Читать книгу Ius Publicum Europaeum - Paul Craig - Страница 204
bb) Staatsaufsicht
Оглавление101
Die Staatsaufsicht nimmt aus Gründen des Rechtsstaats- und Demokratieprinzips eine Schlüsselfunktion im Bereich des staatlichen Kontrolltableaus ein,[439] auch wenn dies bei verfassungsrechtlicher Rechtfertigung sogenannte ministerialfreie Räume nicht grundsätzlich ausschließt.[440] Staatsaufsicht im Rechtssinne ist diejenige Tätigkeit des Staates, die innerhalb der dezentralisierten Verwaltungsorganisation das Verhalten eines verselbständigten Verwaltungsträgers auf seine Vereinbarkeit mit einem bestimmten, staatlicherseits vorgegebenen Richtmaß überprüft und im Falle einer festgestellten Abweichung entsprechend berichtigt.[441] Staatsaufsicht findet daher gegenüber Selbstverwaltungsträgern statt.[442] Sie beschränkt sich nicht von vornherein auf einen bestimmten Aufsichtsmaßstab, Aufsicht über die Erfüllung der eigenen (Selbstverwaltungs-)Angelegenheiten des ausgegliederten Verwaltungsträgers ist aber grundsätzlich reine Rechtsaufsicht. Bei der Fach- bzw. Sonderaufsicht, also der Aufsicht über die Erfüllung der im Auftrag oder nach Weisung des Staates wahrgenommenen Aufgaben, wird demgegenüber auch die Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns kontrolliert.[443]
102
Hinsichtlich der Aufsichtsmittel ist – je nach gesetzlicher Ausgestaltung – zwischen präventiven[444] und repressiven[445] Instrumenten zu unterscheiden.[446] Jedes Eingreifen der Aufsichtsbehörde ist von einer gesetzlichen Grundlage abhängig (Art. 20 Abs. 3 GG),[447] wobei das Einschreiten in der Regel im Ermessen der Aufsichtsbehörde steht (Opportunitätsprinzip).[448] Die allgemeine Rücksichtnahmepflicht gegenüber dem Selbstverwaltungsträger verdichtet sich besonders dort, wo Selbstverwaltung grundrechtliche Wurzeln hat (Rundfunk, Wissenschaft). Hier kann und muss gegebenenfalls eine Rücknahme der Intensität, wenn auch kein gänzlicher Verzicht auf Staatsaufsicht erfolgen,[449] etwa im Sinne des Grundsatzes hochschulfreundlichen Verhaltens[450].