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Kommissar Meyer auf Nachbarschaftsbesuch
ОглавлениеKommissar Meyer aus Osselröde ist zu einem Arbeitsbesuch bei seinem Kollegen in die Niederlande eingeladen worden. Um sich vorher in die holländische Kultur einzuleben hat er einen Holländer, der schon seit längerer Zeit in Deutschland lebt, um Auskunft gebeten.
"Schiet het al op?" Der Kommissar übt einen holländischen Satz, während er sich im Wohnzimmer hinter einem Blumenarrangement am Fenster versteckt hat.
"Was bedeutet das denn?", fragt ihn seine Frau.
"Das pflegen die Holländer zu sagen … es bedeutet, ob man mit der Arbeit vorankommt", antwortet er.
"Na, das ist schon eine Sache … aber wieso, wenn ich fragen darf, belauerst du ständig unsere Nachbarn?"
"Wie ich vernahm achten die Holländer ständig aufeinander und das möchte ich etwas üben."
"Bist du da sicher?"
"Ganz sicher, denn ich erfuhr auch, dass viele Holländer, wenn sie Auto fahren, die Augenfarbe vom Autofahrer hinter ihnen ohne Probleme erkennen können."
"So ein Quatsch!", antwortet seine Frau.
"Nein, das kommt daher, weil sie von Natur aus hastig sind und daher häufig drängeln."
"Aber was, wenn jemand im Auto eine Sonnenbrille trägt?"
"Dann sind sie bestimmt in der Lage den Markennamen der Brille zu lesen."
"Komisch … nebenbei, Heinz: Kommt Funke auch mit?", fragt ihn seine Frau, als im gleichen Moment das Handy von ihrem Mann klingelt.
Er geht sofort ran: "Meyer! Funke, du? Was ist los? … Wieso, hast du einen fast toten Holländer gefasst? Im Krankenwagen? Einmischen? In was? … Na, so was, nun, ich habe schon einiges gehört von den Holländern … aber kurz und gut Funke: Wie du weißt fahre ich morgen zu einem Arbeitsbesuch zu unseren Nachbarn, nee, nicht meinen Nachbarn. Du verstehst schon, in die Niederlande, und ich gehe alleine … und bevor ich es vergesse: Ich wünsche dir schöne Ferien; wir sehen uns ja bald, ja, bis dann." Er legt auf, wirft sein Handy auf die Couch und versteckt sich wieder hinter dem Blumenarrangement am Fenster.
"Nun, was war das mit Funke und dem fast toten Holländer?', fragt ihn seine Frau.
"Ach, in einem Krankenwagen hat ein halb toter Holländer sich nach einem Unfall über das Interieur des Krankenwagens beschwert und nun hat Funke ihn verhaftet, weil er andauernd auf die Krankenpfleger geschimpft hat … aber wie ich sehe, streicht gerade der Nachbar seinen Anbau und seine Frau haut ihm eins über die Ohren." Der Kommissar schaut hinter dem Blumenarrangement hervor.
"In so einem Zustand beschwert man sich doch zuletzt über das Interieur eines Krankenwagens, oder?", antwortet seine Frau.
"Ach, nun fällt der Topf mit Farbe über die Terrasse und alles ist weiß, nur nicht der Anbau."
"Man soll Prioritäten setzen", antwortet seine Frau.
"Die haben bestimmt Streit und Diskussionen, in welchem Farbton sie den Anbau gestalten wollen."
"Bevor man sich eine Meinung bildet, sollte man sich zuerst mal in aller Ruhe alles anschauen und überdenken."
"Kommt noch was im Fernsehen? Ich kann das mit den Nachbarn nicht länger mit ansehen", fragt der Kommissar und haut sich auf die Couch.
Auf einer niederländischen Autobahn, in einem Streifenwagen, sitzt neben zwei holländischen Kollegen auf dem Rücksitz der Kommissar Meyer. Hinter einem Gebüsch blitzt ständig eine vollautomatisch ausgestattete Kamera, während die Raser wie frisierter Stubenfliegen über den Asphalt fliegen.
Im Streifenwagen werden dem Kommissar von einem Kollegen Getränke angeboten, als plötzlich ein Raser mit so hoher Geschwindigkeit vorbeifährt, als wäre man auf der Startbahn eines Flughafens. Der Kommissar nimmt einen Tomatensaft.
"Schiet het al op?", fragt der Kommissar, als ihm durch das schnelle Anfahren des Streifenwagens das Erfrischungsgetränk über das weiße Hemd läuft.
"Der kommt schon voran", antwortet der holländische Kollege ironisch, ohne sich nach dem Kommissar umzuschauen.
Erschrocken schaut sich der Kommissar sein Hemd an. Er sieht aus, als wäre er am Verbluten.
Mit heulender Sirene fliegt der Streifenwagen hinter dem Verkehrssünder her. Die beiden Polizisten zeigen gar kein Interesse für die Lage, in der sich der Kommissar befindet — er sitzt da, als ob er gerade erschossen wurde. Der Polizist hinter dem Steuer muss schon richtig auf das Gas treten, um dem Verkehrssünder auf den Fersen zu bleiben. Dem Kommissar aber ist es gerade scheißegal, ob der Verkehrssünder erwischt wird oder nicht. Er kann sich ja kaum sehen lassen in so einem Zustand — als Kommissar von Osselröde und dazu auch noch in den Niederlanden. Und als ob dies alles noch nicht genug sei, sieht er zu seinem Erstaunen wie der Funke aus dem Fahrzeug aussteigt, das schließlich zum Halten gezwungen wurde.
Irgendwie verwirrt durch den Anblick von Funke, steigt der Kommissar mit blutrotem Hemd aus dem Streifenwagen. "Funke, du? Was ist los?", ruft er bestürzt.
"Was ist ihnen denn über den Weg gelaufen, Herr Kommissar?", fragt Funke, als mit heulender Sirene ein Krankenwagen angerast kommt.
"Ach, nur Tomatensaft!"
"Ich sah im Rückspiegel jemanden der verwundet schien, und habe sofort einen Krankenwagen angerufen", sagt Funke.
"Aber du hast doch sicherlich bemerkt, dass dich wegen zu schnellen Fahrens ein Streifenwagen verfolgt hat?"
"Ja klar … ich habe doch auch noch nach meinen holländischen Kollegen gewinkt."
Der Kommissar wendet sich schnell an die beiden Polizisten: "Dies hier ist mein Kollege Herbert Funke, auch aus Osselröde."
"Alles klar, Herr Kommissar!", antworten die Polizisten und sie schütteln Funke die Hände.
Zwei Rettungssanitäter kommen auf die Polizisten zugelaufen und betrachten besorgt den Kommissar, der sofort reagiert. "Kein Problem, es ist nur Tomatensaft."
"Wir aber möchten gerne, dass sie mit uns kommen", sagt einer der Sanitäter.
Der Funke mischt sich ins Gespräch. "Das sieht aber irgendwie doch komisch aus, Herr Kommissar."
"Warum hört denn keiner auf mich? Es ist verdammt noch mal nur Tomatensaft."
Doch ohne weitere Worte nehmen die Sanitäter ihn am Arm mit zum Krankenwagen.
Die beiden holländischen Polizisten schauen verwundert zu, als der Kommissar mürrisch im Krankenwagen verschwindet. Und auch Funke steht etwas verloren da, aber der befasst sich mit dem Inhalt seines Geldbeutels.
Der Kommissar liegt nun auf einer Trage im Krankenwagen und ist sauer — und eigentlich ist sauer noch zaghaft ausgedrückt, kurz vorm Explodieren würde es besser treffen — als er sich auf das Innere des Krankenwagens konzentriert. "So ein Mist. Da kommt man ins Krankenhaus, nur weil man versucht hat Tomatensaft zu trinken. Außerdem: Das Interieur stinkt."
Die beiden Sanitäter denken schon daran, ihn vorsorglich fest anzubinden.
"Lasst mich raus! Lasst mich raus!", schreit er, worauf einer der Sanitäter ihm ein Beruhigungsmittel verabreicht.
Nach einigen Minuten schläft der Kommissar wie ein Baby und äußert sich nur noch wenn er ruft: "Schiet het al op? Schiet het al op?"