Читать книгу Mallorca mit allen Sinnen - Otto W. Bringer - Страница 15

Catedral la Seu.

Оглавление

Früh fertig mit Frühstück und Aufräumen. Wollen nach Palma fahren. Der Seat hatte in der Nacht genug Zeit, sich von den gestrigen Strapazen zu erholen, Zylinder und Kolben zu kühlen. Heute braucht er uns nur bis in die Garage unter dem „Parc de mar“ vor der Kathedrale zu bringen. Im Straßengewirr hätte er uns nur Ärger gemacht.

Wir hatten gut geschlafen, Rose von Körben geträumt, die wir gestern auf dem Markt von Artà sahen. Aus Fasern der Zwergpalmen geflochten, die rings um die Stadt in grossen Plantagen wachsen. Ausschließlich für die traditionelle Herstellung von Körben, Taschen und Hüten. Rose traf nicht der Blitz. Mein Portomonaie blieb verschont.

Schon von weitem kommt uns die sonnenhelle Fassade von La Seu entgegen. Wird grösser. Mächtig. Acht obenkantige Strebepfeiler, auf jedem eine zu kurz geratene Fiale. Dazwischen wie nebensächlich, nur stückweise sichtbar, Bögen, Masswerk und vielerlei Undefinierbares. Es fehlt der gewohnte große Turm. Das steinerne Ganze aber wirkt wie ein Stück. Ein rosafarbener Himmelskörper in der Morgensonne. Nachts haucht die Beleuchtung kühles Blau darüber. Wir tippeln die dreimal eckig gewendelte Steintreppe hinauf. Vorbei an Palmen, Palmen. Bleiben am Palau de la Almudaina stehen. Im Innenhof des Königspalastes Wachablösung. Die maurischen Einflüsse sind unübersehbar. Oleanderbüsche dazwischen vermitteln zwischen Islam und Christentum, ohne es zu wollen.

Wir drehen uns wieder herum zur Kathedrale. Riesig baut sich die schattige Westwand vor uns auf. Dunkelrosaduft zerbröselndes Steingebirge. Wir gehen nah beieinander. Roses sonnengelbes Kleid weht ein Windstoß gegen mein nacktes Bein. Es ist, als berühre mich der Flügel eines Engels. „Lieber Gott ich danke dir“, flüstere ich. „Danke für Rose“. Rose hört es nicht.

Wir gehen weiter an der Mauer entlang, die uns endlos vorkommt. Kein Wunder, das Kirchenschiff ist dreiundfünfzig Meter breit. Einen Eingang sehen wir nicht. Das Haus Gottes zugemauert? Wo ist der Feind?

Einige Schritte weiter, wir stehen in einer Art Hof. Rechts vor dem Seiteneingang der Kathedrale sich drängelndes Menschenknäuel. „Sollen wir? Wollen wir? Müssen wir? „Nein“, sagt Rose. Und ich folge ihren entschlossenen Schritten in Richtung Stadtausgang. Wieder dreimal eckig gewendelte Steintreppe hinunter. Hinunter. Tap, tap, tap. Vorbei an Antikläden. Modeläden. Andenkenläden. Blumengeschäft.

„Halt!“ Bremse mich, gehe ins gläserne Blumenviereck. Kaufe eine lachsfarbene Rose und halte sie meiner Rose unter die überraschte Nase. „Oh, lieb von Dir mein Süßer, danke, danke.“ Süßer sagte sie noch nie zu mir. Muss ein Überbleibsel früherer Reitergepflogenheiten sein. Mir fällt Wencke Myhre ein: „Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln gehen“. Die Alliteration ist Absicht. Nico besitzt ein Boot. Ich werde ihn fragen. Die Kathedrale heute kein Thema mehr.

Im Jahr darauf. Weihnachten. Die feierliche Christmette in La Seu sollte der Höhepunkt unseres ersten gemeinsamen Weihnachten sein. Vorher wollen wir weihnachtlich essen. Finden in der Altstadt ein Restaurant, das uns sofort sympathisch ist. Die Speisekarte offeriert frischen Hummer. Freixenet macht uns munter, Hummer, Brot und Salate satt. Was nun?

Noch haben wir zwei Stunden Zeit bis zum Beginn der Mitternachtsmette. Die Uhr der Kathedrale schlägt zehn. Wir bummeln durch die alte Stadt. Klettern in einer engen Gasse über eine Treppe auf die höher gelegene. Lauter graugelbes Gestein. Ein, zwei erleuchtete Fenster. Vereinzelt Musik. Geruch von ölgebackenem Süß.

Unten, nicht weit vom Passeig des Born bleiben wir stehen. Vor hinreißend schönen Jugendstilfassaden. Marmorglattem, rosafarbenem Stuck-Antico. An sprudelnden Brunnen. Zwei Ecken weiter an den hell erleuchteten Räumen der Galerie Blau. „Blau“ kennen wir doch. Der Allerweltskerl ist jetzt auch in Palma? In seiner Düsseldorfer Galerie kauften wir den Terrakottafisch von Marina Romanowskaja. Einer russischen Künstlerin, die vor dem Gesinnungsterror des Systems flüchtete. Schade, dass Weihnachten ist. Hätten gern mit Blau geplaudert. Wo steckt Marina? Wollen es später tun. Die Uhr schlägt einen hellen Ton an. Viertelnachzehn.

Mallorca mit allen Sinnen

Подняться наверх