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Kapitel 3

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Der Geruch aus dem Wartezimmer des Krankenhauses signalisiert einem bereits, dass man krank ist, und am liebsten möchte man einfach nicht dazugehören. Im Krankenhaus liefen die ersten Vorgänge ganz schnell und formell ab. Ich hatte kurz gewartet und war dann auch schon zur Computertomografie geführt worden. Nun warte ich hier, bis Frau Dr. Seifert Zeit für mich hat. Sie würde mit mir alles Weitere besprechen. Natürlich habe ich sie gestern Abend im Handy gegoogelt. Sie ist Onkologin und hat sich in ihrer Doktorarbeit damit befasst, wie sich die Behandlung der psychischen Folgen einer Krebserkrankung in die Krebstherapie integrieren lässt. Ob sie neben Medizin auch Psychologie studiert hat, weiß ich nicht. Sie war also eine Art Feuerwehr und Trauma-Team in einer Person. Der Gedanke gefiel mir, während ich noch wartete, obwohl ich von einem Trauma-Team nicht allzu viel hielt.

Ich weiß noch genau, wie es damals war, als unser Kollege Herbert morgens im Büro nicht zur Arbeit erschien. Ich spüre noch heute den Schock, der mich traf, als der Chef, umringt von einem dieser Trauma-Teams, vor uns getreten war. Ich habe noch seinen Tonfall im Ohr, wie er uns mitteilte, dass Herbert auf der Intensivstation lag, weil er versucht hatte, sich das Leben zu nehmen. Ich wollte danach einfach nur meine Arbeit machen und nicht allein sein. Ich wollte nicht darüber sprechen und mich ganz einfach auf meine Arbeit konzentrieren, um nicht darüber nachdenken zu müssen. Aber dann schlich dieses Trauma-Team im Büro umher. Sie wollten mit ihren sanften Stimmen von uns wissen, ob wir mit der Situation umgehen konnten. Da ich noch da war, ging ich offensichtlich meiner Arbeit nach. Meiner Meinung nach hätten sie sich besser fragen sollen, wie es wohl Herbert gegangen war, bevor er versucht hatte, sich das Leben zu nehmen. Diese Frage hätten wir uns alle damals stellen sollen.

Aber als ich dann zwei Tage später in der Nacht einen Heulkrampf hatte und Uwe sich nach unzähligen Versuchen nicht mehr zu helfen wusste, da war ich dann doch froh, dass mir Selina vom Trauma-Team ihre Karte gegeben hatte. Danach war ich froh, dass ich mit Uwe darüber sprechen konnte. Ich war froh, dass Uwe an die Kontaktkarte gedacht hatte. Ebenfalls war ich vor allem froh, dass Selina ein Profi war, die nachts bei uns vorbeikam und mit mir reden konnte, wie ich es mit niemandem sonst gekonnt hätte.

Herbert kam durch, war jedoch erblindet. Herbert war der liebenswürdige Tollpatsch, den es wohl in jeder Firma gab. Er war immer gut aufgelegt, freundlich, höflich und konnte keiner Fliege etwas zuleide tun. Deshalb waren wir auch alle sehr geschockt, als er versucht hatte, sich das Leben zu nehmen. Von Herbert hätte ich das am wenigsten erwartet. Aber sind es nicht oft diejenigen, von denen wir so etwas am wenigsten erwarten?

Er hatte versucht, sich zu erschießen, doch sogar dafür war er zu tollpatschig. Er benutzte eine Pistole mit einem zu kleinen Kaliber und setzte diese dann zu weit vorne an. Er schoss sich damit buchstäblich das Augenlicht aus. Es wäre eigentlich zum Lachen, wenn es dabei nicht gleichzeitig zum Heulen wäre.

Das Brustgespenst

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