Читать книгу Der Sündenfall - Ortrud Grön - Страница 8
ОглавлениеFür Menschen, die nicht an Gott glauben können
Sie fragen sich, wer kann eigentlich beweisen, dass es Gott gibt? In diesem Zweifel leben viele Menschen. Deshalb hier noch einige Anregungen, die vielleicht nachdenklich machen. In einem Traum hörte ich einmal den Hinweis:
Gott kann nicht nur gefühlt, sondern muss auch gedacht werden dürfen.
Für mich ist der ganze Kosmos erfüllt mit dem göttlichen Geist und ich denke, die Immanenz Gottes durchdringt die materielle Welt der Natur ebenso wie die geistige Entwicklung des Menschen. Denn wenn wir Menschen logisch denken müssen, um die biologische Ordnung der Erde zu erforschen, dann muss die Natur in ihrer Gesetzmäßigkeit zwischen Ursache und Wirkung logisch erdacht worden sein. Und das lange bevor der Mensch entstand.
Und so frage ich: Wer hat da gedacht?
Genügt es wirklich als wissenschaftliche Erklärung, wenn Darwin von „Zufall“ spricht? Als ich mich damit auseinandersetzte, woher die Träume kommen, empfing ich den folgenden Traumtext:
Es ist so, dass es keine Welt des Stofflichen gibt, die nicht ihre Entsprechung auf der spirituellen Ebene hat. Sie ist die eigentliche Ebene.
Das betonte auch der Traumtext, in dem es hieß:
Die Natur beschreibt alle Vorgänge in der Seele des Menschen – bis hin zur Bekämpfung der lebensvernichtenden Zustände.
Und so konzentrierte ich mich auf die Frage: Kann ich in Träumen wahrnehmen, dass die materielle Welt erschaffen wurde, um die immaterielle geistige Welt erkennen zu lernen?
Unter dieser Prämisse habe ich 40 Jahre lang meine eigenen Träume und die von vielen anderen Menschen erforscht. Durchgehend ergab sich, dass der Traum in einer Gleichnissprache spricht, mit dem Ziel, die gestörte Harmonie im Menschen und die Befreiungswege daraus sichtbar zu machen. Natürlich begegnete ich dabei immer wieder der Frage, woher kommen die Träume? Freud und Jung meinten, die Träume kämen aus dem Unbewussten.
Wie aber soll man sich das Unbewusste als Traumschöpfer vorstellen?
Wenn unser persönliches Unbewusste so intelligent, so wissend ist, dass es uns in einer Gleichnissprache verschlüsselt zeigt, wie wir unser Leben noch stören, dann würden wir doch ein immenses Wissen von uns selbst und vom Lebensgeist haben.
Wozu brauche ich dann das zweite lernende Ich, wenn ich doch schon alles weiß?
Wenn jeder Mensch aus der unüberschaubaren Fülle von Möglichkeiten genau die Bilder bekommt, die ihm unbewusst Gebliebenes bewusst machen wollen, dann weist indirekt Jungs Begriff des kollektiven Unbewussten doch schon auf eine spirituelle Quelle der Traumbotschaften hin, denn wer wählt die Traumbilder aus?
Der Mensch entwickelt sich aufgrund von Bedürfnissen und Wünschen, fühlend und denkend sucht er sich die Erfüllung für sein Leben. Die nachfolgenden Kapitel zeigen, wie negative Gefühle ihn darauf aufmerksam machen, dass etwas nicht stimmig ist und er seine Ansichten und Handlungen überprüfen muss. Wir schicken uns aber diese negativen Gefühle doch nicht selbst?!
Meine Frage: Wer entscheidet, dass sie uns „heimsuchen“?
In einem Traumtext hieß es dazu:
Es sind die disharmonischen Gefühle, die den Weg öffnen. Sie sind nur dazu da, den göttlichen Kern des Menschen frei zu legen.
Immer, wenn wir eine harmonische Lösung gefunden haben, erfüllen wir die Aufgabe, die uns das Leben aufgrund unseres Triebes nach Leben stellt. Er drängt uns, zufrieden oder gar glücklich werden zu wollen. Mit Hilfe unseres Lebenstriebes sind wir somit ständig unterwegs, die Wahrheit von Leben in uns zu entwickeln. Träume greifen die widersprüchlichsten Gefühle und Gedanken auf und gestalten daraus
dramatische Dichtungen zu unserer Schwierigkeit zu reifen.
Meine Frage ist darum: Wäre es nicht total unlogisch, zu denken, dass ich selbst der Dramatiker meines Nichtwissens bin und eine Folge von Handlungen inszeniere, die mich auf mein Fehlverhalten hinweisen?
Nach jahrzehntelangen Erfahrungen kann ich nur feststellen: Träume fordern uns zu einer Selbsterkenntnis auf, die wir noch nicht haben. Und Träume sind deshalb in Bildinhalten verschlüsselt, damit der Träumer im Erspüren und Erdenken dieser Bilder innig und aufrichtig mit sich selbst in Kontakt kommt. Träume sind eine Schule, in der wir lernen, die Liebe zum Schöpferischen in uns selbst zu befreien und zu gestalten. Dabei kann uns nur der schöpferische Geist des Lebens begleiten und dieser schöpferische Geist, so sagt ein Traum, lebt als ein Göttliches Du in jedem Menschen.
Zur spirituellen Bedeutung von Träumen haben sich Philosophen schon immer geäußert. Dazu ein paar Beispiele.
Der Traum ist die Pforte des Werdenden zum Seienden.
(Friedrich Hebbel)
Das Leben und die Träume sind Blätter eines und des nämlichen Buches.
Das Lesen im Zusammenhang heißt wirkliches Leben.
(Arthur Schopenhauer)
Der Traum hat nichts zu tun mit den Erfindungen der Phantasie, wie wir das im Wachen üben, sondern die Gestalten und Gegebenheiten kommen fertig auf uns zu. Das ist das völlig Rätselhafte und Unheimliche. Man muss das Wesen der Träume studieren; es steht dicht hinter ihnen und wird den Menschen eines Tages erreichbar und eine ungeheure Entdekkung über das Wesen der Schöpfung sein.
(Gustav Frenssen)
Die Zeit, die wir der Ruhe widmen, wie die Natur es vorgesehen hat, bringt uns zugleich mit dem Schlaf eine wertvollere Beigabe als den Schlaf selbst. Diese Naturgegebenheit wird eine Quelle des Vergnügens und wir schlafen nicht nur, um am Leben zu bleiben, sondern damit wir lernen, richtig zu leben. ….Der Schlaf bietet sich allen an, er ist ein Orakel, das immer bereit ist, unser unfehlbarer und stiller Berater zu sein. Bei diesen Mysterien von neuer Art ist jeder zugleich Priester und Initiant. (Synesios von Kyrene)
Warum haben nur so viele Menschen eine Scheu, in der Schöpfung der Natur – in ihrer wunderbaren Vielfalt und Gesetzmäßigkeit -, auch den Schöpfer zu suchen? Wenn sich die Natur aus sich selbst heraus entwickelt hätte, wäre die Natur nicht der materielle Ausdruck des göttlichen Geistes, sondern die Natur müsste der schöpferische Geist ihrer selbst sein. Die Konsequenz daraus wäre, dass die Natur sich den Menschen ausgedacht hätte – wozu aber? Sie ist sich selbst genug.
Ist nicht der Mensch vielmehr der Schüler der Natur, der ständig dazu lernen muss, wenn er sie nutzen und nicht zerstören will? Wozu also sollte die Natur den Menschen erschaffen haben? In der Evolution bleibt der Sprung zum Menschen, der sich seine Natur bewusst machen muss, anstatt instinktiv wie die Natur zu leben, biologisch ein Rätsel. Deshalb muss eine höhere geistige Kraft wirksam sein, die unsere Bewusstheit für das Bewusstwerden von Leben herausfordert. Der Sprung in der Evolution der Natur zum Bewusstsein und zur Sprachfähigkeit des Menschen bleibt somit ein Geheimnis.
Könnte nicht die Natur vielmehr der materielle Ausdruck eines Weltgeistes sein, der die schöpferische Idee verfolgt, sich Wesen zu erschaffen, die das von ihm erschaffene Leben lieben und mitgestalten? Denn die Liebe zum Leben, frei und schöpferisch zu werden, ist doch der Geist, der durch die Träume weht.
Als ich anfing, mein erstes Buch zu schreiben, träumte ich:
Ich bin in einem Raum und sehe dort plötzlich eine Schar Mücken aufsteigen. Dann nehme ich einen Strauß weißer Pfingstrosen wahr, die etwas rötlich gefärbt sind und dazu höre ich den Satz: Zwei Zeitgeister stoßen aufeinander.
Der Traum konfrontierte mich damit, zu blutleer zu schreiben. Dafür steht der Mückenschwarm. Mücken saugen bekanntlich Blut aus uns Menschen. Ich hatte damals Angst, dem in rein materiellem Denken verhafteten Zeitgeist vielleicht nicht zu genügen und schrieb um der Sachlichkeit willen zu blutleer. Die weißen Pfingstrosen mit der leicht rötlichen Färbung aber sagten mir: Pfingsten ist ein hochspirituelles Fest und du weißt, was Spiritualität ist. Verleugne deine Liebe dazu nicht und schreibe so, wie dir ums Herz ist. Die leicht rötliche Färbung beschreibt meinen noch zögerlichen Aufbruch dahin. Die zwei Zeitgeister, der rein materielle und der spirituelle Denkansatz zum Leben, müssen aufeinander stoßen, damit ein Austausch stattfindet. Nur so können beide zu einer einzigen Wahrheit verschmelzen.
Ich möchte auch noch Gedanken von Hans Küng aus seinem Buch „Der Anfang aller Dinge“ einbeziehen, die er sich über das Gleichnis zwischen dem Sonnenlicht und dem Geheimnis Gottes macht. Er berichtet darin, dass der Atomphysiker Niels Bohr für das Licht, das widersprüchliche Eigenschaften zu haben scheint, weil es sich manchmal als Welle und manchmal als Quantenteilchen zeigt, den Begriff „Komplementarität“ eingeführt hat. Er sagt: „Beide gegensätzlichen Bilder braucht es, um das Geheimnis des Lichts zu beschreiben.“ Und ich denke, solche Komplementarität gegensätzlicher Begriffe braucht es auch, um das Geheimnis Gottes zu umschreiben.
Und so frage ich: könnten nicht Geist und Materie ein sich gegenseitig bedingendes komplementäres Paar sein? Das heißt, könnte die Materie nicht einen schöpferischen Geist offenbaren, einen Geist, der das ganze Weltall bewegt und uns im Rahmen unserer Erde die Aufgabe stellt, selbst schöpferisch zu werden?
Der Naturwissenschaftler und Jesuitenpater Teilhard de Chardin versuchte schon in der Mitte des vorigen Jahrhunderts, Naturwissenschaft und Religion in Übereinstimmung zu bringen, indem er sagte: „Es gibt in der Welt weder Geist noch Materie, der Stoff des Universums ist Geist-Materie.“ Und er fragte sich: „Steckt hinter der Evolution des Menschen ein geistiges Programm, ein Ziel? Erweitert sich das menschliche Bewusstsein zu höherer Intelligenz und Spiritualität?“ Und kam zu dem Schluss, „die Menschheit ist auf etwas ausgerichtet, das größer ist als sie selbst.“
In diese Debatte brachte sich schon 1814 Gotthilf Heinrich von Schubert ein: in seiner Schrift „Symbolik des Traumes“ bezeichnet er den Traum als Wegweiser zur verlorenen Sprache der Natur. Er sah die Traumbilder als Bilder einer göttlichen Offenbarung, die eine verborgene Logik des Unbewussten ausdrücken.
Und Albert Einstein zeigte den Weg, auf dem wir uns Schritt für Schritt der Beziehung zwischen Geist und Materie nähern können, als er sagte: „Alles was wirklich zählt, ist Intuition. Der intuitive Geist ist ein heiliges Geschenk und der rationale Geist sein treuer Diener. Wir haben eine Gesellschaft erschaffen, die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat.“
Der Querdenker John Carew Eccles (1903-1997), der für seine neurologische Forschung 1963 den Nobel-Preis erhielt, wurde noch deutlicher: „Da unsere erlebte Einmaligkeit mit materialistischen Lösungsvorschlägen nicht zu erklären ist, bin ich gezwungen, die Einzigartigkeit des Selbst oder der Seele auf eine übernatürliche spirituelle Schöpfung zurück zu führen….“ Und weiter stellte er fest, dass die biologische Evolution sich selbst transzendiert, indem sie mit dem menschlichen Gehirn die materielle Basis für selbstbewusste Wesen schafft, deren Natur es ist, nach Hoffnung zu streben und nach Sinn zu forschen auf der Suche nach Liebe, Wahrheit und Schönheit. Diese Gedanken hat John C. Eccles noch weiter entwickelt, als er sich zu der Vorstellung bekannte, dass wir einem immanenten Gott unser Dasein verdanken, einem Gott, der uns innewohnt.
In einer Nacht hörte ich diese Worte:
Es hat sich nicht geändert der Mensch seit er auf der Welt ist, so sagen es die Menschen selbst.
Doch es stimmt nicht.
Er ist ja mehr als sein Erscheinungsbild.
Er ist vielgestaltiger.
Er ist nicht Gott, aber er empfängt Gottes Dasein in sich selbst.
Der Weg dahin ist weit. Braucht er mehrere Leben? In einem Traum hieß es zu dem schwierigen Erkenntnisweg von Leben:
Alle Grausamkeit auf der Welt ist ein Nichtwissen. Der Mensch übersteigt die Natur durch Liebe.
Und nachdem ich den amerikanischen Film über die atomare Zerstörung der Erde „Der Tag danach“ (The day after) gesehen hatte, empfing ich dazu diesen Traum:
Ich sehe eine große Straße mit Menschen.
Aus der Luft droht Gefahr durch Atomkrieg.
Dann fliegen plötzlich nur noch große Luftballons die Straße entlang – erst einer, dann zwei, dann mehrere. Ich fliege über die Straße, indem ich mich ständig um meine linke Achse drehe. Ich erkenne dabei immer neue Befreiungen.
Ich fragte mich nach diesem Traum verwundert, wie sich der drohende Atomkrieg in die heitere Leichtigkeit von Luftballons verwandeln konnte. Im ersten Bild, in dem das Problemumfeld gezeigt wird, sehen wir eine breite Straße mit Menschen, das heißt Menschen und ihre Beziehungen sind untereinander in Bewegung.
Doch dann geraten die Menschen in zerstörerische Aggressionen, totale Zerstörung droht und plötzlich löst sich die Bedrohung auf, als ich mich um meine linke Achse drehte, das heißt, meiner Gefühlsseite folgte. Dabei wurde ich von der Luft - meiner geistigen Kraft - getragen, durch die ich Lösungen erkennen kann, die Unzufriedenheit in Zufriedenheit verwandeln. Folglich ist die Kunst des Lebens, Aggressionen in kreative, von Übereinstimmung von Fühlen und Denken getragene Liebe zum Leben zu verwandeln. Dann können wir Befreiungen finden, ohne Krieg zu führen. Dann finden wir den Weg in die Leichtigkeit des Seins.
Als ich Gelegenheit hatte, an einem Besuch bei dem ZEN-Meister Hirata in Kyoto teilzunehmen, formulierte er sein Wissen über die Zeit etwa so:
Erst kommt die Zeit in das Sein,
dann kommt das Sein in die Zeit.
Viele Dichter und Philosophen haben sich dazu geäußert, zum Beispiel, meint Rose Ausländer:
Wäre ich nur ich, wie einfach wäre alles.
Und Antoine de Saint Exupéry sagt:
Der Mensch ist umso größer, je mehr er er selbst ist.
Ich sage dir, es gibt keine göttliche Gnade, die es dir ersparte zu
werden. Du möchtest sein, du wirst erst in Gott zum Sein
gelangen, er wird dich in seine Scheuer einbringen.
Christian Morgenstern sah es so:
Geduld, du ungeheures Wort
wer dich erfährt, wer dich begreift
erfährt hinfort, begreift hinfort
wie Gottheit wächst,
wie Gottheit reift.
Und Rabindranath Tagore, ein bengalischer Philosoph und Dichter, beschrieb unser Sein so:
Wir lesen die Welt verkehrt und sagen,
dass sie uns täuscht.
Wir sind verantwortlich für das, was wir sind,
denn wir haben die Macht, das zu sein,
was wir zu sein wünschen.
Wir werden eines Tages wissen,
dass der Tod uns nie das rauben kann,
was unsere Seele gewonnen hat,
denn ihr Gewinn ist eins mit ihr selbst.
Die Menschheit offenbart sich nicht in ihrer Geschichte,
sondern ringt sich durch sie empor.