Читать книгу Die Macht der Meinung - Otto W. Bringer - Страница 6

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Anfangs schien alles gut

Als Gott Adam, den ersten Menschen erschuf und aus einer seiner Rippen Eva, geschah Unerhörtes: Gott, der einer in drei Personen und doch ein einziger Wille ist, begründete die Meinungsfreiheit. Adam und Eva sollten nicht nur für die Fortpflanzung, sondern auch für die Meinungsbildung unentbehrlich sein.

Man könnte sich gut folgendes Szenario vorstellen: Adam der Meinung, hier in einem Paradies lässt es sich gut leben. Genug Früchte, satt zu werden. Genug Quellen, den Durst zu stillen. Stolz machte es ihn, als es ihm gelang, aus herabgefallenen Ästen eine Hütte zu bauen. Von ihm aus könnte es so weiter gehen bis in alle Ewigkeit.

Eva half ihm dabei, weil sie dachte, ich muss Gott gehorchen. Er hat mich an seine Seite gestellt. Im Stillen aber dachte sie: langweilig auf die Dauer, zu tun, was Adam will. Auch gelüstete es sie nach Abwechslung im immer gleichen Alltag. Begab sich auf Wanderung, um Neues zu entdecken.

Eva fand einen Baum mit rotgoldenen Früchten, den sie nicht kannte. Ein fremdes Wesen schlängelte sich um einen Ast, sah sie an und versprach ihr Gottes Lob, wenn sie eine dieser Früchte esse. Denn dann könne sie Gut und Böse unterscheiden.

Begeistert lockte sie ihren Gefährten, auch eine Frucht zu essen. Adam ließ sich gern verführen, was man ihm nachfühlen kann. Den Rest der Geschichte kennen wir. Gott vertrieb sie aus dem Paradies, weil sie getan, was er ihnen verboten hatte. Draußen aber lernten sie die Liebe kennen. Den Unterschied zwischen Mann und Frau. Von denen jeder eine eigene Meinung hat.

Stimmt die Geschichte im Alten Testament, hatte sich auch Abraham im hohen Alter damit abgefunden, dass Sara, seine Frau, keinen Sohn mehr gebären konnte. Söhne waren die Zukunft des jüdischen Volkes. Sara aber war anderer Meinung. Auch wenn sie zu selbst über das gebärfähige Alter hinaus, müssten Söhne geboren werden. Damit ihr Volk nicht ausstirbt. Drängte ihren Mann zum Geschlechtsverkehr mit Hagar, ihrer Dienerin.

Abraham folgte ihr, auch weil es geltende Meinung war, und zeugte mit Hagar einen Sohn. Sie nannten ihn Ismael. Er gilt als Stammvater der Araber. Mohammed soll von ihm abstammen. Der erstgeborene Sohn Isaak Stammvater der Juden. Ob die Bibel heute noch Juden überzeugt? Immer noch werden in religiösen Familien Knaben innerhalb der ersten acht Tage nach der Geburt die Vorhaut abgeschnitten. Ihre Zeugungslust als Mann zu steigern. Damit das Volk Israel nicht ausstirbt.

Jeder weiß, dass Mann und Frau nicht nur körperlich verschieden sind. Ebenso wichtig ihre unterschiedliche Auffassung in vielen Bereichen. Männer agieren überwiegend zielbewusst und auf Erfolg bedacht. Frauen reagieren. Einfühlsam, auf Ausgleich bedacht. Aufgrund biblischer Überlieferung bildet sich der Mann ein, er sei der erste Mensch gewesen und werde deshalb immer der Erste sein. Handelt entsprechend, gezielt oder intuitiv. Nicht viel hat sich daran bis heute geändert. Obwohl Frauen gut ausgebildet und selbstbewusst geworden sind. Mit Sachkenntnis und sensiblerem Gespür sich mehr und mehr in Chefetagen und Parlamenten durchsetzen. Nicht diktatorisch, sondern auf partnerschaftlicher Basis.

Immer schon gab es Frauen und Männer, die mit ihrer eigenwilligen Meinung die Gesellschaft weitergebracht haben. Erfindungen gemacht, Neuerungen durchgesetzt, trotz Widerständen und bürokratischer Willkür. Überzeugt, die anderer Meinung waren. Leider auch gewaltsam, wie die Geschichte beweist.

Die Leistungen von Männern und Frauen ließen sich auflisten. Den Beweis zu erbringen, dass die Schöpfung auf Vielfalt angelegt ist. Nicht nur männliche, auch weibliche Beweise ihres Könnens haben Geschichte geschrieben. In der Natur sind es ungezählte Arten, die sich wiederum in Unterarten spalten. Alles Lebendige hat eine eigene Art und Weise, sich bemerkbar zu machen. Miteinander zu kommunizieren. Sogar verschiedene Bäume in Mischwäldern, Tannen, Buchen z. B. sollen interagieren. Sich gegenseitig helfen bei Trockenheit oder Schädlingsbefall.

Schweizer Waldexperten bewiesen, dass gemischt aufgeforstete Wälder das Klima begünstigen, mehr CO2 binden als reine Tannen oder Buchenwälder. Somit das Potential, zweidrittel des vom Menschen ausgestoßenen CO2 zu binden und damit unschädlich zu machen. Beeindruckendes Forschungs Ergebnis von hoch qualifizierten Teams. Männern und Frauen an der ETH. Der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich. Ihre Meinung tonangebend in Fachkreisen, weil sachlich begründet, Beweise geliefert. Damit zur Lösung eines hochaktuellen Problems beigetragen. Ohne den Ehrgeiz, mit einem Nobelpreis belohnt zu werden. Man darf gespannt sein, ob Waldbesitzer und Politiker ihren Erkenntnissen folgen werden.

Denkt man an Kommunikation zwischen Menschen, fällt manchem Perikles ein, Vollender der klassischen Demokratie im 5. Jahrhundert v. Chr. Zwanzig Jahre war er der Anführer des Attischen Seebundes, Vereinigung aller Stadtstaaten in Griechenland. Hauptstadt Athen. Auf dem Pnyx, einem öffentlichen Forum mit Rednerbühne, konnte jeder Mann seine Meinung sagen. Zu aktuellen Problemen im Alltag der Bewohner. Vorschläge machen zu Verwaltung und Verteidigung der Staatsgrenzen. Frauen, Fremde und Sklaven damals ausgeschlossen.

Noch Jahrtausende waren Frauen in den meisten Staaten an Entscheidungen in öffentlichen Dingen nicht beteiligt. Das Frauenstimmrecht in den USA 1917 bei Kriegseintritt gegen Deutschland und Österreich im Gesetz verankert. Der damalige Präsident Wilson begründete es in seiner Rede:

»Wir haben in diesem Krieg Frauen als Partner gebraucht. Wir sollten diese Partnerschaft nicht nur bei Leiden, Opfern und Arbeiten belassen, sondern auch bei der Schaffung von Recht und Gesetz.»

Bei der nächsten Präsidentenwahl 1919 betrug der Anteil der Frauen weit mehr als die Hälfte aller Wahlmännerstimmen.

Das Frauenstimmrecht wurde in Deutschlands erster Demokratie 1918 eingeführt. Es mag an tradierten Werten, am bäuerlichen Selbstverständnis der Schweizer liegen, dass Frauen erst 1971 das Stimmrecht erhielten. Seitdem aber sind die Ergebnisse ausgewogener. Frauen Nationalrätinnen, Präsidentinnen.

Von diesem «Homo Sapiens» soll in diesem Buch die Rede sein. Mensch mit Verstand, der ihn vom Tier unterscheidet. Er denkt und bildet eine eigene Meinung. Beeinflusst von Glauben, Erziehung und eigenen Erfahrungen. Doch die Geschichte des Menschen ist leider auch eine Geschichte der Unterdrückung, die einer Vereinheitlichung der Meinung. Einer regelrechten Meinungs-Diktatur.

Geschaffen von Menschen, deren einziges Ziel es ist, Macht zu erhalten. Bestimmen zu können, was gut oder schlecht für die Menschen ist. Heute das Ziel von Marktführern, auch Meinungsführer zu sein in prosperierenden Bereichen. Vornehmlich in weltweit digital agierenden Firmen. Sie senden Nachrichten, ob recherchiert oder erfunden. Verkaufen Vorteile, auch wenn ’s nur Versprechen sind. Hauptsache, ihre ausgesendeten Daten machen sie zum Weltmarktführer. Die Suchmaschine Google z.B. verdient enorme Summen, indem sie Firmen Möglichkeiten bietet, gegen Entgelt für Produkte und Dienstleistungen zu werben. Die alle ein besseres, bequemeres Leben versprechen. Milliarden verdienen die Chefs digitaler Firmen. Jeff Bezos, Chef von Amazon, ist der reichste Mann der Welt.

Warum bloß scheinen Menschen nicht zu merken, dass sie manipuliert werden? Glauben sie etwa, wenn in allen Medien dasselbe veröffentlicht wird, muss es stimmen? Ob gedruckt, gesendet, von sogenannten Experten bestätigt, unumstößliche Wahrheit ist? Die Meinung anderer Experten werden nur selten veröffentlicht. Politik ignoriert sie, weil sie ein neues internationales Abkommen treffen müssten, Gesetze ändern. Gestehen, sie wären überholten Erkenntnissen gefolgt. Verträten sie neue Erkenntnisse z. B. beim Klimawandel.

Stärkeren Einfluss auf unser Klima soll nach Meinung einiger Forscher die Stratosphäre, nicht die Atmosphäre haben. Die aber sei noch nicht endgültig erforscht. Anteile des Menschen am Klimawandel können erst endgültig bestätigt werden, wenn vom Menschen verursachte Emissionen auch in der Stratosphäre nachgewiesen sind. Zurzeit beträgt ihr Anteil in der Atmosphäre ca. 30 % CO2. Den Rest emittiert ohnehin die Natur.

Von Klima retten reden sei hybrid. In den Jahrmillionen der Erdgeschichte änderte sich das Klima dauernd. Eiszeiten folgten Hitzeperioden, mildere und erneut kühlere Jahrhunderte. Forscher ermittelten, etwa alle zweihundert Jahre jagten Sonnenstürme durchs Weltall. Mit der Gewalt von 66 Milliarden Hiroshimabomben. Flüsse trockneten aus, Ernten verbrannten. Hungersnöte auch in Europa und Hunderttausende mussten sterben. Zuletzt 1982 ein heißer Sommer ohne Regen. Flüsse und Stauseen mit Niedrigwasser. Auf vielen Feldern die Ernte verdorrt. Rudi Carell sang in seiner wöchentlichen Fernseh-Show:

«Ach wär ’s doch wieder Sommer. Ein Sommer, wie er früher einmal war.»

Professor Ugo Bardi ist Mitglied des «Club of Rom», der seit 1970 regelmäßig über den Zustand der Erde berichtet. Bardi resümierte in einem Interview, des Menschen Geist sei überfordert, Prozesse zu verstehen, die sich über Jahrmillionen hinziehen. Politiker planten kurz- und nicht langfristig, weil sie nur in Wahlperioden denken. Solange die Wissenschaft keine plausible, datengestützte Lösung hat, solle man mögliche Sofortmaßnahmen ergreifen. Die ohnehin zu Ende gehenden Vorräte an fossiler Energie und Mineralien nicht weiter auszubeuten. Ein leichter wirtschaftlicher Kollaps könnte Anlass sein, umzusteuern. Bevor nicht nur die gesamte Weltwirtschaft, auch ihre Sozialsysteme kollabieren.

Regierungskritische Bürger und Bürgerinnen fragen sich, warum planen Regierungen nicht besser Maßnahmen, die Menschen schützen, als sich aufs hohe Ross zu setzen und behaupten, sie können das Klima retten. Sie sollten besser an Menschen denken und nicht an Programme. Gesetze erlassen, Luft, Wasser und Böden von Schadstoffen zu befreien, damit weniger Menschen erkranken. Gesunde Nahrung wachsen kann. Menschen länger leben, die Kassen entlastet sind. Bewohner gefährdeter Gebiete evakuieren. Wenn Gletscherschwund oder Tsunami ihre Heimat zu vernichten drohen. Für sie neue, sichere Standorte erwerben und finanzieren.

Vor allem sollten sie falsche Begriffe meiden: das Klima zu retten oder seinem Wandel den Kampf ansagen. Die Möglichkeiten des Menschen sind begrenzt. Setzen gemeinsames Handeln aller Staaten voraus, sollte es erfolgreich sein. Des Menschen Gehirn ist klein trotz Abermilliarden Nervenzellen, Neuronen genannt. Sein Charakter seit Adam und Eva gespalten in gut und böse. Trotz Mondlandung und Exkursionen im Weltraum unfähig, sich selbst zu ändern. Maßt sich an, er könne von ihm selbst beeinflusste klimatischen Veränderungen stoppen. Wie ein Auto starten und auf die Bremse treten, überquert eine Katze die Fahrbahn. Es bleibt ihm nur, Gutes zu tun. Nach dem Motto: es gibt nichts Gutes - außer man tut es. Was aber ist gut für alle?

Ist es das Gute, das Aristoteles meinte? Wetter kann es nicht sein. Es unterliegt atmosphärischen Bedingungen. Locker daher gesagt ist es auch nicht. Er meint das Gute im Menschen, das nicht einfach da ist, sondern Annäherung. Schritt für Schritt von neuen Erkenntnissen überprüft, um schlussendlich am Ziel Gutes tun zu können.

Wissen sei nach Aristoteles Voraussetzung, Gutes zu schaffen. Heute hat man den Eindruck, als sei alles bereits zu Ende gedacht, Beschlossen in Gesetzen, internationalen Abmachungen, Klima-Protokollen. Ist Ungeduld die Ursache solcher Denkweisen oder die Angst? Das rasante Tempo dieser Zeit, die häufigen Wechsel einschließt? Oder der Anspruch auf Meinungs-Führerschaft? Der Mensch kann es nur sein letzten Endes, Mensch mit guten und schlechten Eigenschaften.

Die Macht der Meinung

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