Читать книгу Trevellian, die Agentin und der Killer: Action Krimi - Pete Hackett - Страница 6
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ОглавлениеUnsere Mission war klar. Vor dem Hochhaus, in dem Antonio Felli als Anlageberater und privater Geldverleiher ein Büro betrieb, bremste ich den Sportwagen. Ich fand sogar eine Parklücke, was in den Straßen Südmanhattans fast schon mit einem Haupttreffer in der Lotterie vergleichbar war, und manövrierte den Wagen hinein.
Wir hatten den Verdacht, dass Felli ein käuflicher Killer war.
Finden Sie heraus, ob etwas dran ist an dem Verdacht, Jesse, Milo. Wenn ja, dann stellen Sie Antonio Felli kalt.
Das war der Auftrag, den uns Mr. McKee, der Chef des FBI New York, mit Nachdruck im Tonfall erteilt hatte.
Es war kein schwieriger Auftrag. Felli rechnete nicht mit uns. Dennoch verspürte ich Anspannung. Und auch um Milos Mund glaubte ich einen angespannten Ausdruck wahrzunehmen…
Wir standen vor dem Wegweiser in der Halle des Bürohochhauses. In der 4. Etage hatten Antonio Felli und sein Partner ihren Betrieb etabliert.
Ich holte ein Walkie-Talkie aus der Jackentasche, ging auf Frequenz und murmelte in die Sprechmuschel: „Team eins an Team zwei. Kommen!“
„Hier Team zwei. Alles klar?“ Es war die Stimme Jennifer Johnsons, der hübschen Agentin, die aus dem Lautsprecher erklang.
Sie und Annie Francesco, die rassige Latina, warteten in einem Dienstbuick vor dem Hochhaus, für den Fall, dass Antonio Felli Milo und mir durch die Lappen gehen sollte.
„Gut, Jennifer“, sagte ich. „Wir gehen jetzt hinauf. Macht euch für den Fall des Falles bereit.“
„All right, Jesse. Wir postieren uns am Eingang. Over.“
„Wir bleiben in Verbindung. Over.“
Ich schob das Funkgerät ein, in der Überzeugung, dass wir die beiden Kolleginnen nicht bemühen mussten.
Der Mann hinter der Rezeption beobachtete uns desinteressiert. Seine Aufmerksamkeit wurde abgelenkt, als hinter uns jemand die Halle betrat und zielstrebig zur Rezeption ging. Es war überhaupt ein Kommen und Gehen hier. Die beiden Aufzüge standen fast keinen Moment lang still. Manche Leute benutzten die Treppe. Die Drehtür des Eingangs war ständig in Bewegung.
Ich sagte: „Nimm du den Lift, Milo. Ich nehme die Treppe.“
„Hoffentlich trifft dich nicht der Schlag“, knurrte Milo mit Galgenhumor. „Vier Stockwerke sind in deinem Alter kein Pappenstiel.“ Er grinste gallig.
„Deine Sorge um mich rührt mich zu Tränen“, gab ich mit schiefem Grinsen zurück. „Dennoch können wir ja ‘ne Wette abschließen, wer zuerst oben ist.“
„Na schön. Was wetten wir?“
„Ich wette einen Hunderter, dass du zuerst oben bist.“
Milo schaute mich verblüfft an. Plötzlich zuckten seine Brauen in die Höhe. „Ha, ha“, machte er dann. „Unter die Witzbolde gegangen, wie?“ Er legte den Daumen auf den beleuchteten Knopf, der den Aufzug ins Erdgeschoss holte.
Ich schaute auf die Stockwerksanzeige des Fahrstuhles. Er befand sich in der 13. Etage. Der andere Aufzug stand im Moment sogar im 21. Stockwerk. „Bis gleich.“
Ich sprach es und schritt zur Treppe.
Als ich einen Blick über die Schulter warf, war der Aufzug, auf den Milo wartete, in der 11. Etage.
Mein Ehrgeiz war herausgefordert. Ich beeilte mich. Und als ich von unten nicht mehr zu sehen war, nahm ich immer zwei Stufen gleichzeitig. Etwas atemlos kam ich oben an. Der Aufzug befand sich im Erdgeschoss. Unwillkürlich grinste ich vor mich hin.
Ich orientierte mich.
Gegenüber der Treppe waren die Lifts. Linker Hand führte eine doppelflügelige Glastür in den Korridor mit den Büroräumen einer privaten Entsorgungsfirma. Rechts waren hinter einer identischen Glastür die Büroräume der Star Finance Capital Management & Consulting Company, wie Antonio Felli und sein Kompagnon das Unternehmen getauft hatten.
Ich ging zu der Tür, auf deren rechtem Flügel in schwarzen Druckbuchstaben der Firmenname, die Öffnungszeiten, Telefon- und Faxnummer sowie ein Werbeslogan angebracht waren.
Ich musste fast schmunzeln. Wir kamen während der Öffnungszeit. Andernfalls hätte es einer besonderen Terminvereinbarung bedurft. Uns bei Antonio Felli anzumelden wäre allerdings nicht ratsam gewesen.
Ich warf einen Blick auf die Leuchtziffern über der Aufzugtür. Der Lift befand sich im 2. Stock. Die Nummer 3 leuchtete auf, dann hielt die Kabine in der 4. Etage. Die Edelstahltüren fuhren lautlos auseinander. Ich sah vier Leute in der Kabine. Milo trat ins Treppenhaus, hinter ihm schloss sich die Tür wieder.
„Ich kriege hundert Bucks von dir“, grinste mein Partner schief.
„Haben wir vielleicht gewettet?“, versetzte ich. „Aber wir können das gerne nachholen. Wetten, dass Felli sich nicht kampflos ergibt, wenn er das ist, wofür wir ihn halten.“
„Diese Wette würdest du gewinnen“, winkte Milo ab und holte die SIG Sauer P226 aus dem Holster. „Auf in den Kampf, Torero“, tönte er.
Auch ich zog blank. Dann stieß ich die Tür auf.
Es war Punkt 9 Uhr. Wir betraten die Anmeldung. Die nicht mehr ganz taufrische Lady hinter dem Tresen schaute uns durch funkelnde Brillengläser verdutzt an. Der Anblick der Pistolen in unseren Fäusten ließ ihren Mund aufklaffen. Hielt sie uns für Einbrecher? Der Schrei, der sich in ihr hochkämpfte, erstickte in der Kehle und reduzierte sich auf ein klägliches Stöhnen.
„Zu Mr. Antonio Felli“, stieß ich hervor.
Sie war wie gelähmt. Ihre Lippen bewegten sich. Eine unsichtbare Hand schien sie zu würgen.
In diesem Moment – wahrscheinlich hatte der Teufel die Hand im Spiel –, öffnete sich die Tür zum anschließenden Büro. In ihrem Rahmen stand – Antonio Felli.
Für die Spanne zweier Herzschläge starrte er Milo und mich entsetzt an. Dann kam bei ihm das Begreifen, denn die Glätte in seinem Gesicht zerbrach, er knirschte eine Verwünschung, wirbelte herum und warf die Tür zu.
Milo und ich schüttelten unsere Überraschung ab. Wir setzten uns gleichzeitig in Bewegung. Mit zwei Schritten waren wir bei der Tür. Mit dem dritten Schritt glitten wir auseinander und bauten uns an der Wand auf.
Keinen Sekundenbruchteil zu früh. Denn in dem Raum, in dem sich Felli befand, begann eine Pistole trocken zu wummern. Die Kugeln stanzten einige Löcher in die Türfüllung. Der Krach war infernalisch. Holzsplitter flogen. Ich dankte dem Himmel, dass die Sekretärin nicht in der Schusslinie stand.
Eine Tür schlug nebenan.
Unser Verdacht, dass Antonio Felli alles andere war als ein rechtschaffener und hart arbeitender Anlage- und Vermögensberater, hatte sich auf brutale Weise bestätigt.
So wie er reagierte nur ein eiskalter Killer.
Ich bedeutete Milo, hier zu bleiben, verließ das Büro und stand wieder auf dem Flur. Felli hatte sein Office durch die Tür zum Korridor verlassen und rannte zur Glastür. Ich hob die SIG. „Stehenbleiben! FBI!“
Felli wirbelte herum und legte auf mich an. Ich stieß mich ab, überquerte mit einem kraftvollen Satz den Flur und landete in der Türnische auf der anderen Seite. Fellis Schuss dröhnte wie eine Explosion. Die Kugel schrammte über die Wand und schlug an der Stirnseite des Korridors ein Loch in die Fensterscheibe.
Felli warf sich gegen die Glastür. Sie flog auf. Der Gangster hechtete ins Treppenhaus. Der Flügel der Glastür schloss sich automatisch. Ich wagte es nicht zu feuern, denn wenn ich den Gangster verfehlte, würde meine Kugel die Glastür auf der anderen Seite des Treppenhauses durchschlagen, und dort konnten Beschäftigte der Entsorgungsfirma herumstehen.
Felli hatte nicht so viele Gewissensbisse. Ich sah ihn auf die Beine schnellen und die Waffe hochreißen. Der Schuss dröhnte, Scherben klirrten. Die Kugel pfiff an mir vorbei und hämmerte am Ende des Korridors ein zweites Loch in die Fensterscheibe. Auch in dem Türflügel mit den Öffnungszeiten war jetzt ein Loch. Und Felli war verschwunden.
Auf der anderen Seite sah ich Milo in der offenen Tür zum Sekretariat. Die Mündung seiner SIG wies senkrecht nach oben.
Ich schob mich an der Wand nach vorne bis zur Glastür. Das Treppenhaus war, soweit ich es einsehen konnte, leer. Ich winkte Milo. Als er bei mir war, stieß ich die Tür auf und schob mich hinaus.
Ich hörte auf der Treppe die hallenden Schritte des fliehenden Killers. Jetzt waren Jennifer Johnson und Annie Francesco gefordert. Ich fischte das Walkie-Talkie aus der Jackentasche. „Team zwei bitte kommen.“
„Team eins, was ist? Habt ihr ihn?“
„Nein. Er flieht über die Treppe. Sobald er das Gebäude verlässt, greift ihr zu. Vorsicht. Er hat eine Pistole und macht rücksichtslos davon Gebrauch.“
„Verstanden, Jesse. Verbaut ihm den Rückweg.“
„Klar. Hals- und Beinbruch, Jennifer.“
Milo und ich folgten dem Gangster die Treppe hinunter. Weit unter uns hörten wir ihn laufen. Den Geräuschen nach, die er verursachte, musste er immer mehrere Stufen auf einmal nach unten springen.