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SCHLECHTE UNTERNEHMENSKULTUR IN DER KREATIVBRANCHE

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Jeder, der schon mal in einer der internationalen Kreativagenturen Londons, New Yorks oder anderer Großstädte gearbeitet hat, wird mir zustimmen, dass dort eine lausige Unternehmenskultur, Egozentrik und aberwitzige Arbeitszeiten nicht nur gang und gäbe sind, sondern oft auch noch geradezu zelebriert werden. Praktikanten bekommen keinen Cent, Überstunden werden wie eine Auszeichnung vor sich hergetragen. Egomanie wird gefördert, und es gilt der Konsens, dass mit der Größe des Egos auch die Bewunderung und Verherrlichung des Individuums wachsen.

Wie fast jeder in der Kreativbranche habe auch ich viele Menschen getroffen, die extreme Stereotypen verkörperten. Im Verlauf dieses Buches stelle ich Ihnen einige der skurrilsten davon vor. Fangen wir doch gleich mal mit der ersten, übrigens unvergesslichen Begegnung an. Dieser Gentleman – nennen wir ihn Denny Dribblehoff – war ein ganz besonders widerlicher Charakter.

Denny war kein kreatives Genie im Steve Jobs’schen Sinne, sondern Account Director für einen großen Firmenkunden. Diese Sorte Mensch verkörpert die allerschlimmsten Eigenschaften der Kreativbranche. Zugegeben, sie haben auch einen der härtesten Jobs, weil sie permanent zwischen überbordenden Kundenanforderungen einerseits und realistischen Zeitvorgaben für die eigentliche kreative Arbeit andererseits herumjonglieren müssen. Zum Glück durfte ich im Lauf der Jahre auch mit einigen ganz wunderbaren Exemplaren dieser Spezies zusammenarbeiten, die den Bogen raushatten, wie man sogar in diesem undankbaren Job hervorragende Arbeit leisten kann.

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Denny Dribblehoff gehörte nicht dazu. Er stammte aus irgendeiner obskuren Kleinstadt und wurde, im Großstadtdschungel noch nicht ganz angekommen, mit der Betreuung eines ziemlich kniffligen Firmenkunden-Accounts beauftragt. Er hatte das Selbstbewusstsein und die Körperhaltung eines Footballstars, trug gern schlecht sitzende schwarze Anzüge mit Krawatte wie auf einer Beerdigung, und wenn er tatsächlich, selten genug) mal aus sich herauging, war dabei in der Regel (zuviel) Alkohl im Spiel. Und er war ein absoluter Alptraum für jedes Kreativteam. Denn auf eines war Verlass: Jeden Freitag vor Ablauf einer Deadline erschien Denny pünktlich gegen 17.00 Uhr in der Designabteilung und grunzte: »Alles klar, Leute. Der Kunde liiiiiiiiebt Kreative. Großartig …, genialer Scheiß, noch nie gesehen so was – das waren seine Worte! Hundertprozentig preisverdächtig! Sie haben nur noch ein paar ganz kleine Änderungen …« Und dann ratterte er eine kilometerlange Liste von Änderungswünschen herunter, die allesamt darauf hinausliefen, am Wochenende eine völlig neue Idee zu entwickeln und sie bis Montagmorgen, 9.00 Uhr, fertigzustellen. Im Anschluss an seine Vortrag ließ er uns wissen, dass er selbst am Wochenende eine wichtige familiäre Verpflichtung habe und – ups – eigentlich schon längst weg sein müsste. Woraufhin er mit den Worten »Also dann, Leute, bis Montag in aller Früh’« beschwingten Schrittes das Büro verließ.

Wie kann man grandiose Arbeit leisten, ohne ein Arschloch zu sein?

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