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Ein Land in dem doch kein Honig fließt

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Für Theodor gab es jetzt nur ein Thema, die Flucht. Nachts packte er das Nötigste was noch da war zusammen und schrieb einen sehr kurzen Brief für seine Adele. Er ginge voraus in die neue Welt, nach Amerika und er würde, sobald es geht, sie alle nachkommen lassen. Es täte ihm schrecklich leid war noch zu lesen und dann nichts mehr, nicht mal seinen Namen.

Theodor schlug sich als Taglöhner, Bettler, Dieb und blinder Passagier nach Amerika durch und das dauerte ziemlich lange. Da er aber keinen Beruf erlernt hatte, sondern immer nur seine Güter, die ursprünglich seinen Eltern gehört hatten, verwaltete und bewirtschaften ließ, war er mehr ein Glücksjäger, denn ein Arbeiter. Es ging nicht wirklich aufwärts in Amerika, also brauchte er auch nichts nach Hause zu schreiben.

Adele verbrachte eine grauenhafte Zeit. Der erste Weltkrieg war inzwischen ausgebrochen, keine einzige Nachricht von Theodor und dafür jede Menge hungrige Kinder. Sie selbst war durch die vielen Geburten auch nicht gesünder geworden. Da war nur eines, was ihr entgegenkam.

Sie hatte in all den guten Jahren die Dienstboten nie wie Personal behandelt, sondern eher wie Freundinnen. Niemals entglitt ihr ein herrschaftlicher Ton, kein böses Wort, wenn jemand mal seine Arbeit nicht tun konnte und oft hatte sie auch denen, die es brauchten, heimlich etwas zugesteckt.

Diese Menschen hatten einerseits gelernt, von ihrer Hände Arbeit zu leben, zu improvisieren und andererseits hatten sie stets bewundert, dass Adele so eine herzliche Seele war. Nun standen diese Menschen mit Adele und den Kindern in der Not zusammen und gemeinsam versuchte man über die Runden zu kommen. Einige Kinder wohnten hier, einige da, irgendwie ging es schon und die Kinder gewöhnten sich schnell daran, gebrauchte Kleidung zu tragen. Sie ärgerten auch Karli nicht mehr, weil sie wussten, dass dies der Mutter Kummer bereitete.

Ein Jahr nach Vaters Flucht beschloss Adele, auch nach Amerika zu gehen, um ihn zu suchen. Da sie nie über kleine Dörfer hinaus gekommen war, hatte sie räumlich eine sehr winzige Vorstellung von Amerika, da würde es nicht so schwer sein, Theodor zu finden. Auch sie versprach, die Kinder nachkommen zu lassen, sobald es geht.

Auf ihrer Reise nach Amerika musste sie eine Vergewaltigung durch einen Soldaten über sich ergehen lassen und dies trug ihr auch eine Narbe oberhalb des Auges ein, die sie für den Rest ihres Lebens behielt. Sie erzählte später nur wenigen Menschen davon, denn sie genierte sich sehr dafür, mit einem anderen Mann als ihrem Theodor geschlafen zu haben.

Als sie ankam, suchte sie sich gleich einen Job, in der ersten Stadt, in die sie kam. Es war eine Art von Wäscherei. Allmählich verstand sie auch, dass dieses Land größer als ein paar Dörfer war, und dass daher die Suche nach Theodor nicht im Vordergrund stehen konnte. Es ginge jetzt darum, jedes Einkommen zu sparen und dann den Kindern zu schicken.

Als Adele merkte, wie mühsam lange es dauerte, etwas Geld zusammen zu bekommen, nahm sie noch Abends Jobs als Reinigungskraft an. Der Rücken schmerzte, das Becken tat ebenso weh, aber sie wusste, wie es ist, wenn man täglich auf einen Brief wartet, der nicht und nicht kommt. Also sparte sie sich alles vom Mund ab und arbeitete so viel sie konnte. Wurde sie krank und verlor den Job, dann suchte sie sich schnell einen neuen Job, ohne jedes Selbstmitleid. Ihre Kinder sollten es eines Tages besser haben, und das war jedes Opfer wert.

Nach einem halben Jahr hatte sie das Geld für zwei Schiffspassagen zusammen. Telegraphisch überwies sie das Geld an die Kinder. Jede Woche schrieb sie einen langen Brief an die Kinder, in dem sie schilderte, dass es ihr sehr gut ginge und dass hier das Leben ganz anders, aber sehr interessant sei. Die letzte Passage des Briefes war immer der englischen Sprache gewidmet. Sie versuchte den Kindern bei dieser Gelegenheit stets einige englische Vokabel beizubringen, welche diese bei ihrer Reise dann benötigen würden.

Adele hatte es den Kindern überlassen, selbst zu entscheiden, wer die ersten beiden Schiffspassagen nutzen mochte. Als die beiden in den vereinigten Staaten ankamen, war die Freude des Wiedersehens groß und dennoch suchten auch sie sich schnell Arbeit, damit noch schneller Geld zusammen käme, für die nächsten Geschwister.

1924 waren dann alle Kinder in Amerika gelandet, bis auf Margarethe. Sie hatte schreckliche Angst vor dem großen Wasser, welches das Schiff überqueren musste, um nach Amerika zu gelangen. Außerdem wollte sie die alte Heimat nicht verlassen. Adele respektierte dies, denn sie wusste dass auch hier nicht alles nur Sonnenschein wäre. Ein wenig traurig war sie schon, ihre Tochter nicht mehr in die Arme nehmen zu können, denn drei Jahre später starb sie ausgelaugt und erschöpft, aber mit dem Gefühl, ihr Ziel erreicht zu haben. Theodor hatte nie wieder von sich hören lassen und auch die Töchter fanden später nichts mehr über seinen Verbleib heraus. Gottes Plan war es nicht nur, sie die 17 Kinder gebären zu lassen, sondern sie auch über den großen Teich zu schaffen. Adele hätte sich dies alles niemals selbst zugetraut, aber offenbar hatte Gott mehr Vertrauen in sie, als Adele zu sich selbst. Gott hatte befunden, dass Adele keinen Lebensplan für sich entwickelt hat, den sie verwirklichen wollte. Ein so herzlicher Mensch war das einzige Wesen, das eine solch übermenschliche Aufgabe bewältigen konnte. Daher wählte Gott diesen Plan für Adele und ganz zuletzt war Adele sehr stolz darauf, Gottes Erwartungen und Plan erfüllt zu haben. Mit diesem Gedanken schlief sie sanft ein.

Die Zeit zwischen 1927 und 1969 überspringen wir hier, denn das ist eine eigene, wahre und ebenso lange Geschichte, die ein anderes Mal erzählt werden möchte.

Gottes Pläne

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