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aa) Einheit und Pluralität der Verwaltung
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Die „Einheit der Verwaltung“ lässt sich zwar – entgegen anders lautender Stimmen im Schrifttum[107] – nicht als Teilgrundsatz aus dem Rechtsstaatsprinzip oder dem Demokratieprinzip deduzieren,[108] sie steht aber für eine regulative Idee, deren Bedeutung in erster Linie darin liegt, den Zurechnungs- und Verantwortungszusammenhang allen Verwaltungshandelns zum Staat als im Kern unaufgebbares Postulat des parlamentarischen Regierungssystems (vgl. Art. 20 Abs. 2, Art. 65 Satz 2 GG[109]) zu kennzeichnen. Soweit sich freilich der grundsätzlich nur verwaltungstheoretische Topos der Einheit der Verwaltung in seinem Sinngehalt mit dem normativen Gehalt bestimmter Verfassungsprinzipien und -bestimmungen trifft, hat er Anteil an deren normativer Funktion.[110]
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Die Leitidee der Einheit der Verwaltung gilt dabei nicht absolut oder als Selbstzweck.[111] Im Gegenteil: Sowohl rechtlich als auch empirisch ist die Organisation der deutschen Verwaltung seit langem[112] horizontal und vertikal stark ausdifferenziert (Pluralität der Verwaltung).[113] Dem Betrachter bietet sich ein gleichsam „naturwüchsiges“[114] Bild der Fragmentierung, Spezialisierung und Polyzentralität.[115] Bund und Länder verfügen jeweils über eigene Verwaltungsstrukturen ohne eine gemeinsame Spitze. Wegen des Grundsatzes des Vollzugs auch der Bundesgesetze durch die Länder (Art. 83 GG)[116] liegt praktisch der Schwerpunkt der Verwaltungstätigkeit auf der Länderebene. Die Fragmentierung und Binnendifferenzierung ergibt sich daneben auch aus der hohen Zahl verselbständigter Verwaltungseinheiten.[117] Aus unterschiedlichen, mit den Spezifika der jeweiligen Sachmaterie verbundenen Motiven[118] wurden zahlreiche öffentliche Aufgaben aus dem Bereich der unmittelbaren Staatsverwaltung entlassen und organisatorisch ausgegliederten Trägern („Trabanten“) zugewiesen. Durch die Privatisierung von Staatsaufgaben und die Eingehung von Kooperationsverhältnissen zwischen dem Staat und Privaten („kooperatives Recht“[119]; Public-Private-Partnership – PPP[120]) kommt es noch zu einer weiteren Pluralisierung der Verwaltung.[121]