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Die Lochkartenschnitzer
ОглавлениеDie Herrgottsschnitzer vom Boitzburger Wald,
die schnitzten Krippen, Kochlöffel, Elche.
Mal hungerten sie, mal verkauften sie welche.
Doch waren sie glücklich und wurden alt.
Da kam in ihre Waldeinsamkeit
eines Tages Herr Hollerith.
Der brachte die Lochkartentechnik mit
und neue Arbeit und Fröhlichkeit.
Die Boitzburger Wäldler durften beschnitzen
Millionen Karten nach Kundenangaben.
Bestimmte Löcher sollten die haben,
die mussten sie in die Karten ritzen.
Die Karten gingen in alle Welt
und halfen beim Rechnen und Daten-Erfassen.
Die Boitzburger feierten ausgelassen.
Denn nun hatten sie endlich Geld.
Doch leider ward der Computer erfunden.
Der Markt brach zusammen fast über Nacht.
Die Boitzburger wurden ums Brot gebracht.
Sie hatten zuletzt nur noch einen Kunden
in einem Bergdorf bei Bad Gastein,
der bot Elektroklaviere an,
die man mit Lochstreifen spielen kann.
Da schnitzten die Boitzburger Mozart rein.
Doch kaufte Toyota das Bergdorf auf.
Man hat die Klaviere digitalisiert,
die Lochstreifentechnik ausrangiert.
Für die Schnitzer ein übler Verlauf.
Sie berieten: Schnitzen wir Schweine, Kälber,
Zwerge und Hirsche, Igel und Mäuse,
Krippen oder Puppengehäuse?,
bis einer rief: Wir schnitzen uns selber!
Lochkartenschnitzer geschnitzt sind der Hit!
Man sieht sie auf allen Touristikmessen,
auch in Marzipan, dann kann man sie essen.
Sie kommen nicht mit der Nachfrage mit.
Die Kinder, mit i-Pods und Laptop gewitzt,
kommen aus dem Staunen nicht heraus.
Seht, Kinder, so sah es früher aus:
Steinbeile gab’s damals – und Lochkarten geschnitzt!
(HI)