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2 Pädagogische Grundlagen

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Die Entfaltung der Entwicklungspädagogik erfolgt, wie bereits angemerkt, in einem zweiphasigen Prozess. Zunächst werden wir die pädagogischen Grundlagen der Entwicklungspädagogik skizzieren. Was für die Pädagogik im Allgemeinen gilt, gilt auch für die Entwicklungspädagogik im Besonderen: Bezugspunkt aller Überlegungen muss die Erziehung sein. Diese versuchen wir mit Blick auf ihre Relevanz für die Formulierung entwicklungspädagogischer Grundprinzipien zunächst zur Darstellung zu bringen, so dass eine anschauliche und belastbare Vorstellung von Erziehung entstehen kann. Wir fokussieren damit in gewisser Weise zunächst auf das »statische« Fundament der Entwicklungspädagogik und folgen der Frage, wie sich der pädagogische Zugang zum Menschen beschreiben lassen könnte. Auf diesem Wege lässt sich letztendlich gut der pädagogische Aufbau der Person zur Darstellung bringen. Dieser pädagogische Aufbau der Person wird dann durch einen lebensaltersspezifischen Bezug im Horizont verschiedener Lerndimensionen sukzessive angereichert. Der Grundgedanke ist folgender: In unterschiedlichen Lebensaltern stellen sich ganz unterschiedliche Lernaufgaben in ganz unterschiedlichen Lerndimensionen, die ganz unterschiedliche Lernhilfen erfordern. In differentialpädagogischer Hinsicht ist dieser Sachverhalt alles andere als trivial, denn nicht selten verweist eine Lernhemmung, die man vermeintlich ohne weiteres einer Lerndimension zuordnen könnte, auf eine ganz andere Lerndimension. Das aktuelle Lebensalter, in dem die Lernhemmung auftritt, muss auch nicht immer das Lebensalter sein, das für die grundlegende Organisation der Lernhemmung maßgeblich ist. Darüber hinaus ist zwar für eine Lernaufgabe zumeist eine Lerndimension primär relevant, doch gilt es immer zu beachten, dass eben auch die Inhalte der anderen Lerndimensionen sekundär für die Bewältigung einer Lernaufgabe aus einer bestimmten Lerndimension dringend erforderlich sind. Hemmungen im Bereich der sekundären Lerndimensionen beeinträchtigen dann die Bewältigung der Lernaufgabe im Bereich der primären Lerndimension, so dass sich dementsprechend auch die Lernhilfen gestalten müssen. Das heißt konkret, eine Lernhemmung im Bereich der Aneignung mathematischer Kenntnisse muss nicht unbedingt bedeuten, dass hier primär die Lerndimension des Wissens ursächlich im Fokus steht – das bietet sich an, muss aber nicht sein. Die Lernhemmung kann sich ebenso gut auf die Lerndimension des Wollens beziehen lassen. So kann der einschüchternde Unterrichtsstil des Lehrers zu einer ängstlichen Erwartungshaltung beim Schüler und damit zu einer Unmöglichkeit des Lernens führen. Eine Lernhilfe in Form eines Trainings bei Dyskalkulie würde so ins Leere laufen. Aber auch können vorschulische Fertigkeiten nicht in einem Maß erworben worden sein, deren teilweises oder gänzliches Fehlen jetzt in der Schulzeit die Aneignung mathematischer Zusammenhänge erschweren. Auch hier wäre ein Dyskalkulie-Training nicht angezeigt. Um die Komplexität noch etwas zu erhöhen, muss die pädagogische Lerndiagnostik unter Umständen in den Kontext von erschwerenden und besonderen Bedingungen gestellt werden. Das heißt, das an sich schon mehrfach determinierte Lerngeschehen, und damit auch der Versuch, dieses verstehend zu fassen, wird nicht selten durch personale, sozio-kulturelle, sozio-emotionale, sozio-ökonomische und/oder sozio-physio-emotionale Beeinträchtigungen erschwert. Vor dem Hintergrund der Komplexität der pädagogischen Aufgabe kann ersichtlich werden, warum pädagogisches Verstehen und pädagogisches Handeln als Kunstlehre und Interventionspraxis aufgefasst werden muss. Eine Standardisierung verbietet sich hier, weil sie den Gegenstand der pädagogischen Bemühungen nur unter den Bedingungen der Trivialisierung zu fassen vermag und ihn damit aber kategorial verfehlt.

Entwicklungspädagogik

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