Читать книгу Trevellian, die Agentin und der Killer: Action Krimi - Pete Hackett - Страница 9

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Antonio Felli war nicht zu seiner Wohnung gefahren. Er ließ Jennifer in die Beekman Street abbiegen und anhalten. Nach wie vor hielt er seine Waffe unverrückbar auf die blonde Agentin angeschlagen.

„Ich muss telefonieren“, knurrte der Gangster. „Und dir, Süße, rate ich, die Hände auf dem Lenkrad liegen und jeden krummen Gedanken sausen zu lassen. Du bist zwar verteufelt hübsch und sexy, und ich wüsste ganz sicher etwas Besseres mit dir anzufangen als dich abzuknallen, aber letztendlich bist du ein FBI-Bulle, und das stört den ganzen guten Eindruck, den deine Erscheinung vermittelst, aus meiner Sicht ganz gravierend.“

Das kalte Flirren in seinen dunkeln Augen ließ keinen Zweifel darüber aufkommen, dass er gnadenlos schießen würde, sollte von Jennifer auch nur ein missverständlicher Wimpernschlag ausgehen.

Die Agentin schwieg. Sie war alles andere als eine Selbstmörderin, die das Schicksal leichtsinnigerweise herausforderte.

Felli holte sein Mobiltelefon aus der Jackentasche. Er klickte eine Nummer her und ging auf Verbindung. Im nächsten Moment meldete sich ein Mann. Felli knurrte: „Gib mir Shaugnessy. Es ist wichtig.“

Eine halbe Minute verstrich, in der Felli wartete und Jennifer anstarrte. Die Agentin zerbrach sich unablässig den Kopf nach einem Ausweg aus ihrer prekären Situation. Sie fragte sich auch immer wieder, was von Seiten ihrer Dienststelle wohl veranlasste werden würde, um sie aus der Gewalt des Gangsters zu befreien. Aber sie kam zu keinem Ergebnis. Und sie fand auch keine Antwort auf ihre Fragen.

Im Moment gestaltete sich für sie die Lage als aussichtslos. Dieser Gedanke verursachte keine Furcht in Jennifer, sondern vielmehr ein Gefühl der Resignation.

Plötzlich erklang wieder Fellis Organ. Er rief in die Sprechmuschel: „Hi, Shaugnessy. Es gibt ein Problem. Soeben erhielt ich wenig erfreulichen Besuch vom FBI. Und jetzt befinde ich mich auf der Flucht.“

Am anderen Ende der drahtlosen Leitung herrschte kurze Zeit verblüfftes Schweigen. Dann stieß Lester Shaugnessy heiser hervor: „Verdammt, ja, die dreckigen Schnüffler haben McKinney hops genommen. Sollte er …“

„McKinney!“, echote Felli, und es klang geradezu entsetzt. „Sie haben ihn geschnappt? Wann war das?“

„Gestern Abend. Hölle und Teufel, Felli. Hörst du denn keine Lokalnachrichten? Wenn McKinney entgegen aller Erwartung geredet hat, dann werden die Bullen sehr bald auch bei mir auf dem Teppich stehen.“ Ein ersticktes Keuchen kam von Shaugnessy, dann fragte er: „Wo bist du im Moment?“

„In der Beekman Street. Ich …“

Shaugnessy knirschte: „Wo ist das? Glaubst du, ich kenne jede Nebenstraße in New York?“ Der Bursche war sichtlich erregt. Er klang gehetzt und entnervt.

„Im Financial District, in der Nähe der Brooklyn Bridge.“

„Gut, okay, okay. Ganz ruhig …“ Shaugnessy atmete stoßweise ins Telefon.

„Ich bin ruhig, Shaugnessy“, knurrte Felli.

„Ich denke nach, verdammt!“, keifte Shaugnessy. „Okay, Felli. Ich denke, du solltest vorübergehend in der Versenkung verschwinden. Am besten wäre es, du würdest New York verlassen. Aber da kommst du wohl nicht mehr hinaus. Die Fahndung nach dir wird bereits auf vollen Touren laufen.“

„Das glaube ich nicht“, erwiderte Felli. „Und jetzt halte dich fest, Shaugnessy. Ich hab ‘ne FBI-Agentin als Geisel. Beim FBI wird man sich also hüten, etwas anzuleiern, was ich vielleicht gar nicht lustig finden könnte.“ Der Killer lachte voll Genugtuung auf. „Ein ausgesprochen hübsches Häschen im Übrigen, Shaugnessy. Eine Augenweide …“

Ein Laut, der sich wie ein geschocktes Japsen oder Luftschnappen anhörte, drang aus dem Lautsprecher. „Du – hast – eine – FBI – Agentin als Geisel?“, schnaufte Shaugnessy, und es hörte sich fast asthmatisch an. Er zerlegte den Satz in seine Bestandteile. Die Fassungslosigkeit brachte seine Stimmbänder zum Schwingen.

„Ja, du hast richtig gehört. Aber was jetzt, Shaugnessy? Ich bin auf deine und Carters Hilfe angewiesen. Deshalb sollten wir uns treffen. Irgendwie muss es ja weitergehen. Einige Zeit kann ich die Bullen vielleicht hinhalten, wenn ich drohe, Blondie hier neben mir abzuservieren. Aber die Erfahrung hat gezeigt, dass die Justiz und der Polizeiapparat sich nur bis zu einem gewissen Grad erpressen lassen. Und dann ist Schluss mit lustig. Dann opfern sie sogar ihre Leute.“

„Ja, bei Gott, ja!“, röchelte Shaugnessy nahezu. Dann aber schien er sich etwas zu fassen und seine Erregung unter Kontrolle zu bringen. „Na schön. Die Lady kann als Druckmittel für uns nur von Nutzen sein. Himmel, wenn ich nur wüsste, ob McKinney auch meinen und Carters Namen den Bullen genannt hat.“

„Dieses elende Dreckschwein haut jeden in die Pfanne, um seinen Arsch zu retten!“, hechelte Felli im Anflug einer jähen Wut. Seine Züge entgleisten einen Augenblick. In seinen Augen loderte eine böse Leidenschaft.

„Felli, kennst du meine Zweitwohnung in der vierundsiebzigsten Straße, Upper Eastside, ganz in der Nähe der Light Opera?“

„Zwischen Second und First Avenue?“

„Genau. In spätestens einer halben Stunde werde ich in der vierundsiebzigsten sein. Carter wird sicherlich auch kommen. Dann beraten wir unsere nächsten Schritte.“

„In Ordnung, Shaugnessy. Wir treffen uns auf dem Parkplatz der Light Opera. Ich fahre sofort nach Norden. Und während ich mich von dem blonden Häschen chauffieren lasse, spreche ich einige Takte mit dem FBI.“

„Dann gib nur schön auf das blonde Häschen Acht“, kam es sarkastisch von Shaugnessy. „Die FBI-Agenten, egal ob Männlein oder Weiblein, sind hervorragend ausgebildet und mit allen Wassern gewaschen.“

„Weil das so ist, Shaugnessy, blickt Blondie ununterbrochen in die Mündung meiner Glock. – Bis dann also.“

Felli beendete das Gespräch und wandte sich an Jennifer. „Fahr zur vierundsiebzigsten Straße, Süße. Zur Lichtoper. Pronto!“

Der Motor des Buicks jaulte auf, als Jennifer den Schlüssel herumdrehte. Sie warf einen Blick in den Außenspiegel, scherte aus der Parklücke heraus und bog wenig später in die Pearl Street ein, auf der sie nach Norden fuhr.

Und während der Buick mit dem Killer und der Geisel in Richtung Upper Eastside rollte, hatte Lester Shaugnessy seinen Geschäftspartner Bob Carter an der Strippe.

Er berichtete Carter, was er soeben von Antonio Felli gehört hatte. Als er mit seinem Bericht am Ende war, sagte Carter mit kalter Ruhe im Tonfall: „Kaum vorstellbar, dass McKinney den Bullen unsere Namen genannt hat, Lester. Er würde sich ja sein eigenes Grab schaufeln.“

„Aber weshalb waren dann die FBI-Schnüffler bei Felli?“

„Das weiß ich nicht. Wir sollten uns aber nicht verrückt machen.“

„Du hat vielleicht Nerven …“

„Das Problem ist Felli. Sein Name ist den Bullen bekannt. Nach ihm wird gefahndet, und es ist sicher nur eine Frage der Zeit, bis sie ihn haben. Felli wird den Kopf nicht alleine in die Schlinge stecken. Er würde für das eine oder andere Zugeständnis Seitens der Staatsanwaltschaft sogar die Seele seines Vaters an den Satan verhökern.“

„Wie finden wir heraus, ob McKinney uns verpfiffen hat?“, schnappte Shaugnessy.

„Indem wir nichts weiter tun als abzuwarten.“

„Bist du übergeschnappt, oder hast du getrunken?“, keuchte Shaugnessy.

„Die Waffen befinden sich an einem sicheren Ort, Lester. An einem Ort, den nur wir beide kennen. Die Bullen können uns allenfalls einvernehmen und unsere Wohnungen und Geschäftsräume durchsuchen. Da aber werden sie nichts finden, woraus sie uns einen Strick drehen können, und sie müssen unverrichteter Dinge wieder von dannen ziehen.“

„Wenn ich es mir richtig überlege“, murmelte Shaugnessy, „dann hast du recht, Bob. Ja, verdammt noch mal. Übel sieht es für uns eigentlich nur dann aus, wenn man den Italiener schnappt. Heh, Bob, was schlägst du vor? Ich habe Felli zu meiner leerstehenden Wohnung in der vierundsiebzigsten Straße bestellt, richtiger gesagt zum Parkplatz der Light Opera. Er wird innerhalb der nächsten Stunde dort zusammen mit seiner Geisel aufkreuzen.“

Bob Carter dachte nicht lange darüber nach. „Wir ziehen Felli aus dem Verkehr und lassen ihn verschwinden. Allerdings wird die Agentin auch dran glauben müssen.“

Shaugnessy schnitt eine Grimasse, als hätte er einen Schluck Essig getrunken. „By Gosh, Bob, der Mord an einer FBI-Agentin wird Wellen schlagen. Sollten wir nicht die Finger davon lassen?“

„Sie hat sicherlich neben Felli gesessen, als er mit dir telefonierte“, kam es durch den Äther. „Wir können es uns nicht leisten, sie am Leben zu lassen. – Okay, Lester. Bleib, wo du bist. Ich übernehme die Sache. Und – mach dir keine Sorgen. Ich werde unsere Hälse aus der Schlinge ziehen. Du hörst wieder von mir.“

„Es gefällt mir nicht, Bob.“

„Du wirst doch nicht etwa Gewissensbisse kriegen?“

„Wir hätten diesen Gangster McKinney nie als Verbindungsmann zwischen uns und dem Killer benutzen dürfen“, knurrte Shaugnessy. „Ich war immer dagegen. Aber du …“

„Um jetzt darüber zu diskutieren ist es wohl zu spät“, versetzte Carter kühl. „McKinney hatte die Beziehungen. Und Jacob Lacenby gefährdete das Geschäft. Also musste er aus dem Weg geräumt werden. Wärst du in der Lage gewesen, einen Hitman aufzutreiben und anzuheuern? Nein, Lester. Weder du noch ich wussten, an wen wir uns wenden konnten. Aber McKinney wusste es. Und darum habe ich ihn mit dem Job betraut.“

„Und jetzt haben wir den Salat.“

„Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.“

Bob Carter beendete das Gespräch.

Shaugnessy behielt den Telefonhörer in der Hand und starrte versonnen auf einen imaginären Punkt in der Ferne. Das alles wuchs ihm langsam über den Kopf. Okay, den Mord an Jacob Lacenby hatte er akzeptiert. Aber jetzt sollte das Morden weitergehen. Wobei ihm ein toter Antonio Felli weniger Kopfzerbrechen bereitete als das Schicksal der FBI-Agentin, das Bob Carter dieser zugedacht hatte.

Eine Sturmflut von Zweifeln und Unsicherheiten überschwemmte Lester Shaugnessy. Der Zwiespalt, der in ihm aufriss, bereitete ihm fast körperliches Unbehagen.

Es ging um Waffenhandel. Ein ganzer Kleinlaster voll russischer Kalaschnikows und zigtausend Schuss Munition sollten an den Mann gebracht werden. Die Waffen waren direkt aus Russland in die USA geschleust worden und für eine rechtsextremistische Sekte bestimmt, die ihr Hauptquartier auf einer ehemaligen Ranch in der Nähe von St. Louis eingerichtet und amerikaweit Anhänger gefunden hatte. Zwischenhändler waren er, Lester Shaugnessy, und Bob Carter, die offiziell eine Partnerschaftsvermittlung betrieben, die unter dem Namen Relationship Communications Ltd. firmierte.

Ihr Verbindungsmann zu der Sekte war ein gewisser Harald Robins. Bisheriger Geschäftspartner der Sekte in Sachen Waffen und Rauschgift war Jacob Lacenby gewesen, ein schwarzer Gangsterboss aus Harlem. Als er spitz kriegte, dass Shaugnessy und Carter ins Geschäft drängten, ließ er ihnen eine freundliche Warnung und zugleich eine unmissverständliche Drohung zukommen.

Es hatte nur zwei Möglichkeiten gegeben. Die Warnung zu beherzigen, oder Lacenby zuvorzukommen.

Bob Carter wandte sich an Quentin McKinney, einen Barbesitzer in der Lower Eastside. Ein Geheimtipp, wenn es darum ging, Verbindung zu einem Hitman aufzunehmen. Und McKinney vermittelte ihnen Antonio Felli, der nach außen hin als seriöser Geschäftsmann auftrat, der im Nebenjob jedoch ein eiskalter, professioneller Killer war.

McKinney verlangte 1000 Dollar Vermittlungsgebühr. Fellis Gage für den Mord an Lacenby betrug 10 000 Dollar. Shaugnessy und Carter bezahlten, weil sich die Investition sehr schnell durch die Gewinne aus dem Waffendeal kompensieren würden.

Jacob Lacenby starb vor drei Tagen durch einen sauberen Kopfschuss.

Allerdings wurde – unabhängig von der Ermordung des schwarzen Unterweltlers –, in McKinneys Kneipe eine Drogenrazzia durchgeführt, weil sich die Hinweise gehäuft hatten, dass McKinney seine Kunden mit Ecstasy und Crack versorgte. Quentin McKinney wurde verhaftet …

McKinney war eingeweiht. Von ihm hingen sein, Shaugnessys, und Bob Carters Schicksal ab. Wenn McKinney redete, bedeutete dies das Aus für ihn und Carter.

Dass das FBI plötzlich hinter Antonio Felli her war, ließ die Vermutung zu, dass McKinney schon zu singen begonnen hatte.

Es setzte Shaugnessy schlimm zu, ließ die Angst in seinen Eingeweiden rumoren und krampfte ihm den Magen zusammen.

Er legte den Telefonhörer auf den Apparat zurück, ging zur Schrankbar und schenkte sich einen doppelten Bourbon ein.

Trevellian, die Agentin und der Killer: Action Krimi

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