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Rondarunde: über Weltbilder und Rinder

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Es ist schon fast heiß, auch wenn es nur die Mittagssonne ist, jetzt im Frühjahr. Und ich habe keine Ahnung und auch keine Lust zuzuhören. Sie hat uns auf die Tribüne bugsiert und hinsetzen lassen. Sie steht jenseits des Aufgangs und hebt an zu einem Vortrag. Mal wieder. Bislang waren es stets gelungene Vorträge. Diesmal wird sie, da ist man sich unausgesprochen einig, keine Chance haben. Wir wissen genau, was jetzt kommt, und wir sind dagegen.

Sie hat ein paar Mal in den vergangenen Tagen Weltbilder verdreht. Nicht, dass sie selbst sie verdreht hätte. Keineswegs! Dazu hatte sie weder Anlass noch Lust, noch Absicht. Das hat schon alles seine Richtigkeit. Früher hatte ich, hatten wir, im Geschichtsunterricht gelernt, dass Südspanien vor langen Jahren von 'den Arabern' besetzt gewesen und dann irgendwann 'befreit' worden sei. Jetzt haben wir von ihr erfahren und von Spaniern, in Ausstellungen sowie aus Büchern, dass diese sogenannte 'Befreiung' auch zu enormen Verlusten geführt hat - in Kultur, Wissenschaft und an Menschenleben. Und natürlich waren weder die einen noch die anderen Gutmenschen und natürlich auch keine Schlechtmenschen. Und die 'Befreiung' war ein Beginn dessen, was wir später zum düsteren Mittelalter zählen werden.

Irgendwann hat jemand mitbekommen, dass sie mit einem Flamenco-Tänzer liiert gewesen war und dass sie eine Freundin hat, die einen Stierkämpfer zu den ihren zählte. Mehr als ein halbes Dutzend Sprachen spricht sie und war schon an vielen Orten der Welt - nicht vorübergehend, sondern sie hat da gelebt. Da kann es ihr schon leichtfallen, mein mühsam aus Sekundär- und Tertiärwissen und Hörensagen zusammengefügtes Weltbild in seiner schütteren Brüchigkeit erscheinen zu lassen. Aber nun ist Schluss! Jeder Mensch darf doch ein paar bornierte Vorurteile pflegen. Auch ich.

Als Ergebnis werden Rinderrouladen, Rinderbraten und ähnliches herauskommen. Rindfleisch halt. Gewiss könnte ich einwenden, schon seit geraumer Zeit den Fleischkonsum eingeschränkt zu haben. Das ist nicht einmal geflunkert. Aber der Grund der Selbstbeschränkung liegt vor allem bei meiner eigenen Gesundheit, nicht bei der Rücksichtnahme auf andere Kreaturen.

Wir sitzen also in einem Schlachthof. Zu dieser Jahreszeit sind hier keine Viecher, es wurde und wird überhaupt recht wenig geschlachtet hier. Es wirkt gar etwas idyllisch. In den Schlachthöfen, wo täglich gewiss das Produkt für hunderte oder tausende Rouladen, Braten und anderes her- und hingerichtet wird, es nennt sich wohl 'produziert', geht es ganz anders zu. In aller Regel recht brutal - Tod ist brutal, jedenfalls dann, wenn es um fressen und gefressen werden geht.

Es gibt einen festgelegten Ablauf, die Zeit ist begrenzt, alle Akteure sind bekannt und das Ergebnis auch. Mithin ist die Bezeichnung 'Kampf' wohl nicht treffend. Es ist wohl eher eine Zeremonie. Ob es diese Zeremonie wirklich braucht? Ich brauche sie nicht. Andere Zeremonien brauche ich auch nicht. Das Eintauchen von lebenden Tieren in kochendes Wasser führt wohl zu irgendeinem Geschmackserlebnis für selbsternannte Kenner. Und bei der Massenproduktion von Geflügel-Erzeugnissen gibt es an einer Stelle - Beikircher schildert sie in einem seiner Programme - den Einsatz einer Moulinexx: Wenn die geschlüpften, puscheligen, gelben Küken nach Geschlecht sortiert werden, landen jene mit dem falschen Geschlecht sofort in einem Schredder. Aber das ist ein anderes Thema.

Nach einigen Jahren, die sie, so heißt es, jenseits fast jeden menschlichen Kontaktes auf großen Wiesen aufwuchsen, hierzulande bezeichnet man Rinder, die in solcher Umgebung gedeihen, als 'glückliche Kühe', werden sie geschlachtet. Vermutlich ist es sogar sogenanntes 'Bio-Fleisch' und wird BSE-frei sein. Denn diese Rinder wurden wohl nicht mit zu Kraftfutter verarbeiteten Schlachtabfällen gefüttert.

Nach wohl zwanzig Minuten ist es vorbei.

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