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3. Kapitel

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Werter Cousin,

ich war schon beunruhigt, da längere Zeit verstrich, bis dein Brief eintraf. Hast du inzwischen Hermann und Dorothea gelesen und auswendig gelernt?

Ich habe nachgeschlagen: Das Wort Landauer ist im Deutschen als Name für die neuartige Kutsche seit 1723 belegt. Im Spanischen taucht es über ein Jahrhundert später auf.

Also dürfte es aus dem Französischen ins Spanische übernommen worden sein und damit auf Landau zurückgehen. Ich habe noch Gänsefedern und Tintenfässer. Du kannst also mit Gerätschaften der damaligen Zeit eine Bahn brechende historische Beweisführung antreten. Wer weiß, am Ende wirst du dafür vielleicht noch zum Ehrenbürger ernannt.

In meinem letzten Brief erwähnte ich die Darstellung eines Landauers. Daneben ist übrigens eine interessante Erklärung zu lesen. Ich werde dich dort hinführen, damit du die schönen Schriftzüge bewundern und selbst entziffern kannst:

Anno 1704 im Spanischen Erbfolgekrieg übernahm der römische König Josef I. den Oberbefehl über die kaiserliche Belagerungsarmee vor der von Vauban (siehe Brockhaus-Eintrag) erbauten, von den Franzosen besetzten Festung Landau. Er benutzte für die Fahrt von Wien nach Landau einen neuartigen Reisewagen, dessen Verdeck nach vorn und hinten aufklappbar war. Du kannst dir leicht vorstellen, was für eine Sensation der Anblick gewesen sein muss. Er soll mit weit über 200 Leuten in, sage und schreibe, 77 Kutschen die Strecke von Wien bis nach Landau in zwei Wochen zurückgelegt haben. Seit dieser Zeit gibt es den Landauer. Wenn das mal keine stringente Beweisführung ist! Ich glaube aber kaum, dass Landau dafür einen aus Österreich anreisenden König brauchte. Nimm dir aber kein Vorbild am König. Ich hoffe, dass deine Anreise etwas zügiger von statten geht. Schon gar nicht würde ich dir empfehlen, vorher eigens einen Landauer verfertigen zu lassen, wie dein Landsmann Goethe schrieb. Im Deutschaufsatz bekäme er diese Ausdrucksverfehlung heutzutage angekreidet.

Also, schieb die Reise nicht auf die lange Bank. Denke aber daran, dass du am Schalter ’Gießen – Landau / Pfalz‘ und nicht ‘Landau an der Isar’ sagst. Sonst stehe ich am Bahnhof und warte vergeblich auf dich, während du in einem niederbayerischen Landkreis umherirrst. Allerdings kann ich dir für die Fahrt vom Bahnhof zu unserem Haus weder ein Gefolge von über 200 Mann, noch uns flankierende 77 Kutschen bieten.

Liebe Grüße Felix

Lieber Jobst Jürgen,

deinen Zeilen entnehme ich, dass Landau zusehends seinen Reiz auf dich ausübt. Ich kann dich beruhigen: Unser Haus ist geräumig, ein Gästezimmer schon für dich reserviert. Du ziehst es also tatsächlich vor, die Entwürfe deiner historischen Aufsätze mit Gänsefeder und Tinte zu verfassen? Sie werden griffbereit liegen.

Vielleicht gebe ich dir − nach dem Exkurs über Landauer − einen ersten Überblick über die Stadt:

Landau liegt in der Region Südpfalz, zwischen Rhein und Pfälzerwald. Sie ist eine der größten Weinbaugemeinden Deutschlands. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich noch an deine Verwunderung erregende Bestellung in einer Speyerer Weinstube: ’Ein Glas Mineralwasser, bitte!’

Glaube aber ja nicht, dass die Bedeutung Landaus auf Weinbau beschränkt sei. Es torkeln hier auch keine weinseligen Südpfälzer durch die Gassen. Die Stadt ist stolz auf ihre Universität.

Der Campus Landau steht für Bildung und Gesellschaft, für Umwelt und Kommunikation und ist natürlich international vernetzt. Wir können das Universitätsgelände gemeinsam erklimmen. Oben angekommen, zeige ich dir die Universitätsbibliothek, die nicht nur Studierenden, sondern auch der Bevölkerung offensteht. Sie wird dich beeindrucken durch ihre großzügige räumliche Gestaltung, modern eingerichtete Arbeits- und Studienplätze, lichte Fensterflächen mit Ausblick ins Grüne.

Von ca. 42.000 Einwohnern sind erstaunlicherweise um die 17.000 entweder Schüler oder Studenten. Der reinste Jungbrunnen. Der Aufenthalt hier wird dir gut tun. Um eine Werbebroschüre unserer Stadt zu zitieren: ’Hier kennt der Professor noch seine Studenten.’

Es soll ja Universitäten geben, in denen mancher Student mit Müh’ und Not den Professor zu Gesicht bekommt.

Damit dein Interesse von noch mehr Dynamik erfasst wird, werfen wir nun einen kleinen Blick in die bewegte Geschichte der Stadt:

Rate einmal, wer 1274 Landau die Stadtrechte verlieh? Kein Geringerer als König Rudolf von Habsburg. Das unverwechselbare Stadtbild prägte im 17. Jahrhundert der französische Festungsbaumeister Vauban, der Landau, wie seine Berufsbezeichnung schon verrät, zur Festung ausbauen ließ. Es versteht sich von selbst, dass ich dich zu den verbliebenen Resten des Festungsbaus begleiten und dich davor für Mit- und Nachwelt fotografisch festhalten werde.

Landau war über viele Jahrzehnte französische Garnisonsstadt. Wundere dich also nicht über ein gewisses französisches Flair und Laissez-faire. Vielleicht möchtest du, im Gedenken an Vauban, den Namen der Stadt einmal mit französischem Akzent aussprechen (Die Nase etwas zukneifen). Ich denke aber, auf Deutsch klingt er besser.

Auffallen wird dir sicherlich die besondere Architektur der Ringstraßen. Landau wird nicht nur als Wein-, sondern auch als Gartenstadt bezeichnet.

Die Südliche Weinstraße hat sich einen Ruf als Urlaubsregion erworben. Hol deine Lupe raus und schlage einen Atlas neueren Datums auf. Du wirst sehen, dass sich Landau ziemlich genau im Zentrum dieser Region befindet.

Weinstadt, Gartenstadt, Bildungsstadt, Urlaubsregion, glaube mir, das ist erst der Anfang.

Ich denke, nach diesen ersten Einblicken wirst Du grübeln, wo du deinen Koffer verstaut hast. Was sagt dein Terminkalender?

Viele Grüße Felix

LANDAU Perle der Südpfalz

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