Читать книгу Deutsches Leben der Gegenwart - Paul Bekker - Страница 6

DAS DRAMA

Оглавление

Inhaltsverzeichnis

Das Wort Drama bedeutet Handlung, insonderheit Kulthandlung. Denn das Drama entwickelte sich im alten Griechenland wie in den christlichen Staaten Europas aus den Tiefen der religiösen Weltanschauung und des Gottesdienstes. Sein letzter Grund ist die leid- und geheimnisvolle Zweiheit, in die alles Leben zerspalten ist, in der es fremd, kämpfend und doch sehnsüchtig sich gegenübersteht: der Gegensatz von Gott und Welt, Geist und Natur, Idee und Sinnlichkeit, All und Ich. Nur ein Gott, der vom Himmel herniedersteigt, der die Qual und Zerrissenheit des Endlichen selber auf sich nimmt, Dionysos, Christus, vermag in seinem Gottmenschentum diese Gegensätze zu einen und zu lösen. Sein Leiden und sein Triumph wird zum Inhalt der ersten Dramen: aus den dionysischen Dithyramben wächst die griechische Tragödie, aus der Liturgie der katholischen Kirche das Weihnachts-, Passions- und Osterspiel des Mittelalters. Mit der Renaissance wird an Stelle der kirchlichen die philosophische Weltanschauung Unter- und Hintergrund des europäischen Dramas. Wie die geheimnisvolle Zweiheit und Gegensätzlichkeit des Lebens in den großen Systemen der Philosophen sich darstellt und deutet, wie bald dieser, bald jener der beiden Lebensgegensätze entwertet, dem anderen untergeordnet, so die Einheit erzwungen wird, dann aber wieder beide zur vollen Macht erstarken und in unausweichlichem, unerbittlichem Kampf sich gegenüberstehen: das begleitet in unbewußter und bewußter Verbundenheit die ideelle Entwicklung des deutschen Dramas. Lessings Dramen wachsen aus Lebensgefühl und -deutung des Rationalismus, Schillers Dramen aus Kant, Kleist teilt den Gegensatz der deutschen Gefühlsphilosophie gegen Kant, um Hebbel braut die Atmosphäre Hegels, Richard Wagner findet sich in Schopenhauer. Dann folgt der Zusammenbruch der großen philosophischen Systeme, der Vormarsch der naturwissenschaftlichen, materialistischen Weltanschauung in Deutschland. Über die Nachfahren Schillers, über die Nachahmer des französischen Gesellschaftsstückes hebt sich seit 1888 Gerhart Hauptmann (geb. 1862) mit einem Drama neuen, eignen Stils. Aus welchen weltanschaulichen Zusammenhängen, welchem Lebensgefühl war es gewachsen?

Als 1885 die süßlich-leere Epigonenzeit unserer Dichtung durch die literarische Revolution der Jungen abgelöst wurde, glaubten diese im "Naturalismus" eine neue Lebens- und Kunstanschauung gefunden zu haben. Wilhelm Scherer verkündete: "Die Weltanschauungen sind in Mißkredit gekommen. ...Wir fragen: wo sind die Tatsachen? ...Wir verlangen Einzeluntersuchungen, in denen die sicher erkannte Erscheinung auf die wirkenden Kräfte zurückgeführt wird, die sie ins Dasein riefen. Diesen Maßstab haben wir von den Naturwissenschaften gelernt... Dieselbe Macht, welche Eisenbahnen und Telegraphen zum Leben erweckte, dieselbe Macht regiert auch unser geistiges Leben; sie räumt mit den Dogmen auf; sie gestaltet die Wissenschaften um; sie drückt der Poesie ihren Stempel auf. Die Naturwissenschaft zieht als Triumphator auf dem Siegeswagen einher, an den wir alle gefesselt sind." Arno Holz und Johannes Schlaf glaubten dieser Weltanschauung, im "konsequenten Naturalismus" die entsprechende Kunstanschauung erobert zu haben: "Die Kunst hat die Tendenz, wieder die Natur zu sein. Sie wird sie nach Maßgabe ihrer jeweiligen Reproduktionsbedingungen und deren Handhabung." In den drei Skizzen des "Papa Hamlet", dem Drama "Die Familie Selicke" schufen sie ihrer Lehre die Leistung. "Papa Hamlet" erschien unter dem Decknamen "Bjarne P. Holmsen". Ihm hat Gerhart Hauptmann sein erstes Drama "Vor Sonnenaufgang" (1889) zugeeignet, als "dem konsequentesten Naturalisten, in freudiger Anerkennung der durch sein Buch empfangenen, entscheidenden Anregung".

In Wirklichkeit war diese Anregung, war der ganze konsequente Naturalismus weder für Gerhart Hauptmann, noch für irgendeinen Dichter von "entscheidender" Bedeutung; seine Lebens- wie seine Kunstanschauung war unhaltbar. Von einer rein beschreibenden Wissenschaft, wie der Naturwissenschaft, kann man niemals zu einer Weltanschauung, zur Sinn- und Wertsetzung, vom Sein niemals zum Sollen vordringen. Und ebensowenig ist ein bloßes Abkonterfeien des Lebens durch eine naturalistische Kunst möglich; schon der Erkenntnisprozeß ist — hat Kant dargetan — kein passives Abbilden, sondern ein Formen der Wirklichkeit; alle Kunst ist die Umsetzung der natürlichen in eine von Geist und Gefühl des Künstlers stilisierte Welt.

Mehr als die Formenwelt des Naturalismus, als seine unhaltbare Kunstanschauung haben Ansätze zu einer Lebensanschauung aus der Stoffwelt des Naturalismus Gerhart Hauptmann den Weg zu sich selber frei gemacht. Dem Naturalismus der Form hatte sich fast überall der Sozialismus des Stoffs verbunden und in ihm die Keime eines neuen Gehalts: des sozialen Mitgefühls. Zu den ästhetischen waren ethische Tendenzen getreten. Die Entwicklung der Industrie und der Großstadt, die Einflüsse Zolas, Ibsens, Tolstois hatte sie geweckt. Von der erstarrten und zersetzten Ideen- und Formenwelt des dritten Standes, des Bürgertums, hatten sich die jungen Dichter in sozialem Mitleid zu der ringenden formbedürftigen des vierten Standes, den Arbeitern, gewandt. Und hier war der Weg, der Hauptmann in seine Tiefen führte.

Schon seine erste veröffentlichte Dichtung, das Epos "Promethidenlos" (1885), hatte sein soziales Verantwortungs- und Mitgefühl bekundet. Ergriffen rief sie den Armen und Elenden zu: "So laßt in eurem Schmutz mich hocken — Laßt mich mit euch, mit euch im Elend sein." Und ein Gedicht von 1888 sprach die heilige Leidverbundenheit des Künstlers und Menschen aus:

Ich bin ein Sänger jenes düstren Tales,

Wo alles Edle beim Ergreifen schwindet. — — —

Ihr, die ihr weilt in Höhen und in Tiefen,

Ich bin ihr selbst, ihr dürft mich nicht beneiden!

Auf mich zuerst trifft jeder eurer Pfeile.

Daß diese Leidverbundenheit nicht nur sozialen, daß sie größeren: metaphysischen Tiefen entwuchs, wurde der Urgrund des Dramatikers. Obersalzbrunn, Hauptmanns Geburtsort, lag unweit der pietistischen Urgemeinden Gnadenfrei und Herrnhut. Ihre christliche Innerlichkeit war ihm daheim und mehr noch im Hause seines Oheims zu Striegau, das den Sechzehnjährigen aufgenommen, zum Lebensgefühl geworden. In ihr fühlte er sich dem Rationalismus und Materialismus, der leeren Kultur des technischen Zeitalters fremd. Aus der Schein- und Außenwelt zog es ihn zur wahren, inneren Welt: zur Welt der Seele. Die aber offenbarte sich ihm nicht bei den Satten, Besitzenden, Hochmütig-Klügelnden, sondern bei den Armen im Geiste, den Ringenden und Leidenden. In ihnen glühte der ewige Funke, und sie eroberten und behaupteten ihn im Sturm und Streit ihres Schicksals, nicht mindere Helden in diesem metaphysischen Kampf als die Heroen der großen Tragödie. Ihnen fühlte sich der Dramatiker Hauptmann verbunden, nicht sozial nur, wie der Epiker Zola seinen Gestalten, sondern metaphysisch. In ihrem Leid stellte er das Weltleid, in ihrem Kampf den Zwiespalt alles Lebens dar.

Die Dramen, in denen so das Stoffliche des Naturalismus und Sozialismus überwunden, in denen diese Weltanschauung Gestalt geworden ist, sind "Die Weber" (1892), "Hanneles Himmelfahrt" (1893), "Fuhrmann Henschel" (1898), "Rose Bernd" (1903).

Der Aufstand der Weber im Jahre 1844 war Hauptmann aus Erzählungen des eigenen Großvaters, der noch Weber gewesen, vertraut. Ein Buch Alfred Zimmermanns "Blüte und Verfall des Leinengewerbes in Schlesien" (1885) gab den persönlichen Einzelheiten geschichtlichen Zusammenhang. Den Antrieb gab die soziale Erregung der Zeit. Aber der Kampf der Weber wurde Hauptmann zum erschütternden Abbild alles Menschheitskampfes.

Wie hier die Fabrikanten und die Kreaturen der Fabrikanten bis zum jüngsten Lehrling den hungernden, verhungernden Webern entgegenstehen, hartherzig, hohnlachend, während die abgemergelten Kinder ohnmächtig zu Boden schlagen, während die entkräfteten Greise verwirrt werden und in Zungen reden, das bedeutet nicht mehr einen sozialen Zwiespalt, der mit Geld und Brot geschlichtet werden könnte, es bedeutet die metaphysische Einsamkeit alles Endlichen, das brückenlose Nichtverstehen und Mißverstehen von Mensch zu Mensch. Und wenn nach not- und arbeitdumpfem Leben, am Rande des Grabes die alten Weber in weinendem, verzweifeltem Ingrimm ihre Knochenarme emporrecken: "Das muß anderscher wer'n, mir leiden's ni mehr!", so ist das nicht der Kampfruf sozialer Rebellion, so ist das die Anklage Karl Moors: "Menschen haben Menschheit vor mir verborgen, da ich an Menschheit appellierte," so ist das der tragische Aufschrei der Rütliszene:

Nein, eine Grenze hat Tyrannenmacht:

Wenn der Gedrückte nirgend Recht kann finden,

Wenn unerträglich wird die Last, greift er

Hinauf getrosten Mutes in den Himmel

Und holt herunter seine ewigen Rechte...

Der alte Urstand der Natur kehrt wieder,

Wo Mensch dem Menschen gegenübersteht...

Wie stehn für unsre Weiber, unsre Kinder!

Den Unterdrückten Schillers wird wenigstens das Wort zur Befreiung, der Gedanke zur Erlösung. Hin ist die Kreatur in der ganzen Dumpfheit und Gebundenheit des Endlichen. Und wenn sie anmarschieren gegen ihre Peiniger: "Am liebsten wär ich abgestiegen und hätte glei jed'm a Pulverle gegeben" — erzählt Chirurgus Schmidt, der vorüberfuhr — "Da trottelt eener hinter'm andern her wie's graue Elend und verfiehren ein Gesinge, daß een' fermlich a Magen umwend't"; und wenn der greise Baumert als Rebell erscheint, von den paar Tropfen ungewohnten Alkohols unsicher, einen geschlachteten Hahn als höchste Siegestrophäe mitführend, und die Arme breitet: "Brie — derle — mir sein alle Brieder!", so ist der trostlose Aufruhr der Menschheit gegen das Schicksal, der tragische Sehnsuchts- und Liebesruf aller Einsamen und Gehetzten niemals erschütternder symbolisiert.

Zur höchsten dramatisch-metaphysischen Gipfelung aber steigt der letzte Akt. Da wendet sich der alte, fromme Hilse an seinen Sohn, der den Aufrührern zueilen will: nein, er wird sich nicht empören, auch am Rande des Grabes nicht, er weiß, daß keine Hilfe und Erfüllung möglich ist in der Welt des Irdischen: "Du hast hier deine Parte — ich drieben in jener Welt. Und ich lass' mich vierteelen — ich hab' ne Gewißheet. Es ist uns verheißen. Gericht wird gehalten, aber nich mir sein Richter, sondern: mein ist die Rache, spricht der Herr unser Gott." Gegen diesen Anwalt des Jenseits, der klaglos alle Leiden des Diesseits auf sich nimmt, der — wie je ein Schillerscher Held — "durch eine freie Aufhebung alles sinnlichen Interesses" die Tragik des Lebens überwinden will, kehrt sich seine Schwiegertochter, die unentwurzelbare, schicksalhafte Vertreterin des Diesseits: die Mutter. Nie hat ein Held Schillers oder Hebbels die tragische Wucht und Notwendigkeit seines Lebensgefühls gewaltiger dargetan: "Mit Euren bigotten Räden... dadervon da is mir o noch nich amal a Kind satt gewor'n. Derwegen ha'n se gelegen alle viere in Unflat und Lumpem. Da wurde ooch noch nich amal a eenzichtes Winderle trocken. Ich will 'ne Mutter sein; daß d's weeaß! und deswegen, daß 'd's weeaß, winsch ich a Fabrikanten de Helle und de Pest in a Rachen 'nein. Ich bin ebens 'ne Mutter. — Erhält ma' woll so a Wirml?! Ich hab' mehr geflennt wie Oden geholt von dem Augenblicke an, wo aso a Hiperle uf de Welt kam, bis d'r Tod und erbarmte sich drieber. Ihr babt euch an Teiwel geschert. Ihr habt gebet't und gesungen, und ich hab' mir de Fieße bluttig gelaufen nach ee'n eenzigten Neegl Puttermilch. Wie viel hundert Nächte hab ich mir a Kopp zerklaubt, wie ich ok und ich keente so a Kindl ok a eenzicb Mal um a Kirchhof 'rumpaschen. Was hat so a Kindl verbrochen, hä? und muß so a elendigliches Ende nehmen — und drieben bei Dittrichen, da wer'n se in Wein gebad't und mit Milch gewaschen. Nee, nee: wenn's hie losgeht — ni zehn Pferde soll'n mich zuricke halten. Und das sag ich: stirmen se Dittrichcns Gebäude — ich bin de erschte — und Gnade jeden, der mich will abhalten."

Schiller hatte des überlieferten Stoffes und der überlieferten dramatischen Form wegen im "Wilhelm Tell", seinem Drama der Volkserhebung, drei Handlungen (Tell-, Rütli-, Rudenz-Handlung) nebeneinander laufen lassen. Hauptmann wagt es, die Masse der Weber zum dramatischen Helden zu machen und in einer gewaltigen Steigerung zum Gipfel zu führe. Im üblichen Dramenbau wäre dies die Höhe des dritten Aktes. Die "Peripetie" fehlt. Aber in der Seele des Zuschauers drängen sich die zwei letzten, ungeschriebenen Akte: sie sieht und leidet voraus, wie dieses Häuflein Menschheit umsonst gegen sein Schicksal aufstand, wie es ein paar Stunden sich frei und erlöst fühlen darf, um dann nur um so grausamer i de dumpfe, leidvolle Gebundenheit alles Endlichen zurückgeworfen zu werden.

Nur wenn Staub und Asche des Irdischen und Körperlichen verwehen, wird der göttliche Funke der Seele frei: im Tode oder im Traume. Das vierzehnjährige "Hannele", das vor seinem verkommenen brutalen Vater in den vereisten Dorfteich flüchtet, das sich nur fürchtet vor dem Leben, das so gern in den Himmel kommen möchte zur Mutter und zum lieben Herrn Jesus, das im gespenstig-grotesken Elend des Armenhauses in Fieberträumen sein Dasein erfüllt, ehe es zu Ende geht, wird zum erschütternden und erlösenden Bild der Menschenseele. Wenig Dichtungen sind so innerst musikalisch wie diese Traumdichtung, die zwischen der Welt der Seele und der Wirklichkeit hin und her geht, unbehindert und schöpferisch. Aus den gegebenen Elementen der kindlichen, dörflichen Seele, der Bibel, dem Märchen, dem Vater, der Mutter, dem Lehrer, baut sie eine Welt und Handlung auf, die alle tieferen Beziehungen, die den metaphysischen Sinn des Lebens in sich schließt.

In "Fuhrmann Henschel" geht das Gefühl von der dunklen Macht der Umwelt bis zur vollen Passivität. Aber es ist nicht die Abhängigkeit vom Einzelnen, Zufälligen — wie im Schicksalsdrama alten Stils —, die den Fuhrmann erdrückt, es ist die unentrinnbare tragische Verstrickung und Zwiespältigkeit alles Endlichen, die er dumpf erfühlt, gegen die jeder Widerstand unnütz ist. Ein schlichter, hilfloser Mensch starrt durch die Fenster seiner Kellerwohnung in den nächtlichen Himmel, grübelt nach einer Schuld, die ihn zu Boden gerissen, und findet keine, grübelt nach einem Sinn hinter den Geschehnissen, die ihn fortdrängen, und findet keinen, und bäumt sich nicht auf und rächt sich nicht und geht still ins Dunkel: "Ane Schlinge ward mir gelegt, und in die Schlinge da trat ich halt nein... Meinswegen kann icb auch schuld scin. Wer weeß 's?! Ich hätt't ja besser kenn'n Obacht geben. Der Teifel ist eben gewitzter wie ich. Ich bin halt bloß immer grad'aus gegangen."

Hauptmann hat den "Fuhrmann Henschel" in der ersten Sammlung seiner Werke unter die "Sozialen Dramen" eingereiht, obwohl dieser Titel eigentlich nur das erste, noch tendenziöse seiner Dramen "Vor Sonnenaufgang" trifft Henschel steht weder sozial sonderlich tief — er ist Fuhrwerksbesitzer und hat einen Knecht unter sich —, noch ist sein Schicksal durch seine soziale Stellung bedingt. Auch "Rose Bernd" ist kein soziales Drama, wenngleich es so eingestellt ist. Man möchte es in die Reihen der bürgerlichen Tragödien ordnen, zu Schillers "Kabale und Liebe" und Hebbels "Maria Magdalene", zumal sich die Gestalt des Vaters in allen verwandt geblieben. Und doch sprengt die tragische Gewalt des Hauptmannschen Dramas auch die bürgerliche Welt, ihre verhängnisvolle In-sich-Gebundenheit, und bricht zu den letzten Tiefen des Metaphysischen durch. Aus naturhafter Frische und Lebenslust wird ein Bauernmädchen aufgescheucht von den Begierden der Männer, "verfolgt und gehetzt wie a Hund", in Schuld und Meineid gejagt, bis es das Leben verneint und verflucht, bis es am Straßenrande sein Kind in der Geburt mit eigenen Händen erwürgt, nicht aus Furcht vor Schande: "'s sullde ni laba! Ich wullte 's ni!! 's sullde ni meinc Martern derleida! 's sulldte duer bleib'n, wo's hiegehert." Die Natur, das Leben selber verneint sich im tragisch-tödlichen Mitleid dieser Mutter. In metaphysischer Einsamkeit und Größe ragt die Gefolterte gegen den tragischen Himmel des Seins: "Das iis ane Welt... da sein Sie versunka... da konn' Sie mer nischt nimeh antun dahier! O Jees, ei ee kleen' Kämmerla lebt Ihr mit'nanderl Ihr wißt nischt, was außern der Kammer geschieht! Ich wiß! ein Krämpfen hab ich's gelernt! Da is... ich weeß ni.. all's von mir gewichen... als wie Mauer um Mauer immerzu — und da stand ich drauß'n, im ganz'n Gewitter — und nischt mehr war unter und ieber mir."

Deutsches Leben der Gegenwart

Подняться наверх