Читать книгу Mein Weg: Der Weg der weißen Wolke - Бхагаван Шри Раджниш (Ошо), Osho, Osho . - Страница 6
1. Kapitel DER WEG DER WEISSEN WOLKE
ОглавлениеWarum nennt man deinen Weg „den Weg der weißen Wolke?“
KURZ BEVOR BUDDHA STARB, KAM JEMAND ZU IHM UND FRAGTE, OB man nach dem Tode weiterlebt oder einfach ins Nichts verschwindet. Das ist keine neue Frage. Es ist eine der ältesten, oft gefragt und wiederholt.
Man erzählt, dass Buddha sagte: Einfach wie weiße Wolken verschwinden. Heute Morgen waren weiße Wolken am Himmel. Jetzt sind sie verschwunden. Wohin sind sie gegangen? Woher sind sie gekommen? Wie formen sie sich und wie lösen sie sich wieder auf?
Eine weiße Wolke ist ein Mysterium. Ihr Kommen und Gehen, ihr ganzes Wesen. Das ist der erste Grund, warum ich meinen Weg „den Weg der weißen Wolke“ nenne. Aber es gibt viele Gründe, und es ist gut, darüber nachzudenken und zu meditieren. Eine weiße Wolke existiert völlig ohne Wurzeln, sie ist ein wurzelloses Ding und hat keine Heimat – oder ist im Nichts beheimatet. Und doch existiert sie. So ist das ganze Weltall, wie eine weiße Wolke, ohne jede Ursache, letztlich ohne Ursache. Es existiert. Es existiert als ein Mysterium.
Eine weiße Wolke geht keinen eigenen Weg. Sie treibt dahin. Sie hat kein Ziel, kein Schicksal zu erfüllen, kein Ende. Man kann eine weiße Wolke nicht enttäuschen, denn wo immer sie ankommt, ist das Ziel. Wenn man ein Ziel hat, wird man zwangsläufig irgendwann enttäuscht. Je mehr zweckgerichtet der Verstand ist, desto mehr Angst, Frustration und Enttäuschung sind die Folge.
Wenn man einmal ein Ziel hat, strebt man in eine festgesetzte Richtung. Aber die gesamte Existenz existiert ohne Richtung. Das Weltall geht nirgendwohin und verfolgt keine Absichten und Ziele. Wenn man eine Absicht hat, ist man gegen das All und wird enttäuscht. Du kannst nicht gegen das Ganze kämpfen. Dein Dasein ist so winzig, du kannst nicht gewinnen. Du kannst es nicht erobern, nicht besiegen. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, dass ein einzelnes Individuum das All erobert. Und wenn das All absichtslos ist und ohne letzten Grund, und du hast irgendwelche Absichten, wirst du letzten Endes besiegt.
Eine weiße Wolke zieht dahin, wo immer der Wind hinweht, sie widerstrebt nicht, sie kämpft nicht. Eine weiße Wolke ist kein Eroberer, und doch schwebt sie über allem. Man kann sie nicht erobern, nicht besiegen – sie hat keinen Verstand, der erobert oder besiegt werden könnte. Wenn man sich einmal ein Ziel gesetzt hat, eine Absicht, Richtung, Bedeutung, wenn man so verrückt ist, irgendetwas erreichen zu wollen, schafft man Konflikte und wird am Ende besiegt. Das steht fest. Unsere Niederlage liegt in der Natur der gesamten Existenz. Eine Wolke will nirgendwohin. Sie treibt – treibt so entlang. Ihr gehören alle Richtungen, alle Dimensionen. Sie lehnt nichts ab. Alles ist, existiert, und wird vollkommen akzeptiert.
Darum nenne ich meinen Weg, den Weg der weißen Wolke. Weiße Wolken haben keinen eigenen Weg – sie ziehen dahin. Ein Weg hat ein Ziel, der Weg der weißen Wolken ist der weglose Weg, der pfadlose Pfad. Ohne festgesetzte Meinung gehen, ohne jeden Verstand. Und das muss genau verstanden werden, weil eine Absicht haben gleichbedeutend ist mit „im Verstand sein“. Man kann sich nicht vorstellen, wie man ohne jede Absicht leben soll, weil der Verstand nicht ohne Absicht leben kann. Und die Leute sind so verrückt, dass sie sogar zu mir kommen und fragen: Was für einen Zweck hat Meditation?
Meditation kann keinen Zweck, keine Absicht haben, denn Meditation ist ein Zustand von Nicht-Intellekt, einfach da sein, wo man ist, ohne Zeit und Raum. Einfach sein ist das Ziel. Das Ziel ist hier und jetzt. Wenn das Ziel woanders liegt, geht der Verstand auf die Reise. Dann fängt er an zu denken, und beginnt eine Folge von Gedanken. Wenn es Zukunft gibt, kann der Verstand fließen, kann seinen Weg gehen und hat Raum, sich mit Gedanken irgendwo hinzubewegen. Mit Ziel und Zweck kommt die Zukunft ins Spiel. Mit der Zukunft kommt die Zeit.
Eine weiße Wolke schwebt in der Luft, zeitlos, denn sie kennt keinen Intellekt und keine Zukunft. Sie existiert im Hier und Jetzt. Jeder Moment ist völlige Ewigkeit. Aber der Verstand kann ohne Zweck und Ziel nicht leben, darum schafft er immer neue Ziele. Wenn die sogenannten weltlichen Ziele nicht mehr locken, beginnt der Intellekt, sich religiöse Ziele zu stecken, überweltliche Ziele. Wenn das Geld nicht mehr lockt, dann lockt die Meditation. Wenn die sogenannte Wettbewerbswelt, die Politik, langweilig geworden ist, kommt eine neue Welt mit neuem Wettbewerb, dann wird die Religion zum neuen Ziel. Der Intellekt lechzt immer nach Bedeutung, nach einer Absicht, nach einem Ziel. Und für mich ist nur ein absichtsloser Verstand wirklich religiös. Aber das heißt, dass der Verstand nicht mehr Verstand genannt werden kann.
Die Tibeter haben eine Meditation, bei der die Mönche ganz allein auf einem Berg sitzen und über weiße Wolken meditieren, die am Himmel vorüberziehen. Sie betrachten sie unverwandt und verschmelzen allmählich mit den weißen Wolken. Da sitzen sie auf den Bergen wie weiße Wolken, ohne Gedanken und sind einfach nur da. Kein Widerstand, kein Kampf, nichts zu erreichen, nichts zu verlieren. Nur das reine Sein genießend, die Stimmung feiernd, die Ekstase, die Seligkeit … Darum nenne ich meinen Weg, den Weg der weißen Wolke. Und ich möchte, dass auch ihr weiße Wolken werdet, und nur so über den Himmel dahinzieht. Nicht zu einem bestimmten Punkt wollen, nur so dahinziehen, wo immer der Wind hinweht …
Wo immer du bist, ist das Ziel. Ein Ziel ist nicht das Ende einer Folge, jeder einzelne Moment ist das Ziel. Hier und jetzt seid ihr Siddhas, Erleuchtete für mich. Hier habt ihr alles erreicht! Ihr habt es erreicht! Hier seid ihr nun, so vollkommen wie ihr nur sein könnt. Genau wie Buddha oder Mahavir oder Krishna.
Es gibt nichts anderes zu erreichen! Jetzt, in diesem Augenblick, ist alles da. Aber ihr wisst es nicht, und ihr merkt es nicht, weil eure Gedanken in die Zukunft gehen. Ihr seid nicht hier, ihr seid nicht wach und merkt nicht, was jetzt, in diesem Augenblick mit euch geschieht. Und das war schon immer so. Millionen Leben lang. Ihr wart in jedem Moment erleuchtet und niemals etwas anderes.
Man kann eigentlich nicht daran vorbeigehen, es liegt in der urtümlichen Natur der Dinge. Man kann diese Tatsache eigentlich nicht verfehlen. Aber ihr seid nicht aufmerksam und könnt es nicht erkennen, weil ihr irgendwo ein Ziel habt. Auf diese Weise wird eine Barriere errichtet und das, was ist, wird verpasst. Wenn das einmal klar offenbart ist, wenn das erkannt wird, ist das größte Mysterium des Seins offenbart: dass jeder vollkommen ist. Das meinen wir, wenn wir sagen, jeder ist Brahman.
Jeder ist die höchste Seele, das Göttliche. Das meinen wir, wenn wir sagen Tat twam asi, du bist das. Nicht, dass man es erst werden muss, denn wenn man etwas werden muss, ist man es nicht. Und wenn man etwas nicht ist, wie kann man es werden? Das Samenkorn wird ein Baum, weil der Same es schon ist. Ein Stein kann kein Baum werden. Der Same offenbart sich in einem Moment als Same und im nächsten als Baum.
Es geht nicht um Werden, es geht um eine Einsicht. Und wenn man tief genug hineinsieht, ist der Same schon in diesem Moment ein Baum.
Tibetanische Meister, Zen-Meister und Sufi-Derwische haben viel über die weißen Wolken gesprochen. Die weißen Wolken haben schon viele Seelen berührt. Es gibt ein Einverständnis mit den weißen Wolken, wie es scheint. Wenn man darüber meditiert, werden einem viele Dinge aufgetan.
Das Leben sollte nicht als Problem betrachtet werden. Wenn man damit einmal anfängt, ist man verloren. Wenn du denkst, dass das Leben ein Problem ist, gibt es keine Lösung. Das ist die Art der Philosophie, und darum geht in der Philosophie alles schief. Es gibt keine richtigen Philosophien. Das ist unmöglich. Alle Philosophien sind falsch, weil die Philosophie schon mit dem ersten Schritt in eine falsche Richtung geht, im Denken, dass das Leben ein Problem ist. Und es gibt natürlich keine Lösung. Das Leben ist kein Problem, das Leben ist ein Mysterium. So versteht es die Religion.
Weiße Wolken sind mysteriös, sie tauchen plötzlich auf und vergehen wieder. Habt ihr jemals daran gedacht, dass Wolken keinen Namen und keine Form haben? Ihre Form bleibt keine Minute gleich. Sie verändern sich und sind wie ein strömender Fluss. Man kann eine Form hineinsehen, wenn man will, aber das ist dann deine Projektion. Eine Wolke hat keine Form, sie ist formlos, eine Kontinuität im Werden, ein Dahinfließen. Und so ist das ganze Leben, alle Formen sind Projektionen. In diesem Leben nennst du dich einen Mann, und nur ein Leben vorher kannst du eine Frau gewesen sein. In diesem Leben bist du weiß, im nächsten kannst du schwarz sein. Jetzt, in dieser Minute, bist du intelligent und in der nächsten benimmst du dich dumm.
In diesem Augenblick bist du still, und im nächsten wirst du gereizt, feurig, böse. Habt ihr eine Form – oder verändert ihr euch ständig? Ihr seid ein Fluss, eine Wolke. Habt ihr einen Namen, eine Identität? Könnt ihr euch wirklich dies oder jenes nennen? In dem Moment, in dem man feststellt, dass man das eine ist, wird einem auch klar, dass man ebenso das Gegenteil ist.
Du sagst zu jemandem: „Ich liebe dich“ — und im gleichen Moment ist auch Hass da. Du nennst jemanden einen Freund, und gleichzeitig lacht dein innerer Feind und wartet auf seine Stunde. Manchmal fühlst du, dass du glücklich bist, und schon ist das Glück wieder verschwunden, und du wirst unglücklich.
Ihr habt keine Identität. Wenn man das einsieht, wird man eine weiße Wolke, ohne Form und ohne Namen. Und dann beginnt das Fließen. Für mich ist das Dasein einer weißen Wolke wie das Leben eines Sannyasins, eines Menschen, der verzichtet hat.
Das Leben eines weltlichen Menschen läuft in festgelegten Bahnen der Gewohnheit. Alles ist tot und folgt einem bestimmten Muster. Es hat einen Namen und eine Form und rollt auf bestimmten Gleisen ab, wie ein Zug. Züge fahren auf ihren Schienen und haben ein Ziel, sie müssen irgendwo ankommen …
Aber ein Sannyasin zieht dahin, wie eine weiße Wolke in der Luft, keine Schienen zwingen ihn, keine Richtungen, keine Identität. Er ist ein Niemand. Er lebt das Leben eines Nicht-Seienden, er lebt, als gäbe es ihn nicht. Wenn ihr ein Leben führen könnt, als wäret ihr nicht, dann seid ihr auf meinem Weg.
Je mehr du du bist, desto kränker bist du, und je weniger du du bist, desto gesünder wirst du. Je weniger du du bist, desto leichter kannst du schweben, desto göttlicher und seliger bist du.
Wenn ich sage, dass das Leben kein Problem ist, sondern ein Mysterium, dann meine ich, dass es keine Lösung gibt, man kann es nur sein. Ein Problem muss intellektuell gelöst werden, und selbst wenn man es gelöst hat, ist nichts erreicht. Du hast ein bisschen mehr Wissen angesammelt, aber keine Ekstase. Ein Mysterium ist etwas, das man werden kann, du kannst einswerden, verschmelzen mit dem Wunder. Dann fühlst du die Ekstase, die Seligkeit. Dann kann das Höchste geschehen, das höchste Glück.
Religiosität versteht das Leben als ein Wunder. Was kann man im Angesicht eines Wunders unternehmen? Hm? Man kann überhaupt nichts tun. Du kannst nur dich selbst ändern, mysteriöser, wunderbarer werden, dann kann ein Gleiches dem Gleichen begegnen. Erkenne das Wunderbare in diesem Leben, wo immer du es siehst. In den weißen Wolken, in den Sternen, in der Nacht, in den Blüten, und im Strömen eines Flusses.
Wo du auch hinschaust, sieh das Wunderbare, und wo du es findest, meditiere darüber. Meditation bedeutet: Auflösung im Angesicht des Mysteriums, sich vollkommen in das Wunder hinein verlieren, im Wunder vergehen. Du sollst nicht mehr vorhanden sein, nur das Wunder ist in seiner Totalität, und du bist darin aufgegangen. Und plötzlich öffnet sich eine neue Tür: Eine neuartige Wahrnehmung ist in dir, plötzlich ist die materielle Welt mit all ihren Trennungen und Verschiedenheiten verschwunden, und eine vollkommen neue Welt des Einsseins öffnet sich. Alles wird grenzenlos, alles ist darin enthalten, ungetrennt, eins. Aber das ist nur möglich, wenn du etwas in dir selbst veränderst. Wenn du ein Problem hast, musst du etwas mit dem Problem tun, du musst einen Schlüssel finden, einen Weg zur Lösung, du musst daran arbeiten und herumdoktern und etwas Gezieltes unternehmen.
Wenn du aber einem Mysterium begegnest, musst du an dir selbst arbeiten, nicht am Mysterium. Wir sind hilflos vor einem Wunder, darum verwandeln wir jedes Wunder in ein Problem. Mit Problemen sind wir Herr der Lage und fühlen uns in Kontrolle.
Mit Wundern sind wir impotent, wir können nichts tun, wir sehen dem Tod ins Auge und können nichts mehr manipulieren. Darum wird Ekstase immer unmöglicher, je mehr der menschliche Intellekt mit seiner Logik und Mathematik in Kontrolle ist. Die Poesie, die Romantik geht verloren. Das Leben wird sachlich, nicht mehr symbolisch. Es ist ein Symbol, wenn ich sage, dass mein Weg, der Weg der weißen Wolke ist.
Die weiße Wolke ist keine Tatsache, sie ist ein poetisches Bild, ein Hinweis auf das tiefste Einswerden mit dem Wunderbaren, mit dem Mysterium.
Welche Beziehung hast du zu den weißen Wolken?
ICH BIN EINE WEISSE WOLKE. Es gibt keine Beziehung, und es kann keine geben. Eine Beziehung ist nur zwischen zweien möglich, wenn also eine Trennung da ist. Aber dann ist eine Beziehung in Wirklichkeit keine Beziehung, sondern existiert nur durch die Trennung. Ich bin eine weiße Wolke. Man kann keine Beziehung zu einer weißen Wolke haben, man kann nur eins mit ihr werden und ihr erlauben, eins mit sich zu werden, aber eine Beziehung ist nicht möglich. In einer Beziehung bleibst du getrennt und versuchst, die Dinge zu beeinflussen und zu manipulieren.
Es ist ein großes Elend im menschlichen Leben, dass wir selbst in der Liebe Beziehungen herstellen und darüber die Liebe versäumen. Liebe sollte keine Beziehung sein, man soll mit dem anderen eins werden, lass den Geliebten zu dir selbst werden. Es soll eine Verschmelzung stattfinden, nur dann hört der Streit auf. Sonst wird die Liebe zum Kampf. Wenn du du bleibst, versuchst du zu manipulieren, du willst den anderen besitzen, du möchtest der Herr im Haus sein und wirst den anderen ausnutzen. Dann wird der Partner als ein Mittel zum Zweck benutzt.
Mit den weißen Wolken kann man das nicht machen. Man kann sie nicht zu Hausfrauen und Ehemännern machen. Man kann sie nicht an sich binden oder zu einer Gemeinschaft überreden. Sie erlauben es nicht, sie hören nicht auf dich. Sie haben genug davon, darum sind sie weiße Wolken geworden. Man kann eins mit ihnen werden, ihre Herzen sind offen.
Aber der menschliche Verstand kann sich nichts jenseits menschlicher Gemeinschaft vorstellen, weil wir uns nicht vorstellen können, dass wir nicht als getrennte Wesen existieren. Wir fühlen, dass wir sind; so sehr wir es auch verbergen, tief drinnen ist das Ichgefühl. Im tiefsten Innern sitzt das Ego und manipuliert. Mit eurem Ego könnt ihr eine weiße Wolke betrachten und anfangen, darüber nachzudenken, aber das Mysterium wird nicht offenbart, die Tür bleibt verschlossen. Ihr bleibt im Dunkeln. Wenn das Ego verschwindet, seid ihr weiße Wolken geworden.
In der Zen-Tradition gibt es eine der ältesten Arten von Malereien. Ein Zen-Meister hatte einmal einen Schüler, der die Malerei erlernen wollte, und natürlich durch die Malerei Meditation. Der Schüler hatte eine Vorliebe für Bambus. Man berichtet sich, dass der Meister zum Schüler sagte: „Dabei kommt nichts heraus, wenn du nicht selbst zum Bambus wirst!“ Und dabei war der Schüler so gut, dass er selbst in dunkler Nacht mit geschlossenen Augen den perfektesten, lebendigsten Bambus zeichnen konnte!
Aber der Meister war nie zufrieden und sagte immer: „Nein, wie kannst du jemals Bambus zeichnen, wenn du nicht selbst zum Bambus geworden bist? Du bleibst getrennt, du bist ein Zuschauer. Mag sein, dass du den Bambus von außen kennst, aber das ist nur die Oberfläche, nicht die Seele des Bambus. Wie kannst du den Bambus von innen kennen, wenn du nicht selbst zum Bambus wirst?“ Zehn Jahre lang bemühte sich der Schüler, aber der Meister war nie zufrieden. Dann verschwand der Schüler eines Tages im Bambuswald. Drei Jahre hörte man nichts von ihm, und dann kam eine Nachricht: Nun zeichnet er nicht mehr. Er lebt mit dem Bambus, der Wind weht und der Bambus wiegt sich, und der Schüler wiegt sich im Wind. Der Meister ging hin, um es selbst zu sehen, und wirklich, der Schüler war zum Bambus geworden!
Der Meister sagte: „Jetzt vergiss alles über dich und den Bambus.“
Da sagte der Schüler: „Aber du hast mir doch gesagt, ich soll ein Bambus werden und nun bin ich es!“
„Vergiss auch das“, sagte der Meister, „denn das ist nun das einzige Hindernis. Tief innen irgendwo bist du immer noch getrennt, du erinnerst dich daran, dass du ein Bambus geworden bist. Du bist immer noch kein vollkommener Bambus, denn ein Bambus kann sich nicht erinnern. Also vergiss es!“
Zehn Jahre lang sprach niemand über Bambus.
Dann eines Tages rief der Meister den Schüler zu sich und sagte: „So, jetzt kannst du zeichnen.“
Erst werde zum Bambus, dann vergiss den Bambus, werde ein so vollkommener Zeichner, dass das Zeichnen nicht mehr Zeichnen ist, sondern ein Wachstum. Und so stehe ich in keiner Beziehung zu den weißen Wolken, ich bin eine weiße Wolke.
Und ich möchte, dass auch ihr weiße Wolken werdet, dass ihr nicht nur eine Beziehung zu ihnen habt. Genug der Beziehungen, ihr habt genug gelitten. Viele, viele Leben lang wart ihr mit diesem oder jenem in Beziehung, ihr habt genug gelitten, mehr als genug. Mehr als ihr verdient habt. All das Leiden ist geschehen, weil ihr falsche Vorstellungen von Beziehungen habt. Die falsche Vorstellung ist, dass ihr meint, ihr müsst erst ihr selbst sein, und dann Beziehungen anknüpfen. Dieses Konzept schafft Reibung, Konflikte, Gewalttätigkeit und Aggression. Die Hölle folgt.
Sartre sagt an einer Stelle: „Der andere ist die Hölle.“ Der andere ist der andere, weil ihr ein Ego habt! Wenn ihr als Ego nicht mehr vorhanden seid, ist der andere auch nicht mehr da. Wann immer dies geschieht, zwischen einem Menschen und einem Baum, zwischen einer Wolke und einem Menschen oder einer Frau und einem Mann, immer wenn ihr nicht seid, verschwindet die Hölle. Plötzlich ist man wie verwandelt, auf einmal ist man ins Paradies zurückgekehrt.
Die alte Geschichte aus der Bibel ist sehr schön, die Geschichte, dass Adam und Eva aus dem Garten Eden vertrieben wurden, weil sie die verbotene Frucht aßen. Die Frucht vom Baum der Erkenntnis. Das ist eine der schönsten Parabeln, die jemals erfunden wurde. Warum war die Frucht vom Baum der Erkenntnis verboten? Weil in dem Moment, in dem man etwas weiß, das Ego auftaucht. In dem Moment, in dem du weißt, dass du bist, bist du vertrieben worden. Das ist die Erbsünde. Niemand hat Adam und Eva persönlich aus dem Himmel vertrieben. Als ihnen klar wurde, dass sie waren, verschwand der Garten Eden, denn Augen, voll mit dem Gefühl des Ich, können den Garten nicht sehen. Sie sind nicht vertrieben worden, der Garten ist hier, jetzt. Er ist gleich hier an deiner Seite, er ist dir immer gefolgt, wohin du auch gegangen bist, aber du kannst ihn nicht sehen. Wenn das Ego verschwindet, bist du wieder im Garten Eden. Der Garten ist offenbart: du warst niemals draußen.
Versucht es einmal! Sitzt unter einem Baum und vergesst euch selbst, lasst nur den Baum da sein. Das war es, was mit Buddha geschah unter dem Bodhibaum. Er war nicht und in diesem Moment geschah es, nur der Bodhibaum war. Vielleicht wisst ihr nicht, dass bis fünfhundert Jahre nach Buddhas Tod keine Statue und kein Bildnis von Buddha gemacht wurde. Fünfhundert Jahre lang … Nur ein Bild des Bodhibaumes hing in den Tempeln. Das war wundervoll. In dem Augenblick, in dem Gautam Siddharta zum Buddha wurde, war er nicht. Nur der Baum war, das Ego war verschwunden. Nur der Baum allein war. Finde Augenblicke, in denen auch du nicht bist, denn das sind die Momente, in denen du zum ersten Mal wirklich bist.
Ich bin also eine weiße Wolke, und die ganze Anstrengung ist, euch auch zu weißen Wolken zu machen, die über den Himmel ziehen, von nirgendwo kommen, nirgendwo hingehen. Einfach da sein, jetzt, in diesem Augenblick – vollkommen, perfekt. Ich lehre euch keine Ideale, keine Künste, ich sage nicht, werdet dies oder das. Meine ganze Lehre ist einfach diese: Was auch immer du bist, akzeptiere es total, nimm es völlig an, sodass nichts übrig bleibt, was erreicht werden müsste. Und ihr werdet weiße Wolken sein.
Ist es wahr, dass wir, um wirklich frei zu sein, und total in diesem Moment zu leben und eine weiße Wolke zu werden, erst alle unsere Träume und Fantasien ausleben müssen?
ES IST KEINE FRAGE, ob ihr erst alle Träume und Fantasien ausleben müsst. Ihr lebt in ihnen. Ihr seid schon drin. Es gibt keine Wahl, ihr könnt nicht entscheiden. Könnt ihr wählen? Könnt ihr eure Träume fallenlassen? Eure Fantasien? Wenn man versucht, aus einem Traum herauszukommen, wird sofort ein neuer Traum daraus. Wenn ihr eure Fantasievorstellungen ändern wollt, verändern sie sich in eine andere Art von Vorstellung, aber es bleiben immer Vorstellungen und Träume. Was soll man nun machen? Akzeptiert sie! Warum dagegen sein? Dieser Baum hat rote Blüten, ein anderer Baum hat gelbe Blüten … Das ist doch in Ordnung! Du hast deine gelben Träume, ein anderer hat seine roten oder blauen Träume, es bleibt sich gleich.
Warum kämpfen, warum etwas ändern wollen? Wenn du versuchst, etwas daran zu ändern, heißt das, dass du zu sehr an sie glaubst. Du merkst es nicht, dass es nur Träume sind. Du denkst, es sei Wirklichkeit, und sie zu ändern sei von Bedeutung. Wenn Träume bloß Träume sind, warum könnt ihr sie dann nicht einfach als solche nehmen?
Wenn sie akzeptiert werden, verschwinden sie. Das ist das Geheimnis. In dem Moment, in dem sie akzeptiert werden, verschwinden sie, denn der träumende Verstand existiert nur durch die Ablehnung. Das ganze Phänomen des träumenden Verstandes ist Ablehnung. Ihr habt so vieles abgelehnt, deshalb taucht es dann in euren Träumen wieder auf. Ein Beispiel: Du gehst auf der Straße und siehst eine schöne Frau oder einen schönen Mann, und Begehren steigt in dir auf. Aber dann unterdrückst du den Wunsch und verurteilst dein Begehren.
Die gesamte Tradition, die Kultur, die Gesellschaft, die Moral, alle sagen, dass Begierde schlecht ist. Du darfst eine schöne Blume anschauen, nichts Böses ist dabei, aber wenn du ein schönes Gesicht anschaust, ist sofort etwas Schlechtes daran, darum lehnst du es ab. Jetzt wird dieses Gesicht zu einem Traum.
Das Abgelehnte wird zum Traum. Jetzt taucht dieses Gesicht in der Nacht auf und verfolgt dich. Unterdrückte Begierden werden zu Träumen und Fantasien. Wie fabriziert man einen Traum? Das Geheimnis ist Unterdrückung. Je mehr man unterdrückt, desto mehr Träume hat man. Menschen, die in die Einsamkeit fliehen und das Leben ablehnen, sind voll von Träumen. Und ihre Träume werden so realistisch, so eindrucksstark, dass sie nicht mehr zwischen Traum und Wirklichkeit unterscheiden können.
Unterdrücke nichts, sonst schaffst du dir immer neue Träume. Akzeptiere alles! Was auch immer geschieht, akzeptiere es als Teil deines Traumes. Verurteile es nicht. In dem Augenblick, in dem du alles annimmst, lösen sich die Träume auf. Ein Mensch, der das Leben völlig akzeptiert, wird traumlos, weil die gesamte Grundlage für Träume zerstört ist. Das war das eine, und das andere ist, dass alles natürlich ist. Alles, sage ich. Nicht nur die Bäume, nicht nur die Wolken, das Ganze. Was auch immer geschieht, es geschieht aus der Natur. Es gibt nichts Unnatürliches, das kann es nicht geben. Wie könnte es sonst passiert sein?
Alles ist natürlich. Darum macht keine Trennung zwischen natürlich und unnatürlich. Alles, was es gibt, ist natürlich. Aber der Verstand lebt von Unterschieden und Trennungen. Erlaubt keine Trennungen, akzeptiert alles, was es gibt, und akzeptiert es ohne jede Analyse. Ob du auf dem Marktplatz stehst oder in den Bergen, du bist in der gleichen Natur. An einem Ort ist die Natur Hügel und Bäume, und am anderen Ort ist die Natur die Läden auf der Straße.
Wenn du einmal das Geheimnis des völligen Akzeptierens kennst, dann ist selbst der Marktplatz schön. Die Lebendigkeit, die Geschäftigkeit, der herrliche Wahnsinn ringsumher – das hat seine eigene Schönheit. Und wenn es keine Marktplätze gäbe, dann wären die Berge nicht so still und schön, das darf man nicht vergessen. Durch diesen Kontrast gibt die Großstadt den Bergen ihre Stille. Egal wo ihr seid, auf dem Marktplatz oder unter einem Baum in Meditation, betrachtet es als einen Baum, macht keine Trennung. Einfach in den Straßen zu tanzen und zu singen, meinetwegen Hare Krishna, Hare Ram, kann ein Genuss sein. Es kann ein Erblühen in euch sein.
In den Tagen, als Mahaprabhu Chaitanya durch die Dörfer Bengalens tanzte und Hare Krishna, Hare Rama sang, war das der Ausdruck seines inneren Erblühens, eines der schönsten Dinge, die jemals vorgekommen sind. Nicht nur ein Buddha unter dem Bodhibaum in Meditation ist schön, ein singender, tanzender Chaitanya ist das Gleiche, nur das andere Extrem. Man kann unter einem Baum sitzen und sein Ich so völlig vergessen, dass man als Ego verschwunden ist. Man kann auf den Straßen singen und tanzen und sich dabei so völlig hineingeben, dass man verschwindet.
Das Geheimnis ist die völlige Versunkenheit, egal wo und wie. Es passiert verschiedenen Leuten auf verschiedene Weise. Man kann sich Buddha nicht tanzend vorstellen. Er war nicht der Typ dafür. Aber du kannst ein Sing- und Tanztyp sein, also tu dir keinen Zwang an und versuche nicht krampfhaft unter einem Baum zu sitzen.
Wenn man sich zur Ruhe zwingt ist man gewalttätig, und man wird nicht wie ein Buddha aussehen. Es wär Selbstquälerei. Manche sind wie Chaitanya oder Meera.
Ihr müsst herausfinden, wohin eure Wolke zieht und ihr jede Freiheit einräumen. Wo immer sie hinzieht, kämpft nicht, lasst euch tragen, sie wird zum göttlichen Ursprung gelangen. Fließt mit dem Fluss. Tanzen ist eine gute Sache, aber man muss sich ganz hineingeben. Darum geht es! Lehne nichts ab, Ablehnung ist Unglauben. Nimm alles total an, totales Akzeptieren ist Beten.
Genug für heute.