Читать книгу Die 40 bekanntesten archäologischen Stätten entlang der Via Agrippa in Deutschland, Luxemburg und Frankreich - Peggy Leiverkus - Страница 10
ОглавлениеWer auf der Höhe von Oos die Via Agrippa verließ, um auf dem Gut der Villa Sarabodis Handel zu betreiben, kam darüber hinaus in den Genuss des mineralreichen Wassers, das bis heute weit über seinen Ursprung hinaus bekannt ist. Zum Beten und Opfern luden die heilige Quelle des Gutsbesitzers oder das Matronenheiligtum auf dem Berg ein.
05 GEROLSTEIN – HEILIGES WASSER UND EIN FALSCHER JUDENFRIEDHOF
DEUTSCHLAND | Rheinland-Pfalz |
Villa Sarabodis
Die gemütliche Kleinstadt Gerolstein ist vor allem berühmt durch ihr Mineralwasser. Doch auch seine Lage in der Vulkaneifel zwischen bewaldeten Hügeln und dramatischen Dolomitenfelsen macht sie zu einem beliebten Urlaubsziel. Vielleicht diese schöne Umgebung oder auch die sprudelnde Heilquelle, heute Sidinger Drees genannt, veranlasste eine wohlhabende Familie im 1. Jh. sich hier niederzulassen – ca. 7 km östlich der Via Agrippa, die wohl durch das heutige Oos (Ausava) verlaufen ist. Die sog. Villa Sarabodis wurde beim Bau der Gerolsteiner Erlöserkirche 1907 entdeckt und für die Nachwelt konserviert (Abb. 12). Die sog. villae rusticae, meist weitläufige und luxuriös ausgestattete Landvillen, waren häufig zwischen Rhein und Mosel. Meistens waren es wohlhabende Einheimische, die sich mit den römischen Eroberern arrangiert hatten und Landwirtschaft betrieben, von deren Einnahmen sie lebten. So bogen aus der Zufahrtstraße zur Villa sicher häufig mit Getreide oder Schlachttieren beladene Karren auf die Via Agrippa ein. Möglicherweise unterhielt der Villenbesitzer am Straßenrand auch einen eigenen Verkaufsstand.
Man erkennt heute noch die zahlreichen Räume der Anlage sowie eine Hypokaustenheizung, die links, unmittelbar hinter dem Eingang, in einem Schutzhäuschen zu besichtigen ist. Wahrscheinlich hat sich an dieser Stelle eine beheizte Badeanlage befunden. Dass schon den antiken Bewohnern Gerolsteins das Wasser am Herzen lag, erkennt man ebenfalls an der heute in Stein eingefassten, aber leider nicht mehr sprudelnden Heilquelle „Sidinger Drees“. Sie entspringt wohl kaum zufällig knapp 100 m von der Villa entfernt auf dem anderen Kyllufer, heute am Kyllweg. Viele in der Quelle gefundenen römische Münzen, meist aus dem 3. Jh., bezeugen, dass die Bewohner hier nicht nur das Wasser zum Trinken und Baden benutzten, sondern auch zu den Quellengöttern beteten. Um 450 n. Chr. wurde die Villa dann zerstört, wahrscheinlich bei den Einfällen der Germanen. Aus dieser Zeit stammen auch 27 in der Nähe gefundene Gräber mit Männern von über 2 m Körpergröße darin. Verletzungen an den Knochen nach zu urteilen, haben sie einen gewaltsamen Tod gefunden. Doch warum und unter welchen Umständen, bleibt ein Rätsel.
Abb. 12 Reste der Villa Sarabodis hinter der Gerolsteiner Erlöserkirche
Der Name Sarabodis ist aus einer Schenkungsurkunde aus dem Jahr 762 überliefert, als die Eltern Karls des Großen, Pippin und Bertrada, die Villa der Abtei Prüm schenkten.
Rechts neben den Ruinen ist ein kleines Museum zu besichtigen, in dem die Funde rund um die Villa und die Quelle, darunter verschiedene Votivfiguren und Alltagsgegenstände wie Fibeln und Flacons, ausgestellt sind.
Abb. 13 Tempelmauern im Matronenheiligtum auf dem Judenkirchhof
Judenkirchhof
Verlässt man die Stadt Richtung Pelm und windet sich die Landstraße K33 empor an der Kasselburg vorbei und biegt dann den nächsten Weg links ab, gelangt man zu einem römischen Heiligtum, das im Volksmund Jud(d)enkirchhof genannt wird (Abb. 13). Mit Juden hat diese Ruine allerdings gar nichts zu tun, vielmehr vermutet man, dass es sich hier um die falsche Deutung des mundartlichen Wortes „Jodd“, was so viel wie Patentante heißt, handelt. Eine heilige Patentante? Gemeint ist damit wohl die heilige Matrone, der das Heiligtum geweiht war, wie eine Weihtafel aus dem Jahr 124 n. Chr. und eine Tonfigur in der Form einer Matrone – zu sehen unten im Museum – beweisen. Der Name der hier angebeteten Matrone war Caiva. Als Muttergottheit erfüllte sie wahrscheinlich auch die Funktion einer Schutz-Patronin, wie etwa eine Patentante. Vielleicht errichteten die Gutsbesitzer selbst hier oben ihr ganz persönliches Matronenheiligtum. Andererseits lassen die zahlreichen Gebäude innerhalb des Tempelbezirkes vermuten, dass hier möglicherweise auch Priester gelebt haben könnten. Die Form des im Grundriss erhaltenen Tempels ist typisch für diese Gegend, sie ist sozusagen eine Hybridform aus keltischem und römischem Heiligtum mit einer viereckigen cella (Innenraum des Tempels) und einem darum liegenden überdachten Säulengang. In der Mitte der cella war meistens die Statue des Gottes abgebildet, der in dem Tempel verehrt wurde. Dies könnte neben oder nach Caiva übrigens auch Hercules gewesen sein, worauf der Fund eines Löwenkopfes hindeutet.
Literatur:
Schiffer. T.: Auf Römerwegen durch die Eifel. Rheinbach 2014. 50.
Rheinisches Landesmuseum Trier (Hrsg.): Führer zu archäologischen Denkmälern des Trierer Landes. Trier 2008. 156 f.