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Auftakt

Richard Wagners Opern sind geprägt von herausragenden Frauenfiguren: Isabella, Irene, Senta, Elisabeth und Venus, Elsa und Ortrud, Isolde, Fricka, Brünnhilde, Kundry. Sie sind zwar gegenüber den männlichen Akteuren in der Minderzahl, gleichzeitig aber für den Gang der Handlung unverzichtbar, insbesondere als Ziel des heldischen Sehnens, als Partnerin, selten auch als Widerpart, bis hin zu Falschheit und Intrigen.

Als Kind des 19. Jahrhunderts lebte auch Wagner prinzipiell in der traditionellen Vorstellung eines Antagonismus von Weiblichkeit und Männlichkeit. Seine Ausführungen zur angeblichen Charakteristik »des Weibes« liest man heute je nach Standpunkt und Befindlichkeit leicht amüsiert oder mit Befremden. Nichts anderes gilt für die These, »gute« Frauen seien zur Liebe (und nichts anderem) geboren, oder für die Verbindung der Ausdrucksformen Musik bzw. Harmonie mit Weiblichkeit (das »gebärende Element«) und Drama bzw. Dichtkunst mit Männlichkeit (so in der Schrift »Oper und Drama«). Auch das Streben der männlichen Hauptpersonen nach Erlösung durch Liebe, ein Kontinuum seiner Werke, mag auf uns antiquiert, bestenfalls rührend wirken.

Andererseits hat Wagner die Auffassungen seiner Zeit auch radikal überwunden, indem er durchaus starke Frauenrollen schuf und ihnen nicht selten schwache Männer gegenüberstellte – man denke etwa an Erik und Gunther, mit Einschränkung Tristan, letztlich auch Wotan. Auch die vollzogene Geschwisterliebe zwischen Sieglinde und Siegmund stellte einen sehr mutigen Tabubruch dar.

Jedenfalls ist zu konstatieren, dass »das Weibliche« als Topos Wagner permanent sowohl in seinen Opern, als auch in seinen theoretischen Schriften beschäftigt hat. Noch die letzte Schrift, über deren Anfertigung Wagner 1883 in Venedig verstarb, trug den Titel »Über das Weibliche im Menschlichen«. Dass Frauen, vor allem seine erste Ehefrau Minna, sodann die große unerfüllte Liebe Mathilde Wesendonck und schließlich Cosima, auch für Wagners künstlerisches Schaffen enorme Bedeutung hatten, ist anerkannt.

Der vorliegende Band 4 der Frankfurter Wagner-Kontexte behandelt unter dem Titel »Richard Wagner und ›das Weibliche‹« vor allem die Anfänge und Ursprünge der Entwicklung Wagners bis etwa 1850. Ausgehend von der Betrachtung philosophischer und ideologischer Vorbilder und dem zielgerichteten Überblick über Wagners eigene Aussagen sowie Ereignisse in seiner Biographie analysiert und diskutiert Autor Paul Simon Kranz die frühen Opern – noch nicht Musikdramen – von der fragmentarischen »Die Hochzeit« (1832) bis zum »Lohengrin«.

Simon Kranz wurde 1995 in Gießen geboren. Er studierte u.a. Schulmusik für das Lehramt an Gymnasien an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main. Derzeit strebt er den Bachelor of Music (Hauptfach Gesang) am Dr. Hoch’s Konservatorium Frankfurt am Main an. Das Buch beruht auf der Abschlussarbeit des Autors für das Erste Staatsexamen. Zum Thema inspiriert wurde Herr Kranz nach eigener Aussage durch Karikaturen und Anekdoten über Wagner sowie durch die aktuelle Geschlechterdebatte. Für die Veröffentlichung hat er seine Arbeit nochmals überarbeitet und ergänzt.

Der Richard-Wagner-Verband Frankfurt am Main schuldet für die Unterstützung bei der Realisierung großen Dank:

• Tamara Kuhn und besonders Alexandra Hamann vom Verlag Tectum für die gewohnt professionelle Betreuung,

• Prof. Dr. Peter Ackermann von der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main für die Herstellung des Kontakts, und

• wieder einmal unseren Mitgliedern für ihre zweckgebundenen Spenden, mit denen sie die Herausgabe der Reihe Frankfurter Wagner-Kontexte möglich machen.

Frankfurt am Main, im September 2021

Dr. Sven Hartung

Vorstandsmitglied


www.rwv-ffm.de/publikationen/

Richard Wagner und »das Weibliche«

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