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b) Das subjektive öffentliche Recht als Schlüsselkategorie

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Mit Art. 19 Abs. 4 GG („seinen Rechten“) rückt der Begriff des subjektiven öffentlichen Rechts in den Mittelpunkt des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes.[512] Verfahren, in denen allein die objektive Rechtmäßigkeit von Verwaltungshandeln geprüft wird, sind in Deutschland – im Unterschied zu Frankreich[513] – die Ausnahme. Das einfache Recht statuiert in § 42 Abs. 2 VwGO schon für die Zulässigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Klage das Erfordernis der Möglichkeit der Verletzung eines eigenen subjektiven Rechts. Die Begründetheit einer Klage hängt nach dem Grundmodell des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO von der Verletzung eines subjektiven Rechts des Rechtsschutzsuchenden ab.

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Die Bindung des Rechtsschutzes an den Zentralbegriff des subjektiven Rechts ist auch über den unmittelbaren Anwendungsbereich der §§ 42 Abs. 2, 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO hinaus anerkannt. Sie gilt für die – nicht ausdrücklich normierte – allgemeine Leistungsklage und – schon wegen der Akzessorietät zur Hauptsache – auch für den vorläufigen Rechtsschutz. Sogar für die allgemeine Feststellungsklage wird von der herrschenden Meinung eine analoge Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO befürwortet,[514] was aber abzulehnen ist, da der Gesetzgeber in § 43 Abs. 1 VwGO gerade ein „berechtigtes Interesse“ hat genügen lassen, weshalb keine (planwidrige) Regelungslücke besteht.

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Über den Garantiebereich des Art. 19 Abs. 4 GG ist der deutsche Gesetzgeber lediglich in Einzelfällen hinausgegangen. Ein Beispiel für überindividuellen Rechtsschutz ist die abstrakte Normenkontrolle des § 47 VwGO, die zumindest insoweit den Charakter eines objektiv-rechtlichen Beanstandungsverfahrens trägt, als sie auch durch eine Behörde eingeleitet werden kann.[515] Hierbei handelt es sich um einen Fall von überindividueller Klagebefugnis kraft hoheitlicher Sachwalterschaft; in diese Kategorie gehört daneben auch noch die Klagebefugnis der Vertreter öffentlicher Interessen, der Gleichstellungsbeauftragten sowie von Wirtschaftskammern.[516] Eine für das Naturschutzrecht bedeutsame Ausnahme statuiert § 64 BNatSchG, der Naturschutzverbänden (behördlich anerkannten Vereinen) ein von der Möglichkeit der Verletzung subjektiver Rechte unabhängiges Klagerecht zuspricht (sogenannte altruistische Verbandsklage).[517] Ebenfalls hierher gehört die umweltrechtliche Verbandsklage nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG, bei der der deutsche Gesetzgeber zunächst versucht hat, einen – unionsrechtswidrigen – Sonderweg („abstrakte Schutznormakzessorietät“) zu gehen, der ihm nun aber durch den EuGH abgeschnitten wurde.[518]

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