Читать книгу Mallorca mit allen Sinnen - Otto W. Bringer - Страница 12

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Rose in allen Positionen. „Lauf doch noch einmal ins Meer, bitte, bitte.“ Sie hatte ihren Bikini schon ausgezogen und in die Sonne gelegt. Läuft trotzdem, mir zuliebe. Ich fotografiere sie von hinten mit ihrem süßen, kleinen Po. Rose benimmt sich so selbstverständlich wie ein neugeborener Nackedei. Komischerweise reizt mich das nicht zu Überfällen. Im Gegenteil. Dann setzen wir uns nebeneinander zum comida principal, spanisch Mittagessen. Frugal wie auf Picassos Bild. Aber einmalig. Wie Picassos Bild.

Ein weicher Wind vom Meer her bewegt die Zweige. Es knistert, ein Zapfen fällt auf das Badetuch. Ein zweiter rollt weiter, aber Rose fängt ihn gerade noch ein. Für den Frühstückstisch in der Finka.

„Jedem seinen Pinienzapfen“, meint sie. „Erinnert an das Fruchtbarkeitssymbol auf den Säulen der Babylonier und Renaissancefürsten. Jetzt an unseren ersten Tag am Meer“. Donnerwetter, denke ich, sie kennt Symbole aus der Kunstgeschichte.

Schon ahne ich, was mir bevorsteht. Lauter kleine Details mit der außerordentlischen Eigenschaft, glücklich zu machen. Für einen Moment. Unser Alltag wird der Himmel sein. Wir streicheln uns. Kommen niemandem näher als er mag. Es berühren sich beim Küssen nur die Lippen. Die so wunderwirkende Worte aussprechen können wie „Te amo“. Früher schon lernten wir das verwandte italienische „ti amo“ kennen. Das französische „Je t´aime“. Wir bleiben immer dieselben bei allen Idiomen.

Das englische „I love you“ überliessen wir anderen. Zwei, drei gefühlte Stunden vergehen. Mit Träumen, Lesen, Träumen. Und wenigen Worten zwischendurch. Ein mildwarmer Nachmittag meldet sich an. „Wollen wir noch mal?“ Rose springt auf. Ich blicke sie an. In ihren Augen nichts als Meer. Mein Korpus bequemt sich nach der Liegepause in die Senkrechte. Langsamer als die gertenschlanke Frau.

„Wenn du willst, gern“. Entfährt es mir noch. Wir laufen zum Wasser. Als schäumende Wellen meine Knöchel kitzeln, bin ich dabei. Schreie laut gegen die Brandung: „Dann wollen wir mal.“ Und wieder hinein und hinaus. Kein Blick zurück, als interessiere nicht mehr, was hinter uns liegt.

Wir schwimmen weit. So weit, bis der Boden unsere Füße verliert. Dunkel wird von fünfzig Metern und mehr. Und für uns Laien unergründlichen Geheimnissen. Es wogt um uns. Wiegt uns wie eine Mutter. Lässt uns nicht fallen. Meerwasser trägt. Ein Gefühl von Sicherheit erfüllt mich.

Rose empfindet es genauso, wir sie mir später erzählt. In diesem Hochgefühl schwimmen wir weiter. Als gäbe es keine Rückkehrpflicht. Lassen das blaugrünweiche Wasser unsere Körper streicheln und wiegen. Das Gleichmass der wogenden Wellen alle anderen Gedanken wegschwemmen. Als wir wieder Boden unter den Füßen haben, wirft sich Rose an mich. Drängt und lässt mich drängen und das tun, was mich seit heute Morgen plagt. Wir spüren jeden Quadratzentimeter unserer Haut.

Das Glück scheint vollkommen. Es ergreift uns. Wir passen zusammen wie Schraube und Mutter. Ein Wunder, das nur die Liebe vollbringt. Oder die Massarbeit eines liebenden Gottes? Möchte diese Metapher festhalten. Sofort aufschreiben. Wende mich landwärts. Rose folgt, überholt mich und ist wieder die erste am Ziel. Der Tag endet anders als er begonnen hat.

Wir sind eingetaucht in einen Kosmos aus Wasser, Sand, Pinien, Himmel und tausend neuen Versen. Grünblauen, ockerhellen und weißblauen. Ich habe kein Ende gesehen. Alle Blätter meines Notizblocks voll geschrieben.

Zwei Jahre später bevölkern Massen den einsamen Es Trenc. Sie kommen in Bussen und Heerscharen von Kleinwagen. Im Nu ist der Parkplatz fertig und ein halb verfallener Bauernhof nahebei zum Schnellrestaurant umgemodelt. Irgendein Verantwortungsloser hatte die Werbetrommel gerührt. Und mit Nacktfotos in den Journalen Begierden geweckt. Unser Bild vom Sandstrand Es Trenc bleibt ungetrübt. Startplatz unserer wachsenden Liebe zu einer Insel im Mittelmeer.

Mallorca mit allen Sinnen

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