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Zum Geleit

Als Ortrud Grön mich fragte, ob ich ein Geleitwort zu diesem Buch schreiben wolle, habe ich gerne zugesagt, zum einen, weil ich die Autorin kenne und schätze, zum andern, weil ich ihre Absicht begrüße, biblische Texte als Gleichnisse zu lesen. Bereits in der Gründerphase der Psychologie des Unbewussten um 1900 begann man, Bibeltexte und religiöse Praktiken tiefenpsychologisch zu deuten. Manche Anhänger Sigmund Freuds und Carl Gustav Jungs, Psychologen wie Theologen, publizierten alsbald entsprechende Versuche. Etwas später entwickelte sich innerhalb der Theologie bei einer Reihe von Autoren die Einsicht, dass Religion und Theologie grundsätzlich symbolisch und gleichnishaft zu verstehen seien.

Der bekannte lutherische Theologe Wilhelm Stählin (1883 – 1975), seinerzeit Pfarrer, Religionspsychologe, Bischof und Universitätsprofessor, sprach vom „gleichnishaften Denken“ als Voraussetzung für das angemessene Verständnis der Bibel. Und sein etwas jüngerer Kollege Helmut Thielicke (1908 – 1986) bezeichnete die biblischen Gleichnisse als „Bilderbuch Gottes“. Einer der großen Theologen des zwanzigsten Jahrhunderts, Paul Tillich (1886 – 1965), hatte immer wieder auf das Symbol als die Sprache der Religion hingewiesen. In den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts kam mit dem Aufschwung der Pastoralpsychologie in der deutschsprachigen akademischen Theologie, nicht zuletzt unter dem Einfluss von Paul Ricoeur und Alfred Lorenzer, zunehmend die Absicht auf, biblische Texte tiefenpsychologisch auszulegen, das heißt, sie vom Unbewussten her zu verstehen. Allerdings eignet sich dazu nicht jeder Bibeltext. Besonders bekannt für die (in sich unterschiedliche) Praxis tiefenpsychologischer Auslegung der Bibel wurden Autoren wie Joachim Scharfenberg, Eugen Drewermann, Hartmut Raguse und (als Herausgeber) Yorick Spiegel.

Ortrud Grön, die u. a. bei Karlfried Graf Dürckheim gelernt und sich Jahrzehnte lang mit der Interpretation von Träumen und ihrer therapeutischen Anwendung beschäftigt hat, sucht nun biblische Themen und Texte heraus, die aus ihrer Sicht wie Träume im Gleichnis zu lesen sind. Es geht ihr um Gefühle und Gedanken, die in Einklang zu bringen sind, um den Weg ins Leben und in immer mehr Lebendigkeit bewusst zu gehen. Dabei muss der Träumende lernen, zwischen lebensförderlichen und destruktiven Tendenzen zu unterscheiden. Freiheit und Kreativität seien jene Grundbedürfnisse, die sich in Träumen melden und vor allem der Entwicklung bedürfen. Dieser Weg der Selbstwerdung sei ein Weg der „Selbsterlösung“, wie die Autorin sagt, und der Aussöhnung mit dem eigenen Selbst. Es geht um wachsende Eigenverantwortung. Die Natur schildere dazu alle Vorgänge in der Seele des Menschen, betont die Autorin. Der Weg dorthin wird allerdings durch Gottes Impulse, die sich in den Träumen symbolisieren, initiiert. Träume sind „Gottes vergessene Sprache“, wie das die Jungianer John A. Sanford und Helmut Hark nannten, die sich dafür zweifellos auf biblische Belege stützen konnten. So sieht es auch Ortrud Grön.

Den Weg der Selbstfindung sieht Ortrud Grön oft in Zahlen symbolisiert, die auch in der Bibel eine große Rolle spielen. Sie hat für deren Verständnis ein umfassendes System der Zahlensymbolik ausgearbeitet, das sie von Fall zu Fall im Buch erläutert und am Ende noch einmal genauer darstellt.

Leserin und Leser haben eine anregende Lektüre vor sich, die sie nicht zuletzt dazu anleitet, in der Bibel ihre eigenen Entdeckungen zu machen und dabei kritisch und selbstkritisch immer wieder ihrer eigenen Realität zu begegnen. Dass ihnen dabei Gott entgegen kommt, ist für Ortrud Grön selbstverständlich.

Ich wünsche viel Freude an der Symbolik der Bibel und des eigenen Lebens, zu der die Autorin hinführen möchte.

Fürth, im Februar 2014Dietrich Stollberg
Prof. Dr. Dietrich Stollberg
Der Sündenfall

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