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Religion und Minusgeschäfte – Gott vergelts

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Religionen verbreiten vielfach eine Ideologie der Duldsamkeit. Man soll sich den gegebenen Bedingungen fügen, gesellschaftliche Verhältnisse nicht hinterfragen, sondern als gegeben hinnehmen, dabei die eigenen Interessen zurückstellen, auf die Verwirklichung eigener Bedürfnisse verzichten und seine Wünsche und Begierden, vor allem diejenigen sexueller Natur, unter Kontrolle halten. Die meisten Religionen werden genutzt, um Machtunterschiede und Unterdrückung zu rechtfertigen. Jeder Pharao und auch jeder chinesische Kaiser war jungfräulich geboren, denn sein Vater war ein Gott. Damit wurden die sozialen Unterschiede und die Privilegien der Oberschicht verteidigt. Der oberste Führer war in dieser Vorstellung ein Halbgott, dem man bedingungslos Folge zu leisten hatte. Der europäische Adel versuchte, dem Volk weiszumachen, dass es Gottes Wille sei, dass er regiere und das einfache Volk für sich arbeiten lasse.

Gleichzeitig gibt es Untersuchungen, die besagen, dass Religion vor Depression schütze, und es ergibt sich die Frage: Warum? Viele Religionen versprechen einen Ausgleich für die auf der Erde getätigten Minusgeschäfte. Dieser Ausgleich erfolgt im Himmelreich. Wer auf Erden erniedrigt wird, wird im Jenseits erhöht, und wer auf Erden ausgenutzt wurde, dem ist der himmlische Lohn sicher, denn eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als dass ein Reicher in den Himmel kommt. Derjenige, der sich für die anderen aufopfert, wird am stärksten belohnt. Die Gärten des Koran verheißen dem Rechtschaffenen ewigen Müßiggang zwischen Palmen, sprudelnden Quellen und hübschen Jungfrauen mit schwellenden Brüsten, wobei die beglückende Betrachtung des Allerhöchsten versüßt wird durch herrliche Klänge und den häufigen Genuss von Honig, Milch und Wein. Auf den Selbstmordattentäter, der sich für eine »heilige Sache« opfert, warten 72 Jungfrauen.

Im Hinduismus ist das Hineingeborenwerden in eine Kaste die Folge eines früheren Lebens. Man hat es sich dort verdient oder es eben vermasselt. Was immer einem von Geburt an mitgegeben wurde, es ist Ergebnis der eigenen Lebensführung in einem früheren Dasein. Der Mensch ist dabei sowohl selbstwirksam wie auch selbst schuld. Dies alles beruhigt unser Bedürfnis nach Gerechtigkeit und erhält die Hoffnung, die geleistete Investition wenn nicht auf Erden, so doch im Himmel ausgezahlt zu bekommen.

Religiöse Menschen sind deshalb trotz der reichhaltigen Minusgeschäfte, die ihnen ihre religiöse Orientierung verschafft, besser vor Depressionen geschützt, denn es besteht Hoffnung auf einen Ausgleich des Minus im späteren Leben. Gott vergelts, wie es in Bayern heißt. Oder wie Karl Marx schon konstatierte: Religion ist das Opium des Volkes.

Wie sehr derartige Vorstellungen vor Depressionen schützen, zeigt sich dann, wenn jemand seinen Glauben verliert. Damit verliert sich auch die Hoffnung auf Auszahlung des Fehlbetrags im Jenseits, und er sitzt auf all den Fehlinvestitionen ohne Hoffnung, dass sie sich jemals rentieren. In dem Moment rauscht diese Person in eine Depression.

Hypnosystemische Therapie bei Depression und Burnout

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