Читать книгу Trevellian, die Agentin und der Killer: Action Krimi - Pete Hackett - Страница 7
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ОглавлениеJennifer Johnson und Annie Francesco postierten sich zu beiden Seiten des Eingangs in das Büro-Building. Sie hatten ihre Waffen gezogen. Die beiden Agentinnen waren nicht mit der schweren P226, sondern mit der leichteren P228 ausgerüstet.
Soeben kamen zwei junge Frauen aus der Drehtür. Eine Gruppe Männer und Frauen stiegen die fünf Stufen zum Eingang empor.
„FBI!“, rief Jennifer. „Verlassen Sie die Treppe. Das ist ein Polizeieinsatz. Beeilen Sie …“
In der Drehtür erschien Antonio Felli.
„Waffe weg, Felli! FBI!“, schrie Annie Francesco und schlug die SIG auf den Gangster an.
Felli fackelte nicht lange, gab einen kaum gezielten Schnappschuss ab und verschwand sofort wieder im Gebäude. Schreiend flüchteten die Menschen von der Treppe auf die Straße. Panik griff um sich.
Plötzlich erschien Felli wieder. Vor sich hielt er eine junge Frau als lebendes Schutzschild. Sein linker Arm lag um ihren Hals. Er drückte ihr die Mündung der Pistole unter das Kinn. Das Entsetzen versiegelte die Lippen der Frau. Ihre Augen waren ein Abgrund des Grauens und der Verzweiflung. Die Angst lähmte sie und machte sie wehrlos.
„Ich knalle ihr den Kopf von den Schultern!“, brüllte der Italoamerikaner. „Kommt mir bloß nicht zu nahe. Verschwindet, ihr verdammten FBI-Schlampen! Fort mit euch!“ Der nötigte seine Geisel die obersten beiden Stufen hinunter. Halb besinnungslos hing die Frau in seinem Arm. Brutal schnürte er ihr die Luft ab. Ihre Augen quollen aus den Höhlen. Sie japste erstickend.
Milo und ich verließen das Gebäude.
Felli wirbelte die Geisel herum, so dass ihr Körper ihn gegen uns deckte. „Na los, schießt schon, ihr verdammten Bullen!“, hechelte er und schleppte die arme Frau wieder eine Stufe nach unten.
„Geben Sie auf, Felli!“, rief ich. „Lassen Sie die Frau frei. Wir haben Verstärkung angefordert. Sie kommen nicht weit. Wenn Sie der Lady auch nur ein Haar krümmen, machen Sie alles nur noch viel schlimmer. Sie haben keine Chance.“
Ich rief es eindringlich, fast beschwörend.
Der Gangster lachte scheppernd auf. „Ja, Bulle, ich lasse sie frei. Sicher, sie kann gehen, wohin sie will. Ich werde der Kleinen auch kein Haar krümmen.“ Wieder lachte er auf. Es klang widerwärtig und brachte meinen Blutdruck auf 180. Dann ließ Felli wieder seine Stimme erklingen. „Für die Lady will ich allerdings Ersatz, Bulle. Und zwar deine blonde Kollegin. Sie gefällt mir. Ja, sie wird mich an Stelle der Lady begleiten. Komm her, Blondie, komm schon.“
Der Gangster meinte Jennifer Johnson.
Er richtete an seiner Geisel vorbei die Pistole auf mich, dann auf Milo und schließlich auf Annie Francesco. „Na, was ist, Blondie? Muss ich erst deine Kollegin umlegen, damit du spurst? Schmeiß deine Knarre weg und komm her. Ich warte noch drei Sekunden. Dann fange ich an zu schießen. Erst glaubt deine hübsche Kollegin dran. Dann die beiden G-men. Und dann die kleine Lady hier.“
„Keine Chance, Felli!“, schrie ich. „Du …“
Der Gangster feuerte. Die Kugel klatschte neben Annies linkem Knöchel gegen die Treppe und zog jaulend als Querschläger davon. Steinsplitter spritzten. Steinstaub wallte auf.
Mein Herz übersprang einen Schlag. Ein eiserner Ring schien sich um meine Brust zu legen. Ich schluckte trocken. Den Kloß in meinem Hals vermochte ich jedoch nicht hinunterzuwürgen.
Der verdammte Hundesohn machte Ernst. Er benahm sich wie ein in die Enge getriebenes Raubtier. Er biss um sich, und zwar ohne Rücksicht auf Verluste. Nun, er wusste, was ihm blühte, wenn wir ihn festnahmen. Er würde wahrscheinlich nie wieder die Freiheit sehen. Und weil das so war, reagierte er unberechenbar und tödlich gefährlich.
Jennifer Johnson rief erregt: „In Ordnung, Felli. Es ist in Ordnung. Ich stelle mich Ihnen als Geisel zur Verfügung.“
„Ich wusste es doch!“, triumphierte der Gangster. „Na, worauf wartest du? Wirf deine Bleispritze weg und komm her. Pronto, pronto. Ich will hier keine Wurzeln schlagen. – Ihr anderen Bullen legte eure Waffen ebenfalls auf den Boden. Ich spaße nicht, und ich wiederhole mich auch nicht. Runter mit den Kanonen. Und denkt dran, dass es mir nichts ausmachen wird, euch nacheinander in die Hölle zu schicken.“
Das irrsinnige Flackern in seinen dunklen Augen verlieh seinen Worten Nachdruck. Nein, Antonio Felli würde nicht einen Lidschlag lang zögern …
Jennifer legte ihre Pistole auf die Stufe, auf der sie stand, richtete sich auf, hob die Hände in Schulterhöhe und stieg langsam die Treppe hinunter.
Milo, Annie und ich legten unsere Waffen gleichfalls weg. Wir standen da wie begossene Pudel. Damit hatten wir bei Gott nicht gerechnet. Als wir den Auftrag erhielten, Antonio Felli hops zu nehmen, gingen wir von einem Routinefall aus. Wir hatten uns zu sehr auf das Überraschungsmoment und den Überrumpelungseffekt verlassen.
Ein gravierender, nicht wieder gutzumachender Fehler.
Felli hatte uns einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht.
Und jetzt führte er uns sogar vor.
Mein Kopf dröhnte vor hilfloser Wut.
Jennifer näherte sich dem Gangster. Er zielte auf sie. Ein triumphierendes Grinsen zog seine Lippen in die Breite. Ein Grinsen, das nicht über die erwartungsvolle, drohende Spannung hinwegtäuschen konnte, die uns bannte und unsere Herzen schneller schlagen ließ. Hohn lag in diesem Grinsen, kalte Ironie. Aber da war noch mehr – da war bewusste Bosheit, und da war eine tödliche Prophezeiung …
Als Jennifer einen halben Schritt vor dem Gangster stehenblieb, lachte er rasselnd und von böser Freude erfüllt auf. „Sehr schön, Blondie. Wir beide werden uns jetzt an einen stillen Ort zurückziehen. Und wenn deine Kollegen klug sind und nichts herausfordern, wird dir auch nichts geschehen.“
Mit dem letzten Wort versetzte er seiner Geisel einen derben Stoß in den Rücken. Die junge Frau taumelte mit einem zerrinnenden Aufschrei an Jennifer vorbei. Felli machte einen langen Schritt und war bei der Agentin. Wir mussten tatenlos zusehen, wie er nun sie als lebendiges Schutzschild an sich heran riss und ihr die Mündung seiner Pistole gegen die Schläfe drückte.
Er zerrte Jennifer die Treppe hinunter.
„Mit welchem Auto seid ihr gekommen?“, zischte der Gangster dicht neben dem Ohr der blonden Agentin.
„Mit dem metallic-grünen Buick.“ Jennifers Organ klang rasselnd und belegt. Unter ihrem linken Auge zuckte ein Nerv. Sie deutete auf das Fahrzeug, das wenige Yards weiter am Bordstein abgestellt war.
Jennifer zeigte nicht, dass sie kalte, verzehrende Furcht verspürte. Sie war dem Verbrecher auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Ihr Leben hing an einem seidenen Faden. Antonio Felli war ein eiskalter, skrupelloser Mörder. Seine Reaktionen waren kaum einzuschätzen.
Die Agentin hielt ihre Empfindungen eisern im Griff. Sich in jeder Situation zu beherrschen gehörte zum Ausbildungsprogramm, das jeder künftige Special Agent in Quantico durchlief.
„Hast du den Schlüssel?“, fauchte Felli.
„Ja. In der Jackentasche …“
„Rührt euch nur nicht!“, brüllte Felli drohend in unsere Richtung. „Ich melde mich bei euch, sobald ich mich in Sicherheit befinde. Die Kleine lasse ich natürlich noch nicht laufen. Sie ist im Moment für mich so etwas wie eine Lebensversicherung. Ihr hört von mir!“
Er drängte Jennifer zu dem metallic-grünen Dienstbuick. Nichts an dem Fahrzeug verriet, dass es ein Einsatzfahrzeug des FBI war. Sogar die Zulassungsnummer war neutral.
Jennifer musste auf der Beifahrerseite einsteigen und hinüber auf den Fahrersitz rutschen. Felli bedrohte sie mit der Pistole. Es war eine Glock. Er schwang sich auf den Beifahrersitz. Der Motor wurde gestartet. Jennifer steuerte den Wagen aus der Parklücke und fädelte sich in den vorbeifließenden Verkehr ein. Der Buick wurde in der Blechlawine weggeschwemmt, die sich auf der South Street durch den Financial District wälzte.
Der Buick verschwand in Richtung Seaport Museum und Fulton Fish Market.