mit Fuldaer Haus (Tour 3)

Die Rhön bewahrt einen großen Reichtum an seltenen Vogelarten. Noch heimisch sind Kolkrabe, Uhu und Schwarzstorch. Sehr selten geworden ist die Wiesenralle, die vereinzelt in höheren Lagen brütet. Birkhühner sind noch in geringer Zahl vor allem in der Langen Rhön vertreten. Nahezu ausgestorben ist der Auerhahn. Allein in der bayerischen Rhön leben einige wenige Exemplare. Turmfalke und Mäusebussard, Habicht, Roter Milan und Sperber sind häufig am Himmel zu sehen. Unter den Eulen sind Waldkauz und Waldohreule zu nennen. Allgegenwärtig sind viele Sing- und Krähenvögel. Die Ufer der Wasserläufe sind Heimat des Eisvogels und der Wasseramsel.

Unter den Kriechtieren sind vor allem Bergeidechse, Blindschleiche, Frösche und Kröten zu nennen. Das Vorkommen von Ringelnatter und Kreuzotter beschränkt sich auf einige wenige Standorte. Freuen kann man sich noch über viele Schmetterlingsarten, die auf Wiesen und Magerrasen eine Heimat haben, darunter der seltene Schwarze Apollo.

Bruckmann Wanderführer: Zeit zum Wandern Rhön

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