Читать книгу Captain Paul Watson Interview - Paul Watson, Michele Sciurba - Страница 24
Moderne Sklaverei in der kommerziellen Fischereiindustrie
ОглавлениеNoch dazu ist es eine Industrie, in der Sklavenarbeit gang und gäbe ist. Viele der Besatzungsmitglieder sind versklavt. Es handelt sich dabei nicht um Sklaverei im wörtlichen Sinn, aber es ist trotzdem Sklaverei. Beispielsweise laufen gerade jetzt Fischereischiffe unter amerikanischer Flagge in den Hafen von Honolulu auf Hawaii ein. Die Crew-Mitglieder kriegen 300 Dollar im Monat. Es sind keine Amerikaner und sie dürfen nicht an Land gehen. Wenn das Schiff anlegt, müssen sie an Bord bleiben. Dann fahren sie wieder aufs Meer hinaus und laufen den nächsten Hafen an. Weil sie 300 Dollar monatlich bekommen, sind sie rechtlich gesehen keine Sklaven, aber sie dürfen das Schiff nicht verlassen und verrichten Sklavenarbeit, jedenfalls gemessen an den Gewinnen der amerikanischen Fischereiunternehmen, für die sie arbeiten. Und dennoch verschließen wir die Augen davor. Wir sind sehr gut darin, nur das zu sehen, was wir sehen wollen, und das zu ignorieren, was wir nicht sehen wollen. Das trifft auf jeden Konflikt zu. Nehmen wir den Nahostkonflikt. Wir sagen: „Wir wollen nichts davon wissen, dass Kinder getötet werden. Israel hat das Recht, sich selbst zu verteidigen. Verwirrt uns nicht mit diesen Geschichten über getötete Kinder. Das widerspricht unseren nationalen Interessen.“
Die Fischereiindustrie macht Millionen und Abermillionen an Profit und gleichzeitig werden der Mannschaft menschenunwürdige Arbeitsbedingungen zugemutet. Das Hauptproblem ist die Doppelregistrierung von Schiffen. Ein deutsches Schiff kann in Panama registriert sein und unter panamaischer Flagge fahren und entzieht sich dadurch der deutschen Gerichtsbarkeit und dem deutschen Arbeitsrecht. Das Problem ist in der EU durchaus bekannt, aber unser Eindruck ist, dass niemand irgendwas dagegen unternimmt.
Der Fall der Canadian Merchant Marine und der Canadian Seafarer’s Union macht deutlich, wie schwer es ist, an dieser Praxis etwas zu ändern. Als die Mannschaft eines kanadischen Schiffs mehr Lohn forderte, lautete die Antwort der Schifffahrtsindustrie: „Wir brauchen euch nicht; wir fahren einfach unter einer anderen Flagge.“ Das folgende Beispiel zeigt, wie absurd die Situation inzwischen ist. Die Fähre von Portland in Maine nach Nova Scotia überquert die US-kanadische Grenze. Sie gehört dem kanadischen Staat. Trotzdem fährt sie unter der Flagge der Bahamas, weil sie nicht die kanadischen Bestimmungen erfüllt. Wir sprechen also von einem staatlichen Schiff, das den eigenen Vorschriften nicht genügt. Das gibt es fast überall. In den Vereinigten Staaten schreibt der Jones Act vor, dass Schiffe, die Fracht zwischen amerikanischen Häfen transportieren, unter amerikanischer Flagge fahren müssen. Deshalb müssen Kreuzfahrtschiffe auf dem Weg von Seattle nach Alaska in Vancouver oder Victoria einen Zwischenstopp einlegen. Es wäre illegal, wenn sie ohne amerikanische Beflaggung unterwegs wären. Das dürfen nur unter amerikanischer Flagge fahrende Schiffe. Amerika ist wahrscheinlich das einzige Land, das ich kenne, das so strenge Vorschriften hat, aber die gelten nur für die heimische Schifffahrt, nicht jedoch für internationale Transporte.