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Das neue Athen

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Dabei gibt es ja keine Bücher, die so schnell veralten wie Reiseführer, was ja für die Reiseführerindustrie ein Segen ist. Auf meinen Reisen bin ich immer zweien treu geblieben, die ich höher schätze als alle anderen, obwohl sie vor langer Zeit geschrieben wurden. Denn sie sind aus wahrer Leidenschaft entstanden, aus dem Wunsch, die Welt zu beschreiben.

Der erste wurde am Anfang des 18. Jahrhunderts in Polen verfasst, zu einem Zeitpunkt, als in Europa die erweckte Vernunft ähnliche Versuche unternahm, die vielleicht von größerem Erfolg gekrönt waren, dafür aber mit Sicherheit weniger Charme haben. Sein Autor ist der katholische Priester Benedykt Chmielowski, der irgendwo in Wolhynien geboren wurde.1 Er ist ein vom Nebel der Provinz umwogter Josephus Flavius, ein Herodot vom Rand der Welt. Ich vermute, dass er an dem gleichen Syndrom gelitten haben mag wie ich, obwohl er sich, im Unterschied zu mir, nie von zu Hause fortbewegte.

In dem Kapitel mit dem langen Titel »Von anderen wundersamen und merkwürdigen Menschen auf der Welt, ergo den Anacephalen alias Kopflose, den Cynocephalen alias Hundsköpfige, und von anderen Menschen seltsamer Gestalt« schreibt er:

»… befindet sich das sogenannte Volk der Blemier, welches Isidorus auch Lemnios heißet, diese Halsmenschen haben Gestalt und Symmetrie, einen Kopf jedoch haben sie gar nicht, nur ein Gesicht in der Mitte der Brust. […] Plinius hingegen, der große Forscher natürlicher Dinge, bestätigt nicht nur dieses Sentiment der Acephalen alias kopflosen Menschen, sondern er siedelt sie auch nicht weit von den Troglodyten in Äthiopien an, also im Land der Mohren. Diese Autoren erhalten einige Bekräftigung von jenem oculatus testis ›was heißt Augenzeugen‹, nämlich dem S. Augustinus, da ebendieser in jenem Lande (von welchem er als Hipponensischer Bischof in Afrika nicht weit entfernt war) umherzog und des Heiligen Christlichen Glaubens semina (Samen) säte, wie er ausdrücklich in seiner Predigt in Eremo (in der Wüste) an die von ihm gegründete Bruderschaft der Augustiner verkündete. […] ›Ich war schon Bischof von Hippo und begab mich mit einigen Dienern Christi nach Äthiopien, um das Evangelium von Jesus Christus zu verkünden, und wir sahen dort viele Männer und Weiber ohne Kopf, die jedoch riesige Augen auf der Brust trugen, während ihre anderen Gliedmaßen jedoch den unseren ähnlich waren.‹ […] Solinus, der so oft erwähnte Autor, schreibt, dass sich in den indischen Gebirgen Menschen finden, welche die Köpfe von Hunden und ebenso Hundestimmen haben, alias Bellen. Marcus Polus, welcher Indien visitieret hat, berichtet, auf der Insel Agamen gebe es Menschen mit den Köpfen und Zähnen von Hunden; ebenso bezeugt dies auch Odoricus Aelianus lib 10, welcher ihnen die Wüsten und Sümpfe Ägyptens zuschreibt. Diese menschlichen Monstra nennt Plinius Cynanalogos, Aulus, Gellus, Isidonus hingegen nennen sie Cynocephalos, das sind Hundsköpfe. […] Der Fürst Mikołaj Radziwill gibt in Brief 3 von seinen Reisen Kunde, er habe zwei Cynocephalen, das sind hundsköpfige Menschen, mit sich genommen und sie nach Europa gebracht.

Tandem oritur questio ›so stellt sich schließlich die Frage‹: Sind solche Monstrosi Menschen capaces ›geeignet‹ für die Erlösung? Auf diese Frage antwortet der Hipponens Catedra Oraculum, der Heilige Augustinus: Wo auch immer ein Mensch geboren sein mag, solange er ein wahrhaftiger Mensch ist, ein mit Vernunft begabtes Wesen, das eine vernünftige Seele hat, das sich in Gestalt, Farbe Stimme oder Gang von uns unterscheide mag, so darf nicht bezweifelt werden, dass er von der Menschen Erstem Stammvater Adam abstamme und deshalb teilhaftig an der Erlösung capax sei.«

Der andere Reiseführer ist »Moby Dick« von Melville.

Und wenn man gelegentlich Zugang zu Wikipedia hat, dann reicht das vollkommen aus.

Unrast

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